Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

2.5 Primärproduktion

Die Primärproduzenten bestehen in der Elbe aus planktischen und benthischen Algen und Makrophyten. Sie bauen bei der Photosynthese aus anorganischen Nährstoffen mit Hilfe von Licht und Chlorophyll organische Substanz auf 5(Kap. 2.5.3). Während sowohl Bakterien und Tiere als auch Pflanzen Sauerstoff veratmen (Respiration), produzieren nur Pflanzen bei ausreichenden Lichtverhältnissen Sauerstoff (Kap. 2.4.1). Die Produktion gibt dabei den Biomassezuwachs pro Zeiteinheit an. Die Bruttoproduktion schließt Verluste, z.B. durch Atmung oder Fraß, ein. Die Nettoproduktion ergibt sich aus der Bruttoproduktion nach Abzug der metabolischen Verluste (NÖTHLICH, 1972; KIES et al., 1992) und entspricht dem für das Gewässer verfügbaren biogenen Sauerstoffeintrag.

2.5.1 Phytoplankton

2.5.1.1 Allgemeine strukturelle Beschreibung

Als echtes Plankton werden Organismen bezeichnet, die im Freiwasser leben und gegenüber den Bewegungen des Wasserkörpers zu keiner Eigenbewegung fähig sind. Zum echten Plankton6 kommen tychoplanktischen Formen hinzu, meist Kieselalgen, die vom Aufwuchs abgerissen oder aus dem Bodensediment aufgewirbelt werden (Kap. 2.5.2). Plankton wird u.a. nach Größenklassen7 eingeteilt. Eine Zuordnung des Nanoplanktons zu Ernährungsstypen ist oft schwierig, da viele Formen mixotroph sind (AGATHA et al., 1994). Daher werden im Phytoplankton im folgenden nur Organismen berücksichtigt, die Photosynthese betreiben. Das Phytoplankton besteht überwiegend aus kleinen solitären oder koloniebildenden Algen und gehört aufgrund der Größe meist dem Nano- und Mikroplankton an. In schwebstoffreichen Gewässern wie der Elbe kommen sie auch in Flocken aggregiert vor (Kap. 2.4.3, Kap. 2.5.3, Kap. 3.1). Sie gehören den Blau-, Gold-, Kiesel-, Grünalgen oder im Küstenbereich den Dinoflagellaten an. In der Tideelbe besteht das Plankton aus unterschiedlichen Lebensgemeinschaften, die sich am Salzgehalt orientieren (s.u.).

Phytoplankton läßt sich mit Arten, Zellzahlen, Biomasse oder Chlorophyll beschreiben. Die verschiedenen Algenspezies enthalten einerseits unterschiedlich viel Chlorophyll (Jörgensen et al., 1991), andererseits variiert auch die Menge und Zusammensetzung der Pigmente der einzelnen Arten in Abhängigkeit vom physiologischen Zustand der Zellen und dem vorherrschenden Lichtregime (u.a. Kies et al., 1992; Kap. 2.5.3). Daher ist der Chlorophyllgehalt nicht unbedingt proportional zur Biomasse oder Anzahl der Individuen.

2.5.1.2 Historische Angaben (vor 1960)

Die ersten Planktonuntersuchungen in der Tideelbe wurden von VOLK (1906) dokumentiert (Tab. 2.5.1.1). Er untersuchte das Plankton 1904/05 im Hamburger Raum im Hinblick auf Abwassereinleitungen aus Hamburg und Altona im Trockenjahr 1904 (RIEDEL-LORJÉ & GAUMERT, 1982; RIEDEL-LORJÉ et al., eingereicht).

THIEMANN (1934) beprobte 1931/32 die Elbe zwischen Steindeich und Außenelbe (Leuchtfeuer Elbe I) und stellte im Übergangsbereich zwischen limnischen und marinen Algen eine minimale Besiedlung bei Cuxhaven als Folge des ansteigenden Salzgehaltes fest (Abb. 2.5.1.1). Er unterschied bereits 5 Planktongemeinschaften anhand von Halinitätszonen: Süßwasseralgen im Süßwasser, Coscinodiscus (Actinocyclus) normanii im Brackwasser (3 Zonen) und marine Diatomeen im Salzwasser.

Tab. 2.5.1.1: Ausgewählte Planktonuntersuchungen in der Tideelbe

ABSCHNITTE DER TIDEELBE

Elbe-Strom-km (A)

727-756

704-727

677-704

650-677

632-650

610-632

586-610

Autor

(Veröffentl.Jahr)

Untersuchungszeitraum

Artenzahl

(Gattung)

VII

VI

V

IV

III

II

I

VOLK

(1906)

1904-1905

51

    

X

X ?

 

THIEMANN

(1934)

1931-1932

70

X

X

X

X

   
Bursche, Kühl & Mann (1958)

1955-1956

107

X

X

X

X

X

  

SCHULZ

(1961)

1956-1958

390

X

X

X

X

X

X

X

NÖTHLICH

(1972)

1965-1966

198

X

X

X

X

X

  

CASPERS

(1984)

1981

21

(36)

   

X

   

FAST

(1993)

1989-1990

89

 

X

X

X

X

  

ARGE ELBE

(1977-1994)

1980-1994

+*

X

X

X

X

X

X

X

WOLFSTEIN &

KIES (1995)

1992-1993

56

   

X

X

X

 

* nicht ausgewertet

 

Abb. 2.5.1.1: Phytoplankton-Verteilung im Elbe-Ästuar 1931/32 (nach THIEMANN, 1934, aus GESSNER, 1957)

 

Nach dem 10 m-Ausbau in den 30er Jahren stellten Bursche et al. (1958) in drei Längsschnitten eine maximale Entwicklung des Phytoplanktons bei Glückstadt und ein Minimum bei Feuerschiff Elbe I und II fest. Aus den Ergebnissen leiteten sie die Bedeutung von Hamburger Abwässern sowie von Trübung, Licht und Salzgehalt für die Entwicklung des Phytoplanktons ab. Entsprechend dem Plankton und Salzgehalt teilten sie die Elbe unterhalb von Hamburg in 5 Zonen (+ seewärts Westwasser).

SCHULZ (1961) beobachtete 1956-1958 in ca. 25 Längsschnitten zwischen Schnackenburg und Cuxhaven 390 Phytoplankton-Taxa. Er konnte diesen sehr umfangreichen Artenkatalog erstellen, da er aus Schöpf- und Netzproben sowohl lebendes als auch präpariertes Material bearbeitete (Kap. 3.1). Dieser Artenreichtum der Elbe im Hamburger Raum besteht auch noch heute (RIEDEL-LORJÉ, mdl. Mitt.). SCHULZ (1961) beschrieb die jahreszeitlichen Aspekte sehr ausführlich.

Vom Winter bis ins Frühjahr ist ein kälteliebendes Plankton anzutreffen. Typische Formen der kalten Jahreszeit bis in den Frühsommer sind die Kieselalgen. Auffällig ist allerdings das Vorkommen der fädigen Blaualge Oscillatoria agardhii8 auch bei niedrigen Wassertemperaturen. Das im Winter überwiegend spärliche Plankton vermehrt sich im Frühjahr bei steigender Lichtintensität stark, z.T. bis zum Jahresmaximum der Kieselalgen (Kap. 2.5.3).

Im Sommer dominieren im Süßwasser die Grünalgen, gefolgt von Blaualgen, besonders von Oscillatoria agardhii. Stromabwärts entwickeln sich zeitweise die für das untere Süßwasser typischen zentralen Diatomeen Actinocyclus normanii, Cyclotella striata, Surirella ovata und die pennate Nitzschia tryblionella. Im Herbst verringert sich der Planktonbestand erheblich, wobei wieder vermehrt Kieselalgen vorkommen.

Plankton wird in seiner artlichen Zusammensetzung in der Tideelbe vom Salzgehalt geprägt, wie sich aus der Verteilung im Längsprofil ableiten läßt. Grünalgen beschränken sich weitgehend auf den limnischen Bereich, wobei sie eine geringe Erhöhung des Salzgehalts ertragen. Sie stellen Indikatoren für Süßwassereinfluß dar. Es sind hauptsächlich koloniebildende Formen, wie Scenedesmus spp., Crucigenia spp., Pediastrum spp., Aktinastrum hantzschii, Coelastrum spp. sowie die solitäre Gattung Monoraphidium (syn. Ankistrodesmus). Die zentrische Kieselalge Actinocyclus normanii (Actinocyclus Normannii: SCHULZ, 1961, synonym Coscinodiscus normanii) gilt als wichtigster Phytoplankter der unteren limnischen Zone des Ästuars. Sie stellt damit die Leitform dieser Region dar (Abb. 2.5.1.2).

Auch folgende Arten treten in bestimmten Halinitätszonen auf (Abb. 2.5.1.3): Cyclotella striata (in der limnischen Zone unterhalb Hamburgs), Coscinodiscus lacustris und Stephanodiscus lucens (um die obere Brackwassergrenze), C. commutatus (in der mesohalinen Zone). Ihr Vorkommen verschiebt sich entsprechend dem oberwasserabhängigen Salzgradienten. Cyclotella meneghiniana, C. pseudostelligera, C. comta, C. striata und Stephanodiscus astrea zeigen keine derart ausgeprägten Präferenzen bezüglich des Salzgehaltes. Zu den wenigen Arten, die sowohl in verschiedenen Salzgehaltsregionen vorkommen als auch extreme Salzgehaltsschwankungen ertragen können, zählt die euryhaline, kleine zentrale Kieselalge Thalassiosira pseudonana (BÖHLING, 1986).

Bei Brackwasserschüben dringen marine euryhaline Arten wie Actinoptychus undulatus, Biddulphia (syn. Odontella) sinensis, Chaetoceros spp., Lithodesmium undulatum und Skeletonema costatum von See her in die meso- bis oligohaline Brackwasserzone ein.

Aus diesen Erkenntnissen leitete SCHULZ Indikatorarten im Längsprofil ab und unterschied hiernach die Tideelbe in fünf Plankton-Regionen (Tab. 2.5.1.2), die sowohl das Phyto- als auch das Zooplankton betrafen (Kap. 2.6.1).

Abb. 2.5.1.2: Mikroskopische Aufnahme aus dem Plankton mit Actinocyclus normanii und Verteilung dieser Art im Elbelängsschnitt zwischen HH und Altenbruch

Abb. 2.5.1.3 Verteilung von Cyclotella striata, Coscinodiscus lacustris, Stephanodiscus lucens und Coscinodiscus commutatus im Elbelängsschnitt zwischen Hamburg und Cuxhaven

Tab. 2.5.1.2: Plankton-Gesellschaften der verschiedenen Halinitätszonen im Elbe-Ästuar (SCHULZ, 1961)

Bereich

Klassifizierung (Halinität)

Gesellschaft

Limnogener Bereich  
Flußbereich oberhalb von Hamburgvorwiegend SüßwasserplanktonMelosira-Brachionus
Flußbereich unterhalb von Hamburg bis zur Brackwassergrenzevorwiegend BrackwasserplanktonActinocyclus Normannii-Eurytemora affinis
Thalassogener Bereich  
mixo-oligohaline Zone Synchaeta bicornis-
mixo-mesohaline Zone Coscinodiscus commutatis
mixo-polyhaline Zonemarines Planktonmarin

 

2.5.1.3 Zeitraum 1960-1987

In diesen Zeitraum fallen der 11 m-Ausbau (bis 1962), der 12 m-Ausbau (zwischen 1964 und 1969) und der 13,5 m-Ausbau der Tideelbe ab 1974. Für die Untersuchungen von BURSCHE et al. (1958) sowie div. Meßfahrten in den sechziger Jahren von KÜHL & MANN (zitiert in RIEDEL-LORJÉ et al., 1992) stellte KÜHL (1972), bei ansteigendem Salzgehalt im Bereich des Trübungsmaximums, die geringste Individuenzahl und den höchsten Anteil an absterbenden (Phyto-)Planktern fest (Kap. 3.1). Hieraus leitete er ein Schema über die biologisch relevanten Verhältnisse im Elbe-Ästuar für Plankton, Trübung und Salzgehalt ab (Abb. 2.5.1.4).

Abb. 2.5.1.4: Schema der biologisch relevanten Verhältnisse im Elbe-Ästuar: Plankton, Trübung und Salzgehalt (KÜHL 1972, mod.)

 

NÖTHLICH (1967) definierte bestimmte Arten des Phytoplanktons als Indikatoren für drei Salzgehaltsbereiche (Tab. 2.5.1.3). Er bestätigte das Arteninventar der Planktongesellschaft im Elbe-Ästuar zwischen Hamburg und Brunsbüttel mit z.T. hohen Abundanzen und die regionale Zonierung von SCHULZ (1961) und stellte die Fluktuation des limnischen und marinen Planktonbestandes in Abhängigkeit von der Verlagerung der Halinitätszonen dar (NÖTHLICH, 1972). Darüber hinaus führte er Untersuchungen zur Biomasse und dem Plankton-turnover sowie zur Assimilation und Respiration durch und beschrieb den Einfluß der Konsumenten auf die Produktion des Phytoplanktons (Kap. 2.6.1). Die Bedeutung des Lichtklimas für die Sauerstoffproduktion in Abhängigkeit vom Licht/Schwebstoffgehalt wurde von NÖTHLICH (1972) herausgehoben. Er beurteilte im Bereich hoher Trübung den obersten halben Meter der Wassersäule als den ausschlaggebenden Bereich für die Sauerstoffproduktion (Kap. 2.4.1, Kap. 3.1).

Tab. 2.5.1.3: Indikatorarten des Planktons im Elbe-Ästuar (NÖTHLICH, 1967, mod.)

Halinitätsbereiche

Arten

SüßwasserActinocyclus Normannii
BrackwasserCoscinodiscus commutatus
Coscinodiscus lacustris
Mariner BereichActinoptychus undulatus
Aulacodiscus argus
Biddulphia granulata
Biddulphia mobiliensis
Biddulphia sinensis
Coscinodiscus exentricus
Hyalodiscus stelliger

Bei Untersuchungen im September 1987 stellten KIES et al. (1992) einen deutlichen Rückgang des Phytoplanktons durch die Abnahme des Chlorophyll-a Gehaltes von der limnischen Zone unterhalb Hamburgs (Teufelsbrück/Lühe bei km (A) 630/650) bis an die obere Brackwassergrenze bei km (A) 695 fest (Abb. 2.5.1.5). Von dort bis Helgoland blieb der Chlorophyllgehalt niedrig. Der Peak des Quotienten aus Chlorophyll-Abbauprodukten (Phaeophytin) zu Chlorophyll-a im Bereich der oberen Brackwassergrenze wurde als Resultat der hier absterbenden Phytoplankter eingeschätzt (Kap. 2.5.1.3 und "Sinkstofffalle": Kap. 2.5.4).

 

2.5.1.4 Aktueller Zeitraum (ab 1988)

Das Phytoplankton der Tideelbe ist sehr artenreich (Kap. 2.5.1.2). Allein für den Hamburger Elbeabschnitt geben KOPPELMANN & KIES (1989, zitiert in KIES et al., 1992) zurück bis ins letzte Jahrhundert fast 300 Arten bzw. Varietäten an9.

Nach dem 1978 abgeschlossenen 13,5 m-Ausbau stellte FAST (1993) für drei Fahrten 1989 und 1990 zwischen Teufelsbrück und Helgoland 78 Arten fest. WOLFSTEIN & KIES (1995) nennen 56 Arten für drei Längsprofile zwischen km (A) 611 und 674. Wie bereits von SCHULZ (1961) und NÖTHLICH (1972) dargestellt, bestätigte FAST (1993) anhand der relativen Abundanzen die Dominanz von Actinocyclus normanii, Cyclotella striata und C. lucens in bestimmten Regionen im Elbelängsschnitt (Tab. 2.5.1.5). Darüber hinaus beschrieb er die regionale Verteilung ausgewählter Arten in Abhängigkeit von der Saisonalität (Abb. 2.5.1.7).

Abb. 2.5.1.5: Salinität, Chlorophyllgehalt und Quotient Phaeophytin/Chlorophyll-a im Längsschnitt der Tideelbe und Außenelbe (KIES et al., 1992), Kilometerangaben (A)

 

Abb. 2.5.1.6: Relative Abundanzen ausgewählter Arten an der Gesamtzellzahl im Elbelängsschnitt zwischen Hamburg und Scharhörn (FAST, 1993), Kilometerangaben (A)

Die beiden letztgenannten Arbeiten beinhalten neben den Artenlisten (z.T. mit Abundanzen bzw. Schätzhäufigkeiten) auch Angaben über Planktonbiomasse als Chlorophyll-a-Gehalt (Kap. 2.5.3). Im Rahmen der Monatslängsprofilmessungen der ARGE ELBE (1977-1994) werden seit 1980 regelmäßig Abundanzen von Plankton-Algen an (früher mehr als 20) gegenwärtig 10 Meßpunkten im Elbelängsschnitt einschließlich der Nebenelben zur saprobiellen Bewertung durchgeführt. Sie sind nach Grün- und Kieselalgen aufgeteilt. Dagegen fehlen in den aktuellen Berichten detaillierte Artenlisten. Aus den Tabellen läßt sich u.a. der seewärtige Rückgang der Grünalgen ableiten. Auch ergibt sich ein Verlust an Plankton-Biomasse, Chlorophyll, Seston und Zellzahlen bei der Passage des Hamburger Hafengebietes aus den Daten. So wurde z.B. 1993 ein Absinken des Jahresmittelwertes von 16.471 oberhalb Hamburgs (km (A) 598,7) auf nur noch 6.246 Zellen pro ml unterhalb Hamburgs (km (A) 628,8) gefunden (Kap. 2.5.1). Für 1992 war das Verhältnis 9.481 gegenüber 3.359 Zellen pro ml, was für 1993 einen Verlust von etwa 62 % und 1992 von 65 % bedeutete. Oberhalb vom Wehr bei Geesthacht (km (A) 585,5) gibt MEISTER (1994) beispielsweise Zellzahlen von 154.000 für August 1991 an10, wogegen sich aus der Zahlentafel 1991 der ARGE ELBE (1977-1994) für August nur 6.050 ergeben, mit einer Reduzierung auf 3.530 Zellen pro ml bei km (A) 630 unterhalb des Hamburg Hafens. Die möglichen Ursachen über den Verlust an Primärproduzenten und damit auch Sauerstoffverluste durch den biogenen Eintrag über das Hamburger Stromspaltungsgebiet werden in neueren Untersuchungen diskutiert (Kap. 2.4.1, Kap. 2.5.3, Kap. 2.5.4, Kap. 3).

Abb. 2.5.1.7: Längsverteilung limnischer (oben), brackwassertoleranter (Mitte) und mariner (unten) Phytoplankton-Arten im Elbelängsschnitt im Frühjahr 1987 (links) und Sommer 1986 (rechts), aus FAST (1993), Kilometerangaben (A)

Trotz aller Peaks und Unregelmäßigkeiten im Vergleich einzelner Meßstellen und Probenahmedaten unterliegt das Elbeplankton der bereits beschriebenen Verteilung im Längsprofil. Daher kann es sinnvoll sein, kleinräumige und kurzperiodische Schwankungen durch eine Bündelung der Daten auszugleichen, wie FAST es ausführte (Tab. 2.5.1.5). Allerdings ist dabei zwischen einer kilometrierten oder einer salzgehaltsbezogenen Darstellung klar zu unterscheiden. In bezug auf das Brackwasser bedeutet dies im ersten Fall eine Beschreibung der Lebensgemeinschaft des Brackwassergebietes, im zweiten Fall der jeweiligen Brackwasserzonen; denn es kommt zu einer maximalen Verlagerung der Wasserkörper von ca. 60 km im Elbelängsprofil (Kap. 2.4.3).

Tab. 2.5.1.5: Vorkommen ausgewählter Arten des Phytoplanktons klassifiziert nach marinen, brackigen und limnischen Abschnitten (FAST, 1993)

ABSCHNITTE DER TIDEELBE

Elbe-Strom-km (A)

775

745

720

695

670

650

630

Halinität

polyhalin

mesohalin

limnisch

TAXA

ART

       
BacillariophyceaeChaetoceros socialis 

x

     
Coscinodiscus concinnus 

x

         
Ditylum brightwelli

x

x

         
Eucampia zoodiacus

x

x

         
Odontella sinensis

x

x

         
Rhizosolenia setigera

x

x

         
Skeletonema costatum

x

x

         
Thalassiosira nordenskioeldii

x

x

         
T. rotula

x

x

         
Achnanthes lanceolata 

x

         
Asterionella glacialis 

x

         
Gyrosigma spenceri 

x

         
Pleurosigma angulatum 

x

         
P. salinarum 

x

         
Thalassionema nitzschioides

x

x

         
ChryptophyceaePerdinium brevipes

x

x

     
BacillariophyceaeSkeletonema potamos  

x

x

x

x

 
Thalassiosira proschkinae   

x

 

x

x

 
Navicula gregaria   

x

x

x

   
N. salinarum     

x

x

   
Surirella angustata     

x

     
S. ovata     

x

     
ChlorophyceaeChlamydomonas sp.         

x

x

Actinastrum hantzschii         

x

x

Lagerheimia genevensis           

x

L. subsalsa         

x

 
ChryptophyceaeChroomonas sp.         

x

x

EuglenophyceaeEuglena tripteris         

x

 

Untersuchungen von WOLFSTEIN & KIES (1995) im Frühjahr 1992/93 zwischen Teufelsbrück (km (A) 630; mit Vergleichsmessungen oberhalb von Hamburg) und dem Bereich des Trübungsmaximums bei Pagensand (km (A) 665) belegen einerseits einen starken Abfall des Chlorophyll-a Gehaltes im Gebiet des Hamburger Hafens und andererseits ein weiteres Absinken in der unteren limnischen Zone. Aus dem Chlorophyll-a Gehalt, dem Phaeopigment / Chlorophyll-a Verhältnis und dem organischen Kohlenstoff-Gehalt in den schnell und langsam sinkenden Fraktionen konnten sie ableiten, daß ein großer Anteil der Algenbiomasse auch noch unterhalb von Hamburg verloren geht und als Algendetritus umgeformt wird. Aus diesem Abbau resultiert in den letzten Jahren (nach der Wiedervereinigung) das Sauerstofftal unterhalb von Hamburg (Kap. 2.5.4, Kap. 3.1).

Fußnoten:

5.) Konsumenten @ Sekundärproduzenten verändern organisches Material: z. B. fressen Zooplankter kleine Algen (Kap. 2.6). Destruenten, Bakterien und Pilze zersetzen organisches Material unter Sauerstoffverbrauch.
6.)Die Zellen sind entweder unbeweglich und z.T. mit Schwebeeinrichtungen wie Öltropfen, Dornen, Borsten etc versehen oder durch Geißeln beweglich.
7.) Die Einteilung in Nano- und Mikroplankton bezieht sich zum einen auf Organismen zwischen 2 µm und 20 µm zum anderen auf jene zwischen 20 µm und 200 µm. Große Plankter gehören dem Meso- und Makroplankton an (Kap. 2.6.1).
8.) Oscillatoria agardhii kann sogar in der kühleren Jahreszeit noch massenhaft auftreten.
9.) Von den fast 300 Arten bzw. Varietäten gehören 122 Taxa den Kieselalgen, 53 den Grünalgen, 35 den Goldalgen, 15 den Blaualgen an; 66 fallen unter sonstige.
10.) Bedauerlicherweise hat MEISTER nur die Oberelbe von km (A) 91,2 bei Veltow bis km (A) 585,5 bei Geesthacht untersucht. Unterschiede zu den Daten der ARGE ELBE können methodisch bedingt sein.