Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

4.2 Zooplankton

Da im Rahmen der UVU keine eigenen Zooplanktonuntersuchungen durchgeführt wurden, mußte sich die Beschreibung der Artenverteilungen sowie die saisonalen und tidebedingten Variabilitäten des Zooplanktons (Kap. 2.6.1) ausschließlich auf Literaturdaten beschränken.

Die einzelnen Autoren stellten bei den Untersuchungen des Zooplanktons spezielle und unterschiedliche Fragestellungen in den Vordergrund, weshalb verschiedene Gebiete mit unterschiedlichen Methoden beprobt wurden (Tab. 3.3.1).

Neuere Angaben zur Verteilung aller Zooplanktontaxa in der gesamten Unterelbe werden ausschließlich in der Arbeit von FIEDLER (1991) gegeben, welche jedoch die Organismen des Meso- und Mikrozooplanktons nur als Großgruppen (z.B. Copepoda) behandelt bzw. ganz unberücksichtigt läßt. SOLTANPOUR-GARGARI & WELLERSHAUS (1987) sowie PEITSCH (1992) spezialisierten sich auf die innerhalb des Mesozooplanktons dominierende Art Eurytemora affinis, BERNÁT (1988) und SUDWISCHER (1994) beschränkten sich auf das Crustaceenplankton ausgewählter Unterelbebereiche. Aus den sechziger Jahren liegen umfangreiche Zooplanktonuntersuchungen von SCHULZ (1961) und GIERE (1968) vor, welche ihr Hauptinteresse dem Phytoplankton bzw. dem Elbmündungsgebiet widmeten. NÖTHLICH (1972) wiederum konzentrierte sich auf die trophische Struktur und Bioaktivität der Actinocyclus-Eurytemora-Gesellschaft. Auf Grund methodisch bedingter Differenzen ist daher sowohl eine ausführliche Beschreibung des Ist-Zustandes als auch eine Einschätzung der möglichen Veränderungen der Zooplanktonbiozönosen nur bedingt möglich.

Tab. 4.2.1: Überblick über die Methoden und Schwerpunkte quantitativer Zooplanktonuntersuchungen im Längsschnitt der Tide-Elbe

  vor 1960 1960 bis 1988
Autoren SCHULZ (1961) KÜHL & MANN (1963) GIERE (1968) NÖTHLICH (1972) SOLTANPOUR-GARGARI & WELLERSHAUS (1987) FIEDLER (1991) PEITSCH (1992)
Untersuchungs-zeitraum 1956-58 1949-52 1963+65 1967 1983/84 1985/86 1986/87

Untersuchungs-gebiet

(Strom-km (A))

723

bis

474,5

Elbe 1

bis

620

Elbe 1

bis

675

697

bis

635

750

bis

590

723

bis

620

740

bis

630

Maschenweite 25µm - keine Angabe- 56µm 45µm 70µm 500µm 55µm
Größenklasse des Zooplanktons

Mikro- und Meso-

Zooplankton

Meso- Meso- Meso- Meso- Makro- Meso-
Schwerpunkt Phyto-plankton Gesamt-zooplankton Gesamt-zooplankton Phyto- und Zooplankton Eurytemora affinis Zooplankton als Fischnahrung Eurytemora affinis

Aufgrund der beschriebenen methodischen und inhaltlichen Unterschiede in der Datenerhebung ist es nicht möglich, detaillierte Veränderungen des Artenspektrums, der Abundanz und Biomasse oder eventueller Verschiebungen im saisonalen und regionalen Verteilungsmuster einzelner Arten zu erkennen. Dennoch können einige elementare Aussagen hervorgehoben werden, die sich anhand von Literaturdaten für die Jahre 1956 bis 1987 aufzeigen lassen und wohl auch heute noch Gültigkeit haben.

  1. Maximale Abundanzen und Biomassen des Zooplanktons werden im limnischen Bereich der Elbe unterhalb Hamburgs beobachtet.
  2. Die Haupttaxa innerhalb des Mesozooplanktons der gesamten Tide-Elbe sind Copepoden (Ruderfußkrebse), Cladoceren (Blattfußkrebse) und Rotatorien (Rädertiere).
  3. Das Mesozooplankton der Unterelbe wird durch Copepoden und Cladoceren geprägt.
  4. In der oberen Tideelbe und zeitweise auch im limnischen Bereich der Unterelbe erreichen auch die Rotatorien (Rädertiere) hohe Individuendichten.
  5. Innerhalb des Crustaceenplanktons und somit fast ganzjährig auch innerhalb des Gesamtzooplanktons stellt der calanoide Copepode Eurytemora affinis die dominierende Art der Unterelbe dar.
  6. Die in der Tide-Elbe bedeutendste Cladocerenart ist Bosmina longirostris.
  7. Das Rotatorienplankton der Tide-Elbe wird vor allem durch die Gattungen Brachionus und Keratella geprägt.
  8. Die Zooplanktonabundanzen weisen im Jahresverlauf ein Maximum im Frühjahr sowie ein kleineres Herbstmaximum auf.
  9. Das Frühjahresmaximum des Zooplanktons wird von Copepoden bestimmt.
  10. Während der Sommermonate nimmt die Häufigkeit der Copepoden ab, gleichzeitig steigt die Anzahl der Rotatorien und Cladoceren, erreicht jedoch nicht das Ausmaß des Frühjahresmaximums.
  11. Zu Zeiten geringer Reproduktion (Winter) oder hoher Oberwasserabflüsse (Frühjahr) findet ein Netto-Austrag von Eurytemora affinis aus der Tide-Elbe in die angrenzende Nordsee statt.
  12. Vor allem die im limnischen Bereich des Ästuars gelegenen Flachwasserbereiche und Nebenelben gewährleisten extrem hohe Reproduktionsraten von Eurytemora affinis, die die unter Punkt 11 beschriebenen Verluste ausgleichen. Sie sind somit Voraussetzung für den Erhalt der Population dieser Art.
  13. Die in der gesamten Unterelbe in hohen Individuenzahlen auftretende Art Eurytemora affinis stellt eine entscheidende Nahrungsgrundlage für die Elbfische dar.
  14. Die zum Makrozooplankton zählende Mysidacee Neomysis integer ist ebenfalls in der gesamten Unterelbe verbreitet und spielt eine entscheidende Rolle als Nahrungsgrundlage zahlreicher Fische. Auch für diese Art ist Eurytemora affinis eine wichtige Nahrungskomponente.