Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe
- Erläuterungsbericht -
Teil A
Bedarfsbegründung
Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes
Wasser- und Schiffahrtsamt Hamburg
Freie und Hansestadt Hamburg
Wirtschaftsbehörde
Strom- und Hafenbau
Stand: 14. Juli 1997
2. Die regionale und nationale Bedeutung des Hamburger Hafens
2.1 Hamburg - Deutschlands größter Seehafen
2.2 Der Hafen als regionaler Standortfaktor
2.4 Containerumschlag und Beschäftigung
2.5 Arbeitsplätze für das Umland
2.6 Einkommens- und fiskalpolitische Bedeutung des Hafens
2.7 Der Hafen als Fortschrittsmotor
2.8 Der Hafen als Tourismusattraktion
2.9 Der Hamburger Hafen stärkt die regionale und nationale Wirtschaft
3. Entwicklung wichtiger ökonomischer Kenndaten und Perspektiven
3.1 Welthandel - Seehandel - Umschlagszahlen Hamburg
3.2 Entwicklung des Umschlags im Hamburger Hafen 1985 bis 1996
3.3 Entwicklung zentraler Fahrtgebiete
3.4 Anteil Hamburgs am Containerumschlag über See in deutschen Häfen
3.5 Das Hinterland des Hamburger Hafens
3.7 Erwartete Umschlagsentwicklung
4. Entwicklungen in der Containerschiffahrt
4.1 Entwicklungen der Weltcontainerschiffsflotte
4.2 Entwicklung der Hamburg anfahrenden Containerschiffsflotte
4.4 Bedeutung der Konsortienentwicklung für die Häfen
5. Der Status Quo der Fahrrinne und die Anforderungen an einen Ausbau
5.1 Gegenwärtige Anlaufbedingungen im Hamburger Hafen
5.2 Tidebeschränkungen für Reeder nicht mehr hinnehmbar
5.3 Tiefgangsverhältnisse in anderen Häfen
5.4 Verbesserung der Anlaufbedingungen unbedingt erforderlich
5.5 Wirtschaftliche Folgen von Umschlagsverlusten
5.6 Anpassung der Fahrrinne im Bundesverkehrswegeplan vordringlicher Bedarf
Abb. 1: Containerisierungsgrad im Hamburger Hafen
Abb. 2: Containerbezogene hafenabhängig Beschäftigte
Abb. 4: Gesamtumschlag des Hamburger Hafens nach Güterarten
Abb. 5: Entwicklung der Fahrtgebietsanteile beim Containerumschlag
Abb. 6: Fahrtgebietsanteile Containerumschlag 1996
Abb. 7: Marktanteile Hamburg-Antwerpen-Range
Tab. 1: Umschlagsprognose 1991
i.e.S. im engeren Sinne
ISL Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik
OSC Ocean Shipping Consultants
TEU Twenty Feet Equivalent Unit (Einheitsmaß für Container)
Grundlegende Voraussetzung für die Existenz eines Überseehafens ist dessen seewärtige Erreichbarkeit. Da der Hamburger Hafen über 100 km im Landesinneren liegt, müssen Schiffe, die den Hamburger Hafen anlaufen, eine Revierfahrt auf der Unter- und Außenelbe vornehmen. Die gegenwärtigen Tiefgangsverhältnisse auf der Unter- und Außenelbe schränken die Erreichbarkeit des Hamburger Hafens für tiefergehende Containerschiffe ein. Damit ist die Leistungsfähigkeit der Elbe in ihrer auch gesetzlich festgelegten Funktion als Schiffahrtsweg in hohem Maße gefährdet.
Um die Erreichbarkeit des Hamburger Hafens von See weiterhin sicherzustellen, muß die Fahrrinne der Unter- und Außenelbe den Anforderungen der modernen Containerschiffahrt angepaßt werden. Durch diese Maßnahme wird die Verkehrsfunktion der Unter- und Außenelbe gewährleistet. Sie sichert Arbeitsplätze und Einkommen der Region und dient damit dem Wohl der Allgemeinheit.
Im folgenden wird der Bedarf für die Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe im Einzelnen begründet.
Kapitel zwei erläutert die regionale und nationale Bedeutung des Hafens als internationale Transportdrehscheibe. Ausgehend von seiner Funktion als Standortfaktor wird der Einfluß des Hafens vor allem auf Beschäftigung und Einkommen in der norddeutschen Region dargelegt. Das nationale Gewicht des Hafens wird insbesondere durch seine Funktion für den deutschen Außenhandel deutlich.
Im dritten Kapitel wird die Entwicklung des Welt- und Seehandels und der Umschlagszahlen des Hamburger Hafens beleuchtet. Aus den Umschlagszahlen des Hafens wird die bereits heute überragende und weiter zunehmende Bedeutung des Containerverkehrs entwickelt und werden die für Hamburg wichtigsten Fahrtgebiete aufgezeigt. Der hohe Anteil des Hamburger Hafens am Containerumschlag deutscher Seehäfen belegt dabei erneut seine nationale Bedeutung. Die günstige geographische Lage und die guten Hinterlandverbindungen Hamburgs zeigen die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens auf, die ihren Niederschlag in der Entwicklung der Marktanteile in der Hamburg-Antwerpen-Range findet. Ausgehend von der gegenwärtigen Situation werden dann die Perspektiven für die zukünftige Entwicklung des Containerumschlags dargelegt.
Die Entwicklungen in der Containerschiffahrt in den letzten Jahren wird im vierten Kapitel vorgestellt. Dabei wird sowohl auf die Entwicklung der Weltcontainerflotte als auch der Hamburg anlaufenden Containerschiffe eingegangen. Die Gründe für die Größenentwicklung werden erklärt und die positiven Effekte für den internationalen Handel aufgezeigt. Die Neubestellungen für Containerschiffe weisen darauf hin, daß sich der Trend zu großen tiefgehenden Containerschiffen fortsetzen wird.
Des weiteren wird im vierten Kapitel auf die Neubildung der Container-Reederei-Konsortien und deren Bedeutung für die Häfen eingegangen. Aus der internationalen Dimension der Containerschiffahrt wird deutlich, daß deren Entwicklung durch einzelne Häfen nicht beeinflußt werden kann.
Das fünfte Kapitel setzt sich mit den Anlaufbedingungen des Hamburger Hafens auseinander und beschreibt die daraus resultierenden Probleme für die Reeder und den Hafenstandort. Aus den zu erwartenden negativen Auswirkungen der gegenwärtigen Anlaufbedingungen wird die Notwendigkeit der Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe an die Erfordernisse der modernen Containerschiffahrt abgeleitet und die Anforderungen an einen Ausbau erläutert.
2. DIE REGIONALE UND NATIONALE BEDEUTUNG DES HAMBURGER HAFENS
Der Hafen ist einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren der Freien und Hansestadt Hamburg und ihres Umlandes. Er ist das wirtschaftliche Rückgrat und trägt in hohem Maße dazu bei, die Wirtschaftskraft und damit Beschäftigung, Einkommen und Steuern in der gesamten norddeutschen Region zu sichern. Auf nationaler Ebene hat der Hamburger Hafen eine herausragende Bedeutung für den Außenhandel Deutschlands.
2.1 Hamburg - Deutschlands größter Seehafen
Die internationale Arbeitsteilung hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Die jeweiligen wirtschaftlichen Stärken einzelner Länder werden genutzt und Vorleistungs- und Endprodukte aus aller Welt im- und in alle Welt exportiert. Der internationale Handel hat dadurch große Steigerungen erfahren. Die Bundesrepublik Deutschland und mit ihr Norddeutschland sind intensiv in diesen weltwirtschaftlichen Austausch eingebunden.
Mit 71,1 Mio t erreichte der Hamburger Hafen 1996 einen Gesamtumschlag, der wiederum auf dem Rekordniveau des Vorjahres liegt. Etwa ein Drittel des deutschen Güterverkehrs über See wurden im Hamburger Hafen umgeschlagen; im wachstumsträchtigen Containerverkehr beträgt der Anteil sogar etwa 60 %. Der Hamburger Hafen stellt damit für einen Großteil der Handelsströme Deutschlands das Tor zur Welt dar.
Deshalb hat der Hamburger Hafen als größter deutscher Seehafen eine für den Wirtschaftsstandort Deutschland national herausragende Bedeutung.
2.2 Der Hafen als regionaler Standortfaktor
Der Hafen stellt als Transportdrehscheibe mit Verbindungen in die ganze Welt einen positiven Standortfaktor für viele Unternehmen in der Wirtschaftsregion Hamburg dar.
Der Hamburger Hafen bietet neben dem Umschlag die gesamte mit dem Transport von Gütern im Zusammenhang stehende Palette von Distributions- und Logistikdienstleistungen an. Unternehmen, die mit überseeischen Ländern in Handelskontakt stehen, haben mit dem Hafen in Hamburg einen Partner, der den pünktlichen und zuverlässigen Transport ihrer Waren in die ganze Welt garantiert. Ebenso hat der Hafen eine große Bedeutung als Standortfaktor für Unternehmen, die Vorleistungsprodukte für ihren Produktionsprozeß auf dem Seewege importieren sowie für Banken und Versicherungen, die von der Nähe zum Hamburger Hafen als Handels- und Umschlagsplatz und der daraus resultierenden Nachfrage nach Finanzdienstleistungen profitieren.
Der Hamburger Hafen ist direkt und indirekt Grundlage für etwa 15 % aller Arbeitsplätze in Hamburg und damit für ca. 140.000 Beschäftigte. Davon sind etwa 95.000 direkt und etwa 45.000 indirekt hafenabhängig. Als direkt hafenabhängig werden solche Beschäftigten bezeichnet, die hafenbezogene Tätigkeiten ausführen, als indirekt solche, die durch Zulieferungen an die oder Investitionen von der Hafenwirtschaft begründet werden.
Die direkt hafenabhängig Beschäftigten finden sich zu 48,7 % in der Hafenwirtschaft im engeren Sinne (im folgenden: Hafenwirtschaft i.e.S.) wieder, das heißt bei den Unternehmen, deren Tätigkeiten mit dem Umschlag, der Lagerung und der Schiffahrt verbunden sind. Neben der Hafenwirtschaft i.e.S. sind in den Bereichen Handel, Banken und Versicherungen 23,4 %, Hafenindustrie 20,8 % und etwa 7,0 % in sonstigen Bereichen wie z.B. der öffentlichen Verwaltung und der Deutschen Bahn AG beschäftigt. Bei den indirekt hafenabhängig Beschäftigten sind die Bereiche Verarbeitendes Gewerbe mit 51,4 %, Dienstleistungen mit 32,0 % und das Baugewerbe mit 16,6 % vertreten.
Die gesamte durch den Hafen bedingte Beschäftigung ist aber noch weitaus größer als 140.000. Die Aktivitäten der Unternehmen, die direkt oder indirekt in Verbindung mit dem Hafengeschehen stehen, setzen einen Multiplikatorprozeß in Gang, der über die von anderen Unternehmen bezogenen Vorleistungen und Investitionsgüter und durch die Konsumausgaben der Beschäftigten weitere Beschäftigung hervorruft.
2.4 Containerumschlag und Beschäftigung
Der Schwerpunkt der direkt hafenabhängigen Arbeitsplätze in der Hafenwirtschaft i.e.S. verlagert sich immer mehr von unmittelbar am Umschlag beteiligten Arbeitsplätzen hin zu Arbeitsplätzen, auf denen Tätigkeiten ausgeführt werden, die dem Umschlag von Gütern vor- oder nachgelagert sind. Ursächlich dafür ist unter anderem der vermehrte Einsatz von Containern beim Verkehr über See.
Der Erfolg des Containers als Transportmittel beruht auf einer Reihe von Vorteilen gegenüber dem konventionellen Güterverkehr. Der Container ermöglicht eine Steigerung der Umschlagsgeschwindigkeit im Hafen, verkürzt die Liegezeiten der Schiffe, gewährleistet ein hohes Maß an Schutz und Sicherheit für die transportierten Güter und bietet einen schnellen und reibungslosen Übergang zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern im See- und im Landverkehr. Die durch den Container hervorgerufenen Zeit- und Kostenvorteile wirken sich stimulierend auf den Welthandel und damit wohlfahrtssteigernd aus.
Abb. 1: Containerisierungsgrad im Hamburger Hafen
Quelle: Wirtschaftsbehörde, Abteilung internationale Wirtschaftsbeziehungen und Schiffahrt; eigene Berechnungen.
Der Anteil des Containerumschlags am Gesamtumschlag im Hamburger Hafen ist von 18,1 % in 1985 auf 43,6 % in 1996 angestiegen. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil des Containerumschlags am Stückgutumschlag von 50,9 % auf 83,9 %. Auch für die Zukunft wird von einem weiteren Anstieg des Anteils des Containerumschlags ausgegangen.
Der Containerumschlag im Hafen zeichnet sich durch standardisierte Abläufe aus, die es erlauben, die Ladevorgänge mit geringem Einsatz menschlicher Arbeitskräfte zu bewerkstelligen. Gleichzeitig erfordern containerisierte Güter aber in der Organisation des weiteren Transports eine große Anzahl von qualifizierten Arbeitskräften in den Bereichen Distribution und Logistik.
Von den ca. 95.000 direkt hafenabhängig Beschäftigten sind 43 %, also etwa 41.000, dem Containerverkehr zuzuordnen.
Werden die ca. 47.000 indirekt hafenabhängig Beschäftigten nach den gleichen Anteilen wie die direkt hafenabhängig Beschäftigten auf die Ladungskategorien verteilt, so entfallen auf den Containerverkehr insgesamt etwa 60.000.
Abb. 2: Containerbezogene hafenabhängig Beschäftigte
Quelle: Planco Consulting-GmbH, Anpassung der Fahrrinne der Elbe an die Anforderungen der Schiffahrt, Regionalwirtschaftliche Untersuchung, Essen, 1991; eigene Berechnungen.
2.5 Arbeitsplätze für das Umland
Rund 28 % der Hamburger Arbeitsplätze werden von Beschäftigten eingenommen, die ihren Wohnsitz nicht in Hamburg haben. Es ist davon auszugehen, daß dieses Verhältnis in etwa auch auf die direkt und indirekt hafenabhängig Beschäftigten zutrifft. So haben beispielsweise bei der HHLA etwa 33 % der Beschäftigten ihren Wohnsitz in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein und bei Eurokai sogar über 40 %.
Von den 140.000 in Hamburg direkt und indirekt hafenabhängig Beschäftigten kommen also etwa 40.000 aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Diese durch Pendlerströme begründete beschäftigungspolitische Bedeutung des Hafens für die benachbarten Bundesländer wird noch durch hafenbezogene Dienstleistungsunternehmen und Zulieferer verstärkt, die ihren Firmensitz im Hamburger Umland haben.
2.6 Einkommens- und fiskalpolitische Bedeutung des Hafens
Der Hamburger Hafen schafft und sichert nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Einkommen bei Beschäftigten und Unternehmen. Dabei liegt das im und durch den Hafen erzielte Lohn- und Gehaltsniveau deutlich über dem Hamburger Durchschnitt.
Außerdem fließen durch den Hafen dem Bund, der Freien und Hansestadt Hamburg und den Nachbarländern Haushaltseinnahmen zu. Diese bestehen zum einen aus der von den hafenabhängig Beschäftigten gezahlten Lohnsteuer und der auf den Konsum dieser Beschäftigten erhobenen Mehrwertsteuer und zum anderen aus den von den hafenbezogenen Unternehmen abgeführten Unternehmensteuern sowie aus Hafengebühren und Mieten.
Die Unterhaltung des Hafens verursacht in Hamburg Haushaltsausgaben. Dabei sind die öffentlichen Ausgaben für den Hafen den Ausgaben gegenüberzustellen, die ohne florierenden Hafen entstehen würden.
Ausgaben der öffentlichen Hand für den Hafen entstehen durch die Bereitstellung und Unterhaltung der Infrastruktur des Hafens und durch die Bezahlung der in der öffentlichen Verwaltung mit Hafenbelangen befaßten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Geringere Ausgaben durch einen florierenden Hafen entstehen im wesentlichen aufgrund vermiedener Sozialhilfeausgaben, da Arbeitsplätze Voraussetzung für das eigene Bestreiten des Lebensunterhalts sind und so staatliche Transferzahlungen überflüssig machen.
2.7 Der Hafen als Fortschrittsmotor
Der Hafen ist in vielfältiger Hinsicht Einsatzort für moderne Technologien. Die Bereiche Wasserbau, Schiffsbau und EDV- gestützte Logistiksysteme sind eng mit dem Hafengeschehen verknüpft. In diesen Bereichen tätige Unternehmen sind Nachfrager innovativer Produkte und von daher Standortfaktor für Anbieter moderner Technologien.
Die große Anzahl von Hochschulen und Spezialinstituten in Hamburg gewährleistet ein reibungsloses Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Somit ist der Hafen ein Fortschrittsmotor der Region.
2.8 Der Hafen als Tourismusattraktion
Der Hafen ist als eines der Wahrzeichen Hamburgs auch Tourismusattraktion. Ein Teil des Fremdenverkehrs in Hamburg und der Tagesausflüge von Urlaubern oder Bewohnern des Umlandes ist auf den Hafen zurückzuführen. Seine Attraktivität erhält der Hamburger Hafen durch seine Größe und durch das aktive, pulsierende Hafengeschehen. Würde der Hafen an seiner Bedeutung einbüßen, würde er auch seine Faszination und Hamburg dadurch eine seiner touristischen Attraktionen so wie die daraus entstehenden Einnahmen und Beschäftigung in diesem dynamischen Sektor verlieren.
2.9 Der Hamburger Hafen stärkt die regionale und nationale Wirtschaft
Die wirtschaftliche Bedeutung des Hamburger Hafens beeinflußt unmittelbar die gesamte Norddeutsche Region. Seine Funktionen als Standortfaktor, Arbeitsplatz, Fortschrittsmotor und Tourismusattraktion sind unverzichtbare Faktoren für die norddeutsche Wirtschaftskraft. Als internationale Transportdrehscheibe gewährleistet und fördert der Hamburger Hafen Deutschlands Handel mit der ganzen Welt. In dem zwischen dem Bund und den Ländern eng verknüpften Steuer- und Finanzausgleichssystem Deutschlands hat der Hamburger Hafen auch eine fiskalisch nationale Bedeutung. Der Hamburger Hafen ist also ein national bedeutender Faktor, der zur Wirtschaftskraft und damit zu Beschäftigung und Wohlstand in Deutschland beiträgt.
3. ENTWICKLUNG WICHTIGER ÖKONOMISCHER KENNDATEN UND PERSPEKTIVEN
3.1 Welthandel - Seehandel - Umschlagszahlen Hamburg
Die wachsende internationale Arbeitsteilung und die damit einhergehende Globalisierung der Märkte hat in den vergangenen Jahren für einen stetigen Anstieg des Welthandels gesorgt. Ein Großteil des Welthandels entfällt auf den Seehandel. Wachstumsträger des Seehandels war und ist der Stückgutumschlag und darunter in erster Linie der Containerumschlag. Die verbesserte Schiffs- und Ladetechnologie im Containerverkehr wirkt sich ihrerseits über die dadurch ermöglichten günstigen Transportpreise stimulierend auf den internationalen Warenaustausch aus.
Abb. 3: Entwicklung des Containerumschlags Hamburgs, des Containerhandels weltweit und des Seehandels
Quelle: Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, ISL-Prognosedienst, Bremen, Januar 1996; Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, Shipping Statistics and Market Review, Bremen, Januar/Februar 1997; eigene Berechnungen.
Hamburg konnte in hervorragender Weise von den Zuwächsen im Seehandel profitieren und dabei insbesondere den Containerumschlag in hohem Maße steigern.
Mit einem Gesamtumschlag von 71,1 Mio t erreichte der Hamburger Hafen auch 1996 ein Umschlagsniveau, daß sich auf dem Rekordniveau des Vorjahres bewegte. Von den 71,1 Mio t Gesamtumschlag in 1996 entfielen 37,0 Mio t auf den Stückgutumschlag, wovon 31,0 Mio t in Containern umgeschlagen wurden. In TEU (Twenty Feet Equivalent Unit: Einheitsmaß für Container) betrug 1996 der Containerumschlag des Hamburger Hafens 3,054 Mio TEU. Damit setzte sich der seit 1982 ununterbrochene Zuwachs des Containerumschlag im Hamburger Hafen auch in 1996 fort.
3.2 Entwicklung des Umschlags im Hamburger Hafen 1985 bis 1996
Abb. 4: Gesamtumschlag des Hamburger Hafens nach Güterarten
Quelle: Wirtschaftsbehörde, Abteilung internationale Wirtschaftsbeziehungen und Schiffahrt.
Betrachtet man den Zeitraum von 1985 bis 1996, so hat sich der Gesamtumschlag von 59,5 Mio t auf 71,1 Mio t, also auf das 1,2-fache gesteigert. Der Stückgutumschlag stieg im gleichen Zeitraum von 21,2 Mio t auf 37,0 Mio t, was einer Steigerung auf das 1,7 fache entspricht. Mit einer Steigerung auf das 2,9 fache von 10,8 Mio t auf 31,0 Mio t war das Wachstum des Containerumschlags besonders hoch. Betrachtet man den Containerumschlag in TEU, so ergibt die Entwicklung von 1,159 Mio TEU in 1985 auf 3,054 Mio TEU in 1996 eine Steigerung auf das 2,6 fache.
3.3 Entwicklung zentraler Fahrtgebiete
Zentrales Fahrtgebiet für den Hamburger Hafen ist der Asienverkehr. Auf ihn entfielen in den letzten Jahren etwa 50 % des Containerumschlags des Hamburger Hafens. Darunter ist der Fernostverkehr mit gut 40 % des Containerumschlags vertreten. Zählt man zum Fernostverkehr noch den dadurch hervorgerufenen Feederverkehr hinzu, so hat der Umschlag, der mit dem Fernostverkehr zusammenhängt, einen Anteil von knapp 60 % des Containerumschlags.
Nach Asien ist das Fahrtgebiet Europa mit etwa 30 % das zweitwichtigste für den Hamburger Hafen. Der Anteil dieses Fahrtgebietes hat in den letzten Jahren an Bedeutung weiter zugenommen. Dabei hat sich insbesondere der Anteil des Skandinavienverkehrs vergrößert, der 1996 einen Anteil von gut 17 % des Containergesamtumschlags erreicht hatte.
Abb. 5: Entwicklung der Fahrtgebietsanteile beim Containerumschlag
Quelle: Wirtschaftsbehörde, Abteilung internationale Wirtschaftsbeziehungen und Schiffahrt; eigene Berechnungen.
Abb. 6: Fahrtgebietsanteile Containerumschlag 1996
Quelle: Wirtschaftsbehörde, Abteilung internationale Wirtschaftsbeziehungen und Schiffahrt; eigene Berechnungen.
3.4 Anteil Hamburgs am Containerumschlag über See in deutschen Häfen
Der Anteil Hamburgs am gesamten Containerumschlag über See in deutschen Häfen lag 1996 bei 61,9 %. Betrachtet man die einzelnen Fahrtgebiete, so wird dabei noch einmal die besondere Bedeutung des Asienverkehrs deutlich. Etwa 80 % des deutschen Containerverkehrs mit Asien laufen über den Hamburger Hafen. Beim innereuropäischen Containerverkehr beträgt der Anteil des Hamburger Hafens am deutschen Containerumschlag gut 50 %.
3.5 Das Hinterland des Hamburger Hafens
Von entscheidender Bedeutung für den Hafenstandort Hamburg sind seine günstige wirtschaftsgeographische Lage und seine hervorragende Verkehrsanbindung.
Die wirtschaftsgeographische Lage des Hamburger Hafens, gut 100 km im Landesinneren, ist ein entscheidender Vorteil, da Güter, die im Hamburger Hafen umgeschlagen werden, mit dem sowohl ökologisch- als auch kostengünstigsten Verkehrsmittel - nämlich dem Schiff - weit ins Landesinnere transportiert werden, so daß Landtransporte verkürzt werden können. Dieser Vorteil kommt nur dann zum Tragen, wenn der Zugang zum Hafen den Anforderungen der Schiffahrt entspricht. Auf der Unter- und Außenelbe bestehen aber Tiefgangsrestriktionen, durch die den Reedereien Wartezeiten bzw. Mehrkosten entstehen können. (Auf die Bedeutung und die Auswirkungen der Tiefgangsrestriktionen wird in Kapitel 5 eingegangen.)
Als nordöstlichster Main-Port Europas ist der Hamburger Hafen prädestiniert für den Transitverkehr von und nach Skandinavien. Hamburg ist durch ein dichtes Netz von Feeder-, Bahn- und Fährverbindungen mit allen skandinavischen Ländern verbunden. Gleichzeitig liegt der Hafen sowohl geographisch als auch aufgrund seiner guten Verkehrsanbindung ökonomisch nahe an den wichtigen Wirtschaftszentren Westeuropas. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Eisenbahnverbindungen. Über 70 % aller Container, die weiter als 150 km von oder nach Hamburg befördert werden, laufen per Zug. Vier Autobahnen verbinden Hamburg über die Straße und die Elbe dient ab Hamburg landeinwärts als leistungsfähige Binnenwasserstraße.
Durch die wirtschaftliche Öffnung der mittel- und osteuropäischen Staaten hat Hamburg außerdem Zugang zu den Märkten in diesem neuen Hinterland gewonnen. Die im Vergleich mit den Wettbewerbshäfen größere geographische Nähe Hamburgs zu diesen Staaten ist dabei aufgrund der kurzen Transportwege ein entscheidender ökonomischer Vorteil. Dieser Aspekt ist auch unter ökologischen Gesichtspunkten positiv zu beurteilen.
Auch wenn der Anteil des Umschlags, der durch die mittel- und osteuropäischen Ländern hervorgerufen wird, zur Zeit noch relativ gering ist, so ist doch abzusehen, daß er parallel zu der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder ansteigen und im Volumen bedeutsam werden wird.
Die potentielle wirtschaftliche Bedeutung der mittel- und osteuropäischen Länder wird schon durch deren Bevölkerungszahl deutlich. Während z.B. die skandinavischen Länder, die etwa 17 % des Containerumschlags des Hamburger Hafens hervorrufen, nur gut 23 Mio Einwohner zählen, haben allein die mittel- und osteuropäischen Ostseeanrainerstaaten ohne Rußland schon 43,9 Mio Einwohner. Durch die Öffnung der mittel- und osteuropäischen Länder hat sich für Hamburg ein Markt ergeben, der alles in allem eine Bevölkerung von ungefähr 350 Mio Personen umfaßt. Neben dem allgemein erwarteten Zuwachs des Welthandels und damit auch des Seehandels stellt die zukünftige Entwicklung der mittel- und osteuropäischen Staaten mithin ein zusätzliches Wachstumspotential gerade für den Hamburger Hafen dar.
Die nordwesteuropäischen Häfen der Hamburg-Antwerpen-Range stehen in intensivem Wettbewerb miteinander. Hamburg konnte über Jahre hinweg seinen Marktanteil am Containerumschlag in dieser Range stetig vergrößern und damit seinen Platz als zweiter Main-Port in Europa ausbauen. Seit 1985 hat der Hamburger Hafen mit einer durchschnittlichen jährlichen Steigerungsrate von 9,2 % den höchsten Zuwachs im Containerumschlag in der Hamburg-Antwerpen-Range.
Abb. 7: Marktanteile Hamburg-Antwerpen-Range
Quelle: Wirtschaftsbehörde, Abteilung internationale Wirtschaftsbeziehungen und Schiffahrt; eigene Berechnungen.
3.7 Erwartete Umschlagsentwicklung
Auch in Zukunft wird der Umschlag im Hamburger Hafen weiter zunehmen. Im Rahmen einer Nutzen-Kosten-Untersuchung1), die Grundlage für die Aufnahme der Fahrrinnenanpassung in den Bundesverkehrswegeplan des Bundesverkehrsministeriums als vordringlicher Bedarf war, wurde durch die Planco GmbH 1991 eine Umschlagsprognose erstellt. Dieser Prognose wurden zwei Szenarien der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung zugrundegelegt. Entsprechend wurde die Umschlagsentwicklung durch eine "Basisprognose" und eine "obere Variante" abgebildet. Dabei wurde die in Containern umgeschlagene Gütermenge geschätzt, indem der Gesamtumschlag des Hamburger Hafens nach Güterarten prognostiziert, diese Mengen auf die Fahrtgebiete aufgeteilt und die Entwicklung des Containerisierungsgrades je Gütergruppe und Fahrtgebiet ermittelt wurde. Die Anzahl der Container in TEU wurde unter Berücksichtigung der Größenstruktur der Container, der Gewichtsauslastung der Container und der Leercontainer geschätzt. Das Ergebnis dieser Prognose wird in der folgenden Tabelle wiedergegeben.
Tab. 1: Umschlagsprognose 1991
1995 | 2000 | 2010 | |
in Mio TEU | |||
"Basisprognose" | 2,330 | 2,985 | 4,069 |
"obere Variante" | 2,501 | 3,333 | 4,431 |
Der in der "Basisprognose" für 1995 prognostizierte Containerumschlag wurde schon 1993 übertroffen und der tatsächliche Umschlag in 1995 lag mit 2,890 Mio TEU beinahe 400 Tsd TEU über dem Prognosewert der "oberen Variante". In 1996 wurde die "Basisprognose" für das Jahr 2000 um 69 Tsd TEU überschritten und auch die "obere Variante" für das Jahr 2000 wird voraussichtlich schon in 1998 erreicht werden.
1994 wurde durch die Planco GmbH eine Sensitivitätsrechnung für die Hafenerweiterung Altenwerder2) durchgeführt. Das zugrundegelegte Umschlagsvolumen beträgt dabei für das Jahr 2000 rd. 4,2 Mio TEU und für das Jahr 2010 rd. 5,6 Mio TEU.
Derselbe Gutachter hat Anfang 1996 im Rahmen einer Ergänzungsrechnung zur Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe das Szenario der wirtschaftlichen Entwicklung aktualisiert3). Dabei wird insbesondere der gegenüber der Prognose aus 1991 weitaus höher eingetretene Containerisierungsgrad des Stückguts, die Vergrößerung der Hamburger Marktpotentiale durch die Öffnung der Ostmärkte und die Integration skandinavischer Staaten in die EU berücksichtigt. Die daraus resultierenden Umschlagszahlen bestätigen für das Jahr 2000 einen erwarteten Umschlag von 4,2 Mio TEU und für 2010 von 5,6 Mio TEU.
Die Marktaussichten für europäische Containerhäfen betrachtet eine Mitte 1995 vorgelegte Studie der Ocean Shipping Consultants (OSC)4). Für Deutschland wird dabei für das Jahr 2000 ein Containerumschlag von 6,231 Mio TEU prognostiziert. Wird der - in der Vergangenheit stetig angestiegene - Marktanteil Hamburgs am deutschen Containerumschlag von gegenwärtig 61,9 % darauf angelegt, so erhält man für das Jahr 2000 einen zu erwartenden Containerumschlag von etwa 3,8 Mio TEU. Für das Jahr 2005 prognostiziert OSC einen Containerumschlag in deutschen Seehäfen von 8,805 Mio TEU. Legt man auch hier wieder den gegenwärtigen Marktanteil Hamburgs am deutschen Containerumschlag von 61,9 % an, ergibt sich für das Jahr 2005 ein Containerumschlag im Hamburger Hafen von etwa 5,4 Mio TEU. Da im Hamburger Hafen mit einem Anteil von etwa 50 % (Deutschland: etwa 40 %) überproportional viele Container von und nach Asien umgeschlagen werden und insbesondere für den Asienverkehr ein sehr dynamisches Wachstum prognostiziert wird, wird Hamburg seinen Marktanteil am deutschen Containerumschlag weiter steigern. Aus der OSC Prognose sind deshalb eher höhere Umschlagszahlen als 3,8 Mio TEU für das Jahr 2000 und 5,4 Mio TEU für das Jahr 2005 abzuleiten.
Abb. 8: Containerumschlagsprognosen
Quelle: Planco Consulting-GmbH, Aktualisierung der Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Anpassung der Fahrrinne der Elbe an die Anforderungen der Schiffahrt, Essen, 1996; OSC; eigene Berechnungen.
Den angeführten Prognosen ist gemeinsam, daß sie von einem weiteren Anstieg des Potentials des Containerumschlags im Hamburger Hafen ausgehen und für das Jahr 2000 einen Umschlag von etwa 4 Mio TEU erwarten. Der aus der OSC Prognose ermittelte Containerumschlag für das Jahr 2005 von etwa 5,4 Mio TEU befindet sich sogar oberhalb des Pfads, der zu dem von der Planco Consulting-GmbH prognostizierten Umschlag von 5,6 Mio TEU im Jahre 2010 führt.
4. ENTWICKLUNGEN IN DER CONTAINERSCHIFFAHRT
4.1 Entwicklungen der Weltcontainerschiffsflotte
Seit Beginn der Containerschiffahrt hat sich die Größe der Containerschiffe und verbunden damit deren Ladekapazität und Tiefgang immer weiter vergrößert.
Tab. 2: Größenentwicklung der Weltcontainerflotte
Jahr | Kapazität | Tiefgang max. | |
1. Generation | Mitte 60er | 1.000 TEU | ca. 10,0 m |
2. Generation | ab 1970 | 2.000 TEU | ca. 11,5 m |
3. Generation | ab 1980 | 3.000 - 4.000 TEU | ca. 12,5 m |
4. Generation | ab 1990 | 4.000 - 5.000 TEU | ca. 13,5 m |
5. Generation | ab 1992 | > 5.000 TEU | ca. 13,5 m |
Alle Tiefgangsangaben beziehen sich auf Seewasser.
Die Größenentwicklung der Containerschiffe war zum einen Reaktion auf das steigende Ladungsaufkommen und zum anderen können durch die zunehmende Größe der Containerschiffe "economies of scale" realisiert werden. "Economies of scale" entstehen dadurch, daß die Kosten für den Bau größerer Containerschiffe und deren Betriebskosten unterproportional zu der zusätzlichen Ladungskapazität ansteigen. Die Kosten pro gefahrene Seemeile je Container sind deshalb bei großen Containerschiffen geringer als bei kleineren. Die Kostenvorteile durch "economies of scale" ermöglichen niedrigere Transportpreise, die ihrerseits positive Effekte auf den internationalen Warenaustausch haben.
"Economies of scale" können nur bei einer hohen Auslastung der Containerschiffe realisiert werden. Werden große Containerschiffe nur unzureichend ausgelastet, so werden nicht nur keine Kostenvorteile erzielt, sondern die Kosten pro gefahrener Seemeile je Container liegen sogar höher als bei gut ausgelasteten kleineren Containerschiffen. Die Reedereien sind also in hohem Maße bestrebt, eine möglichst große Auslastung ihrer Containerschiffe sicherzustellen.
Das steigende Ladungsaufkommen und die Möglichkeit "economies of scale" zu erzielen, haben dazu geführt, daß der Anteil der großen tiefgehenden Containerschiffe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat. Hatten am 1.1.1990 noch 25,7 % der Containerschiffe ab 1.000 TEU einen Maximaltiefgang größer als 11,70 m in Seewasser, waren es am 1.1.1997 schon 33,4 %.
Abb. 9: Anteil der Containerschiffe mit einem Tiefgang größer 11,70 m in Seewasser an der Weltcontainerflotte ab 1.000 TEU
Quelle: Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik; eigene Berechnungen.
Aufgrund der Ladekapazität großer Containerschiffe ist ihr Anteil an der Gesamtkapazität der Weltcontainerflotte überproportional zu ihrer Anzahl gestiegen. Die Bedeutung großer tiefgehender Containerschiffe für die internationale Containerschiffahrt läßt sich aus dem Umfang und der Zunahme ihres Anteils an der Gesamtkapazität der Weltcontainerflotte ablesen. Der Anteil dieser Schiffe an der Kapazität der Weltcontainerflotte ab 1.000 TEU stieg von 35,4 % am 1.1.1990 auf 49,3 % am 1.1.1997.
Betrachtet man die Containerschiffe mit einem Tiefgang größer 12,5 m, so läßt sich feststellen, daß deren Anteil an der Anzahl der Containerschiffe ab 1.000 TEU von 15,2 % am 1.1.1990 auf 18,0 % am 1.1.1997 angestiegen ist. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil dieser Schiffe an der Kapazität der Weltcontainerflotte ab 1.000 TEU von 23,3 % auf 30,4 % angestiegen.
Abb. 10: Anteil der Containerschiffe mit einem Tiefgang größer 12,50 m in Seewasser an der Weltcontainerflotte ab 1.000 TEU
Quelle: Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik; eigene Berechnungen.
Es ist von einer weiteren Zunahme der großen tiefgehenden Containerschiffe auszugehen, so daß der Anteil des weltweiten Containerumschlags, der durch diese Schiffe hervorgerufen wird, weiter zunehmen wird. Für einen kurzfristigen Zeithorizont läßt sich dieses aus den Orderbooks der Reedereien ablesen. Bei den Neubestellungen von Containerschiffen ab 1.000 TEU betrug am 1.1.1997 der Anteil der Kapazität der Containerschiffe mit einem Maximaltiefgang von mehr als 11,7 m in Seewasser deutlich mehr als 50 %.
4.2 Entwicklung der Hamburg anfahrenden Containerschiffsflotte
Große tiefgehende Containerschiffe finden in erster Linie auf den Überseelinien ihren Einsatz und dabei neben der Transpazifik- und der Transatlantik-Route insbesondere auf der Europa-Fernost-Route. Damit haben sie für den Hamburger Hafen eine herausragende Bedeutung, da das Hauptumschlagsgebiet des Hamburger Hafens Fernost ist.
Containerschiffe mit einer hohen Ladekapazität haben im Hamburger Hafen einen zu ihrer Anlaufhäufigkeit überproportional hohen Anteil am Gesamtumschlag.
Abb. 11: Verteilung der Schiffsereignisse und des Containerumschlags auf Größenklassen ab 1.000 TEU in 1996
Quelle: Wirtschaftsbehörde, Amt Strom und Hafenbau; eigene Berechnungen.
Entsprechend der Zunahme der eingesetzten großen tiefgehenden Containerschiffe hat die Anzahl der Containerschiffe, die einen Tiefgang haben, der bei maximaler Auslastung keinen tideunabhängigen Verkehr auf der Unter- und Außenelbe zuläßt, in den letzten Jahren stetig zugenommen.
Abb. 12: Entwicklung der Anzahl der Containerschiffe und der Containerschiffsankünfte mit einem maximalen Tiefgang > 11,7 m
Quelle: Wirtschaftsbehörde, Amt Strom- und Hafenbau.
Die Anzahl der Containerschiffe, die die Unter- und Außenelbe unter den derzeitigen Bedingungen voll abgeladen nur tideabhängig oder gar nicht mehr befahren können, wird, wie sich aus den Orderbooks ablesen läßt, in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Entscheidungen über den Einsatz von Containerschiffen können von Hamburg aus nicht beeinflußt werden.
In den letzten Jahren hat eine Neuorganisation der Reedereien in der Containerschiffahrt stattgefunden. Die international tätigen Reedereien haben sich zu neuen Konsortien zusammengeschlossen. Diese Konsortien unterscheiden sich von den bisherigen Kooperationen der Reedereien durch die Intensität der Zusammenarbeit. Zum Teil hat es sogar Fusionen von großen Reedereien gegeben, so z.B. von P&O und Nedlloyd, die Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung an der DSR Senator Reederei durch die Reederei Hanjin Shipping Co. und die Übernahme der französischen Staatsreederei CGM durch CMA.
Die neugebildeten Konsortien beschränken sich nicht mehr wie in der Vergangenheit auf einzelne Linien oder eng begrenzte Betriebsbereiche, sondern sind auf eine Zusammenarbeit in globaler Dimension ausgelegt. Die bedeutendsten Konsortien sind die Global Alliance, zu der die Reedereien MISC, MOL, OOCL und APL und die Grand Alliance, zu der die Reedereien Hapag-Lloyd, NYK, NOL und P&O Nedlloyd gehören, so wie die Kooperation zwischen den Reedereien Maersk und Sea-Land. Allein diese drei Konsortien repräsentieren knapp 30 % der Weltcontainerflotte.
4.4 Bedeutung der Konsortienentwicklung für die Häfen
Die Zusammenarbeit mehrerer Reedereien in einem Konsortium ermöglicht es, durch den Austausch von Ladung die gemeinsamen Schiffskapazitäten noch besser auszulasten. Eine hohe Auslastung ist Voraussetzung für die oben beschriebenen "economies of scale". Gleichzeitig führt eine hohe Auslastung dazu, daß sich der tatsächliche Tiefgang der Schiffe dem maximalen Tiefgang annähert.
Werden auf einer Linie Containerschiffe verschiedener Reedereien eines Konsortiums eingesetzt, so unterscheiden sich dieses zum Teil in ihrer Größe und damit auch in den Anforderungen, die sie an die Zufahrten der Häfen stellen. Die Fahrplantreue einer Gesamtlinie wird dann maßgeblich von dem Schiff bestimmt, daß die größten Anforderungen an die Zufahrt der Häfen stellt. In der Europa-Fernost-Fahrt werden im allgemeinen acht oder neun Schiffe je Linie eingesetzt. Ob oder an welcher Stelle ein Hafen innerhalb einer Linie angelaufen wird, hängt deshalb unter Umständen von nur einem Schiff ab, obwohl womöglich sieben bzw. acht andere Schiffe dieser Linie keine Probleme haben, den entsprechenden Hafen anzulaufen.
Die Bildung der Konsortien hat zwei weitere Auswirkungen. Einerseits verringert sich die Anzahl der individuell organisierten Liniendienste innerhalb eines Fahrtgebietes und es kommt zu Reedereikonzentrationen mit gleichgerichteten Marktstrategien. Andererseits sind diese Konsortien, da sie über eine größere Schiffsanzahl verfügen, in der Lage, innerhalb eines Fahrtgebietes unterschiedliche Hafenanlauffolgen zu organisieren. Letzteres hatte u.a. zur Folge, daß Bremerhaven neuerdings verstärkt auch in der Fernostfahrt Fuß fassen konnte. Damit ist Hamburg ein weiterer geographisch nahegelegener Konkurrent in diesem Fahrtgebiet erwachsen.
5. DER STATUS QUO DER FAHRRINNE UND DIE ANFORDERUNGEN AN EINEN AUSBAU
5.1 Gegenwärtige Anlaufbedingungen im Hamburger Hafen
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können Containerschiffe bis zu einem tatsächlichen Tiefgang von 12,0 m in Frischwasser (11,7 m in Seewasser) den Hamburger Hafen tideunabhängig anlaufen und verlassen. Containerschiffe mit einem größeren tatsächlichen Tiefgang sind auf Tidefenster5) angewiesen. Containerschiffe mit einem tatsächlichen Tiefgang über 12,0 m in Frischwasser (11,7 m in Seewasser) erreichen den Hafen, indem sie auf der einkommenden Tidewelle in den Hafen "reiten". Der Maximaltiefgang für einlaufende Containerschiffe beträgt 14,5 m in Frischwasser (14,2 m in Seewasser).
Auslaufende Containerschiffe fahren der Tidewelle entgegen und müssen in jedem Fall einen Niedrigwasserbereich passieren. Deshalb verringert sich zum einen der zulässige Tiefgang auf 12,8 m in Frischwasser (12,5 m in Seewasser) und verkleinern sich zum anderen die zur Verfügung stehenden Tidefenster. So haben Containerschiffe mit einem tatsächlichen Tiefgang von 12,8 m in Frischwasser (12,5 m in Seewasser) nur ein Tidefenster von 45 Minuten je Tide (12 h 25 min) zur Verfügung, um den Hamburger Hafen zu verlassen.
Tab. 3: Anlaufbedingungen Hamburger Hafen
Maximal möglicher Tiefgang in Frischwasser (Seewasser) | |||||||
einlaufend | auslaufend | ||||||
tideunabhängig | tideabhängig | tideunabhängig | tideabhängig | ||||
12,0 (11,7) | 14,5 (14,2) | 12,0 (11,7) | 12,8 (12,5) |
Abladetiefgang in Metern in Frischwasser (Seewasser) | |||
12,2 (11,9) | 12,5 (12,2) | 12,8 (12,5) | |
Tidefenster
(in Minuten beim Auslaufen) |
180 | 120 | 45 |
5.2 Tidebeschränkungen für Reeder nicht mehr hinnehmbar
Die Containerschiffahrt ist durch feste Fahrpläne gekennzeichnet. Verzögerungen, die an einem Punkt des Transportweges entstehen, setzen sich in der gesamten weiteren Transportkette fort oder können sich sogar durch das Versäumen von Anschlüssen (z.B. Suezkanalpassage) addieren. Dies verursacht zum Teil erhebliche Mehrkosten. Für die Containerschiffahrt sind deshalb Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit neben guten Hinterlandanbindungen und dem Loco-Aufkommen6) entscheidende Parameter, nach denen die Reedereien ihre Anlaufhäfen festlegen. Die Bedeutung dieser Parameter nimmt in dem Ausmaße zu, wie durch "Just-in-Time-Produktion" die Lagerhaltung von Unternehmen weiter eingeschränkt wird. Gleichzeitig nimmt die Größe und damit der Tiefgang der eingesetzten Containerschiffe - wie in Abschnitt 4 beschrieben - zu, um "economies of scale" zu erzielen.
Die unter diesen Marktbedingungen agierenden Reedereien treffen in Hamburg auf einen Hafen, in dem die Tidebeschränkungen auf der Unter- und Außenelbe dazu führen, daß Containerschiffe der neueren Generationen den Hamburger Hafen vollbeladen nicht mehr oder nur unter Inkaufnahme großer Wartezeiten anlaufen und verlassen können. Wird z.B. von einem Containerschiff mit einem tatsächlichen Tiefgang von 12,8 m in Frischwasser (12,5 m in Seewasser) das Tidefenster von 45 Minuten zum Auslaufen verpaßt, so bedeutet dieses eine Wartezeit von bis zu 12 Stunden. Da eine solche Wartezeit aus Kosten- und Zeitgründen nicht akzeptabel ist, muß, um das Tidefenster ausnutzen zu können, teilweise auf das Laden von Containern verzichtet werden. Die zurückgelassenen Container werden dann per LKW zu einem anderen Ladehafen transportiert.
Eine solche Konstellation wird von den Reedereien bei zunehmender Häufigkeit nicht mehr akzeptiert und fordert Ausweichreaktionen der Reedereien heraus. Muß ein Containerschiff an einem Terminal-Liegeplatz warten, kann dieser außerdem während der Wartezeit nicht für das Be- oder Entladen eines anderen Containerschiffs genutzt werden.
1996 fuhren über 800 mal Containerschiffe den Hamburger Hafen an, die vollbeladen die Unter- und Außenelbe gar nicht bzw. nicht tideunabhängig hätten passieren können (siehe dazu auch Abb. 12). Daß nur eine relativ geringe Anzahl an Schiffsereignissen einen tatsächlichen Tiefgang hatte, der ein tideunabhängiges Befahren der Unter- und Außenelbe nicht zuließ, weist darauf hin, daß die Reedereien schon auf die Tiefgangsbeschränkungen reagiert und die Zusteuerung von Ladung auf den Hamburger Hafen bereits eingeschränkt haben. Ein Teil des Umschlags wird schon auf andere Häfen verlagert, um den oben beschriebenen kosten- und zeitintensiven Zwischentransport per LKW zu vermeiden.
5.3 Tiefgangsverhältnisse in anderen Häfen
In Nordwesteuropa existiert eine hohe Dichte an Überseehäfen, die als Anlaufhäfen für Containerschiffe konkurrieren. Diese hohe Dichte ist zwar durch die Größe des zu bedienenden Marktes und durch die daraus folgende Menge an umzuschlagenden Gütern gerechtfertigt; die hohe Dichte an Überseehäfen ermöglicht es Reedereien aber auch, Gütermengen auf andere Häfen zu verlagern. Dies ist für Hamburg insbesondere durch den Umstand brisant, daß mit Rotterdam ein Konkurrenzhafen existiert, der von praktisch allen im Betrieb befindlichen und bestellten Containerschiffen tideunabhängig erreicht und verlassen werden kann. Auch in Le Havre existieren schon jetzt Anlaufbedingungen, die einen tideunabhängigen Verkehr bis zu 13,0 m in Seewasser erlauben und die so verbessert werden sollen, daß ein tideunabhängiger Verkehr bis zu 14,0 m in Seewasser möglich sein wird.
Die Häfen Antwerpen und Bremerhaven planen Vertiefungsmaßnahmen, die ihrerseits zu besseren Zufahrtsbedingungen führen werden, als sie der Hamburger Hafen gegenwärtig bietet.
Tab. 4: Anlaufbedingungen anderer Häfen
Maximal möglicher Tiefgang in Seewasser | ||
tideunabhängig | tideabhängig auslaufend | |
Rotterdam (Status Quo) | 14,00 m | |
Le Havre (Status Quo) | 13,00 m | keine |
Le Havre (nach Ausbau) | 14,00 m | faktischen |
Bremerhaven (nach Ausbau) | 12,60 m | Beschränkungen |
Antwerpen (nach Ausbau) | 12,20 m |
Aus dieser Situation heraus haben die Fahrplangestaltungen der Reedereien dazu geführt, daß Hamburg im Europa-Fernost-Verkehr inzwischen auf keiner Linie mehr den attraktiven Platz des ersten oder letzten Anlaufhafens in Europa inne hat. Hamburg ist in der Hafenabfolge der großen Reedereien und Konsortien auf einen Mittelplatz abgerutscht und dies, obwohl der Hamburger Hafen von seiner geographischen Lage her Vorteile als Erst- oder Letzthafen in der Hamburg-Antwerpen-Range bietet. Aus der Position eines Mittelhafens folgt, daß Container, die sehr schnell mit einem Binnenverkehrsträger weitertransportiert werden sollen, im Hamburger Hafen nicht aus- und "Last-Minute-Container" nicht eingeladen werden.
5.4 Verbesserung der Anlaufbedingungen unbedingt erforderlich
Wenn nicht in absehbarer Zeit die Tiefgangsverhältnisse auf der Unter- und Außenelbe verbessert werden, ist zu erwarten, daß Reedereien aus den in 5.2 und 5.3 beschriebenen Gründen weitere Ladung vom Hamburger Hafen abziehen bis hin zur gänzlichen Streichung des Hamburger Hafens als Anlaufhafen. Umschlagsmengen werden auf andere Häfen - in erster Linie Rotterdam, aber auch die Bremischen Häfen und Antwerpen - verlagert werden, die andernfalls im Hamburger Hafen umgeschlagen werden würden.
Selbst unter der sehr restriktiven Annahme, daß nicht ganze Linien von Hamburg abgezogen werden, sondern daß "nur" soviel Umschlag verlagert wird, daß Containerschiffe mit einer akzeptablen Wartezeit den Hamburger Hafen anlaufen und verlassen können, wird im Jahre 2010 ohne die Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe nach der Aktualisierung der Nutzen-Kosten-Untersuchung aus 1996 das Ausmaß an vom Hamburger Hafen abgezogener Containerladung schon 366.580 TEU betragen.
Eine zu erwartende Verlagerung ganzer Linien hätte einen Verlust an Containerumschlag von bis zu über 1 Mio TEU zur Folge. Schon mit dem Abwandern einer Linie aus dem Hamburger Hafen würde ein Signal gegeben werden, daß zum Abwandern weiterer Linien führen würde.
5.5 Wirtschaftliche Folgen von Umschlagsverlusten
Der durch unveränderte Tiefgangsrestriktionen hervorgerufene Verlust von Umschlag im Hamburger Hafen wird zu einem nicht kompensierbaren Verlust an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Hamburgs und der gesamten norddeutschen Region führen.
Von besonderer Bedeutung ist dabei der durch die Verlagerung von Umschlag auf andere Häfen zu erwartende Verlust an Arbeitsplätzen. Wie in der Nutzen-Kosten-Untersuchung aus 1991 ermittelt wurde, waren 1990 40.870 der direkt hafenabhängig Beschäftigten in Hamburg vom Containerverkehr abhängig. Bei einem Containerumschlag von 1,969 Mio TEU in 1990, sicherte der Umschlag von 10.000 TEU ca. 208 Arbeitsplätze. Legt man eine der Erfahrung der Vergangenheit entsprechende durchschnittliche Produktivitätssteigerung von 2,2 % p.A. bis zum Jahre 2010 zugrunde, führt die mindestens zu erwartende Verlagerung von 366.580 TEU im Jahre 2010 zu einem Verlust von etwa 3.500 direkt hafenabhängigen Arbeitsplätzen, die bei einer Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe in Hamburg verbleiben würden. Rechnet man dazu noch die indirekt hafenabhängig Beschäftigten hinzu, so wird der Verzicht auf die Fahrrinnenanpassung selbst unter günstigen Annahmen zu einem Verlust von gut 5.000 Arbeitsplätzen im Jahre 2010 führen. Dieses entspricht einem Brutto-Einkommensverlust von ca. 675 Mio DM für Hamburg.
Bei einer tatsächlich zu erwartenden Abwanderung ganzer Containerlinien - wie im Kapitel 5.4 beschrieben - wird sich ein weitaus höherer Verlust an Arbeitsplätzen und Einkommen ergeben. Bis zu 15.000 Arbeitsplätze werden in diesem Falle verloren gehen, was für Hamburg einem Brutto-Einkommensverlust von etwa 2 Mrd DM entspricht.
5.6 Anpassung der Fahrrinne im Bundesverkehrswegeplan vordringlicher Bedarf
Um die oben beschriebenen negativen Folgen der Tiefgangsbeschränkungen auf der Unter- und Außenelbe zu verhindern und dem Hamburger Hafen die Wahrnehmung seiner Wachstumschancen zu ermöglichen, ist eine Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe unbedingt notwendig. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat deshalb mit Schreiben vom 23. April 1990 an das Bundesverkehrsministerium einen Antrag auf Anpassung der Fahrrinne von Unter- und Außenelbe an die Containerschiffahrt gestellt. Die Wirtschaftsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg und die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes haben daraufhin gemeinsam die Planungsarbeiten aufgenommen. In einem ersten Planungsschritt sind zunächst die Nutzen-Kosten-Untersuchung sowie eine ökologische Voruntersuchung durchgeführt worden. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Untersuchungen hat die Bundesregierung die Maßnahme als vordringlichen Bedarf in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen.
In der Nutzen-Kosten-Untersuchung aus 1991 wurden die Kosten verschiedener Ausbauvarianten einer Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe dem dadurch entstehenden volkswirtschaftlichen Nutzen gegenübergestellt. Die dem beantragten Ausbau am nächsten kommende Ausbauvariante erzielte dabei in Abhängigkeit von der gewählten Fahrrinnenbreite ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3,5 bis 5,0. Das heißt, daß jeder Kosteneinheit 3,5 bis 5 Nutzeneinheiten gegenüberstehen. In der aktualisierten Nutzen-Kosten-Untersuchung aus 1996 wurde ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 7,9 ermittelt. Diese Untersuchung berücksichtigte zum einen die bis zu diesem Zeitpunkt weiter präzisierte Ausbauplanung und zum anderen aktuelle Annahmen zur zukünftigen Umschlagsentwicklung und Entwicklung der Containerflotte.
5.7 Anforderungen an einen Ausbau der Fahrrinne
Wie in Kapitel 4 dargestellt, wird sich der Trend zu großen tiefgehenden Containerschiffen weiter fortsetzen. Containerschiffe mit einem Tiefgang von bis zu 13,5 m in Seewasser sind schon jetzt dominierend und werden in immer größerem Maße das Rückgrat der modernen Containerschiffahrt bilden.
Die Fahrrinne der Unter- und Außenelbe muß deshalb so ausgebaut werden, daß die Mehrzahl der gegenwärtig und zukünftig relevanten tiefgehenden Containerschiffe die Möglichkeit hat, den Hamburger Hafen mit einer ökonomisch sinnvollen Auslastung tideunabhängig anzulaufen und zu verlassen. Diese Möglichkeit ist bei einem tideunabhängig zulässigen Tiefgang von 12,8 m in Frischwasser (12,5 m in Seewasser) gegeben.
Für den auslaufenden Verkehr muß sichergestellt sein, daß Containerschiffe der neueren Generationen den Hafen voll abgeladen mit möglichst geringen Wartezeiten verlassen können. Ein Tidefenster von 120 Minuten für Containerschiffe mit einem tatsächlichen Tiefgang von 13,8 m in Frischwasser (13,5 m in Seewasser) stellt eine akzeptable Auslaufmöglichkeit aus dem Hamburger Hafen dar.
Um zu einer sowohl nach ökologischen als auch nach ökonomischen Kriterien optimalen Lösung der Tiefgangsproblematik auf der Unter- und Außenelbe zu gelangen, wurden verschiedene Vorhabensalternativen geprüft. Die Prüfung dieser Alternativen und die Auswahlgründe für die beantragte Maßnahme werden im Teil B des Erläuterungsberichtes [WASSER- UND SCHIFFAHRTSAMT HAMBURG, STROM- UND HAFENBAU HAMBURG 1997] dargelegt.
Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, ISL-Prognosedienst, Bremen, Januar 1996.
Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, Shipping Statistics and Market Review, Bremen, Januar/Februar 1997.
Ocean Shipping Consultants Ltd., Market Prospects for European Containerisation, Chertsey, 1995.
Planco Consulting-GmbH, Aktualisierung der Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Anpassung der Fahrrinne der Elbe an die Anforderungen der Schiffahrt, Essen, 1996.
Planco Consulting-GmbH, Anpassung der Fahrrinne der Elbe an die Anforderungen der Schiffahrt, Nutzen-Kosten-Untersuchung, Essen, 1991.
Planco Consulting-GmbH, Anpassung der Fahrrinne der Elbe an die Anforderungen der Schiffahrt, Regionalwirtschaftliche Untersuchung, Essen, 1991.
Planco Consulting-GmbH, Nutzen-Kosten-Betrachtung für eine Hafenerweiterung in Hamburg-Altenwerder, Essen, 1994.
Wasser- und Schiffahrtsamt Hamburg, Strom- und Hafenbau Hamburg: Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe. Erläuterungsbericht, Teil B: Grundlegende Planungsüberlegungen: Vorhabensalternativen und -varianten, Hamburg 1997.
Fußnoten:
1.) Planco Consulting-GmbH, Anpassung der Fahrrinne der Elbe an die Anforderungen der Schiffahrt, Nutzen-Kosten-Untersuchung, Essen, 1991.
2.) Planco Consulting-GmbH, Nutzen-Kosten-Betrachtung für eine Hafenerweiterung in Hamburg-Altenwerder, Essen, 1994.
3.) Planco Consulting-GmbH, Aktualisierung der Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Anpassung der Fahrrinne der Elbe an die Anforderungen der Schiffahrt, Essen, 1996.
4.) Ocean Shipping Consultants Ltd., Market Prospects for European Containerisation, Chertsey, 1995.
5.) Ein Tidefenster (auch: Startfenster) ist die Zeitspanne, die innerhalb des Tideverlaufs einem Schiff mit einem bestimmten Tiefgang zum Ein- oder Auslaufen eines Hafens zur Verfügung steht. Z.B. werden auslaufenden Schiffen Tidefenster mit Bezug auf den Passagepunkt Station Seemannshöft angegeben.
6.) Das Loco-Aufkommen sind die im Hamburger Hafen umgeschlagenen Güter, die in Hamburg her- oder fertiggestellt bzw. konsumiert oder weiterverarbeitet werden. Etwa 30 % der im Hamburger Hafen umgeschlagenen Güter sind dem Loco-Aufkommen zu-zurechnen.