Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

Untersuchungen von Miesmuschelansiedlungen in der Tideelbe im Abschnitt km 713 - km 723

Datum:Januar 2011

Auftraggeber:Wasser- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee
Am Alten Hafen 2
27472 Cuxhaven

Auftragnehmer:BIOCONSULT
Schuchardt & Scholle GbR

Projektleitung:Jörg Scholle

Projektbearbeitung:Dr. Eva Brodte
Dipl.- Biol. Pelle Kursch-Metz

Das Bild zeigt viele übereinanderliegende Miesmuscheln Miesmuscheln

Zusammenfassung

Allgemeines

Im Rahmen des laufenden Planfeststellungsverfahrens „Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe“ plant der Vorhabensträger die Umstellung der bisher im Bereich des Glameyer Stacks beantragten Unterwasserablagerungsflächen auf eine Buhnenkette westlich und eine Kombination aus Buhnen und einer Unterwasserablagerungsfläche östlich des Glameyer Stacks. Für das Planfeststellungsverfahren war es erforderlich, die Umweltauswirkungen der neuen Planung zu untersuchen. In jüngerer Vergangenheit wurden u. a. im Bereich der in der Tideelbe geplanten Ufersicherungsmaßnahmen vom Altenbrucher Bogen bis etwa Cuxhaven örtlich Miesmuschelansiedlungen – als besondere Ausprägung des LRT 1130 (Ästuarien) - festgestellt. Aufgrund der Entfernung von der Baumaßnahme wurde unter naturschutzfachlichen Aspekten eine Beeinträchtigung der Miesmuschelansiedlungen aber nicht angenommen. Zur Überprüfung dieser Einschätzung ist geplant ‚vor’, ‚während’ und ‚nach Abschluss’ der Baumaßnahmen, so weit möglich, die räumliche Ausdehnung und qualitativ/quantitative Ausprägung von Miesmuschelansiedlungen im einem festgelegten Betrachtungsraum zu ermitteln. Im Herbst 2010 wurde die erste Untersuchung durchgeführt.

Die vorliegende Untersuchung dokumentiert also die status quo-Situation vor Beginn der Ufersichermaßnahmen. U.a. auf der Grundlage dieser Ausgangssituation sollen später mögliche Beeinträchtigungen der Baumassnahme auf die Muschelansiedlungen beurteilt werden.

Untersuchung

Die Miesmuscheluntersuchungen erfolgten im Abschnitt von km 713 – 723 auf der südlichen Flussseite der Tideelbe. Mit Hilfe einer Seitensichtsonar-Untersuchung wurde in einem 1. Schritt das Untersuchungsgebiet auf einer Fläche von 10 km Länge und 0,3 km Breite auf mögliche Hartsubstratstrukturen kartiert. Zur Verifizierung der Sidescan-Daten wurde in einem 2. Schritt das Miesmuschelvorkommen durch 100 van-Veen-Greifer quantifiziert. Zusätzlich ist die Begleitfauna der Muschelansiedlungen anhand der Auswertung der Makrozoobenthosfauna aus 10 Proben mit sehr hohen Mytilus edulis Dichten sowie durch 10 Dredgezüge, die über das Untersuchungsgebiet verteilt wurden, analysiert worden. Die Entnahme der Greiferproben erfolgte - unter Berücksichtigung der Sidescan-Ergebnisse - in 5 ausgewählten Teilgebieten (TG), die das Untersuchungsgebiet räumlich abdecken. Die Positionierung der TG erfolgte unter den Kriterien: Bekannte Miesmuschelvorkommen (TG K), Referenzgebiet im Bereich bekannter Miesmuschelvorkommen (TG Referenz), ein Gebiet im Bereich stromab der geplanten Maßnahme (TG West); ein Gebiet im Nahbereich der Maßnahme (TG Mitte) sowie ein Abschnitt stromauf (TG Ost).

Ergebnisse

In Rahmen der hier durchgeführten Eingangsuntersuchung wurden in insgesamt 32 der 100 entnommenen Bodenproben Miesmuscheln gefunden. Die Besiedlungsschwerpunkte konnten im Bereich Cuxhaven lokalisiert werden. Diesbezüglich hervorzuheben ist der ufernahe Bereich des TGK, sowie der ufernahe und tiefere Bereich des TG Referenz. Im einige km stromauf der Referenz befindlichen TG West war die Nachweishäufigkeit und Individuendichte geringer, hier wurden in der tieferen Zone Miesmuscheln nur örtlich noch häufiger erfasst. Weiter stromauf - im Bereich von Glameyer Stack (Gebiet M) - waren die Miesmuschelnachweise bereits sehr gering. Im TG Ost, dass die stromaufseitige Grenze des Untersuchungsgebietes darstellt, wurden keine Miesmuscheln erfasst.

Bei den Miesmuschelansiedlungen handelt es sich um mehrjährige Strukturen. Die Ansiedlungen sind bis >3 Jahre alt. In den TG K, West und Referenz findet offensichtlich auch ein Brutfall von Jungmuscheln statt. Über die Zusammensetzung der Begleitfauna können erste Rückschlüsse auf die ökologische Funktion der vorhandenen Miesmuschelansiedlung als biogene Hartsubstratstruktur gezogen werden. V.a. die Ergebnisse aus den Dregdefängen geben Hinweise darauf, dass hohe Mytilus edulis Abundanzen mit einer höheren Arten- und Individuenzahl anderer Organismen einhergehen. In diesem Zusammenhang sei hervorgeheben, dass mittels Dredge auch typische Standfische mit einer Habitatpräferenz für Hartsubstrat, Muschelbänke und Steine (Kleiner Scheibenbauch, Seeskorpion, Aalmutter) in den Gebieten mit hohen Miesmuschelabundanzen erfasst wurden.

Die Detektierung der Muschelansiedlungen und deren flächenhafte Abgrenzung durch das Seitensichtsonar ist durch topographische Gegebenheiten im Untersuchungsgebiet, wie Rippelstrukturen in Fahrrinnennähe und Rutschungen am Ufer, erschwert. Folgende Punkte lassen sich zusammenfassen:

  • flussaufwärts von Glameyer Stack wurden mittels Sidescan keine Hinweise auf Hartsubstratstrukturen (bzw. Miesmuschelansiedlungen) ermittelt. Dies ist gleichsinnig mit den Bodengreiferergebnissen bzw. der stichprobenhaften Dredge-Untersuchung.
  • die über die Bodengreifer ermittelten Schwerpunkte im ufernahen Abschnitte des Referenzgebietes konnten durch die Seitensichtsonaruntersuchung identifiziert werden. Für die im tieferen Bereich des Referenzgebietes an einigen Greiferpositionen nachgewiesenen Miesmuschelansiedlungen können hier keine Aussagen getroffen werden, da dieser Bereich außerhalb des festgelegten Untersuchungsgebietes der Sidescan-Aufnahmen liegt.
  • andere über die Bodengreifer ermittelte Muschelansiedlungen (TG K, TG West) wurden über das Sidescan dagegen nicht abgebildet. Hierbei handelte es sich wohl vorwiegend um Ansiedlungen mit weniger hoher Individuendichte.

Fazit

Insgesamt ist derzeit auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse davon auszugehen, dass es sich in dem Untersuchungsgebiet um keine großflächigen, sondern eher um fleckenhafte aber mehrjährige Ansiedlungen von Miesmuscheln handelt, die mit einer typischen Begleitfauna (Wirbellose und Fische) assoziiert sind. Unklar bleibt (bis zu einem gewissen Grad) derzeit jedoch die flächige Ausdehnung der detektierten Ansiedlungen in den TG K, Referenz und West. Die Sidescan-basierte Identifizierung solcher Strukturen, die sich zudem wahrscheinlich nur wenig von der Gewässersohle abheben, war aufgrund der lokalen bodentopographischen Gegebenheiten bisher nicht möglich.

Dokumentationen

Untersuchungen von Miesmuschelansiedlungen in der Tideelbe im Abschnitt km 713 - km 723 (PDF, 1 MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Side Scan Sonar Untersuchungen - Ufersicherungsmaßnahme Glameyer Stack (PDF, 666 KB, Datei ist nicht barrierefrei)