Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

Untersuchungen von Miesmuschelansiedlungen in der Tideelbe im Abschnitt km 713 - km 723

Datum:April 2012

Auftraggeber:Wasser- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee
Am Alten Hafen 2
27472 Cuxhaven

Auftragnehmer:BIOCONSULT
Schuchardt & Scholle GbR

Projektleitung:Jörg Scholle

Projektbearbeitung:Dipl.-Biol. Pelle Kursch-Metz
Dipl.- Biol. Birgitta Wilmes
Dipl.-Biol. Detlef Henning

Das Bild zeigt viele übereinanderliegende Miesmuscheln Miesmuscheln

Zusammenfassung

Allgemeines

Im Rahmen des laufenden Planfeststellungsverfahrens „Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe“ plant der Vorhabensträger die Umstellung der bisher im Bereich des Glameyer Stacks beantragten Unterwasserablagerungsflächen auf eine Buhnenkette westlich und eine Kombination aus Buhnen und einer Unterwasserablagerungsfläche östlich des Glameyer Stacks. Für das Planfeststellungsverfahren war es erforderlich, die Umweltauswirkungen der neuen Planung zu untersuchen. In jüngerer Vergangenheit wurden u. a. im Bereich der in der Tideelbe geplanten Ufersicherungsmaßnahmen vom Altenbrucher Bogen bis etwa Cuxhaven örtlich Miesmuschelansiedlungen – als besondere Ausprägung des LRT 1130 (Ästuarien) - festgestellt. Aufgrund der Entfernung von der Baumaßnahme wurde unter naturschutzfachlichen Aspekten eine Beeinträchtigung der Miesmuschelansiedlungen aber nicht angenommen. Zur Überprüfung dieser Einschätzung wurde geplant ‚vor’, ‚während’ und ‚nach Abschluss’ der Baumaßnahmen, so weit möglich, die räumliche Ausdehnung und qualitativ/quantitative Ausprägung von Miesmuschelansiedlungen im einem festgelegten Betrachtungsraum zu ermitteln. Dieser Betrachtungsraum wurde, basierend auf vorab durchgeführten Seitensichtssonar-Untersuchungen in die Teilgebiete (TG) „K“ (Fläche mit in 2009 nachgewiesen Miesmuschelansiedlungen), „R“ (Referenzgebiet, stromab der Buhnenbaumahmen), „W“ (westliches Gebiet), „M“ (mittleres Gebiet) und „O“ (östliches Gebiet) unterteilt.

Im Herbst 2010 wurde die erste Untersuchung zur Feststellung des Status quo durchgeführt (BIOCONSULT 2011), im Herbst 2011 (vorliegender Bericht) die erste baubegleitende Untersuchung.

Untersuchung

Die Miesmuscheluntersuchungen erfolgten im Abschnitt von km 713 – 723 auf der südlichen Flussseite der Tideelbe. Methodisch orientierte sich die Untersuchung an der von 2010, d.h. in 2011 wurden die gleichen 100 Stationen mit dem van-Veen-Greifer untersucht wie im Vorjahr. Analog wurde für die Untersuchungen mit der Dregde (10 Hols) vorgegangen.

Weiterhin wurden 10 Greiferproben, die durch hohe Miesmuschelabundanzen gekennzeichnet waren, auf die makrobenthische Begleitfauna hin untersucht.

Zusätzlich wurde das Untersuchungsgebiet mit Hilfe eines Seitensichtsonars auf einer Fläche von 10 km Länge und 0,3 km Breite auf mögliche Hartsubstratstrukturen hin untersucht.

Ergebnisse

Im Rahmen der vorliegenden 1. baubegleitenden Untersuchung konnten, wie bereits in 2010, mit dem Seitensichtsonar nur grobe Hinweise für das Vorkommen von Mytilus edulis abgeleitet werden. Die Detektierung der Muschelansiedlungen und deren flächenhafte Abgrenzung durch die Seitensichsonaraufnahmen wurde durch topographische Gegebenheiten im Untersuchungsgebiet,wie Rippelstrukturen in Fahrrinnennähe und Rutschungen am Ufer, erschwert. Folgende Ergebnisse lassen sich für die Side Scan Sonar-Untersuchung aufführen: flussaufwärts von Glameyer Stack wurden mittels Side Scan Sonar keine Hinweise auf Hartsubstratstrukturen (bzw. Miesmuschelansiedlungen) ermittelt. Dies ist gleichsinnig mit den Bodengreiferergebnissen bzw. stichprobenhaften Dredge-Untersuchung. Die über die mittels Bodengreifer ermittelten Schwerpunkte der Besiedlung im Referenzgebiet konnten teilweise auch durch die Seitensichtsonaruntersuchung identifiziert werden. Andere über die Bodengreifer ermittelte Muschelansiedlungen (TG K, TG W) wurden über das Side Scan Sonar dagegen nicht abgebildet. Hierbei handelte es sich wohl vorwiegend um Ansiedlungen mit niedriger Abundanz und geringer „Höhenausdehnung“.

Mit der Dredge und dem van-Veen-Greifer wurde in 2011 ein Besiedlungsschwerpunkt der Miesmuschel für die Teilgebiete „K“ und R nachgewiesen. Diesbezüglich hervorzuheben ist der ufernahe Bereich des TG K, sowie der ufernahe und tiefere Bereich des TG R. Im etwa 4 km stromauf von der Referenz befindlichen TG West war die Nachweishäufigkeit und Individuendichte deutlich geringer, aber auch hier wurden in der tieferen Zone noch Miesmuscheln erfasst. Weiter stromauf - im Bereich von Glameyer Stack (Gebiet M) - waren die Miesmuschelnachweise bereits sehr gering. Im TG Ost, das die stromaufseitige Grenze des Untersuchungsgebietes darstellt, wurden keine Miesmuscheln erfasst. Bei den Miesmuschelansiedlungen handelt es sich um mehrjährige Bestände. In den TG „K“ und Referenz fand in 2011 offensichtlich auch eine Rekrutierung statt (Nachweis von Jungmuscheln). Die Untersuchungsjahre 2010 und 2011 unterschieden sich durch die überwiegend niedrigere lokale Miesmuschelabundanz in 2011.

Über die Zusammensetzung der Begleitfauna können gewisse Rückschlüsse auf die ökologische Funktion der vorhandenen Miesmuschelansiedlung als biogene Hartsubstratstruktur gezogen werden. Die Ergebnisse aus den Dregdefängen geben erste Hinweise darauf, dass hohe Mytilus edulis -Abundanzen mit einer höheren Artenzahl und Individuendichte der Begleitfauna einhergehen. In diesem Zusammenhang sei hervorgehoben, dass auch typische Standfische mit einer Habitatpräferenz für Hartsubstrat, Muschelbänke und Steine (Kleiner Scheibenbauch, Großer Scheibenbauch, Butterfisch) in den Gebieten mit höheren Miesmuschelabundanzen erfasst wurden.

Vergleich mit 2010

Ein Vergleich mit den Ergebnissen aus 2010 zeigt, dass 2011 deutlich geringere Muscheldichten erfasst wurden. Mit Ausnahme des östlichsten (am weitesten stromauf befindlichen) Untersuchungsbereichs, in dem bereits in 2010 kein Miesmuschelnachweis erfolgte, sowie dem Teilgebiet Mitte wiesen die übrigen Teilgebiete 2011 geringere Anzahlen auf als 2010. Örtliche im Untersuchungsjahr 2011 ermittelte Maxima (bis zu 270 Ind./m², Teilgebiet R) lagen etwa um den Faktor 5 gegenüber 2010 (1.180 Ind./m², Teilgebiet R) niedriger.

Fazit

Insgesamt ist derzeit davon auszugehen, dass es sich in dem Untersuchungsgebiet um keine großflächigen sondern eher fleckenhafte aber mehrjährige Ansiedlungen von Miesmuscheln handelt, die z.T. mit einer typischen Begleitfauna (Wirbellose und Fische) assoziiert sind. Unklar bleibt (bis zu einem gewissen Grad) derzeit jedoch die flächige Ausdehnung der detektierten Ansiedlungen in den TG K, Referenz und West. Die zuverlässige Side Scan Sonar basierte Identifizierung dieser Strukturen, die sich wahrscheinlich nur wenig von der Gewässersohle abheben, war aufgrund der lokalen boden-topographischen Gegebenheiten bisher nicht möglich.

Gründe für die z.T. wesentlich geringeren Miesmuschelanzahlen in 2011 gegenüber 2010 sind auf der derzeitigen Datenbasis noch nicht belastbar abzuleiten. Deutlich wird aber, dass der detektierte Rückgang nicht nur im Bereich der Buhnenbaumaßnahmen festgestellt wurde, sondern auch in den Gebieten R & K, die >1,5 km stromab der Baumaßnahmen lokalisiert sind. In diesem Zusammenhang bleibt offen, ob möglicherweise auch Wirkungen durch Vorhaben Dritter einen Einfluss auf die Miesmuschelvorkommen gehabt haben könnten.

Dokumentationen

Untersuchungen von Miesmuschelansiedlungen in der Tideelbe im Abschnitt km 713 - km 723 (PDF, 1 MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Side Scan Sonar Untersuchungen - Ufersicherungsmaßnahme Glameyer Stack (PDF, 1 MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Anlage 1 - Side Scan Sonar Untersuchungen - Ufersicherungsmaßnahme Glameyer Stack (PDF, 1 MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Anlage 2 - Side Scan Sonar Untersuchungen - Ufersicherungsmaßnahme Glameyer Stack (PDF, 74 KB, Datei ist nicht barrierefrei)