Elbinsel Schwarztonnensand
Verantwortlich für die Planung, Ausführung und Erfolgskontrolle:
Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee, Moorweidenstr. 14, 20148 Hamburg
Grundeigentümer:
Bundeswasserstraßenverwaltung vertreten durch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee
Lage:
Landkreis Stade, Gemeinde Drochtersen
Größe Maßnahmengebiet:
114,00 ha (lt. LBP/E = 46,15 ha)
Anrechenbarer Kompensations- und Kohärenzumfang
Kompensation: 59,12 ha
Kohärenz: 16,35 ha
Umgesetzte Kompensation- und Kohärenzsicherungsmaßnahmen
- Entwicklung von Tideauwald
- Herstellung von Tideeinfluss
- Entwicklung und Erhalt eines Brutlebensraumes für (Zwerg-) Seeschwalben
- Herstellen eines Dünengeländes aus Überschussböden
- Umbau der Windschutzhecken
Beschreibung der Maßnahme
Entwicklungsziele
Erfolgskontrolle
Weiterführende Informationen
Abbildung 1: Ansicht Nordspitze mit Wasserflächen und Baumpflanzungen (2020) Quelle: WSA Elbe-Nordsee
Beschreibung der Maßnahme
Auf der Insel Schwarztonnensand sollte auf 46 ha der Erhaltungszustand des Lebensraumtyps Ästuarien (LRT 1130) verbessert werden. Der Lebensraum Ästuar ist das Gebiet einer Flussmündung ins Meer inklusive der angrenzenden Uferbereiche. Hier an der Elbe ist das Ästuar geprägt durch die Mischung von Süßwasser aus dem Zustrom der Elbe und Salzwasser durch den Tideeinfluss der Nordsee.
Die Umsetzungen der Baumaßnahmen erfolgte nur in Teilen der Insel. So wurde im Nordteil TideWeidenAuwald im Komplex mit Röhrichten und feuchten Hochstaudenfluren geschaffen. Im Inselsüden wurden Lebensräume für Offenbodenbrüter und eine Graudünenlandschaft errichtet.
Im Detail wurde im Nordteil auf ca. 6 ha eine große flache Mulde mit einem abwechslungsreichen Relief hergestellt. Erhebungen bis zu 3 m über Normalhöhennull (NHN) wechseln mit kleinflächigen tieferen Senken (bis NHN + 1,60 m) ab. Die Böschungen wurden flach gestaltet. Um die Auwaldentwicklung zu fördern, wurden Gehölzinseln aus Korb- und Silberweiden angepflanzt. Flache Abgrabungen im Südwesten verbessern die Anbindung der Mulde an die Schwarztonnensander Nebenelbe. Die vorhandenen Auwaldstrukturen am Inselrand sind miteinbezogen worden. Auf dieser Fläche (2,3 ha) wurde das Geländeniveau bis auf eine Tiefe von NHN 0,00 m abgegraben.
So entstand eine kleine Mulde, die ständig wasserführend ist. Das sind u. a. gute Lebensbedingungen für Röhrichte und feuchte Hochstaudenfluren, die wichtig für unterschiedliche Insekten und Vögel sind.
Abbildung 2: Maßnahmenplanung (2019) Quelle: WSA Elbe-Nordsee
An der Südostspitze der Insel entstand ein flacher Uferbereich mit Offenboden, d.h. nicht oder nur spärlich bewachsenem Boden. Durch Fräsen wird die Fläche in diesem Zustand gehalten. Sie ist ca. 10 ha groß, erstreckt sich ca. 400 m am Ufer entlang und ist 200–300 m breit. Die Fläche wurde vom Ufer flach ansteigend bis auf 2,5 m über NHN modelliert. Von dieser Höhe aus steigt das Gelände weiter sehr flach an bis auf 3 m über NHN. Die Fläche mit der offenen Anflugmöglichkeit ist ideal für Offenbodenbrüter, z.B. Kiebitz, Austernfischer, Regenpfeifer und Seeschwalbe.
Aus den gebaggerten Sandböden wurde in südlicher Nachbarschaft zum Offenbodenareal eine Dünenlandschaft modelliert.
Als man auf Schwarztonnensand Ende der 1960er Jahre große Mengen Sand aus der damaligen Fahrrinnenanpassung aufspülte, setzte man im Südteil der Insel Sandfangzäune aus PVC. Diese weitgehend mit Sand bedeckten Zäune sind entfernt worden. Weil die Kartoffelrose (Rosa rugosa) auf der Insel natürlicherweise nicht vorkommt, wurden ihre Bestände gerodet. Zwei neu angelegte Wurten – hochwassersichere Erhebungen – dienen zur Lagerung von Geräten, Baufahrzeugen usw., die für eventuelle Pflegearbeiten zeitweilig notwendig sind.
Die Insel und die Nebenelbe sind Naturschutzgebiet und gehören darüber hinaus zum FFH-Gebiet und zum Vogelschutzgebiet Unterelbe. Es durfte nur außerhalb der Brutzeiten gebaut werden. Die Arbeiten wurden deshalb im Zeitraum Juli 2019 bis Mitte März 2020 durchgeführt.
Die Entwicklungsziele richten sich am Bestand und am mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Stade abgestimmten Leitbild aus. Im schmaleren Inselnorden liegt bereits eine Gehölzprägung vor, während Inselmitte und Inselsüden durch einen offenen Landschaftscharakter geprägt sind.
Es wurden detaillierte Entwicklungsziele festgesetzt.
Entwicklungsziele
Für das Gebiet Insel Schwarztonnensand wurden folgende Ziele bzw. Maßnahmen festgelegt[1]:
1. Entwicklung von Tide-Weiden-Auwald im Komplex mit Röhrichten und feuchten Hochstaudenfluren im Norden der Insel durch
- Anlage von Mulden mit direkten regelmäßigen Überschwemmungen,
- Anlage von ständig wassergefüllten Mulden,
- Initialpflanzungen von Gehölzinseln und
- Entfernung standortfremder Gehölze.
2. Herstellung und Erhaltung eines Offenbodenbereiches zur Förderung von offenbodenbrütenden Vogelarten (z.B. Seeschwalben, aber auch andere Offenlandarten) im Süden der Insel durch
- Herstellen eines flachen Offenboden – Uferbereiches und
- Herstellen eines Dünen-Areals.
Abbildung 3: Ansicht Südspitze mit Dünen und Offenboden (2020) Quelle: WSA Elbe-Nordsee
Diese Ziele und Maßnahmen dienen sowohl der Kompensation als auch der Verbesserung des Erhaltungszustands und der Kohärenz des FFH-Lebensraumtyps 1130 (IBL 2018).
Erfolgskontrolle
Als Kontroll- und Steuerungselement zur Sicherung der oben genannten Erhaltungs- und Entwicklungsziele, werden vegetationskundliche und avifaunistische Daten erhoben. Diese kennzeichnen in besonderer Weise die im Zuge der Maßnahmenumsetzung neu geschaffenen Lebensräume als Bestandteil des FFH-Lebensraumtyps 1130 (Ästuarien).
Die Funktionskontrollen differenzieren sich in
- Eine jährliche (für die Dauer von 25 Jahren) Revierkartierung aller auf dem neu geschaffenen Offenbodenbereich anwesenden bodenbrütenden Brutvogelarten vom neu installierten Beobachtungsturm aus, bzw. bei Bedarf durch Begehung des Offenbodenbereiches im Rahmen einer kontinuierlichen naturschutzfachlichen Flächenbetreuung,
- Eine flächendeckende Biotoptypenkartierung in den umgestalteten Bereichen im Nordteil von Schwarztonnensand in größeren zeitlichen Abständen (nach 1, 5 und 10 Jahren) und
- Einen Zwischenbericht (nach 5 Jahren) und einen zusammenfassenden Endberichtes (nach 10 Jahren), nach denen in Abstimmung zwischen dem WSA Elbe-Nordsee und den zuständigen Naturschutzbehörden über weiter-gehende Erfolgskontrollen zur Vegetation als auch zum Bruterfolg der Avifauna entschieden wird.
Als erfolgreich gelten die Maßnahmen dabei, wenn sich folgende Indikatoren nachweisen lassen.
Vegetationskundliche Indikatoren:
Etablierung von Tide-Weiden-Auwald, d.h. Baumweidenwald auf häufig überfluteten Marschböden im Außendeichsbereich der Ästuare , Tide-Weiden-Auengebüsch, Röhrichte, insbesondere Röhrichte des Brackwasserwatts und naturnahes nährstoffreiches Stillgewässer mit Verlandungsbereich. Es ist für die Zielerfüllung nicht erforderlich, dass alle genannten Biotoptypen mit definierten Flächenanteilen vorkommen, da sich im Zuge der fortschreitenden Sukzession beispielsweise auch am neu angelegten Stillgewässer ebenfalls ästuartypische Biotoptypen oder Tide-Weiden-Auwald im sonstigen Maßnahmen-bereich entwickeln kann. Im neu gestalteten Offenbodenbereich ist eine Vegetationsbedeckung von <5% eine wichtige Grundvoraussetzung für die Eignung der Flächen für Offenbodenbrüter[2].
Abbildung 4: Ansicht Nordspitze mit Tide-Weiden-Auwald (2023) Quelle: WSA Elbe-Nordsee
Avifaunistische Indikatoren:
Sollten sich Vögel zur Brut auf der Fläche einfinden und erfolgreich brüten (d.h. Küken werden flügge), ist dies als Erfolg der Maßnahme zu werten. Sollten sich keine Vögel zur Brut einfinden bzw. sich kein Bruterfolg einstellen, sind mögliche Ursachen zu diskutieren und ggf. Anpassungen der Pflegemaßnahmen, des Prädatorenmanagements o.ä. vorzunehmen.
Abbildung 5: Ansicht Südspitze mit vegetationsbedecktem Offenbodenbereich (2023) Quelle: WSA Elbe-Nordsee
Weiterführende Informationen
Zum Flyer
Zu den Videos
Zu den Berichten
Die im Rahmen der Erfolgskontrolle erhobenen GIS-Daten können über das Portal Tideelbe abgerufen werden.
Quellen:
[1] nach LBP/E (IBL 2010a), Ergänzungsstudie zur FFH-Verträglichkeitsprüfung (IBL 2010b) und LAP (SWECO 2016)
[2] SWECO 2016