Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

13 KURZFASSUNG

Durch die geplante Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe sollen die Bedingungen für die tideabhängige und die tideunabhängige Schiffahrt unter Berücksichtigung der aktuellen Größenentwicklung bei Containerschiffen verbessert werden. Containerschiffe mit einem Tiefgang bis zu 12,8 m sollen unabhängig von der jeweiligen Tidephase ohne Einschränkungen auf der Elbe verkehren und Schiffe mit einem Tiefgang bis 13,8 m tideabhängig innerhalb eines Zeitfensters von mehreren Stunden den Hafen verlassen können.

Nach dem Bundeswasserstraßengesetz besteht beim Aus- und Neubau von Bundeswasserstraßen die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Im Rahmen der UVP sind die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt frühzeitig und umfassend zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. Grundlage der Umweltverträglichkeitsprüfung ist die Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU).

Im Dezember 1993 beauftragten die beiden Träger des Vorhabens (TdV), die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Wasser- und Schiffahrtsamt Hamburg sowie die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch das Amt Strom- und Hafenbau Hamburg, die Planungsgruppe Ökologie + Umwelt, Hannover/Hamburg, die UVU für die geplante Fahrrinnenanpassung durchzuführen. Der Umfang und die Komplexität der im Rahmen der UVU zu untersuchenden Themenbereiche erforderte die Zusammenarbeit einer fachübergreifenden Arbeitsgruppe aus Umweltplanern, Naturwissenschaftlern (z.B. Biologen, Physiker, Bodenkundler) und Ingenieuren (vgl. Kap. 0 und 1).

Parallel zur UVU untersuchten die Träger des Vorhabens zunächst zwei Vorhabenalternativen, bei denen auf den Fahrrinnenausbau grundsätzlich verzichtet wird (Anpassung der Schiffsgrößen an die bestehende Fahrrinnentiefe, Hafenkooperationen mit anderen Containerumschlagplätzen). Beide Alternativen erwiesen sich entweder aus ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten als nicht vorteilhaft oder als politisch nicht realisierbar und wurden daher abschlägig beurteilt (vgl. Kap. 2).

Im Rahmen der Planungsüberlegungen der TdV wurden sieben Vorhabenvarianten untersucht, die sich hinsichtlich der technischen Ausführung (Sockellösungen mit Startfenster, Sockellösung mit abgesenktem Sockel, durchgehende Vertiefung) und infolgedessen auch in ihren ökologischen Auswirkungen unterscheiden. Das Ergebnis dieser Überlegungen unter Berücksichtigung ökonomischer und ökologischer Aspekte führte zu einer optimierten Vorhabensvariante (Sockellösung mit abgesenktem Sockel), die in der UVS behandelt und bewertet wird (vgl. Kap. 2).

Im Gegensatz zu vorangegangenen Ausbaumaßnahmen (11-m-, 12-m- und 13,5-m-Ausbau), bei denen die Fahrrinne durchgehend vertieft wurde, sollen Unter- und Außenelbe bei der geplanten Fahrrinnenanpassung in verschiedenen Abschnitten unterschiedlich ausgebaut werden. Das charakteristische Merkmal ist der sogenannte "Sockel", ein im Vergleich zu anderen Bereichen der Ausbaustrecke weniger stark vertiefter Abschnitt zwischen Lühesand und Otterndorf (vgl. Kap. 3).

Das Untersuchungsgebiet umfaßt die Tideelbe und ihre Nebenflüsse einschließlich der hochwasserbeeinflußten Überschwemmungsgebiete (Vordeichsland) als Auswirkungsbereich der möglicherweise auftretenden hydrologischen Veränderungen. Landseitig wird das Untersuchungsgebiet durch die Deiche sowie in den Hafenbereichen von Kaimauern und den sturmflutsicher aufgehöhten Flächen begrenzt. Bei einzelnen Schutzgütern wurden im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auch binnenseitige, d.h. hinter dem Deich liegende Flächen in die Untersuchungen mit einbezogen. Im Verlauf der vertieften Untersuchungen im Rahmen der UVU konnte u.a. der Tideeinfluß im Untersuchungsgebiet differenzierter erfaßt werden, so daß sich zum einen Erweiterungen des Untersuchungsgebietes ergaben, zum anderen auch Flächen aus dem Untersuchungsprogramm herausgenommen wurden. Die Darstellung und Bewertung der vorhabensbedingten Auswirkungen auf die Erweiterungsflächen erfolgt aus arbeitstechnischen Gründen in dem Ergänzungsband zu dieser UVS (vgl. Kap. 4).

Das durch die geplante Fahrrinnenanpassung betroffenen Untersuchungsgebiet der Tideelbe ist ein äußerst komplex strukturiertes hydrographisches System, in dem sich vielfältige Einflußfaktoren wie z.B. Gezeiteneinfluß, Oberwasserzufluß, Dichte- und Windeinfluß überlagern. Die sich aus diesen vielfältigen Faktoren ergebende große Variabilität der hydrologischen Parameter (z.B. Tidewasserstände, Tidenhub, Strömungsgeschwindigkeiten) prägt direkt oder indirekt weitere abiotische und die biotischen Faktoren des Lebensraums Tideelbe. Zur Bewertung der Umweltsituationen (Ist-Zustand, Auswirkungen des geplanten Vorhabens) wurde ein gebietsbezogenes Zielsystem entwickelt, das den aus umweltschutzfachlicher Sicht formulierten Optimalzustand des Untersuchungsgebietes darstellt (vgl. Kap. 6).

Grundlage der UVS sind die umfangreichen Untersuchungen zum Ist-Zustand, die von den verschiedenen Fachgutachtern der Arbeitsgruppe schutzgutbezogen durchgeführt wurden. Auf der Grundlage dieser Untersuchungen wird der Ist-Zustand des Untersuchungsgebietes beschrieben und bewertet. Die umfassende Bestandsaufnahme zum Ist-Zustand ergab, daß das Untersuchungsgebiet durch zahlreiche, überwiegend durch den Menschen verursachte Eingriffe sehr stark verändert wurde und in einigen Bereichen sehr weit von dem unter umweltschutzfachlichen Gesichtspunkten optimalen Zustand entfernt ist. Nichtsdestotrotz weist das Untersuchungsgebiet auch heute noch ökologisch sehr wertvolle, auf Veränderungen zumeist sehr empfindlich reagierende Bereiche auf (vgl. Kap. 7).

Ziel der vorliegenden UVS ist es, die Auswirkungen der geplanten Fahrrinnenanpassung auf die im UVPG genannten Schutzgüter zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten. Grundsätzlich lassen sich die während der Bauphase (Ausbaubaggerungen, Baggergutverbringung) auftretenden Auswirkungen von den langfristigen Auswirkungen des Vorhabens unterscheiden. Im folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse der UVS zusammengefaßt (vgl. Kap. 9). Um die ausbaubedingten Änderungen der geplanten Fahrrinnenanpassung zu prognostizieren, wurden zunächst die für das System der Tideelbe wesentlichen Änderungen der Hydrologie (Tidedynamik, Sturmflutkenngrößen, Seegangsbelastungen auf Ufer, Watten und Deiche, schiffserzeugte Belastungen) mit einem mathematischen Modell berechnet (vgl. Kap. 5).

Die geplante Fahrrinnenanpassung wird sich auf das Gewässer Tideelbe unterschiedlich auswirken. Die ausbaubedingten hydromechanischen Änderungen betreffen die Hydrologie und die Morphologie, die insbesondere aufgrund anthropogener Eingriffe bereits im Ist-Zustand als z.T. sehr hoch belastet einzustufen ist. Die angesichts des stark veränderten Ist-Zustands nur geringfügigen Änderungen der hydromechanischen Parameter bedeuten die Fortsetzung des negativen Trends der vergangenen Jahre. Das heißt, insbesondere der bereits heute sehr hoch belastete Gewässerabschnitt zwischen Geesthacht und Blankenese sich infolge der maßnahmebedingten Auswirkungen noch weiter von einem unter umweltschutzfachlichen Gesichtspunkten optimalen Zustand entfernen. Darüber hinaus stellt die prognostizierte geringe Zunahme der Wattflächen wegen der damit einhergehenden Flächenabnahme des Flachwassers ebenfalls eine Verschlechterung der Schutzgutkomponente Morphologie dar (vgl. Kap. 9.1.1).

Zur Prognose der ausbaubedingten Änderungen des Schwebstoffregimes wurden Berechnungen mit einem Schwebstofftransportmodell durchgeführt, das auf dem zuvor erwähnten hydromechanischen Modell aufsetzt. Die Berechnungen ergaben, daß keine flächendeckenden Veränderungen des Schwebstoffregimes und des Sedimentations- und Erosionsgeschehens zu erwarten sind. Signifikante Veränderungen der Schwebstoffkonzentration oder der Bodenbelegung werden für einzelne Bereiche (ca. 20% der vom Modell erfaßten Fläche) prognostiziert.

Veränderungen der zukünftigen Unterhaltungsbaggerei werden für Bereiche der Unterelbe prognostiziert, in denen es aufgrund von Fahrrinnenverbreiterungen vorübergehend zu Sedimenteintreibungen aus den Seitenbereichen kommt. Im Außenelbebereich, wo überwiegend geringfügige Änderungen von Fahrrinnenlage und -breite geplant sind, werden tendenziell abnehmende Unterhaltungsbaggermengen erwartet. Die Bewertung der Erheblichkeit dieser Veränderungen erfolgt insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die aquatischen Lebensgemeinschaften.

Die Auswirkungen der Ausbaubaggerungen und Baggergutverbringungen auf die Gewässergüte (Sauerstoffhaushalt, Nährstoff- und Schadstoffkonzentrationen) lassen sich anhand verschiedener Untersuchungen abschätzen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen deuten darauf hin, daß bei der Umlagerung von Sedimenten nur kurzfristig Beeinträchtigungen der Gewässergüte im direkten Eingriffsbereich, d.h. an den Ausbau- und Verklappstellen, zu erwarten sind. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Intensität der derzeitigen Sedimentumlagerungen sind somit nach dem derzeitigen Stand des Wissens während der Bauphase keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen der Gewässergüte zu erwarten. Diese Aussage gilt im Prinzip auch für die langfristigen Auswirkungen auf die Gewässergüte, die in Anbetracht der im derzeitigen Zustand bereits hohen Variabilität der Gewässergüteparameter vermutlich sehr gering ausfallen werden. Sollten die Veränderungen der Tideparameter das stromaufwärts gerichtete Vordringen von geringer belasteten Nordseewasser begünstigen, dann könnte es sogar zu einer tendenziellen Verbesserung der Gewässergüte unterhalb von Hamburg kommen. Mögliche negative Effekte der Querschnittsvergrößerungen auf den Sauerstoffhaushalt durch eine zunehmende Lichtlimitierung von Algen lassen sich nach dem derzeitigen Stand des Wissens nicht abschätzen (vgl. Kap. 9.1.3).

Erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen der Sedimente resultieren einerseits aus den Veränderungen der Sohlstruktur im Bereich der Baggergutablagerungsflächen, wo es durch den Bau von Fuß- und Randsicherungen (Lagestabilisierung des verklappten Materials) zur dauerhaften Überdeckung der Sedimente kommt. Andererseits werden erhebliche Beeinträchtigungen der Sedimente durch die Zunahme der Sedimentbelastung für die Baggergutablagerungsflächen "Twielenfleth", "Krautsand" und "Hollerwettern-Scheelenkuhlen" sowie für die Klappstellen bei km 690, km 711 und km 714 prognostiziert. Die Gesamtgröße dieser Eingriffsflächen beträgt 306 ha. Eine Aufspülung von Baggergut auf der Brammer Bank hätte darüber hinaus auf einer Fläche von 200 ha erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen der Sedimente zur Folge, da Wattflächen und Flachwasserbereiche in Vordeichsland umgewandelt werden (vgl. Kap. 9.1.4).

Die prognostizierten Änderungen der Tidewasserstände und der Salinität des Elbwassers werden zu vernachlässigbar geringen Auswirkungen auf das Grundwasser führen. Es werden weder erhebliche noch nachhaltige Beeinträchtigungen des Grundwassers prognostiziert (vgl. Kap. 9.2).

Die erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigungen des Schutzgutes Boden durch die geplante Fahrrinnenanpassung resultieren im wesentlichen aus dem Anstieg des MThw und der Verlängerung der Überflutungsdauer. Durch die Schädigung der Vegetation erhöht sich die Erosionsgefährdung im Uferbereich, so daß es aufgrund der fehlenden strömungsberuhigenden Wirkung der Pflanzen zu einem Verlust an Vordeichsböden kommt. Den Schätzungen der Fachgutachter zufolge verursacht die Änderung der Tidewasserstände einen Verlust von ufernahen Böden auf einer Fläche von rd. 112 ha. Als ebenfalls erheblich einzustufen ist der mit der Verschiebung der Brackwasserzone einhergehende Verlust von ca. 10 ha süßwassergeprägten Vordeichsböden und Watten. Die Aufspülung von Baggergut auf Pagensand und die damit verbundene Überdeckung von sehr hochwertigen Vordeichsböden auf einer Fläche von 39 ha stellt einen weiteren Eingriff im Sinne des BNatSchG dar. Der Eintrag von Schadstoffen durch die aus dem Spülfeld austretenden Sickerwässer führt darüber hinaus zu erheblichen Beeinträchtigungen von ca. 1 bis 2 ha der angrenzenden sehr hochwertigen Marschenböden (vgl. Kap. 9.3).

Das Schutzgut Tiere und Pflanzen gliedert sich in die aquatischen und die terrestrischen Lebensgemeinschaften. Erhebliche oder erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen der aquatischen Lebensgemeinschaften resultieren im wesentlichen aus den geplanten Baumaßnahmen sowie, in geringerem Umfang, aus den Veränderungen der Gewässermorphologie. Die terrestrischen Lebensgemeinschaften im Untersuchungsgebiet werden durch die Aufspülungsmaßnahme Pagensand und die Veränderung der Tidewasserstände erheblich und nachhaltig beeinträchtigt (vgl. Kap. 9.4).

Durch die Ausbaubaggerungen werden die Zoobenthoslebensgemeinschaften auf den betroffenen Flächen vollständig entfernt. Diese Flächen werden als erheblich beeinträchtigt eingestuft sofern nicht durch aktuelle Unterhaltungsbaggerungen so starke Vorbelastungen bestehen, daß keine deutlichen Veränderungen zu erwarten sind. Die Beeinträchtigungen sind vermutlich nicht nachhaltig, da die geschädigten Flächen innerhalb eines Zeitraumes von ein bis maximal drei Jahren nach Durchführung der Ausbaubaggerungen dem Ausgangszustand entsprechend wiederbesiedelt sein werden. Nach Abschluß der Maßnahme kommt es aufgrund von kleinräumig zu erwartendem Unterhaltungsmehraufwand zu erheblichen Beeinträchtigungen weiterer Flächen, die sich teilweise mit den durch die Ausbaubaggerungen erheblich beeinträchtigten Flächen überlagern. In Teilbereichen wird sich darüber hinaus der Sedimenttyp der Fahrrinnenböschung infolge des morphologischen Nachlaufs verändern, so daß dort von einer als erheblich und nachhaltig zu bewertenden Veränderung der Milieubedingungen für die Zoobenthoslebensgemeinschaften auszugehen ist. Es werden daher 1454 ha als für die Zoobenthoslebensgemeinschaften erheblich aber nicht nachhaltig beeinträchtigt und weitere 434 ha als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft.

Auf den von der Baggergutverbringung betroffenen Flächen kommt es zu deutlichen ausbaubedingten Beeinträchtigungen der Zoobenthoslebensgemeinschaften soweit die geplante Verbringung deutlich größer als die aktuelle ist. Hierbei handelt es sich überwiegend um erhebliche, aber nicht nachhaltige Beeinträchtigungen, da die geschädigten Flächen innerhalb eines Zeitraumes von ein bis maximal drei Jahren nach Durchführung der Baggergutverbringung dem Ausgangszustand entsprechend wiederbesiedelt werden. Für drei Klappstellen ist allerdings mit langfristigen Änderungen des Sedimenttyps zu rechnen, so daß hier von deutlich veränderten Milieubedingungen für die Zoobenthoslebensgemeinschaften auszugehen ist. Flächen mit einer Größe von 504 ha werden als erheblich, aber nicht nachhaltig beeinträchtigt und weitere 34 ha als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft.

Durch das geplante Spülfeld Pagensand gehen auf einer 39 ha großen Fläche überwiegend wertvolle Biotoptypen, zahlreiche gefährdete Pflanzenarten und Niststandorte zum Teil stark gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Vögel verloren. Diese Flächen werden als erheblich und nachhaltig beeinträchtigt eingestuft. Darüber hinaus ist durch die geplante Neutrassierung des Grabensystems zwischen den beiden Spülfeldern mit Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen sowie weiterer kleinflächiger Inanspruchnahme von Biotopen zu rechnen. Die als Alternative zur geplanten landseitigen Aufspülung Pagensand vorgesehene Aufspülung der Brammer Bank hätte, bei Realisierung, auf einer Fläche von 249 ha erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen der aquatischen Lebensgemeinschaften zur Folge.

Durch die Änderung der Tidewasserstände werden im Uferbereich auf schätzungsweise 92 ha Fläche überwiegend wertvolle und sehr wertvolle Biotoptypen erheblich und nachhaltig beeinträchtigt. Durch den Teilverlust dieser Biotoptypen geht Nacht- und Kleinschmetterlingen sowie uferbewohnenden Käfern Lebensraum verloren. Außerdem werden potentielle Nistflächen für ufernah brütende Vögel eingeengt sowie für röhrichtbrütende Vogelarten strukturell beeinträchtigt.

Für das Schutzgut Tiere und Pflanzen werden somit insgesamt 2557 ha als erheblich beeinträchtigt eingestuft. Für 599 ha werden langfristige Beeinträchtigungen prognostiziert, so daß diese Flächen zusätzlich als nachhaltig beeinträchtigt eingestuft werden.

Von den prognostizierten erheblichen Beeinträchtigungen des Schutzgutes Tiere und Pflanzen sind auch Schutzgebiete für Arten und Biotope betroffen. Auf der zum Landschaftsschutzgebiet "Schutz von Landschaftsteilen im Kreise Pinneberg" gehörenden Elbinsel Pagensand (geplantes NSG) kommt es auf einer Fläche von 39 ha zu erheblichen Beeinträchtigungen durch die Flächeninanspruchnahme des geplanten Spülfeldes. Die als Alternative vorgesehene Aufspülung der Brammer Bank würde zu ebenfalls erheblichen Beeinträchtigungen der aquatischen Lebensgemeinschaften auf 249 ha Fläche im EG-Vogelschutzgebiet "Niederelbe zwischen Barnkrug und Otterndorf" führen. Erhebliche Beeinträchtigungen werden für dieses EG-Vogelschutzgebiet auch durch die geplante Baggergutablagerungsfläche Krautsand und Teile der Fahrrinnenbaggerungen prognostiziert. Beide Eingriffe werden als besonders schwerwiegend eingestuft. Erhebliche Beeinträchtigungen durch Biotopflächenverluste im Uferbereich aufgrund der prognostizierten Erhöhung des Tidehochwassers sind insbesondere für die Naturschutzgebiete "Haseldorfer Binnenelbe mit Elbvorland", "Eschschallen im Seestermüher Vorland", "Asselersand", "Schwarztonnensand", "Heuckenlock" und "Schweenssand" zu erwarten.

Die Abschätzung der ausbaubedingten Änderungen des Klimas erfolgte exemplarisch für einen klimatisch besonders sensiblen Raum des Untersuchungsgebietes (Mühlenberger Loch mit den angrenzenden Landflächen). Die Untersuchungen ergaben keine oder keine nennenswerten Änderungen der klimarelevanten Parameter in dem klimatisch sensiblen Raum. Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß im gesamten Untersuchungsgebiet keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Klimas zu erwarten sind. Diese Aussage gilt auch für die Bereiche innerhalb der Deiche, das Stadtklima von Hamburg und die Geest (vgl. Kap. 9.5).

Die Auswirkungen der geplanten Fahrrinnenanpassung auf das Schutzgut Luft resultieren einerseits aus den Abgasemissionen während der Bauphase. Der Vergleich der für die Bauphase errechneten Emissionen mit denen des derzeitigen Schiffsverkehrs zeigt, daß die Emissionen des derzeitigen Schiffsverkehrs deutlich höher liegen als die baggerbedingten Emissionen. Somit sind während der Bauphase keine erheblichen Auswirkungen auf die Luftqualität zu erwarten. Andererseits kommt es während der Bauphase zu Beeinträchtigungen durch die baggerbedingten Lärmemissionen. Während durch den Einsatz von Hopperbaggern weder im Bereich der Delegationsstrecke noch in der Unter- und Außenelbe mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist, verursacht der Einsatz von Eimerkettenbaggern eine signifikante Erhöhung der Geräuschbelastung in den ufernahen Wohngebieten zwischen Othmarschen und Blankenese. Da die prognostizierten Geräuschpegel den zulässigen Richtwert deutlich überschreiten, handelt es sich um eine erhebliche Beeinträchtigung dieser ufernahen Wohngebiete. Nach den Berechnungen des Fachgutachters wird der Richtwert an maximal 23 zusammenhängenden Tagen überschritten. Bei einer Beauftragung von Fremdfirmen ist mit sogar noch höheren Lärmbelastungen an mehr als 23 zusammenhängenden Tagen zu rechnen (vgl. Kap. 9.6).

Die langfristigen Auswirkungen auf das Schutzgut Luft ergeben sich aus dem prognostizierten Anstieg der Schiffsverkehrszahlen und den damit einhergehenden Erhöhungen der Luftschadstoff- und Lärmemissionen. Die Abschätzung der möglichen Auswirkungen auf die Luftqualität erfolgte unter der Annahme des extrem ungünstigen Falles, daß der Schiffsverkehr alleiniger Verursacher der Immissionsbelastung ist. Die Berechnungen ergaben, daß selbst bei dieser extrem ungünstigen Annahme keine erheblichen Beeinträchtigungen der derzeitigen Luftqualität zu erwarten sind. Darüber hinaus wird sich die Lärmbelastung durch eine Zunahme des Schiffsverkehrs nur geringfügig erhöhen, so daß die langfristigen Beeinträchtigungen durch Lärmimmissionen ebenfalls als nicht erheblich zu bewerten sind (vgl. Kap. 9.6).

Die Auswirkungen der Maßnahme auf die Voraussetzungen für das Landschaftserleben ergeben sich im wesentlichen aus der Ablagerung von Baggergut an Land. Demzufolge werden sich auf dem größten Teil der Flächen des Untersuchungsgebietes die Voraussetzungen für das Landschaftserleben nicht wesentlich verändern. Auf Pagensand (alternativ: Brammer Bank) kommt es hingegen durch die Aufspülung von Baggergut zu erheblichen Veränderungen des Landschaftsbildes (vgl. Kap. 9.7).

Die Auswirkungen der geplanten Fahrrinnenanpassung auf das Schutzgut Mensch ergeben sich aus den Lärmimmissionen während der Bauphase und durch den zukünftigen Schiffsverkehr sowie aus den prognostizierten Beeinträchtigungen der Umweltnutzungen (vgl. Kap. 9.8).

Während bei den terrestrischen Kulturgütern ausbaubedingt keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen zu erwarten sind, können einzelne marine Kulturgüter, die direkt in den geplanten Bagger- und Verklappungsbereichen liegen, während der Bauphase beeinträchtigt werden. Darüber hinaus besteht eine potentielle Gefährdung von Wracks mit historischem Wert, die langfristig durch morphologische Veränderungen nach dem Ausbau freigelegt werden können. Diese Wracks könnten vom Rinnenhang in die Fahrrinne rutschen und bei zukünftigen Unterhaltsbaggerungen beschädigt werden (vgl. Kap. 9.9).

Bei der Untersuchung der sonstigen Sachgüter (z.B. Uferdeckwerke oder erdverlegte Kreuzungsbauwerke) zeigte sich, daß überwiegend geringe vorhabensbedingten Auswirkungen zu erwarten sind. Bei einzelnen Bauwerken läßt sich nach dem derzeitigen Stand des Wissens eine ausbaubedingte Beeinträchtigungen nicht ausschließen.

Die Berücksichtigung der Umweltnutzungen, die kein Schutzgut im Sinne des UVPG darstellen, erfolgt im Rahmen der UVS als Ergänzung zu den Schutzgütern. Bei eventuell auftretenden Beeinträchtigungen von Umweltnutzungen entsteht kein Kompensationsbedarf im Sinne des UVPG. Für die Fischereiwirtschaft werden sowohl während der Bauphase als auch langfristig nach Fertigstellung der Maßnahme z.T. gravierende Beeinträchtigungen prognostiziert, die insbesondere die Hamen- und Baumkurrenfischerei betreffen. Eine Umkehr des in den letzten Jahren positiven Entwicklungstrends in der Elbfischerei läßt sich daher nicht ausschließen. Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Nutzungen resultieren aus den Änderungen der Tidewasserstände und der Aufspülung von Baggergut auf Pagensand. Die Gesamtgröße der von ausbaubedingten Änderungen betroffenen landwirtschaftlichen Fläche beträgt ca. 23 ha. Darüber hinaus werden keine oder nur geringe Auswirkungen des Vorhabens auf weitere Umweltnutzungen (Jagd, Sport- und Kleinschiffahrt, Wohnen, Freizeit und Erholung) prognostiziert.

Die Untersuchung der Umweltverträglichkeit eines Vorhabens umfaßt neben der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die einzelnen Schutzgüter auch eine entsprechende Betrachtung der jeweiligen Wechselwirkungen (Auswirkungen des Vorhabens auf die Wechselbeziehungen). Hierfür werden zunächst die primären, medienbezogenen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt erfaßt und beschrieben. Darauf aufbauend werden die projektrelevanten Wechselbeziehungen ermittelt und schließlich die Wechselwirkungen untersucht (vgl. Kap. 10).

Auf der Grundlage einer zusammenfassenden Darstellung der erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen der Schutzgüter werden allgemeine Vorschläge für Maßnahmen zur Minderung sowie zum Ausgleich und Ersatz erarbeitet. Darüber hinaus werden die verbleibenden Beeinträchtigungsrisiken beschrieben und für einzelne Teilvorhaben (z.B. Spülfeld Pagensand) planerische Empfehlungen ausgesprochen (vgl. Kap. 11).

Abschließend werden die bei der Zusammenstellung der Angaben aufgetretenen Schwierigkeiten und die bestehenden Wissenslücken aufgeführt (vgl. Kap. 12).

Hamburg, im Juli 1997

Planungsgruppe Ökologie + Umwelt Nord

Dr. Albert Dipl.-Ing. Baumann