Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

2.4 Physikalisch-chemische Parameter

Bei der Beschreibung der eigenen Messungen ist der Salzgehalt als orientierende Leitmeßgröße zu verstehen, auch wenn kein kausaler Zusammenhang zwischen Nährstoffen und Salzgehalt besteht. Z.B. sind im Brackwasser evtl. Dichteunterschiede im Vertikalprofil mit unterschiedlichen Nährstoffkonzentrationen gekoppelt.

2.4.1 Sauerstoffhaushalt und Temperatur

Die Wassertemperaturen im Elbe-Ästuar zeigen einen für die Region typischen Jahresgang mit niedrigen Temperaturen im Spätherbst, Winter und zu Beginn des Frühjahres und hohen Temperaturen bis maximal 25 °C im späten Frühjahr und Sommer. Im Elbelängsschnitt bewirkten dabei im Sommer die niedrigen Temperaturen einiger Nebenflüsse sowie des eindringenden Seewassers in den Mündungsbereich geringere Wassertemperaturen.

"Der Sauerstoffgehalt der Tideelbe wird ... geprägt durch die Gesamtheit aller sauerstoffeintragenden und sauerstoffzehrenden Prozesse. Zu den sauerstoffeintragenden Prozessen zählen die atmosphärische Sauerstoffzufuhr über die Wasseroberfläche und die biogene Belüftung des Wasserkörpers durch assimilierende Pflanzen (Photosynthese). Zu den sauerstoffzehrenden Prozessen werden die (bio-)chemische Oxidation anorganischer und organischer Wasserinhaltsstoffe und Sedimente sowie die Atmung der im Wasser lebenden Pflanzen und Tiere gerechnet" (ARGE ELBE, 1984). In der Tideelbe sind die Sauerstoffgehalte nur wenig von der Temperatur abhängig sondern in erster Linie von dem Stoffwechselgeschehen der biologischen Prozesse (Kap. 2.5, Kap. 3). Sie sind temperaturabhängig (KOHL & NICKLISCH, 1988) und üben in der Wassersäule und im Sediment auf den Sauerstoffgehalt einen bedeutenderen Einfluß auf das System aus als die Temperatur als physikalische Größe allein.

In den drei eigenen Längsschnitten von Bunthaus (km (A) 608) bis Cuxhaven (km (A) 725) im Mai, Juli und Oktober 1993 bei ähnlich niedrigen Oberwasserabflüssen (ca. 400 m³ s-1) wurden an der Wasseroberfläche Sauerstoffgehalte zwischen 2,5 und 10 mg l-1 gemessen (Abb. 2.4.1.1, Abb. A 2.4.1.1-A 2.4.1.3 im Anhang). Dabei kam es zwischen Bunthaus und Teufelsbrück zu einem starken Abfall des Sauerstoffgehaltes (Sauerstoffzehrung durch den Hamburger Hafen: Kap. 2.5.4, Kap. 3) bis weiter stromabwärts in die untere limnische Zone (Kap. 2.4.3), von dort aus folgte seewärts wieder ein Anstieg. Im Mai war dieses Sauerstofftal am stärksten ausgeprägt, was den Einfluß der Temperatur auf die Stoffwechselaktivität der Mikroorganismen verdeutlicht.

Abb. 2.4.1.1: Längsschnitt von Sauerstoff [mg l-1] und Temperatur [°C] am 13.5.1993 (oben= 1 m unter Oberfläche, unten= 1 m über Grund; ca. 2 h vor Kenterpunkt Flut). Kilometerangaben (A)

 

In einigen Bereichen kam es zu einer vertikalen Sauerstoffdifferenz. So wurde z.B. oberhalb von Wittenbergen (km (A) 638) im Mai an der Oberfläche eine Sauerstoffkonzentration von 3 mg l-1 nicht unterschritten, während diese 1 m über Grund nur noch 2,5 mg l-1 betrug (Kap. 3). In der oberen Brackwasserzone waren die Vergleichswerte insgesamt höher (Kap. 2.4.3).

An den Querprofilen bei Lühesand und Pagensand zeigte sich der typische saisonale Verlauf der Sauerstoffgehalts-Kurven (Abb. 2.4.1.2). Dabei ließ sich aus den Daten kein Unterschied zwischen Stromelbe und Nebenelben ableiten (Kap. 3).

Abb. 2.4.1.2: Monatliche Sauerstoffgehalte [mg l-1] und Temperaturwerte [°C] 1993 bei Lühesand (L) und Pagensand (P) im Querprofil (oben= 1 m unter der Wasseroberfläche, unten= 1 m über Grund; ca. 2 h vor Kenterpunkt Flut)

 

2.4.2 Nährstoffe

Wichtige Pflanzennährstoffe sind neben Spurenstoffen hauptsächlich Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor und Silicium (Kap. 2.5, Kap. 3). Das im einheimischen Küstenplankton gefundene Verhältnis von N : P: Si liegt etwa bei 16 : 1 : 18. Silikat wird dabei von Kieselalgen zur Bildung ihrer Schalen benötigt. Beim Abbau von organischen Substanzen, z.B. Abwasserinhaltsstoffen oder Plankton, zersetzen Bakterien und Pilze die Eiweiße. Bei der temperaturabhängigen Nitrifikation oxidieren Bakterien unter Sauerstoffverbrauch (Kap. 2.4.1, Kap. 2.5.4) NH4+ über NO2- zu NO3-. Ein Nährstoffeintrag in das Ästuar erfolgt direkt über Einleitungen, diffus über Abschwemmungen aus landwirtschaftlich genutzten Böden (besonders Stickstoff bei hohen Oberwasserabflüssen), einer Remobilisierung aus Sedimenten (Kap. 2.4.4, Kap. 2.5.2) oder direkt durch der sogenannte Sekundärverschmutzung infolge einer Eutrophierung (Kap. 2.5.1, Kap. 3.1, ARGE ELBE, 1990)

In der Tideelbe, wie auch in anderen Küstengewässern, weist im Sommer Phosphor ein Maximum, Stickstoff dagegen ein Minimum auf. Silikat erreicht minimale Werte im Frühjahr/Sommer zu Zeit der Kieselalgenblüte. Dabei kommt es im Längsschnitt der Tideelbe zu einem Abfall von NH4+ und NO2-, während seewärts die Konzentration an NO3- geringfügig zunimmt (ARGE ELBE, 1977-1994).

In den Längsprofilen (Abb. 2.4.2.1 und Abb. A 2.4.1.1 - A 2.4.1.3 im Anhang) zeigten die Ammonium-Stickstoff-Werte einen Anstieg zwischen Bunthaus und Teufelsbrück und Maxima etwa bis Lühesand. Während im Mai von hier ab seewärts die Werte über den gesamten Längsschnitt niedrig blieben, kam es im Sommer und Herbst im Bereich des Salzgradienten zu einem Anstieg des Ammoniumgehaltes. Regional begrenzte Erhöhungen der Ammonium-Werte an der Wasseroberfläche um teilweise mehr als das Zehnfache der sonstigen Elbewasser-Konzentrationen (aus möglichen Einleitungen) waren im Oktober besonders auffällig. Die Nitrit-Stickstoff-Gehalte verhielten sich ähnlichen, wenn auch der limnische Peak infolge erhöhter Nitrifikation stärker ausgeprägt war. Nach einem Anstieg zwischen Bunthaus und Teufelsbrück (Maximum; im Mai bei Glückstadt) verringerten sich die Nitrat-Stickstoff-Konzentrationen bei steigendem Salzgehalt aufgrund des Verdünnungseffektes durch Nordseewasser. Auffällig waren bei Bunthaus die hohen Nitrat-Differenzen zwischen Wasseroberfläche und Bodennähe; offensichtlich setzte hier die Nitrifikation verstärkt ein. Bei Bunthaus traten in saisonaler Abhängigkeit Silicat-Silicium-Konzentrationen zwischen 0,1 mg l-1 im Mai und 3,8 im Oktober 1993 auf (Kap. 2.5.1). Im Mai und Juli erfolgte nach einem leichten Anstieg des Silicat-Gehaltes im Oligohalinikum ab ca. 12 ‰ Salzgehalt eine Abnahme. Mit steigender Halinität verringerte sich während der Herbstsituation der Silicat-Gehalt erheblich. Während vertikal sonst keine Unterschiede zu beobachten waren, zeigten sich zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven im Mai und Oktober, im Vergleich zu 1 m über Grund, an der Wasseroberfläche (-1 m) leicht erhöhte Silicat-Silicium Werte. Die Phosphat-Phosphor-Werte wiesen einen Anstieg zwischen Bunthaus und Teufelsbrück und unterhalb von km (A) 694 eine Abnahme bei steigendem Salzgehalt (Kap. 2.4.3) auf. Während die saisonalen Unterschiede im Frühjahrs, Sommer und Herbst zwischen Bunthaus und Pagensand gering waren, kam es im Herbst zu einem deutlichen Abfall des Phosphatgehaltes im Bereich der Rhinplatte. In der oligo- und mesohalinen Zone wurden in 1 m unter der Wasseroberfläche höhere Konzentrationen beobachtet als in Bodennähe.

Abb. 2.4.2.1: Ammonium-Stickstoff, Nitrit-Stickstoff, Nitrat-Stickstoff, Silicat-Silicium und Phosphat-Phosphor im Längsprofil vom 13. Mai 1993

 

In den Querprofilen bei Lühesand und Pagensand (Abb. 2.4.2.2, Abb. 2.4.2.3) zeigten die Ammonium-Stickstoff-Gehalte der Querprofile im November und Dezember 1993 einen starken Anstieg um das Vielfache der Vormonatswerte. Die herbstliche und winterliche Erhöhung der Nitrit-Stickstoff-Werte im gesamten Querprofil deutete auf saisonbedingte unvollständige Nitrifikationsprozesse bei sinkenden Wassertemperaturen hin. Auch zeigt der vom Frühjahr zum Sommer abnehmende Trend der Nitrat-Stickstoff-Gehalte einen Verbrauch durch Primärproduzenten und der folgende Anstieg zum Winter hin einen Rückgang der Photosynthese bei gleichzeitiger unvollständiger Nitrifikation. Die Silicat-Silicium-Gehalte von Mai bis Dezember 1993 lieferten im Vergleich der monatlichen Wertepaare keine gravierenden Unterschiede, verwiesen jedoch auf einen deutlichen saisonalen Aspekt. Während der Herbst- und Wintermonate mit einem Maximum im Dezember ließen sich erheblich höhere Silicatanteile sowohl in der Stromelbe als auch in der Nebenelbe feststellen. Ein relatives Silicat-Silicium-Maximum war im August an allen Querprofil-Meßpunkten auffällig Ein heterogenes Bild zeigten die Phosphat-Phosphor-Konzentrationen: In der Regel folgte einem Konzentrationsanstieg vom Frühjahr bis zum Sommer eine zum Teil erhebliche Reduzierung im August und/oder September. Während die Lühesander Nebenelbe starken Konzentrationsschwankungen ausgesetzt war, wiesen die Meßstellen in der Stromelbe im saisonalen Verlauf eine weit geringere Schwankungsbreite auf. In den Nebenelben waren teilweise erhebliche Differenzen zwischen oberflächen- und bodennahen Phosphatwerten zu verzeichnen.

Insgesamt waren an den stichprobenartigen Nährstoffdaten die bereits oben beschriebenen saisonalen Charakteristika und regionalen Unterschiede im Längsprofil erkennbar. Im Vergleich der Querprofildaten zwischen Strom- und Nebenelben gab es einige abweichende Werte, aus denen sich aber keine signifikanten Unterschiede ableiten ließen. Gleiches gilt auch für die oberflächen- und bodennahen Wasserkörper.

Abb. 2.4.2.2 :Ammonium-Stickstoff, Nitrit-Stickstoff, Nitrat-Stickstoff, Silicat-Silicium und Phosphat-Phosphor bei Lühesand im Querprofil

Abb. 2.4.2.3 :Ammonium-Stickstoff, Nitrit-Stickstoff, Nitrat-Stickstoff, Silicat-Silicium und Phosphat-Phosphor bei Pagensand im Querprofil

2.4.3 Salzgehalt und Trübung

Im Elbe-Ästuar führt der Einstrom von Seewasser zur Bildung von Brackwasser. Für die Gliederung von Brackgewässern gibt es eine Reihe verschiedener Definitionen und Systeme, u.a. das "Venice-System" (Tab. 2.4.3.1), wobei sich die Grenzwerte entweder auf einen festgelegten Salzgehalt oder einen relativen Anstieg beziehen (u.a. CASPERS, 1959; BERGEMANN, 1995). Bei der Darstellung der Ergebnisse wurde der Salzgehalt der "practical salinity unit" gleichgesetzt [1 ‰ Salzgehalt @ 1 psu].

Im Ästuar wird zwischen dem Brackwassergebiet (potentiell), d.h. einem vom Brackwasser unter extremen Witterungsbedingungen tangierten Bereich, und der Brackwasserzone (aktuell), d.h. jenem Bereich, der sich während des Tidezyklus in jedem Fall im Brackwasser befindet, unterschieden (FLÜGGE, mdl. Mitt.). Der Salzgehalt unterliegt den Einflüssen von Tide und Oberwasser (Kap. 2.3). Auffällig sind neben den saisonalen Verhältnissen die annualen Besonderheiten und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Salzgradienten im Längsprofil. Während in den oberwasserreichen Jahren 1987/88 die obere Brackwassergrenze und damit das Trübstoffmaximum etwa vor der Störmündung (km (A) 678) lag, verschob sie sich in den oberwasserarmen Jahren 1989/92 stromaufwärts bis nach Lühesand (km (A) 650) (ARGE ELBE, 1977-1994). Der Salzgehalt in der oberen Brackwasserzone schwankt während jeder Tide (Abb. 2.4.3.1); gleichzeitig kommt es zu einer Verlagerung der oberen Brackwassergrenze um etwa 15-20 km. In Abhängigkeit vom Oberwasserabluß verschiebt sie sich sogar bis zu 60 km (RIEDEL-LORJÈ et al., 1992). Über der Stromsohle dringt ein Salzkeil weiter in das Ästuar vor als an der Oberfläche (Kap. 3, Kap. 2.6).

Tab. 2.4.3.1: Klassifizierung von Brackwasser nach dem "Venice-System" (CASPERS, 1959, mod.) und Zuordnung der im Mai 1993 beprobten Elbeabschnitte

ZoneSalzgehalt [‰]

Elbe-km (A)

(Längsschnitte Mai 1993)

hyperhalin> 40 
euhalin40 - 30 
mixohalin30 - 0,5 
mixoeuhalin> 30 (> angrenzende See) 
(mixo-)polyhalin> 30 - 18712 -725
(mixo-)mesohalin18 - 5694 - 706
(mixo-)oligohalin5 - 0,5654 - 687
limnisch< 0,5608 - 645

Abb. 2.4.3.1: Salzgehaltsschwankungen in der oberen Brackwasserzone während einer Tide auf dem SFB-Ponton bei Brunsbüttel (km (A) 700) 5 m unter der Oberfläche (MICHAELIS, 1991)

 

In den drei Längsschnitten im Mai, Juli und Oktober 1993 begann die oligohaline Brackwasserzone bei km (A) 654, die polyhaline bei km (A) 712 (Tab. 2.4.3.1 s.o.; Abb. 2.4.3.2 und Abb. A 2.4.1.1 - A 2.4.1.3 im Anhang). Bei Cuxhaven (km (A) 725) wurden Werte um 25 psu (practical salinity unit) erreicht.

Abb. 2.4.3.2: Salinität [psu] im Längsprofil am 13.05.1993 (oben= 1 m unter der Wasseroberfläche, unten= 1 m über Grund; ca. 2 h vor Kenterpunkt Flut)

Abb. 2.4.3.3: Monatliche Salzgehalte [psu] im Querprofil bei Lühesand (L) und Pagensand (P) (oben= 1 m unter der Wasseroberfläche, unten= 1 m über Grund; ca. 2 h vor Kenterpunkt Flut)

 

Dabei zeigte sich ab km (A) 687 eine Schichtung von salzärmerem Wasser an der Oberfläche über dem salzreicheren in 1 m über Grund mit maximalen Differenzen von rund 4 psu.

Während in den Querprofilen bei Lühesand die 0,5 psu Isohaline im Juni, Juli und September überschritten wurden, traten bei Pagensand, außer im August, regelmäßig Salzgehalte über 0,5 psu auf (Abb. 2.4.3.3). In der Lühesander Nebenelbe wurde als höchster Wert 0,9 psu im Juni gemessen3. Die Ergebnisse belegen ein Vordringen der oberen Brackwasserzone bis in diese Region (Kap. 2.6, Kap. 3;. BERGEMANN, 1995; RIEDEL-LORJÉ et al., 1995).

Im Bereich unterhalb Hamburgs weist die Tideelbe Zonen besonders hoher Trübung auf (Seston, Schwebstoffe oder abfiltrierbare Stoffe; auch als Trübung oder Transmission gemessen). Nach Lucht (1954, 1964) und Nöthlich (1967, 1972) befindet sich das Trübungsmaximum im oligohalinen Bereich. Grundsätzlich liegt das Schwebstoffmaximum in der oberen Brackwasserzone bei Salzgehalten von 0,5 bis 5 ‰ (RIEDEL-LORJÉ et al., 1992; GRABEMANN & KAPPENBERG, 1994). Eine vertikale Zunahme erfolgt dabei von der Oberfläche bis zum Boden (FANGER et al., 1994).

In den eigenen drei Längsprofilen von Mai, Juli und Oktober lag das Maximum mit über 80 % Trübung (gemessen als Transmission) zwischen km (A) 680 und 687 (Abb. 2.4.3.4. und Abb. A 2.4.1.1 - A 2.4.1.3; Kap. 2.5.3, Kap. 3). Darüber hinaus kommt es im Elbequerschnitt im allgemeinen zu einer Zunahme des Schwebstoffgehaltes von der Fahrwassermitte bis zu den Ufern, besonders über Schlickwatten, d.h. in einer Abnahme der Transmission, was sich allerdings in den eigenen Querprofilen nicht belegen ließ (Abb. 2.4.3.5).

Abb. 2.4.3.4: Transmission [%] im Längsprofil am 13.05.1993 (oben= 1 m unter der Wasseroberfläche, unten= 1 m über Grund; ca. 2 h vor Kenterpunkt Flut) Kilometerangaben (A)

Abb. 2.4.3.5: Monatliche Transmissionswerte [%] bei Lühesand (L) und Pagensand (P) im Querprofil (oben= 1 m unter der Wasseroberfläche, unten= 1 m über Grund; ca. 2 h vor Kenterpunkt Flut)

 

Die Schwebstoffverteilung unterliegt den o.g. dynamischen Vorgängen, die im wesentlichen den Transport und die Resuspendierung von Seston bewirken. Neben diesen hydrodynamischen laufen wichtige elektrochemische und (mikro-)biologische Prozesse (GREISER, 1988; KIES et al., 1994) ab, deren Zusammenhänge bis heute nicht hinreichend geklärt sind (WILKEN et al., 1991; Kap. 2.5.3).

 

2.4.4 Sedimentparameter

Aus der Wassersäule gelangen Schwebstoffe während der Kenterzeiten auf den Boden und werden zu Ebbe- und Flutzeiten resuspendiert (Abb. 2.4.4.1; Kap. 2.4.3). Die Sedimentations-, Ablagerungs- und Remobilisationsmechanismen hängen dabei von der Art der Partikel und von der Hydrodynamik ab. Nach KNAUTH & SCHROEDER (1992) sedimentiert organisches Material aus dem Wasser auf das Oberflächensediment, wo es teilweise in der aeroben Zone unter oxischen und in der anaeroben Zone unter anoxischen Bedingungen mikrobiell zersetzt wird. Entweder kommt es zu einer Speicherung der mineralisierten Nährstoffe im Porenwasser des Sediments oder zu einer Freisetzung in die Wassersäule (Kap. 2.4.2).

Die freigesetzten Nährstoffe können von Primärproduzenten aufgenommen werden (Kap. 2.5). Nach Untersuchungen von WILTSHIRE (1992) haben Sedimente mit einem hohen Anteil an organischem Kohlenstoff (Glühverlust) einen hohen Sauerstoffverbrauch (Kap. 2.4.1) durch mikrobielle Prozesse4. Daher verbrauchen organisch reiche Substrate zunächst Sauerstoff, wobei anaerobe Verhältnisse entstehen können. Eine Sauerstoffproduktion, z.B. durch Photosynthese des Mikrophytobenthos oder andere sauerstoffnachliefernden Prozesse, z.B. Trockenfallen wirken dieser Tendenz entgegen. Hohe Anteile von organischem Material in Sedimenten können einerseits ein hohes Nahrungspotential für Bodenorganismen (Mikrophytobenthos oder Makrozoobenthos) darstellen und andererseits infolge mikrobieller Aktivitäten zu einer erheblichen Freisetzung von Nährstoffen in die Wassersäule führen, das dem Phytoplankton als Nährstoffquelle dienen kann (Kap. 2.5, Kap. 2.6, Kap. 3).

Abb. 2.4.4.1: Herkunft von Schwebstoffen und Sedimenten sowie hydrodynamische Prozesse im Ästuar (LANG, 1990)

 

Im Elbe-Ästuar haben Sedimente ein breites Spektrum von Erscheinungsformen: Ton, Schlick, Sand und Kies. Zur Charakterisierung der beprobten Sedimentstruktur wurden Median-Werte ihrer Korngrößen (Skala nach ATTENBERG & Wentworth, zitiert in OTT, 1988, mod.), Sortierungsgrade und Glühverluste zur Klassifizierung herangezogen, dabei entspricht ein Sortierungskoeffizient (Sk) bis 1,5 gut sortierten und ziemlich einheitlichen Sedimenten, ein Wert von ca. 2,0 und größer einem heterogenen, schlecht sortierten Sediment.

Im Längsprofil der Mündung der Stromelbe waren die Sedimente durch groben bis feinen Sand mit mittelmäßiger Sortierung im äußeren Mündungsbereich charakterisiert. Stromaufwärts lagen überwiegend feine Sande vor. Auffällig war an km (A) 723 die feine Fraktion mit einem hohen Glühverlust, d.h. hohem organischen Anteil oder möglicherweise Tonmineralien aus dem anstehenden Quartär (Abb. 2.4.4.2).

Nebenflüsse: Im Mündungsbereich der Oste bestanden die Sedimente aus schlecht sortierten Feinsänden (Abb. 2.4.4.3), flußaufwärts aus schlecht bis gut sortiertem Feinsand bis Grobsilt. Die Stör verzeichnete im Mündungsbereich gut sortierten Feinsand. Flußaufwärts gelegene Sedimente waren durch heterogenes bis sehr gut sortiertes Sediment aus Grobsilt, Fein- und Mittelsand gekennzeichnet. Die Krückau hatte an allen Probenstellen mittelmäßig sortierten mittleren Silt. Im Mündungsbereich der Pinnau lag gut sortierter sehr feiner Sand vor. Die flußaufwärts gelegenen Probenstellen bestanden aus heterogenen bis sehr schlecht sortierten Silt- und Feinsandfraktionen. Sowohl im Mündungsbereich der Schwinge wie auch an den flußaufwärts gelegenen Stellen fanden sich vornehmlich schlecht sortierte Sedimente der groben Siltfraktion. Die Lühe wies schlecht sortierte Silte im Mündungsbereich und sehr feinen Sand an einer flußaufwärts gelegenen Stelle auf. Dagegen folgten in der Este den schlecht sortierten Sedimenten der groben Silt- und Feinsandfraktion des Mündungsbereiches im Gewässerverlauf eine gut sortierte Mittelsandfraktion.

Während in der Oste, Stör, Krückau, Pinnau und Schwinge die Sedimente einen Glühverlust unter 10 % und damit wenig organische Anteile aufwiesen, deuteten Werte über 20 % an den stromaufwärts liegenden Meßstellen in der Lühe und auf einen hohen organischen Anteil hin (Kap. 2.6.2).

Abb. 2.4.4.2: Median der Korngrößen [µm], Sortierungskoeffizienten und Glühverluste [%] der Sedimente im Längsprofil der Elbe zwischen der Ostemündung und Scharhörn im September 1993, Kilometerangaben (A)

 

Abb. 2.4.4.3: Median der Korngrößen [µm], Sortierungskoeffizienten und Glühverluste [%] der Sedimente in den Elbenebenflüssen Oste, Stör, Krückau, Pinnau, Schwinge, Lühe und Este 1993, Kilometerangaben (A)

 

Profil der Klappstellen

Die beiden vorgesehenen Verklappungsareale im Bereich km (A) 644 bis 650 (noch limnisch; Kap. 2.4.3) wiesen, bei guter einheitlicher bis sehr heterogener Sortierung bis auf eine Ausnahme, Feinsandfraktionen mit Körnungen um 200 µm auf. (Abb. 2.4.4.4). Die acht Klappstellenbereiche zwischen km (A) 671 bis km (A) 714 (brackig) hatten heterogene feine bis gut sortierte mittlere Sande, wobei stromabwärts die gröberen Körnungen häufiger vorkam. An den drei Klappstellen im marinen Abschnitt lagen überwiegend gut sortierte Fein- und Mittelsandfraktionen vor, wobei die Feinsande vorherrschten.

Abb. 2.4.4.4: Mittlere Korngrößen und Sortierungskoeffizienten der Sedimente an den Klappstellen im limnischen, brackigen und marinen Elbeabschnitt, Kilometerangaben (A)

 

Querprofile: Am Südufer der Lühesander Süderelbe lag mittlerer Silt mit einen Glühverlust von 9 %, im Fahrwasser der Nebenelbe mittlerer Sand mit über 14 % Glühverlust und zum Lühesand hin wieder feinerer Sand mit einem geringen Glühverlust von etwa 0,7 % vor (Abb. 2.4.4.5). In der Stromelbe überwog mittlerer Sand mit Glühverlusten unter 1 %.

Im Bereich der Pagensander und Schwarztonnensander Nebenelbe wurden heterogene Sedimente, hauptsächlich sehr feiner Sand oder Silt, gefunden (Abb. 2.4.4.6). Nur die Mittelsandfraktion an Station P 05 im Fahrwasser der Stromelbe und der Feinsand am Schwarztonnensand in der Stromelbe wiesen gut sortierte Sedimente aus. Bis auf eine Probenstelle im Nebenelbenbereich lagen die Glühverluste immer unter 10 %.

Abb. 2.4.4.5: Medianwerte und Sortierungskoeffizienten der Sedimente bei Lühesand im Querprofil (L01-L04 Lühesander Nebenelbe, L05-L10 Stromelbe)

 

Abb. 2.4.4.6: Medianwerte und Sortierungskoeffizienten der Sedimente bei Pagensand im Querprofil (P01-P02 Schwarztonnensander Nebenelbe, P03-P07 Stromelbe, P08-P10 Pagensander Nebenelbe)

 

Fußnoten:

3.) Die höheren Salintätswerte in Oberflächennähe und die niedrigen über Grund können, besonders in den Nebenelben, strömungsbedingt sein.

4.) Hohe Glühverluste kenneichnen einen hohen Anteil an organischem Material im Sediment, können aber auch auf einen hohen Bestandteil an Tonmineralien mit einem starken Kristallwasseranteil hinweisen.