Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

6. ERGEBNISSE DES LANDSCHAFTSPFLEGERISCHEN BEGLEITPLANS

6.1 Vermeidung, Minimierung und verbleibende Eingriffe

Nach § 8 des BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können (§ 8 BNatSchG, Abs. l). Der Verursacher eines Eingriffs ist zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen sowie unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb einer zu bestimmenden Frist durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen, soweit es zur Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege erforderlich ist (§ 8 BNatSchG, Abs. 2).

Eingriffsvermeidung und Eingriffsminimierung

Nach § 8 BNatSchG sind vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen. Hieraus resultiert die Verpflichtung zur grundsätzlichen Prüfung der Eingriffsvermeidung (u. a. Vorhabensverzicht, Vorhabensalternativen) und zur Verminderung von Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes. Unvermeidbare Eingriffe sind auszugleichen. Im Laufe des Planungsprozesses wurde durch die TdV der Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante == Eingriffsvermeidung) geprüft. Die Prüfung verschiedener Vorhabensvarianten diente der Eingriffsminimierung.

Vorhabensalternativen und -Varianten

Die ökologisch günstigste Variante ist die Vertiefung der Elbe an den Revierenden. Von dem in der Mitte verbleibenden "Sockel" wird eine verringerte Änderung der Tidedynamik erwartet. Die in Zusammenarbeit mit der ARGE ELBE erarbeiteten ersten Ausbau Vorstellungen und mögliche Auswirkungen wurden mit Natur- und Umweltschutzverbänden erörtert. Im weiteren Verfahren wurde die Sockellösung konkretisiert. Aufgrund weiterer Untersuchungen, planerischer Überlegungen und der detaillierten Ausführungsplanung liegt die Variante 6 in der modifizierten Variante ZI der UVS und dem LBP zugrunde.

Baggergutunterbringung und -verklappung

Durch entsprechende Planung und Festlegung der Baggergutunterbringung und -verklappung können ebenfalls Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes minimiert werden. Hierzu wurde ein Verbringungskonzept aufgestellt, welches neben der reinen Unterbringung des Ausbaubaggergutes sowohl ökologische als auch strombauliche Funktionen verfolgt. Die Ziele des Verbringungskonzeptes sind in folgende Einzelmaßnahmen eingeflossen:

  • Landseitige Baggergutverbringung
    Für die Verbringung von bindigem Baggermaterial (Klei und stark schluffige Feinsande) waren alternativ die Insel Pagensand sowie der Bereich Brammer Bank (Sandbank mit Flachwasserbereich) vorgesehen. Jede der beiden Varianten war in der ursprünglichen Planung mit teilweise erheblichen Beeinträchtigungen von Naturhaushalt und Landschaftsbild verbunden. Die Eingriffe auf der für die landseitigen Baggergutverbringung ausgewählten Insel Pagensand konnten in Abstimmung mit den zuständigen Naturschutzbehörden durch die Änderung der Lage des Spülfeldes minimiert werden, so daß im Gegensatz zur ursprünglichen Planung überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen und Biotope geringerer Wertigkeit (Intensivgrünland und Ackerflächen) als Spülfeld verwendet werden.
  • Verminderung der Umlagerung von Feinstmaterial
    Bindiges Baggergutmaterial, bei dessen Verbringung in der Elbe verstärkt Schwebstoffe freigesetzt werden würden, wird außerhalb des Gewässerbettes untergebracht (Landseitige Verbringung von Baggermaterial). Dadurch werden die Beeinträchtigungen im Gewässer durch Umlagerung von Feinstmaterial (Sauerstoffzehrung, Verschlechterung des Lichtklimas, großflächige Sedimentation und Überdeckung strömungsberuhigter Bereich) so gering wie möglich gehalten.
  • Möglichst geringe Veränderung der Durchflußquerschnitte
    Baggergut aus Sanden und Kiesen mit geringen Schluffbeimengungen, bei dessen Verbringung relativ wenig Schwebstoffe freigesetzt werden, verbleibt im Gewässerbett, so daß eine möglichst geringe Veränderung der Durchflußquerschnitte erreicht und somit die Absenkung des Tideniedrigwassers verringert wird. Im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen wirkt sich diese Maßnahme minimierend auf die Beeinträchtigungen durch die Veränderung der Tidedynamik aus.
  • Wasserseitige Baggergutablagerungsflächen
    Mit den wasserseitigen Baggergutablagerungsflächen Krautsand und Hollerwettern-Scheelenkuhlen können die Unterhaltungsbaggerungen reduziert werden. Durch gezielte Baggergutablagerung am Ufer vor Krautsand wird der Flutstrom stärker zur Hauptrinne gedrängt. Die Baggergutunterbringung am Ufer zwischen Hollerwettern und Scheelenkuhlen drängt Ebbe- und Flutstrom vom schleswig-holsteinischen Ufer ab und sorgt damit für eine gleichmäßige Durchströmung des Gesamtquerschnittes und für eine verbesserte Durchströmung der Nebenrinnen.

Weitere Empfehlungen
Zur weiteren Minimierung der unvermeidbaren Eingriffe in aquatische Lebensgemeinschaften wird empfohlen, die Baggerungen und wasserseitige Verklappungen, soweit möglich, außerhalb der Hauptlebens- und Reproduktionszyklen der aquatischen Lebensgemeinschaften (April bis September) durchzuführen.

Vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse sollte während der Laichperiode der Finte auf eine Nutzung der Baggergutablagerungsfläche "Twielenfleth" verzichtet werden, da es sich bei dieser Fläche um ein potentielles Laichgebiet der Finte handelt. In besonders empfindlichen Bereichen der terrestrischen Lebensgemeinschaften (z. B. Hullen) sollten die Schiffsgeschwindigkeiten beschränkt werden, um Schäden durch Schiffswellen zu minimieren.

 

Erhebliche und / oder nachhaltige Eingriffe

Die verbleibenden Eingriffe sind unvermeidbar und damit auszugleichen. Die Eingriffser-mittlung erfolgte im Rahmen der UVS. Sowohl die vorhabenbedingten Auswirkungen als auch die Eingriffe werden nachrichtlich aus der UVS übernommen. Die Eingriffsermittlung der UVS stellt somit die Grundlage für die landschaftspflegerische Maßnahmenplanung dar. Als erheblich werden in der UVS alle Beeinträchtigungen angesehen, die nicht völlig unwesentlich, von einiger Größe und einigem Gewicht sowie nicht von geringer Bedeutung sind. Schlußgefolgert wird, daß mit dem Kriterium der Erheblichkeit Bagatelleeingriffe von der Eingriffsregelung ausgenommen sind. Die Identifizierung von erheblichen Beeinträchtigungen erfolgt in der UVS im allgemeinen über die Kriterien:

  • Bedeutung der betroffenen Flächen für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes,
  • die Größe der durch das Vorhaben beeinträchtigten Fläche,
  • die Stabilität der ungefährdeten Flächen,
  • die Funktion der Fläche in der Vernetzung mit anderen Flächen unter Berücksichtigung der Nutzungsart und der Intensität der Nutzung benachbarter Flächen.

Als nachhaltig werden Beeinträchtigungen angesehen, die

  • •nicht schon aufgrund ihrer Intensität als erheblich zu bezeichnen sind, sondern
  • voraussichtlich länger als 5 Jahre anhalten werden.

Zur Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe an die Containerschiffahrt sind entsprechend der festgelegten Ausbauvariante abschnittsweise Vertiefungen der Fahrrinne und die anschließende Verbringung der entnommenen Materialien erforderlich. Die vorhabensbedingten Maßnahmen

  • Baggerung (Ausbaubaggerung und Unterhaltungsmehraufwand) und
  • Baggergutverbringung (wasserseitige und landseitige Baggergutverbringung)

sind die wesentlichen KONFLIKTURSACHEN, die durch DIREKTE AUSWIRKUNGEN oder durch INDIREKTE AUSWIRKUNGEN ÜBER WIRKFAKTOREN zu Beeinträchtigungen der Schutzgüter führen. Indirekte Auswirkungen ergeben sich durch:

  • Absinken des MTnw und Erhöhung des MThw infolge veränderter Tidedynamik,
  • Verringerung der Strömungsgeschwindigkeit und der Transportkapazitäten in den Uferbereichen,
  • Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit und der Transportkapazitäten in der Hauptstromrinne,
  • Verlagerung der oberen Brackwassergrenze stromaufwärts aufgrund der Veränderung der Salzgehaltskonzentrationen,
  • Verdriftung von Sediment und Erhöhung der Schwebstofffracht und die dadurch bedingte
  • Änderung des Lichtklimas sowie
  • Sedimenttypänderung der Fahrrinnenböschung.

Direkte Auswirkungen ergeben sich durch die Konfliktursachen:

  • Ausbaubaggerungen und Unterhaltungsmehraufwand
  • Lärmemissionen während der Baggerungen
  • Wasserseitige Baggergutunterbringung
  • Landseitige Baggergutunterbringung (Aufspülung auf Pagensand)

Aufgrund dieser direkten oder indirekten Auswirkungen geht die UVS von einer erheblichen und / oder nachhaltigen Beeinträchtigung der folgenden Schutzgüter (nach UVPG) aus:

"Wasser (Sedimente)", "Boden", "Flora und Fauna (Aquatische Lebensgemeinschaften)", "Flora und Fauna (Terrestrische Lebensgemeinschaften)", "Landschaft" und "Mensch". Das Schutzgut "Mensch" wird im Rahmen des § 8 BNatSchG nicht betrachtet. Die Beeinträchtigungen von Schutzgebieten für Arten und Biotope sind über die Eingriffe in das Schutzgut Flora / Fauna berücksichtigt.

Folgende unvermeidbaren erheblichen und / oder nachhaltigen Eingriffe wurden in der UVS ermittelt:

Wasser (Sedimente)

Die Eingriffe durch Veränderungen der Sohlstruktur im Bereich der Klappstellen "Mühlenberger Loch", "Hanskalbsand" und "Hetlinger Schanze" sowie der Baggergutablagerungsfläche "Hollerwettern-Scheelenkuhlen" werden im Rahmen der Beurteilung der aquati-schen Lebensgemeinschaften berücksichtigt.

Im Bereich der Baggergutablagerungsflächen resultieren erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen der Sohlstruktur aus dem Bau der Fuß- und Randsicherung. Erhebliche Beeinträchtigungen der Sedimente durch die Zunahme der Sedimentbelastung werden für die Baggergutablagerungsflächen "Twielenfleth", "Krautsand" und "Hollerwettern-Scheelenkuhlen" sowie für die Klappstellen bei km 690 und km 714 prognostiziert. Die Gesamtgröße der Eingriffsfläche beträgt ca. 259 ha.

Boden

Die erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigungen des Schutzgutes "Boden" durch die geplante Fahrrinnenanpassung resultieren im wesentlichen aus dem Anstieg des MThw und der Verlängerung der Überflutungsdauer, die einen Verlust von ufernahen Böden auf einer Fläche von ca. 112 ha verursachen. Als ebenfalls erheblich und nachhaltig einzustufen ist der mit der Verschiebung der Brackwasserzone einhergehende Verlust von ca. 10 ha süßwassergeprägter Vordeichsböden und Watten.

Die Aufspülung von Baggergut auf Pagensand und die damit verbundene Überdeckung von Böden der Kalk- und Kleimarschen unterschiedlicher Nutzungs- und demzufolge unterschiedlicher Wertstufen auf einer Fläche von 33 ha stellt ebenfalls einen erheblichen und nachhaltigen Eingriff dar. Der Eintrag von Schadstoffen durch die aus dem Spülfeld austretenden Sickerwässer führt darüber hinaus zu erheblichen Beeinträchtigungen von ca. l bis 2 ha der angrenzenden Marschenböden.

Die Gesamtgröße der Eingriffsfläche beträgt ca. 157 ha.

Flora / Fauna (Aquatische Lebensgemeinschaften)

Aus den Ausbaumaßnahmen resultieren im Bereich der Fahrrinne folgende erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen der aquatischen Lebensgemeinschaften:

  • Flächen von 1354 ha, die von Ausbaubaggerungen betroffen sind, für die jedoch kein erhöhter Unterhaltungsaufwand zu erwarten ist, werden als erheblich beeinträchtigt eingestuft.
  • Flächen von 278 ha, die sowohl von Ausbaubaggerungen als auch von erhöhtem ünterhaltungsaufwand betroffen sind, werden als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft.
  • Flächen von 100 ha, für die erhöhter Unterhaltungsaufwand zu erwarten ist, ohne daß auf diesen Flächen jedoch Ausbaubaggerungen stattfinden, werden als erheblich beeinträchtigt eingestuft.
  • Flächen von 156 ha, die von ökologisch ungünstigen Sedimenttypenänderungen der Fahrrinnenböschung betroffen sind, werden als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft.

Aus der Verbringung des Baggergutes resultieren folgende erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen der aquatischen Lebensgemeinschaften:

  • Flächen von 504 ha, die von erstmaliger oder deutlich erhöhter Baggergutverbringung betroffen sind, werden als erheblich beeinträchtigt eingestuft.
  • Flächen von 34 ha, für die zusätzlich mit langfristigen Änderungen des Sedimenttyps zu rechnen ist, werden als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft.

Als Auswirkung der veränderten Gewässermorphologie kommt es zu einer Erhöhung des Tidehochwassers. Für die aquatischen Lebensgemeinschaften resultiert hieraus folgende Beeinträchtigung:

  • 27 ha Flußwatt-Röhricht werden als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft (Die Fläche wird auch bei den terrestrischen Lebensgemeinschaften als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt ausgewiesen und dort betrachtet).

Damit werden insgesamt 2453 ha als erheblich oder erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft. Für die Ermittlung des Kompensationsbedarfs werden nur 2426 ha angesetzt, da die 27 ha Flußwatt-Röhricht bei den terrestrischen Lebensgemeinschaften berücksichtigt werden.

Flora / Fauna (Terrestrische Lebensgemeinschaften)

Die terrestrische Fauna und Flora im Untersuchungsgebiet wird insbesondere durch die Veränderung der Tidewasserstände, die Verschiebung der Brackwasserzone und die Aufspülungsmaßnahme Pagensand erheblich beeinträchtigt. Insgesamt wird eine Fläche von max. ca. 125 - 130 ha als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft. Durch die kleinräumige Verschiebung der Flächen für das geplante Spülfeld Pagensand in Folge der Eingriffsminimierung gehen auf 33 ha Fläche überwiegend Biotoptypen geringer bis mittlerer Wertigkeit (Intensivgrünland trockener Standorte, brachgefallener Sandacker, Ruderalfluren und halbruderale Gras- und Staudenfluren) verloren. Durch die Änderung der Tidewasserstände werden in Ufernähe auf schätzungsweise 92 ha Fläche überwiegend wertvolle (z. B. Auengebüsche, Auwald) und sehr wertvolle Biotoptypen (z. B. Flußwatt-Röhricht) erheblich und nachhaltig beeinträchtigt. Durch den Verlust dieser Biotoptypen geht Nacht- und Kleinschmetterlingen sowie uferbewohnenden Käfern Lebensraum verloren. Hierdurch werden gleichzeitig für ufernah brütende Vögel potentielle Nistflächen eingeengt sowie röhrichtbrütende Vogelarten strukturell beeinträchtigt.

Landschaft

Durch Anlage des Spülfeldes Pagensand wird das Landschaftsbild auf einer 33 ha großen Fläche erheblich und nachhaltig beeinträchtigt.

6.2 Standortsuche für Kompensationsmaßnahmen

Die Konzeption der zum Ausgleichs- und Ersatz (Kompensation) der erheblichen und/oder nachhaltigen Eingriffe erforderlichen landschaftspflegerischen Maßnahmen bedarf aus naturschutzfachlicher Sicht eines planerischen Rahmens, der sich an ein vorhandenes Leitbild bzw. an vergebenen Planungen und Festsetzungen orientiert. Ein Leitbild mit allgemeinen Zielvorgaben liegt für das Untersuchungsgebiet bzw. für den gesamten Unterelberaum bislang nicht vor. Für die Planung der Kompensationsmaßnahmen wird daher ein vereinfachtes Leitbild aufgestellt, das unter anderem den naturgegebenen Gewässer- und Landschaftscharakter und das heutige Standort- und Entwicklungspotential als Teile einer Leitbildentwicklung berücksichtigt.

Im Vorhaben zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe finden nach den Ergebnissen und Prognosen der UVS die Haupteingriffe im Gewässersystem Elbe statt. Die Ausbau-baggerungen in der Fahrrinne und die wasserseitigen Baggergutunterbringungen wirken sich direkt auf die aquatischen Lebensgemeinschaften und Sedimente aus sowie indirekt über die Änderung der Tidewasserstände auf tidebeeinflußte Standorte, d. h. auf terrestrische Lebensgemeinschaften und Boden. Weiterhin finden Beeinträchtigungen durch landseitige Baggergutunterbringung statt, wobei terrestrische Lebensgemeinschaften, Böden und das Schutzgut Landschaft direkt betroffen sind.

Als Leitbildansatz wird daher der Schutz, die Pflege bzw. Entwicklung aquatischer, se-miaquatischer und terrestrischer Lebensräume unter besonderer Berücksichtigung der tide-und morphodynamischen Zusammenhänge den weiteren Betrachtung vorangestellt. Soweit das heutige Standortpotential durch anthropogene Nutzungsansprüche (z. B. Hochwasserschutz) eine natürliche Tide- und Morphodynamik ausschließt, ist durch entsprechende Maßnahmen zumindest der Beginn einer morphodynamischen Regeneration solcher Bereiche anzustreben (z. B. Zulassen des Einschwingens der Tide bis zu einem festgelegten Wasserstand).

Zur Auswahl von Maßnahmen und Maßnahmengebieten werden deshalb die folgenden Kompensationsziele definiert:

  • Aufwertung des eigentlichen Gewässersystems durch die Verbesserung der gewässermorphologischen Strukturen
  • Aufwertung bzw. Entwicklung von naturnahen, ästuartypischen aquatischen, se-miaquatischen und terrestrischen Lebensräumen mit ausreichender Größe, geeigneter Verteilung und Vernetzung untereinander
  • Sicherung der Umweltmedien Boden, Wasser und Luft in ihrer Ausprägung und Qualität durch Einschränkung der anthropogenen Nutzung als Standortvoraussetzungen für die Lebensgemeinschaften

Die Ermittlung geeigneter Standorte für Kompensationsmaßnahmen erfolgt dabei über ein zweistufiges Beurteilungs- und Auswahlverfahren. In einem ersten Arbeitsschritt werden dabei die im Rahmen einer Vorrecherche sowie aufgrund von Hinweisen von Fachbehörden gemachte Vorschläge anhand der Kriterien Möglichkeit der Aufwertung des Ausgangszustandes der Maßnahmengebiete und Ergänzung oder Vergrößerung bereits vorhandener wertvoller Bereiche überprüft.

Mit dem Kriterium Aufwertung des Ausgangszustandes der Maßnahmengebiete wird die bestehende naturschutzfachliche Wertigkeit des Ist-Zustandes des betreffenden Maßnahmengebietes auf eine mögliche Aufwertung durch obige Kompensationsziele eingeschätzt. Darüber hinaus soll mit dem Kriterium Ergänzung oder Vergrößerung bereits vorhandener wertvoller Bereiche vorhandene wertvolle Gebiete für den Naturschutz ergänzt bzw. vergrößert und so durch einen Biotopverbund aufwertet werden. Das Nichterfüllen eines dieser Kriterien führt zum Ausschluß des Maßnahmengebietes.

Die nach diesem ersten Bearbeitungsschritt verbliebenen Maßnahmengebiete werden in einem zweiten Bearbeitungsschritt auf ihre Eignung zur schutzgutspezifischen Kompensation überprüft. Die Überprüfung der ausgewählten Maßnahmengebiete erfolgt dabei anhand der Kriterien: Eignung des naturräumlichen Standortpotentials und Lage des Maßnahmengebietes zum Ort des Eingriffs, getrennt in den aquatischen und terrestrischen Lebensraum. Je nach Bewertung anhand der obigen Kriterien wird die Eignung der Maßnahmengebiete mit wenig geeignet (Maßnahmengebiete der 3. Priorität), bedingt geeignet (Maßnahmengebiete der 2. Priorität) bzw. gut geeignet (Maßnahmengebiete der l. Priorität) beurteilt.

Die Maßnahmeneignung zur Kompensation der Eingriffe ist allerdings nur in soweit gegeben, wie alle Maßnahmenschwerpunkte umgesetzt werden können. Abschließend erfolgt die Überprüfung der technischen Machbarkeit (wasserbauliche Maßnahmen) und Flächenverfügbarkeit (Grunderwerb). Als Ergebnis der Standortsuche werden Maßnahmen im Bereich der folgenden Gebiete l. Priorität zur Kompensation der Eingriffe in den aquatischen und terrestrischen Bereich konzipiert:

  • Maßnahmengebiet Hahnöfer Nebenelbe/Mühlenberger Loch
  • Maßnahmengebiet Belumer Außendeich
  • Maßnahmengebiet Stör-Mündungsbereich
  • Maßnahmengebiet Spülfeld Pagensand

Zusätzlich zu den Maßnahmen der l. Priorität wurde wegen des erkennbaren, zusätzlich erforderlichen Kompensationsbedarfs das Gebiet Hetlingen/Giesensand (3. Priorität) aufgrund der im Vorfeld nachgewiesenen Flächenverfügbarkeit und der technischen Machbarkeit in die weitere Planung miteinbezogen.

Die Maßnahmengebiete werden nachfolgend im Einzelnen beschrieben.

6.3 Maßnahmengebiet Hahnöfer Nebenelbe/Mühlenberger Loch

6.3.1 Allgemeine Beschreibung

Die Hahnöfer Nebenelbe wird im Norden durch die ehemals einzeln gelegenen Strominseln Hanskalbsand, Neßsand und Schweinsand vom Hauptstrom der Elbe getrennt. Der Bereich der östlichen Einmündung der Hahnöfer Nebenelbe in die Elbe weitet sich zum Mühlenber-ger Loch auf. Diese ausgedehnte Wattfläche wird durch die Einmündung der Este durchschnitten. Das Mühlenberger Loch gehört zur Freien und Hansestadt Hamburg, die Hahnöfer Nebenelbe zum Land Niedersachsen. Im Rahmen der LBP-Bearbeitung wird nur der östliche Teil etwa ab der Mitte der Hahnöfer Nebenelbe betrachtet. Teile des Mühlenberger Lochs sind als Natur- bzw. Landschaftsschutzgebiet geschützt, das Mühlenberger Loch ist nach der RAMSAR - Konvention als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung gemeldet.

Die Hahnöfer Nelbenelbe ist im sublitoralen Bereich ca. 100 - 500 m breit und einschließlich des Mühlenberger Loches ca. 12,5 km lang. Das Mühlenberger Loch hat eine ungefähre Ausdehnung in Längsrichtung von ca. 3,5 km und in der Breite von 2,5 km. Die Hahnöfer Nebenelbe weist im Bearbeitungsgebiet überwiegend Wassertiefen von 0 m bis ca. 4 m unter Kartennull (KN) auf (Kartennull hier ca 1,40 m unter NN). Das Mühlenberger Loch ist dagegen überwiegend auf Höhen über KN aufgeschlickt. Hahnöfer Nebenelbe und Mühlenberger Loch waren bis in die 30iger Jahre unseres Jahrhunderts Teil des westlichen Stromspaltungsgebietes der Elbe, das von zahlreichen kleinen Sän-den geprägt wurde. Seit der Schließung der Alten Süderelbe unterliegen das Mühlenberger Loch und der östlichste Teil der Hahnöfer Nebenelbe einer starken Verlandung.

Die Morphologie des betrachteten Gebietes läßt sich anhand der Strukurelemente Vordeichs-fläche bzw. Insel, Wattfläche, Flachwasser und Tiefwasser differenzieren. Das eigentliche Deichvorland ist entlang der Hahnöfer Nebenelbe bzw. im Bereich des Müh-lenberger Loches nur noch sehr schmal und weitestgehend sehr stark befestigt worden. Die Watten nehmen, wie bereits erwähnt, große Teile des Mühlenberger Loches ein und sind darüber hinaus in größerem Umfang dem Inselkomplex Neßsand/Schweinsand vorgelagert. Sie haben für den Stoffhaushalt und für die Lebensgemeinschaften im und am Fluß eine besondere Bedeutung. Wasserseitig sind den Watten die Flachwasserzonen (Wassertiefe zwischen 0 und 2,00 m unter KN) und die erweiterten Flachwasserzonen (2,00 bis 4,00 m unter KN) vorgelagert. Die Flachwasserbereiche weisen eine hohe ökologische Wertigkeit auf. Das Tiefwasser schließt an die Flachwasserzonen an und wird allgemein bis zu einer Tiefe bis zu 10,00 m unter KN definiert (westlicher Bereich der Hahnöfer Nebenelbe).

Der Übergangsbereich zwischen der Hahnöfer Nebenelbe und dem Mühlenberger Loch wie auch das Mühlenberger Loch selbst ist durch hohe Sedimentationsraten gekennzeichnet. Da der erste Flutstrom von oberstrom in die Hahnöfer Nebenelbe eindringt, hat sich im Staubereich zwischen den hier aufeinander treffenden Teilflutströmen in den vergangenen Jahren eine Barre gebildet. Dieser Prozeß wird sich weiter fortsetzen und die jetzt schon vorhandene Barre weiter auflanden lassen, bis sie als Tidewasserscheide die Teilsysteme Hahnöfer Nebenelbe und Mühlenberger Loch hydraulisch voneinander trennen wird. Mit dieser Verlan-dungstendenz wird langfristig sowohl der Verlust der noch vorhandenen Priel- und Rinnensysteme als auch der von Flachwasserzonen und Wattflächen einhergehen.

Die Sedimente im Bereich der Hahnöfer Nebenelbe und des Mühlenberger Loches weisen -wie aktuelle Untersuchungen der BfG gezeigt haben - unterschiedliche Belastungen mit Schadstoffen auf. Für die Hahnöfer Nebenelbe besteht im Mittel eine geringe Schwermetallbelastung und nur eine geringe organische Belastung. Die untersuchten Proben im Bereich des Mühlenberger Loches weisen im Durchschnitt deutlich höhere Schwermetallbelastungen auf und sind generell höher mit organischen Schadstoffen belastet als die Proben der Hahnöfer Nebenelbe.

Das Mühlenberger Loch hat eine besondere Bedeutung für die Fischbestände in der gesamten Unterelbe, u. a. als Hauptlaichgebiet des Stintes. Das Makrozoobenthos dagegen weist insgesamt eine geringe Wertigkeit auf. Es ist durch das Auftreten von weitverbreiteten bzw. typischen, robusten Arten charakterisiert und es lassen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Wattflächen und den Flachwasserzonen bzw. den erweiterten Flachwasserzonen feststellen.

Die terrestrischen Lebensgemeinschaften werden von teilweise wertvollen Biotoptypen bestimmt, wie z.B. dem Flußwatt-Röhricht, das sich landseits unmittelbar an das vegetationsfreie Watt saumartig anschließt und die typische Zonierung im Süßwasser-Tidebereich widerspiegelt. Der Inselkomplex Neßsand/Schweinsand wird in größerem Umfang von Gehölzbeständen bestimmt, die für gehölzbesiedelnde Brutvogelarten von Bedeutung sind.

Für die Vogelwelt besitzt das Mühlenberger Loch eine wichtige Funktion als Durchzugs-, Rast- und Überwinterungsgebiet. Die Rastbestände von Löffelente, Krickente und Zwergmöwe erreichen internationale Bedeutung. Der größte Teil der rastenden Wat- und Wasservögel konzentriert sich auf die dem Inselkomplex vorgelagerten Watt- und Wasserflächen westlich des Este-Fahrwassers. Hier rasten hauptsächlich Graugänse, Brandgänse und verschiedene Entenvögel.

Das Maßnahmengebiet Hahnöfer Nebenelbe/Mühlenberger Loch unterliegt einem starken Erholungsdruck, insgesondere durch den Wassersport. Sowohl im Bereich der Hahnöfer Nebenelbe als auch im Mühlenberger Loch nutzen Segel- und Motoryachten die Wattflächen zum Ankern und Trockenfallen. Weitere Störungen gehen von Sportflugverkehr sowie Spaziergängern im Bereich der Wattflächen aus.

6.3.2 Kompensations- und Entwicklungsziele

Eine Herleitung der Entwicklungsziele für die Hahnöfer Nebenelbe und das angrenzende Mühlenberger Loch erfordert neben der Berücksichtigung des aus naturschutzfachlicher Sicht wertvollen Ist-Zustandes auch einen Vergleich zum historischen Zustand und dem prognostizierten Zustand nach der Fahrrinnenanpassung.

Dabei wird deutlich, daß sich die heutigen morphologischen und hydrologischen Prozesse nach erfolgter Fahrrinnenanpassung mit gleicher Tendenz weiter fortsetzen werden. Das bedeutet, daß im Übergangsbereich zwischen Hahnöfer Nebenelbe und Mühlenberger Loch, die jetzt schon vorhandene Barre weiter auflanden wird, bis sie als Tidewasserscheide die Teilsysteme Hahnöfer Nebenelbe und Mühlenberger Loch hydraulisch voneinander trennen würde. Diese Verlandungstendenz wird langfristig sowohl den Flächenverlust als auch den Funktionsverlust von Flachwasserzonen und Wattflächen bedeuten.

Im Vergleich zum historischen Zustand etwa in den 30iger Jahren werden deshalb folgende Kompensations- und Entwicklungsziele definiert:

Unter Berücksichtigung der für den Natur- und Landschaftshaushalt großen Wertigkeit der Wattflächen werden in Teilbereichen der östlichen Hahnöfer Nebenelbe und des Mühlenberger Loches Flachwasserzonen geschaffen bzw. langfristig gesichert Dabei sollen Wattflächen nicht großflächig abgebaggert werden, sondern ein stabiles Prielsystem in Verbindung mit den Überlegungen zur Öffnung der Alten Süderelbe innerhalb der Watten geschaffen werden. Die bestehenden Flachwasserzonen mit ihrer großen ökologischen Bedeutung werden damit in ihrer Qualität gesichert und aufgewertet

 

6.3.3 Maßnahmenplanung

Als Kompensationsmaßnahme für Eingriffe in den aquatischen Bereich ist die einmalige Baggerung einer Rinne als Flachwasserzone mit einer durchschnittlichen Breite von 125 m und einer Sohltiefe von 2,5 m unter KN (u KN) geplant. Das Baggermaterial soll in einer Klappgrube unmittelbar westlich des Este-Fahrwassers verbracht werden. Die genaue Lage der Rinne sowie die Klappgrube ist dem Maßnahmenplan zu entnehmen (vgl. Abb. 22).

Die im Rahmen des 13,50 m-Ausbaus angelegte und mit Sand verfüllte Klappgrube wird vor Beginn der Baggerungen für die Rinne bis auf 12,00 m u KN ausgehoben. Der entnommene Sand soll zu Aufspülungen im Bereich des Hamburger Hafens verwendet werden.

Aufgrund der nicht gleichmäßigen Tiefenverhältnisse braucht bei der Herstellung der Flachwasserzonen nur in solchen Bereichen gebaggert zu werden, die die geplanten Wassertiefen von 2,50 m u KN nicht aufweisen. Während also im Mühlenberger Loch im gesamten Bereich der geplanten Rinne vertieft werden muß, weisen die erweiterten Flachwasserzonen (2,00 bis 4,00 m u KN) im Bereich der Hahnöfer Nebenelbe überwiegend bereits die geplanten Tiefen auf. Insbesondere ist die Barre im Übergangsbereich der Hahnöfer Nebenelbe zum Mühlenberger Loch abzubaggem. Dort fällt die Hauptmenge der insgesamt zu baggernden

ca. 1,10 Mio m3 Sediment an. Die zu baggernde Fläche beträgt ca. 68 ha. Im Bereich der Rinne sollen sich die Böschungen im Rahmen der natürlichen Dynamik selbst entwickeln. Die Baggerung wird voraussichtlich in ca. 60 Tagen abgeschlossen sein.

Die Baggerungen im Bereich der Hahnöfer Nebenelbe und des Mühlenberger Loches erfolgen mit einem Schneidkopfsaugbagger (Cutter). Zur Vermeidung der Sedimentverdriftung wird eine schwimmende Leitung vom Bagger direkt zur Klappgrube gelegt. Von hier aus wird eine Spülleitung bis auf den Boden der Klappgrube abgesenkt, so daß das Baggergut gezielt in die Klappstelle eingebracht wird. Baggern und Verbringen werden also in einem Arbeitsgang ausgeführt.

Die beschriebene Art der Baggerung und Verbringung verhindert eine Sedimentverdriftung bzw. Schadstoffmobilisierung. Insbesondere die stark schadstoffbelasteten Sedimente aus dem Mühlenberger Loch können ohne negative Folgewirkungen verbracht werden. Nach Abschluß der Bagger- bzw. Verklapparbeiten wird die Klappgrube mit einer ca. 1,00 bis 2,00 m dicken Sandschicht aus der laufenden Unterhaltungsbaggerung abgedeckt. Die eigentliche Baggerung für die Rinne bzw. für die Klappgrube erfolgt mit zeitlicher und räumlicher Beschränkung. Die zeitliche Beschränkung der Baggertätigkeiten wird dabei auf die Bedeutung des Maßnahmengebietes als Rastgebiet für Vögel bzw. Laich- und Aufwuchsbiotop für Fische abgestimmt. Daher sollen alle notwendigen Baggertätigkeiten nicht in der Zeit zwischen Anfang August und Ende April durchgeführt werden.

Durch die geplanten Maßnahmen werden die Flachwasserzonen, aber auch die Süßwasserwatten im Bereich der Hahnöfer Nebenelbe und des Mühlenberger Loches mit ihrer großen Bedeutung z.B. für den Sauerstoffhaushalt der Elbe, als Laichbiotop für verschiedene Fischarten, aber auch als wichtiger Schwingungsraum für das Tidevolumen mittel- bis langfristig gesichert werden. Die Umsetzung der Maßnahmen wirken damit auch einer Verringerung der morphologischen Strukturvielfalt im Fluß entgegen.

Abb. 22: Maßnahmenplan Hahnöfer Nebenelbe/Mühlenberger Loch

 

6.4 Maßnahmengebiet Belumer Außendeich

6.4.1 Allgemeine Beschreibung

Das auf niedersächsischem Elbufer liegende Maßnahmengebiet Belumer Außendeich erstreckt sich von der Ostemündung auf einer Länge von ca. 5,2 km nach Westen. Die Flächen gehören zu den Samtgemeinden Am Dobrock, Hadeln und Belum, Landkreis Cuxhaven.

Der größte Teil dieses ca. 650 ha großen Maßnahmengebietes ist von einem Sommerdeich umgeben, der nur bei meist im Winter stattfindenden Sturmflutereignissen eine Überflutung der dahinterliegenden Flächen zuläßt.

Die tidebeeinflußten Vorlandflächen werden überwiegend intensiv als Weideland genutzt. Entlang der Elbe finden sich neben Bereichen mit ausgeprägter Vegetationszonierung auch Bereiche ohne uferbegleitende Brackwasserröhrichte. Die im Sommerpolder liegenden Grünländer der Marschen werden ebenfalls intensiv als Weideflächen bewirtschaftet. Ein engmaschiges Grabensystem entwässert das Sommerdeichsgebiet über 23 Deichsiele.

Der Belumer Außendeich ist nach RAMSAR - Konvention Teil des Feuchtgebietes internationaler Bedeutung "Niederelbe zwischen Barnkrug und Ottemdorf" und gemäß EG-Vogelschutzrichtlinie als EG-Vogelschutzgebiet ausgewiesen.

Dieses Gebiet zählt trotz zahlreicher nachteiliger Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten auch heute noch zu einem der bedeutendsten Rast- und Überwinterungsplätze im Bereich der deutschen Küste.

Der Belumer und Hadelner Außendeich ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Der Schutzzweck des NSG liegt in der Erhaltung der Außendeichsb ereiche als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung, insbesondere als Rast-, Nahrungs-, aber auch als Brutbiotop für Wat- und Wasservögel.

6.4.2 Kompensations- und Entwicklungsziele

Das Maßnahmengebiet Belumer Außendeich ist durch eine intensive Grünlandnutzung geprägt. Naturnahe, ästuartypische Strukturen und Biotoptypen sind nur noch in Fragmenten erhalten. Innerhalb der weitläufigen Marschgrünlandflächen sind wertvolle Biotoptypen, wie artenreiche Marschgräben und flächige Schilfröhrichte der Brackmarsch nur zerstreut anzutreffen. Im Zuge der Eindeichung des Sommerdeichgebietes sind großflächig trockenere Standortverhältnisse geschaffen worden, die eine intensive Bewirtschaftung der potentiell feuchten bis nassen Grünlandstandorte ermöglichen. Trotz seines Schutzstatus als Naturschutzgebiet und seiner internationalen Bedeutung als Feuchtgebiet und Vogelschutzgebiet ist der Belumer Außendeich in seinem derzeitigen Zustand naturschutzfachlich eher geringwertig einzustufen.

Aus den bestehenden Verhältnissen im Belumer Außendeich und den Kompensationszielen für die Auswahl der Maßnahmengebiete leiten sich deshalb folgende gebietsbezogene Entwicklungsziele für den Belumer Außendeich ab:

Wiederherstellung der natürlichen Tidedynamik im Belumer Sommerdeichgebiet zur Regeneration der morphologischen und standörtlichen Verhältnisse Entwicklung von tidebeeinflußten Prielstrukturen und Marschgräben als ästuratypische aquatische Lebensräume

Entwicklung von naturnahen, tideabhängigen Strukturen und Biotoptypen in geeigneter Verteilung und Vernetzung untereinander Entwicklung von artenreichem Marschgrünland mesophiler Standorte Sicherung der Umweltmedien Boden und Wasser in ihrer Ausprägung und Qualität als Standortvoraussetzung für ästuartypische und tideabhängige Lebensgmeinschaften Verbesserung und Sicherung der internationalen Bedeutung des Belumer Außendeiches als Feuchtgebiet und Vogelschutzgebiet.

Die angestrebte hohe Aufwertung des Maßnahmengebietes Belumer Außendeich kann nur durch die Entwicklung von tideabhängigen, naturnahen Strukturen und Biotoptypen und durch die extensive Nutzung des Marschgrünlandes erreicht werden. Grundvoraussetzung zur Schaffung naturnäherer und ästuartypischer Standortverhältnisse ist zum einem die Wiederherstellung der Tidedynamik im Sommerdeichgebiet und zum anderen die Reduzierung der derzeitigen intensiven Landnutzung.

Die Wiederherstellung der natürlichen Tidedynamik im Sommerdeichgebiet kann durch die Öffnung des Sommerdeiches und die Anbindung der Grabensysteme an die Tide erreicht werden. Durch die Wiederherstellung der Tidedynamik wird eine morphodynamische und standörtliche Regeneration initiiert, die Voraussetzung für eine ästuartypische Entwicklung im Sommerdeichgebiet ist. Entsprechend der geänderten Standortverhältnisse (Tide- und Brackwassereinfluß, Vernässung, tidebedingte Sedimentation und Erosion) können sich wieder an die Tidedynamik angepaßte Lebensräume entwickeln und die derzeitige Bedeutung des Belumer Außendeiches als ästuartypischer, naturnaher Lebensraum für die aquatische und terrestrische Flora und Fauna und im besonderen als Rast-, Nahrungs- und Brutvogellebensraum gesichert und verbessert werden.

6.4.3 Maßnahmenplanung

Die Wiederherstellung der Tidedynamik zur Schaffung naturnäherer Verhältnisse im Maßnahmengebiet setzt den Anschluß des Sommerdeichgebietes an das Vorland voraus. Dabei sollen bei erhöhten Wasserständen möglichst alle der tieferliegenden Geländeflächen wieder überflutet werden. Das gesamte Gewässersystem im Sommerdeichgebiet ist derart miteinander zu verbinden, daß die Tide bei mittlerer und erhöhter Flut möglichst häufig und weit in die Gräben einschwingen kann.

Die Öffnung des Sommerdeiches erfolgt entlang der elbparallelen Deichtrasse an meheren Stellen (vgl. Abb. 23). In Anlehnung an die örtlichen Verhältnisse wird der Sommerdeich an den einzelnen Öffnungsstellen auf Geländeniveau abgetragen, angeböscht und mit Landschaftsrasen angesät. Das abgetragene Bodenmaterial wird u. a. landseitig an die östliche Deichböschung angelagert. Damit sollen umfangreiche Bodenbewegungen im Maßnahmengebiet verhindert werden. Unter Berücksichtigung der Brut- und Rastzeiten zahlreicher Vogelarten wird die Bauzeit auf Juli bis September beschränkt. Die senkrecht zur Elbeströmung verlaufenden Deichflanken im Westen und Osten bleiben bestehen.

Nach Öffnung des Sommerdeiches werden die Sielgräben und Altpriele im Sommerdeichgebiet an die Tidegräben im Vorland angebunden. Der Anschluß der Priele und Gräben im Bereich der geöffneten Sommerdeichtrasse erfolgt als offener, naturnaher Gewässerausbau ohne Befestigungen entsprechend den örtlichen Gegebenheiten hinsichtlich der Gewässertiefe und -breite.

Um ein möglichst weites und häufiges Einschwingen der Tide zu erreichen und die Entwicklung von prielähnlicheren Gewässerstrukturen zu fördern, müssen bestehende Engstellen beseitigt werden. Angestebt wird ein möglichst ungedämpftes Einschwingen der Tide. Durch die aufgeführten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Tidedynamik in den Priel-und Grabensystemen ist eine Entwicklung zu naturnäheren, artenreicheren Gewässerstrukturen möglich. Die Prielstrukturen und Marschgräben sollen sich über die Tidedynamik (Erosions- und Sedimentationsprozesse) selbst gestalten und entwickeln, die reine Entwässerungsfunktion tritt zurück.

Bei etwa MThw (ca. +1,50 mNN) werden nach der Öffnung des Sommerdeiches aufgrund der Höhenlage der Grabensohlen die beiden Altpriele im östliche Teil des Belumer Außendeiches, alle weiten Sielgräben und alle weiten Quergräben tidebeeinflußt sein. Bei einem Wasserstand von +1,80 mNN am Pegel wird voraussichtlich fast das gesamte Grabensystem tidebeeinflußt sein, jedoch nicht alle kleinen Gräben und Gruppen. Darüber hinaus werden bei diesen Wasserständen auch die ersten wenigen ha im ehemaligen Sommerdeichpolder häufiger in geringer Höhe überflutet.

Die Überflutung geht dabei von den Gräben aus, die bei niedrigeren Wasserständen zuerst gefüllt werden. Bei einem Wasserstand von +2,20 mNN wird voraussichtlich etwa die Hälfte des betrachteten Gebietes überflutet. Bei Wasserständen über +2,80 mNN wird die gesamte Sommerpolderfläche mit ca. 520 ha kurzzeitig überflutet werden.

In den tieferliegenden und öfter überfluteten Bereichen (Flächen bis ca. +2,00 mNN) bietet sich die Aufgabe der Grünlandnutzung an. Hier sollen sich naturnahe Biotoptypen, wie Röhrichte der Brackmarsch mit Übergängen zu Flutrasen, entwickeln. Entlang von Uferbereichen an der Elbe mit wenig ausgeprägter Vegetationszonierung (Intensivgrünland der Marschen, lineare Salzwiesenfragmente und seggenarme Flutrasen) ist die Nutzung ebenfalls zu Gunsten ungenutzter Feuchtgebietskomplexe aufzugeben. Die bestehenden Röhrichte entlang der Elbe (Brackwasserwatt-Röhricht und Schilfröhricht der Brackmarsch) sind in ihrem Bestand zu erhalten.

Die übrigen Marschgrünlandflächen im Belumer Außendeich sollen insbesondere aufgrund ihrer Bedeutung als Rast-, Nahrungs- und Brutvogellebensraum erhalten und in abgestufter Bewirtschaftungsform an die geänderten Standortverhältnisse angepaßt werden. Im östlichen Vorland könnten so aus den tieferliegenden, öfter überfluteten Salzwiesen der Ästuare, sukzessive salzverträgliche Arten in die wieder brackwasserbeeinflußten Grünlandflächen im Sommerdeichbereich einwandern. Auf den weiterhin zu nutzenden Grünlandflächen mit überwiegend Geländehöhen unter ca. +2,20 mNN sollen sich, wie vergleichsweise auf dem extensiv bewirtschafteten Vogelschutzgebiet Hullen, artenreiche Flutrasen und artenreiches Marschgrünland mesophiler und brackwasserbeeinflußter Standorte entwickeln.

Das Maßnahmengebiet Belumer Außendeich trägt durch die Verbesserung der natürlichen Tidedynamik von tidebeeinflußten Prielstrukturen und Marschgräben primär zu einer Kompensation für Eingriffe in den aquatischen Bereich bei.

Abb. 23: Maßnahmenplan Belumer Außendeich

6.5 Maßnahmengebiet Stör-Mündungsbereich

6.5.1 Allgemeine Beschreibung

Das Maßnahmengebiet Stör-Mündungsbereich liegt in den Gemeinden Borsfleth und We-welsfleth im Kreis Steinburg, Schleswig-Holstein. Es grenzt unmittelbar nördlich an das Stör-Sturmflutsperrwerk an und umfaßt mit einer Fläche von ca. 314 ha die Bereiche zweier Flußschlingen zwischen den Stör-Deichen.

Das Maßnahmengebiet ist eine weitläufige, nur durch einige Baumreihen unterbrochene, intensiv als Grünland genutzte Auenlandschaft, die stellenweise von tidebeeinflußten Gräben und Gruppen durchzogen wird. Durch intensive landwirtschaftliche Nutzung und die Errichtung von Sommerdeichen wurden naturraumtypische Biotope wie Röhrichte und Gehölze der Aue überwiegend verdrängt. Nur entlang der Stör und der Kremper Aue finden sich in Form schmaler Uferstreifen ersatzweise naturraumtypische Biotoptypen wie Flußwatt-Röhrichte oder Flutrasen. Der gesamte Flußbereich der Stör ist als geplantes LSG ausgewiesen, dessen Schutzzweck auf den Erhalt der Feuchtgebiete in diesem Niederungsbereich ausgerichtet ist. Die Offenheit des Gebietes und seine Nutzung als Grünland ist auch Grund für eine gewisse regionale Bedeutung für Wiesen-Brutvogelarten und als Rastplatz für Gänse, Enten, Schwäne und Limikolen.

6.5.2 Kompensations- und Entwicklungsziele

Die Planung des Schutzgebietes- und Biotopverbundsystems Schleswig-Holstein weist die Stör-Niederung und damit auch das Maßnahmengebiet aufgrund der standörtlichen Gegebenheiten als "Überschwemmungsbereich der Auen" und als einen "Schwerpunktbereich" mit besonderem Entwickungspotential aus. Als Schwerpunktbereich sind "großflächige Gebiete zur Wiederherstellung beseitigter, repräsentativer naturbetonter Ökosysteme" zu verstehen. Übertragen auf das Maßnahmengebiet bedeutet die Umsetzung der Verbundplanung die möglichst komplette Entwicklung naturraumtypischer Biotopkomplexe bzw. die Neuentwicklung des Naturraums der "Aue" als unterrepräsentiertem Biotoptyp und den damit verbundenen Lebensräumen wie Weich- und Hartholzaue sowie von Röhrichten. Diese Entwicklungsziele decken sich mit den Erfordernissen der Kompensationsplanung, die den Eingriff u.a. in Tide-Weiden-Auwald und Röhrichte auszugleichen hat. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere der Höhenlagen des Gebietes, der - bedingt durch die Schließzeiten des Sturmflutsperrwerks - eingeschränkt einschwingenden Tide und der aktuellen Nutzung lassen sich folgende Entwicklungsziele für das linke (südliche) und rechte (nördliche) Störufer ableiten:

Linkes Störufer
Entwicklung einer von standorttypischem Extensivgrünland geprägten Auenlandschaft mit ausgedehnten Röhrichtbeständen entlang der Stör und an der Kremper Au unter Berücksichtigung der Ansprüche von Rastvögeln und Wiesenbrütern sowie Entwicklung eines ausgedehnten Auwald-/Röhrichtkomplexes im Einflußbereich der Tide.

 

Rechtes Störufer
Entwicklung einer offenen, ungekammerten und von standorttypischem, mäßig feuchtem Extensivgrünland geprägten Auenlandschaft im Einflußbereich der Tide als wichtiger Rastzone für Zugvögel im Bereich der Stör, die im Zusammenhang mit der Elbe eine Leitlinie im Vogelzug darstellt, als Lebensraum für Wiesenbrüter, uferbe-wohnenden Käfern sowie Nacht- und Kleinschmetterlinge insbesondere in den randlichen Röhrichten.

6.5.3 Maßnahmenplanung

Zur Realisierung der Kompensations- und Entwicklungsziele sind insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung des Tideeinflusses Voraussetzung (vgl. Abb. 24). Dies läßt sich auf dem linken Störufer durch einen verbesserten Anschluß der vorhandenen Grabensysteme untereinander und insbesondere mit der Kremper Au und einer stellenweisen Aufweitung der Gräben erreichen. Die sich an die Gräben anschließenden Gruppen sind teilweise durch die Beseitigung störender Verwallungen einem häufigeren Tideeinfluß auszusetzen, damit sich als Voraussetzung für die Entwicklung der zu kompensierenden Biotoptypen eine insgesamt stärkere Vernässung auf einer möglichst großen zusammenhängenden Fläche einstellen kann. Günstige Bedingungen dafür bietet eine größere, tieferliegende Fläche im zentralen Teil des linken Ufers. Aufgrund der Höhenlage und der zu erwartenden Überflutungshäufigkeit ist dort nach Aufgabe der Nutzung mit einer Entwicklung auentypischer Biotope wie Flußwatt-Röhricht bzw. eines Auwald-/Röhrichtkomplexes sowie in den nicht mehr überfluteten, schmalen randlichen Bereichen auch von der Entwicklung eines Eichen-Mischwaldes auszugehen. Diese Entwicklungen sollen lediglich durch geeignete Initialanpflanzungen eingeleitet werden und dann der Eigenentwicklung überlassen werden. Die sich entwickelnden Biotoptypen sind Lebensräume u.a. für zahlreiche Brutvogelarten.

Wesentlicher Aspekt der Maßnahmenplanung ist aber auch die weitere Aufwertung des bisher intensiv genutzten Grünlandes. Die Entwicklung zu standorttypischem Extensivgrünland als Verbesserung des Lebensraumes für Rastvögel und Wiesenbrüter läßt sich ebenfalls durch eine stärkere Durchfeuchtung des Grünlandes erreichen. Dies ist sowohl auf dem linken als auch auf dem rechten Störufer möglich, dort hauptsächlich durch die Öffnung des vorhandenen Sommerdeiches. Damit kann auch auf dem rechten Störufer der Tideeinfluß wieder weiter auf das Grünland ausgedehnt werden.

Das Maßnahmengebiet Stör-Mündungsbereich ist im wesentlichen geeignet, Eingriffe in den terrestrischen Bereich zu kompensieren.

Abb. 24: Maßnahmengebiet Stör-Mündungsbereich

6.6 Maßnahmengebiet Hetlingen-Giesensand

6.6.1 Allgemeine Beschreibung

Das im Binnendeichsbereich gelegene, ca. 154 ha umfasssende Maßnahmengebiet Hetlingen-Giesensand, befindet sich in der Gemeinde Hetlingen im Kreis Pinneberg, Schleswig-Holstein.

Der nordwestliche Teil des Maßnahmengebietes wird von der tideunbeeinflußten Haseldorfer Binnenelbe, dem Naturschutzgebiet (NSG) "Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland" und von der Kläranlage Hetlingen begrenzt. Das Umfeld der Kläranlage und Bereiche an der Haseldorfer Binnenelbe werden durch Gehölzreihen mit starker Kulissenwirkung geprägt. Auf den übrigen Flächen innerhalb dieses Bereiches findet intensive Grünlandnutzung statt. Schutzzweck des sich anschließenden NSG ist der Schutz und die Verbesserung der Situation von Wiesenvögeln. Dies geschieht durch die Entwicklung von extensivem Feuchtgrünland und die Erhöhung des Grundwasserspiegels. Der Anstau im NSG macht sich bereits in Teilbereichen des nordwestlichen Maßnahmengebietes durch höhere Wasserstände bemerkbar. Die Haseldorfer Binnenelbe wird durch ein Hubschütz in Höhe der Hetlinger Kläranlage von der Hetlinger Binnenelbe und deren Tidegeschehen vollständig abgetrennt.

Der südöstliche Bereich des Maßnahmengebietes Maßnahmengebietes wird vom Landesschutzdeich mit dem vorgelagerten elbseitigen Teil des NSG "Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland", der Kläranlage Hetlingen und der tidebeeinflußten Hetlinger Binnenelbe begrenzt. Das insgesamt flache Marschgrünland ist von Gräben, Gruppen und flächenhaften Vertiefungen z. T. kleinräumig durchsetzt und wird das als Weide, Mähweide und Wiese intensiv genutzt. Aufgrund der intensiven Nutzung finden sich entlang der Gräben und der Binneneiben kaum Röhrichte und Ufer-/Hochstaudenfluren. Das südöstliche Maßnahmengebiet liegt innerhalb des geplanten Naturschutzgebietes "Wedel er Marsch". Als Begründung für die geplante Ausweisung wird u. a. "Großflächiges Vorkommen der Schachblume und Lebensraum für Wiesenvogelarten" angegeben.

6.6.2 Kompensations- und Entwicklungsziele

Das Maßnahmengebiet Hetlingen-Giesensand wird in der Schutzgebiets- und Biotopverbundplanung des Landes Schleswig-Holstein als Bestandteil eines Schwerpunktbereiches ausgewiesen. Zielsetzung innerhalb des Schwerpunktbereiches ist u. a. der Erhalt und die Entwicklung einer extensiv genutzten, weiträumigen Wiesenlandschaft mit Übergängen zu Sukzessionsflächen einschließlich der Herstellung eines weitgehend ursprünglichen Wasserregimes.

Die Erfordernisse der Kompensationsplanung, welche die Erweiterung des Tideeinflusses und die Entwicklung beeinträchtigter naturraumtypischer Biotoptypen wie z. B. Tide-Weiden-Auwald, Flußwatt-Röhricht und Landröhricht vorsehen, stimmen insofern mit den Entwicklungszielen der Verbundplanung überein.

Durch die geplante Verbesserung des Tideeinflusses, die Vernässung und Extensivierung des Grünlandes sowie die Entwicklung naturnäherer Uferbereiche entlang der Hetlinger und Haseldorfer Binnenelbe und den künftig stärker tidebeeinflußten Marschgräben können auch diese Bereiche hinsichtlich ihrer Funktion als Nahrungs-, Reproduktions- und Rückzugsgebiet für die aquatischen Lebensgemeinschaften (insbesondere Fische) gestärkt werden. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten lassen sich für den Bereich der tideunbeeinflußten Haseldorfer Binnenelbe und den Bereich der tidebeeinflußten Hetlinger Binnenelbe folgende Kompensations- und Entwicklungsziele ableiten:

Bereich der tideunbeeinflußten Haseldorfer Binnenelbe
Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und teilweise Nutzungsaufgabe. Entwicklung von Feucht- und Naßwäldem und ausgedehnten Röhrichten, sowie artenreicherem, extensiv genutztem Grünland durch anstaubedingte Venässung im NSG, Entwicklung dieses Bereiches als potentielles Brutgebiet von Wiesenvögeln, die Grünland mit Übergängen zu Röhricht bevorzugen und als Standort typischer, teils gefährdeter Pflanzenarten.

 

Bereich der tidebeeinflußten Hetlinger Binnenelbe
Erweiterung des Tideeinflusses und Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung zur Entwicklung von tidebeeinflußten Röhrichtflächen.
Entwicklung einer weitläufigen, extensiv genutzten Marschenlandschaft mit weitgehend natumahem Wasserregime als hochwertigem Lebensraum für Wiesenvögel, als Rast- und Nahrungsplatz für Zugvögel sowie als Standort typischer Stromtalpflanzen, insbesondere der Schachblume.

6.6.3 Maßnahmenplanung

Die Verbesserung des Tideeinflusses ist - mit Ausnahme des Bereiches der tideunbeeinflußten Haseldorfer Binnenelbe - Voraussetzung für eine Umsetzung der Kompensations- und Entwicklungsziele (vgl. Abb. 25). Im Bereich der tideunbeeinflußten Haseldorfer Binnenelbe wird auf ein Anbinden an die tidebeeinflußte Hetlinger Binnenelbe verzichtet, da entwässernden Wirkungen auf das benachbarte NSG nicht anzuschließen sind. In diesem weiterhin tideunbeeinflußten Bereich ist die Entwicklung von Feucht- und Naßwäldern durch Initialpflanzung und Sukzession im Anschluß an bestehende Baumreihen und Gehölzstreifen vorgesehen. Auf Flächen, die durch den winterlichen Anstau im benachbarten Naturschutzgebiet beeinflußt sind, ist die Entwicklung und Kompensation von Röhricht im Rahmen der Nutzungsaufgabe vorgesehen. Das verbleibende, intensiv genutzte Grünland, wird extensiviert und durch Schließen von Gruppen und Dränleitungen weiter vernäßt.

Für die Verbesserung und Erweiterung des Tideeinflusses im Bereich der Hetlinger Binnenelbe ist u. a. der parallel zum südlichen Ufer verlaufende Sommerdeich an zwei Stellen zu öffnen und einen Anschluß der Gräben an die Hetlinger Binnenelbe herzustellen. Die Marschgräben sind für ein möglichst rasches und großflächiges Einschwingen der Tide stellenweise aufzuweiten und zu vertiefen. Marschgräben und Gruppen sind miteinander zu verbinden. Durch die Erweiterung des Tideeinflusses und die geringe Höhenlage des Maßnahmengebietes besteht so die Möglichkeit den Einfluß der Tide als Voraussetzung für die Kompensation beeinträchtigter Biotoptypen wie Flußwatt-Röhricht und Ufer-/Hochstaudenfluren flächenhaft auszudehnen. Die Entwicklung von Landröhricht ist u. a. als Uferrandstreifen einseitig entlang gehölzbestandener Gräben vorgesehen.

Das durch seine Weitläufigkeit geprägte Intensivgrünland der Marschen weist noch ein Potential zur Förderung der Rast- und Brutvogelvorkommen auf. Im Rahmen der Grünlandex-tensivierung soll deshalb das Marschgrünland durch künftige, aperiodische Überflutungen und das Aufstauen von Oberflächenwasser (Schließen von Gruppen und Dränleitungen) verstärkt vernäßt werden. In diesem Zusammmenhang ist auch ein Teil der Marschgräben vom künftigen Tidegeschehen abzutrennen, um eine entwässernde Wirkung auf das Marschgrünland und vorhandene Vegetationsstrukturen (u. a. Baumreihen) zu vermeiden. Im Rahmen einer verstärkten Vernässung und einer den Standortverhältnissen angepaßten extensiven Nutzung besteht auch die Möglichkeit, daß sich die ehemals auf einer Parzelle nördlich der Kopfweidenreihe nachgewiesene Schachblume wieder im Maßnahmengebiet einstellen wird.

Abb. 25: Maßnahmenplan Hetlingen-Giesensand

 

6.7 Maßnahmengebiet Spülfeld Pagensand

6.7.1 Allgemeine Beschreibung

Die 1997 unter Naturschutz gestellte Insel Pagensand liegt in der Unterelbe auf der Höhe zwischen Pinnau- und Krückaumündung. Sie gehört zu den Gemeinden Haselau und Seester-mühe, Kreis Pinneberg, sowie zu den Gemeinden Kollmar und Neuendorf, Kreis Steinburg (Schleswig-Holstein).

Das für das Spülfeld vorgesehene Gelände liegt auf einem relativ ebenen Plateau im zentralen Bereich der Insel und umfaßt ca. 33 ha. Die Geländehöhen liegen zwischen ca. + 6,05 mNN und ca. + 6,70 mNN. Der überwiegende Teil des geplanten Spülfeldes wurde landwirtschaftlich genutzt. Die Spülfeldfläche wird im Osten, Norden und Westen von angrenzenden Gehölzbeständen sowie in ihrem südlichen Verlauf durch einen alten Spülfeldwall abgegrenzt. Auf dem geplanten Spülfeld finden sich bindige Rohböden, in denen bisher kaum Bodenbildungsprozesse stattgefunden haben, und Böden, deren Entwicklung durch die Ackernutzung immer wieder gestört wurde. Eine forstwirtschaftliche Nutzung findet auf Pagensand nicht statt. Die Jagd ist laut Naturschutzgebietsverordnung mit einschränkenden Vorgaben zulässig. Insbesondere an den Wochenenden wird die Insel im Sommer durch Erholungssuchende stärker frequentiert.

6.7.2 Kompensations- und Entwicklungsziele

Von der Aufspülungsmaßnahme sind kaum ästuartypische Lebensräume und Landschaftsstrukturen betroffen, sondern überwiegend bereits durch ehemalige Aufspülungen überhöhte und überformte Flächen. Als übergeordnete Kompensations- und Entwicklungsziele leiten sich die Gestaltung und Entwicklung des Spülfeldes als wertvoller Sekundärlebensraum und die landschaftsgerechte Einbindung des Spülfeldes ab.

Auf dem künftig aufgespülten, überwiegend aus bindigem Substrat bestehenden Material, werden sich voraussichtlich ruderale Hochstaudenfluren nährstoffreicher Standorte und Weidengebüsche entwickeln. Zur Schaffung möglichst kleinräumig wechselnder Standortverhält-nisse sollen nach Beendigung der Aufspülung Profilierungs- und Biotopgestaltungsmaßnahmen auf dem Spülfeld durchgeführt werden. Bei der landschaftliche Einbindung des Spülfeldes sollen insbesondere die angrenzenden Biotoptypen und Landschaftsstrukturen berücksichtigt und ergänzt werden, so daß die landschaftsraumuntypische Überhöhung abgemildert wird.

6.7.3 Maßnahmenplanung

Die zwischen seitlichen Spüldämmen errichtet Spülfeldfläche ist ca. 33 ha groß (vgl. Abb. 26). Die Aufspülmächtigkeit beträgt ca. 5,60 m, so daß nach Setzung des überwiegend bindiges Substrates ca. 2 Mio m3 Baggergut untergebracht werden können. Die Oberkante des Spülfeldes wird bei ca. +11,7 mNN liegen. Zur Aufspülung des Baggergutes wird eine Spülrohrleitung von der Elbe (Fahrwasser) zum Spülfeld Pagensand verlegt. Diese Leitung soll entlang eines bestehenden Wirtschaftsweges geführt werden, um eine Beeinträchtigung der Laubforstbestände mit einheimischen Arten und des Tide-Auwaldes am Elbufer zu vermeiden. Am Elbufer ist die Spülleitung über den Sandstrand zu verlegen, um Beeinträchtigungen des Flußwatt-Röhrichts auszuschließen. Da das Baggergut in verflüssigter Form aufgespült wird, ist eine Entwässerung des Spülfeldes erforderlich. Die Spülfeldentwässerung soll über einen Spülgraben nach Osten in die Pagensander Nebenelbe erfolgen. Für den Spülgraben bietet sich eine bestehende Trassierung zwischen zwei alten Spüldämmen an. Durch die vorgesehene Ableitungsführung werden unnötige Eingriffe in angrenzende Laubforste mit einheimischen Arten vermieden. Um unnötige Eingriffe in diese Waldbestände zu vermeiden, wird während der Bauzeit die Aufstellung von Bauzäunen entlang der Waldränder vorgesehen.

Nach Abschluß der Aufspülung ist eine Profilierung des Geländes vorgesehen, um möglichst unterschiedliche Standortverhältnisse zu schaffen. Zur besseren landschaftlichen Einbindung soll der südliche Spüldamm und die südliche Spülfeldböschung unregelmäßig abgeflacht, und sandiges Spülfeldsubstrat aufgebracht werden.. Das gesamte Spülfeld wird nach den Profilierungs- und Gestaltungsmaßnahmen der natürlichen Sukzession überlassen. Auf den unregelmäßig gestalteten Spülfeldflächen sollen sich über die ungestörte Eigenentwicklung Ruderalfluren und halbruderale Gras- und Staudenfluren frischer bis feuchter, teils trockener Standorte entwickeln. Selbstständig aufkommende Gehölze sind zu belassen.

Entlang der östlichen, nördlichen und westlichen Außenböschungen sind initiale Gehölzpflanzungen mit einheimischen Straucharten vorgesehen, die nach Abschluß der Fertigstel-lungs- und Entwicklungspflege der natürlichen Sukzession überlassen werden.

Abb. 26: Maßnahmenplan Spülfeld Pagensand

 

6.8 Bilanzierung von Eingriff und Ausgleich

Die geplanten Kompensationsmaßnahmen werden im Rahmen der Bilanzierung den ermittelten Eingriffen gegenübergestellt. Dazu wurde im LBP ein 2-stufiges Verfahren entwikkelt, welches neben quantitativen Elementen auf verbal-argumentativen Begründungen aufbaut. Das Verfahren orientiert sich am Stand fachlicher Diskussionen und Konventionen und berücksichtigt die projektspezifischen Eingriffe in den Natur- und Landschaftsraum Unter-und Außenelbe und gewährleistet die erforderliche Durchgängigkeit zwischen UVS und LBP.

Ermittlung des erforderlichen Kompensationsbedarfes

Ausgehend von den aus der UVS flächenmäßig übernommenen Eingriffszahlen für die einzelnen Schutzgüter wird der Kompensationsbedarf unter Berücksichtigung der Wertigkeit des Ist-Zustandes der vom Eingriff betroffenen Schutzgüter und der Intensität der prognostizierten Beeinträchtigungen ermittelt. Die Ermittlung erfolgt über einen Bewertungsrahmen, in dem den unterschiedlichen Wertigkeiten des Ist-Zustandes und den Beeinträchtigungsintensitäten differenzierte abgestufte Faktoren zugeordnet sind. Über die Verknüpfung von Eingriffsflächen mit den Faktoren wird der Kompensationsbedarf quantitativ ermittelt.

Nach dem Bewertungsrahmen wurde folgender Kompensationsbedarf für die einzelnen Schutzgüter getrennt nach Konfliktursachen ermittelt:

  • Aquatische Lebensgemeinschaften
    Ausbaubaggerung und Unterhaltungsmehraufwand 469,2 ha
    wasserseitige Baggergutunterbringung 116,9 ha
    Sedimenttypänderung der Fahrrinnenböschung 156,0 ha
  • Sedimente
    wasserseitige Baggergutunterbringung 343,7 ha
  • terrestrische Lebensgemeinschaften
    landseitige Baggergutunterbringung 46,9 ha
    1,4 ha (lineare Strukturen)
    Änderung der Tidewasserstände 204,5 ha
  • Boden
    landseitige Baggergutunterbringung 54,7 ha
    Änderung der Tidewasserstände 294,9 ha
    Verlagerung der Brackwasserzone 20,0 ha
  • Landschaft
    landseitige Baggergutunterbringung 49,5 ha
  •  

Ermittlung des anrechenbaren Maßnahmenumfanges

Der Ermittlung des anrechenbaren Maßnahmenumfanges wurde ein Verfahren mit vergleichbarem Detaillierungsgrad zugrunde gelegt. Qualitativ wird anhand von funktionalen, räumlichen und zeitlichen Bezug für jedes Maßnahmengebiet eine primäre und sekundäre Kompensationswirkung abgeleitet. Nach dem funktionalen, räumlichen und zeitlichen Bezug der geplanten Einzelmaßnahmen und der Lage der Maßnahmen in unterschiedlichen Wasserstandsbereichen wird die Höhe der Kompensationswirkung verbal-argumentativ beschrieben und quantitativ ermittelt. In einem Bewertungsrahmen werden der Höhe der Kompensationswirkung Faktoren zugeordnet. Diese Faktoren werden mit den Flächen der Maßnahmen verknüpft.

Die Maßnahmengebiete Hahnöfer Nebenelbe/Mühlenberger Loch und Belumer Außendeich kompensieren primär die Beeinträchtigungen der aquatischen Lebensgemeinschaften und der Sedimente. Das Maßnahmengebiet Hahnöfer Nebenelbe/Mühlenberger Loch hat keine sekundäre Kompensationswirkung für den terrestrischen Bereich. Durch das Maßnahmengebiet Belumer Außendeich können sekundäre Beeinträchtigungen von terrestrischen Lebensgemeinschaften, Boden und Landschaft kompensiert werden. Primäre Kompensationswirkung für die Beeinträchtigungen der terrestrischen Lebensgemeinschaften inkl. Boden und Landschaft wird den Maßnahmengebieten Stör-Mündungsbereich und Hetlingen/Giesensand zugeordnet. Beide Maßnahmengebiete können auch sekundäre Beeinträchtigungen aquatischer Lebensgemeinschaften inkl. Sedimente kompensieren. Dem Maßnahmengebiet Pagensand wird eine primäre Kompensationswirkung für terrestrische Lebensgemeinschaften inkl. Boden und Landschaft zugeordnet. Eine sekundäre Kompensationswirkung besteht nicht.

Der anrechenbare Maßnahmenumfang wurde entsprechend der Methodik für die zusammengefaßten Maßnahmenobergruppen wie folgt ermittelt:

  • Maßnahmengebiet Hahnöfer Nebenelbe/Mühlenberger Loch
    Die auf einer Fläche von 68 ha geplante Sicherung und Entwicklung von Flachwasserzonen mit sehr hoher Kompensationswirkung wird ohne Flächenabzug in der Bilanz angerechnet.
  • Maßnahmengebiet Belumer Außendeich
    Der Anschluß von Gräben an die Tide (31 ha) hat eine sehr hohe Kompensationswirkung und wird mit 31 ha angerechnet. Nutzungsaufgabe und Sukzession (42 ha) werden mit mittlerer Kompensationswirkung eingestuft und mit 31,5 ha angesetzt. 571,5 ha Extensi-vierung wird ebenfalls eine mittlere Kompensationswirkung zugeordnet, so daß 428,63 ha in die Bilanz einfließen. Alle Maßnahmen des Maßnahmengebietes Belumer Außendeich kompensieren mit einer anrechenbaren Fläche von 491,13 ha Eingriffe in das Schutzgut aquatische Lebensgemeinschaften und Eingriffe in das Schutzgut Sedimente.
  • Maßnahmengebiet Stör-Mündungsbereich
    Die Entwicklung von Röhricht im Wasserstandsbereich bis MThw (4 ha) wird aufgrund der hohen Kompensationswirkung mit 3,6 ha angerechnet. Röhrichtentwicklung durch Nutzungsaufgabe im aperiodisch überschwemmten Bereich hat ebenfalls eine hohe Kompensationswirkung, im Bereich ohne Tideeinfluß ist die Kompensationswirkung mittel. Im aperiodisch überfluteten Bereich werden von 25 ha Röhrichtentwicklung 22,5 ha, im Bereich ohne Tideeinfluß von 25,5 ha nur 19,3 ha angerechnet. Laubgehölzpflanzungen wird im aperiodisch überschwemmten Bereich eine mittlere Kompensationswirkung zugeordnet, so daß von 19 ha tatsächlicher Fläche etwa 17,1 ha angesetzt werden. Bei fehlendem Tideeinfluß ergibt sich für 3 ha Gehölzentwicklung ebenfalls mittlerer Kompensationswirkung eine anrechenbare Fläche von 2,25 ha. Für Extensivierungen im aperiodisch überschwemmten Bereich sind aufgrund hoher Kompensationswirkung von 41,5 ha ungefähr 37,35 ha anrechenbar. Für Extensivierung im Bereich ohne Tideeinfluß wird die Kompensationswirkung mit mittel eingestuft, so daß sich für 196 ha ca. 147 ha anrechenbarer Fläche ergeben. Insgesamt können die geplanten Maßnahmen des Maßnahmengebietes Stör-Mündung mit einem anrechenbaren Maßnahmenumfang von 248,93 ha in die Bilanz einfließen.
  • Maßnahmengebiet Hetlingen/Giesensand
    Die Röhrichtentwicklung im Bereich bis MThw (17 ha) wird aufgrund der geringen Kompensationswirkung mit 8,5 ha anrechnet. Röhrichtentwicklung durch Nutzungsaufgabe im aperiodisch überfluteten Bereich hat eine geringe Kompensationswirkung und fließt mit 6,5 ha in die Bilanz ein. Ohne Tideeinfluß hat die Röhrichtentwicklung (28,5 ha) sehr geringe Kompensationswirkung und wird mit 5,7 ha angerechnet. Laubgehölzpflanzungen ohne Tideeinfluß (5,5 ha) wird eine sehr geringe Kompensationswirkung zugeordnet, so daß 1,1 ha in die Bilanz eingehen. Die Extensivierung im aperiodisch überschwemmten Bereich (20,5 ha) hat geringe Kompensationswirkung und wird mit 10,25 ha angerechnet. Für Extensivierung ohne Tideeinfluß (69,5 ha) wird eine sehr geringe Kompensationswirkung ermittelt. Die Flächen gehen mit 13,9 ha in die Bilanz ein. Die Maßnahmen des Maßnahmengebietes Hetlingen/Giesensand kompensieren mit einer Fläche von 45,95 ha Eingriffe in das Schutzgut terrestrische Lebensgemeinschaften und Eingriffe in das Schutzgut Boden.
  • Maßnahmengebiet Pagensand
    Der Spülfeldgestaltung mit anschließender natürlicher Sukzession wird z. T. eine hohe, z.T. eine sehr hohe Kompensationswirkung zugeordnet. Der anrechenbare Maßnahmenumfang ergibt sich mit 30,45 ha. Der Pflanzung von Laubgehölzen wird eine hohe Kompensationswirkung zugeordnet, so daß die 2,0 ha mit 1,8 ha in die Bilanz einfließen. Die Kompensationswirkung der Maßnahmen für das Landschaftsbild wird ebenfalls mit sehr hoch eingestuft, so daß 33 ha angerechnet werden.

Kompensationsumfang und anrechenbarer Maßnahmenumfang entsprechen damit einem vergleichbaren Detaillierungsgrad, so daß die ermittelten Größen rein rechnerisch bilanziert werden können.

In der abschließenden Bilanzierung (abschließenden Gegenüberstellung) wird der anrechenbare Maßnahmenumfang von dem erforderlichen Kompensationsbedarf abgezogen, bis der Bedarf rein rechnerisch gedeckt ist. Bei der Bilanzierung wird vereinfacht zwischen einem aquatischen Bereich (Kompensationsbedarf für aquatische Lebensgemeinschaften und Sedimente) und einem terrestrischen Bereich (Kompensationsbedarf für terrestrische Lebensgemeinschaften und Böden) unterschieden. Nach einer qualitativen Einschätzung der funktionalen, räumlichen und zeitlichen Bezüge zu den Eingriffen wird den Maßnahmengebieten eine primäre oder sekundäre Kompensationswirkung für den terrestrischen oder aquatischen Bereich zugeordnet. Die Bilanzierung erfolgt vorrangig für die primäre Kompensationswirkung. Durch Mehrfachansetzen der Maßnahmen für verschiedene Schutzgüter wird die Mehrfachwirkung der Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt. Die Gegenüberstellung von Kompensationsbedarf und den anrechenbaren Maßnahmen für die Kompensation der Eingriffe in das Landschaftsbild auf Pagensand erfolgt verbal-argumentativ. Mehrfachwirkungen werden auch hierbei berücksichtigt.

Die Bilanzierung erfolgt differenziert nach Konfliktursachen für die betroffenen Schutzgüter über Teilbilanzierungen für den aquatischen und terrestrischen Bereich und für Pagensand.

Mit den Maßnahmengebieten Hahnöfer Nebenelbe/Mühlenberger Loch und Belumer Außendeich können die erheblichen und nachhaltigen Eingriffe in die aquatischen Lebensgemeinschaften und in das Schutzgut Sedimente kompensiert werden. Die Maßnahmen des Maßnahmengebietes Stör-Mündungsbereich kompensieren die Eingriffe in die terrestrischen Lebensgemeinschaften und Böden durch die Konfliktursache Änderung der Tidewasserstände. Die Eingriffe in das Schutzgut Boden durch die Konfliktursache Verlagerung der Brackwasserzone werden durch die Maßnahmen im Stör-Mündungsbereich nicht kompensiert. Durch die Konfliktursache landseitige Baggergutunterbringung beeinträchtigte Schutzgüter werden durch die Maßnahmen auf Pagensand nicht vollständig kompensiert. Für das Schutzgut Landschaftsbild wird der Kompensationsbedarf durch die Maßnahmenplanung auf Pagensand ebenfalls nicht vollständig abgedeckt. Der verbleibende Kompensationsbedarf für die terrestrischen Lebensgemeinschaften durch landseitige Baggergutunterbringung und für Boden durch Verlagerung der Brackwasserzone wird durch die Maßnahmen des Maßnahmengebietes Hetlingen/Giesensand kompensiert. Es verbleibt ein vernachlässigbarer Überhang auf der Seite der Kompensationsmaßnahmen. Die verbleibenden Defizite beim Landschaftsbild können insgesamt durch die Mehrfachwirkungen der vorgesehenen Maßnahmen für die terrestrischen Lebensgemeinschaften im Maßnahmengebiet Stör-Mündungsbereich kompensiert werden.

Insgesamt kann durch die Umsetzung der geplanten Maßnahmen in den Maßnahmengebieten Hahnöfer Nebenelbe, Belumer Außendeich, Stör-Mündungsbereich, Spülfeld Pagensand und Hetlingen/Giesensand für die im Rahmen der Anpassung der Fahrrinne prognostizierten Eingriffe eine Kompensation erreicht werden.

Anhand der qualitativen Ableitung der Kompensationswirkung und der Gegenüberstellung von erheblich/nachhaltig beeinträchtigten Schutzgütern sind fast alle Maßnahmen zur Kompensation der Eingriffe in die terrestrischen Lebensgemeinschaften und alle Maßnahmen zur Kompensation der Eingiffe in den Boden als Ersatz einzustufen. Entweder kann die Kompensation nicht zeitnah erfolgen (z. B. bei der Wiederherstellung von Weiden-Auwäldern, Flußwatt-Röhricht, Boden, Sedimente), die räumlichen Bezüge sind nicht vorhanden (z.B. beim Maßnahmengebiet Hetlingen/Giesensand) oder es werden nur ähnliche oder andere Funktionen hergestellt (Pflanzung von Laubgehölzen, Extensivierung von Grünlandflächen), d.h. der funktionale Zusammenhang ist nicht gegeben. Nur die geplanten Sukzessionsflächen auf dem Spülfeld Pagensand können als Ausgleich für die Eingriffe durch Überspülung der Ruderalfluren und Ackerflächen eingestuft werden.

Die Maßnahmen zur Entwicklung und Sicherung von Flachwasserzonen in der Hahnöfer Nebenelbe und die Anbindung von Gräben an die Tide sind als Ausgleich für die Beeinträchtigungen aquatischer Lebensgemeinschaften anzusehen. Die Maßnahmen zur Kompensation der Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes auf Pagensand sind als Ausgleich zu werten. Im Stör-Mündungsbereich wird die Kompensation des Landschaftsbildes aufgrund des fehlenden räumlichen Bezuges als Ersatz eingestuft.