Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

5. HYDROMECHANIK

Dieses Kapitel beschreibt den Teilbereich "Hydromechanik" im Rahmen der UVS zum Projekt "Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe". Gemäß dem festgelegten Untersuchungsrahmen für die UVU (vgl. Kap. 4) umfaßt dieser Teil die

Ermittlung und Darstellung der ausbaubedingten Änderungen der Tidedynamik der Tideelbe einschließlich Nebenflüsse (Kap. 5.1 und 5.2),

die Ermittlung und Darstellung der ausbaubedingten Änderungen der Sturmflutkenngrößen (Kap. 5.3),

die Ermittlung und Bewertung morphologischer Veränderungen (Kap. 5.4),

die Ermittlung und Bewertung ausbaubedingter Änderungen in der Seegangsbelastung auf Ufer, Watten und Deiche (Kap. 5.5) sowie

die Ermittlung und Bewertung ausbaubedingter Änderungen der schiffserzeugten Belastungen (Schiffswellen und Strömungen) (Kap. 5.6). Der gesamte Teil dieser Untersuchungen wurde von der BUNDESANSTALT FÜR WASSERBAU (Außenstelle Küste, BAW-AK) bearbeitet. Die umfangreichen Ergebnisse sind in den jeweiligen Fachgutachten (BAW 1996a, BAW 1996b, BAW 1996c, BAW 1996d, BAW 1996e, BAW 1996f) dokumentiert, die zusammen den MATERIALBAND I bilden. Grundlage dieses Kapitels ist das zusammenfassende Gutachten "Hydromechanik" (BAW 1996g).

5.1. Ermittlung und Darstellung der ausbaubedingten Änderungen der Tidedynamik für die Tideelbe von der Außenelbe bis zum Wehr Geesthacht

5.1.1. Physikalische Grundlagen Die in der Tideelbe auftretenden Wasserstände und Strömungsgeschwindigkeiten werden einerseits durch die hydrologischen und meteorologischen Randbedingungen wie Oberwasserzuflüsse über das Wehr Geesthacht, Tideverhältnisse in der Deutschen Bucht/Außenelbe (mondphasenabhängiger Nipp-Springtiden) sowie durch die Windwirkungen (stark abhängig von der Windrichtung) gesteuert. Diese Einflüsse weisen eine große natürliche Variabilität auf. Andererseits ist das Tidegeschehen (Wasserstände, Tidehübe, Strömungsverhältnisse usw.) maßgeblich durch die hydrodynamische Charakteristik der Systemgeometrie (insbesondere Wassertiefen, Querschnittsweiten und Fluträume entlang der Tideelbe) geprägt. So ist der Anstieg des mittleren Tidehubes am Pegel St. Pauli von rd. 1,80 m vor ca. 150 Jahren auf heute rd. 3,60 m insbesondere auf die hydraulische Wirkung der geometrischen Systemveränderungen, wie Fahrrinnenausbaumaßnahmen und Flutraumveränderungen, zurückzuführen. Flußsysteme und insbesondere die durch die Gezeiten geprägten Flußmündungssysteme (Ästuarsysteme) sind typischerweise auch durch geometrische Systemveränderungen infolge strömungsbedingter Formänderungen wie Verlagerung von Rinnen und Sandbänken (morphologischer Veränderungen) gekennzeichnet. Zwischen den natürlichen morphologischen Entwicklungen und den künstlichen Eingriffen (z. B. Fahrrinnenvertiefungen) bestehen nicht nur Überlagerungen, sondern komplexe gegenseitige Wechselwirkungen. Die geplante Vertiefung und bereichsweise Veränderung der Fahrrinnenbreiten in der Tideelbe stellt eine hydraulisch wirksame geometrische Systemveränderung dar, durch die die Tidedynamik beeinflußt wird. Im Ist-Zustand wird die von der Nordsee in die Elbe einschwingende Gezeitenwelle (Flachwasserwelle) durch Reibungseinflüsse, Teilreflexionen sowie die Schwingungscharakteristik des Systems (Nebenrinnen, Seitenbereiche, Hafenbecken u. w.) beeinflußt. Durch eine Vertiefung der Fahrrinne wird der Rinnenbereich hydraulisch "glatter" (die Reibungswirkung auf den Durchfluß vermindert) und damit leistungsfähiger. Die von der Nordsee in die Tideelbe einschwingende Tidewelle "verliert" bei einer vertieften Fahrrinne weniger Energie durch die Bodenreibung (Verminderung der Energiedissipation), so daß mehr Tidewellenenergie in den inneren Bereich vordringt und dort zu einer Schwingungsverstärkung, also Zunahme des Tidehubes (Absinken des Tideniedrigwassers und Anstieg des Tidehochwassers) führt. Eine Zunahme der mit jeder Ebbe und Flut hin und her schwingenden Tidewasservolumen, der querschnittsgemittelten Durchflüsse sowie Verschiebungen der Tidelaufzeiten, Hoch- und Niedrigwassereintrittszeiten als auch Zeiten der Strömungskenterungen (Strömungsstillstände) sind die Folge. Mit dieser Veränderung der Tidedynamik ist auch eine Beeinflussung der Strömungs- und Transportprozesse und damit der morphologischen Entwicklungen (Entwicklungen der Gewässersohle) verknüpft. Diese ausbaubedingten Veränderungen der Tidedynamik treten nicht nur örtlich im Bereich der Ausbaustrecke auf, sondern beeinflussen mit unterschiedlicher Intensität den gesamten Tidebereich der Unter- und Außenelbe. Durch die geplanten Fahrrinnenvertiefungen wird die wirksame Rauheitsverteilung innerhalb der Querschnitte verändert. Ein höherer Anteil des Gesamtdurchflusses wird auf die hydraulisch glattere tiefe Rinne konzentriert, so daß im Fahrrinnenbereich trotz der vertiefungsbedingten Querschnittserweiterung in der Tendenz eine leichte Zunahme der Strömungsgeschwindigkeiten eintreten kann. In den flacheren und damit hydraulisch rauheren Randbereichen wird einerseits durch die stärkere Bündelung des Durchflusses auf die Hauptrinne die Strömung vermindert und andererseits durch die Verstärkung der Tidedynamik (insbesondere des Tidehubes) eine Strömungszunahme wirksam. Resultierend sind somit in den Randbereichen schwache örtliche Strömungszu- oder auch Strömungsabnahmen zu erwarten. Die durch die geplante Fahrrinnenanpassung zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen der Tidewasserstände und Strömungen können nicht durch eine einfache Extrapolation der bisher eingetretenen ausbaubedingten Veränderungen prognostiziert werden, weil es sich hierbei nicht um lineare einfache Prozeßverknüpfungen handelt. So ist z. B. die Wirkung der Bodenreibung umgekehrt proportional zur Wassertiefe, d. h. bei einer Vertiefung der Fahrrinne von 15 m auf 16 m treten sehr viel geringere Änderungen in der Tidedynamik auf als bei einer Vertiefung von 10 m auf 11 m. Dem heutigen Stand der Wissenschaft entsprechend werden für derart komplexe Aufgabenstellungen wasserbauliche Systemanalysen mit mathematischen Modellen durchgeführt. Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse und damit der Prognosesicherheit ist einerseits von der Qualität und Vollständigkeit der in der mathematischen Formulierung erfaßten physikalischen Prozesse und andererseits der naturgetreuen Nachbildung des geometrischen Systems, also der Nachbildung der hydrodynamischen Eigenschaften der Modelltopographie, abhängig. Die Entwicklung der internationalen Forschung in Verbindung mit der Verfügbarkeit immer leistungsfähigerer Supercomputer ermöglicht heute den Einsatz sehr leistungsstarker, die maßgeblichen physikalischen Prozesse zuverlässig nachbildende Modellsysteme. Für die Untersuchung der Tidedynamik der Elbe wurde das international anerkannte und erprobte Modellsystem TRIM2D (CHENG; CASULLI; GARTNER 1993, LANG et al. 1996) eingesetzt. Dieses zweidimensionale semi-implizite Finite Differenzenmodell berücksichtigt neben der Gezeitendynamik barokline Effekte (Druckeinflüsse infolge größerer Dichte des salzhaltigen Seewassers) sowie das Überfluten und Trockenfallen nur zeitweise bedeckter Wattgebiete. Nähere Angaben zu dem mathematischen Modell, der Validierung und Verifikation sind im MATERIALBAND I und der Literatur erläutert.

5.1.2. Untersuchungsprogramm Für mittlere Tideverhältnisse wurde die Tideelbe von der Außenelbe bis zum Wehr Geesthacht (Abb. 5 - 1) mit dem hochauflösenden zweidimensionalen mathematischen Modell und die Elbnebenflüsse jeweils durch eindimensionale Modelle bis zur Tidegrenze untersucht. Um bei den Untersuchungen die natürlichen Variationen der Tidedynamik in Abhängigkeit der Mondphasen (Nipp-Springzyklen) und die insbesondere die Salzgehaltsverhältnisse in der Brackwasserzone maßgeblich beeinflussenden Oberwasserzuflüsse mit zu erfassen, wurden die in Abbildung 5 - 2 für die Abflußganglinie des Jahres 1992 typischen hydrologischen Systemzustände analysiert. Die Abflußganglinie des Jahres 1992, gemessen am Pegel Neu Darchau an der Mittelelbe (km 536,4), zeigt die für die Elbe typische Charakteristik mit der Hochwasserwelle im Frühjahr und einer über mehrere Monate anhaltenden Sommer-/Herbstphase mit niedrigen Oberwasserzuflüssen und damit weit stromauf vordringender Brackwasserzone. Abb. 5 - 1: Übersichtsplan der Tideelbe (mit neuer Fahrrinnen-Kilometrierung)  

Abb. 5 - 2: Abflußganglinie der Elbe am Pegel Neu Darchau (km 536,4) 1992

(Analysezeiträume: Qm = mittlerer Oberwasserzufluß; Qh = hoher Oberwasserzufluß; Ql = niedriger Oberwasserzufluß; Qlw = niedriger Oberwasserzufluß und Ostwind; nicht dargestellt: SN = Spring-Nipp-Zyklus, 30.06. bis 13.07.1992) Die Längsschnitte der Scheitelwasserstände (Abb. 5 - 3) und Tidehübe (Abb. 5 - 4) des untersuchten Spring-Nipp-Zeitraumes sind repräsentativ für das Elbeästuar, da die Mittelwerte in etwa den Werten des Zehnjahresmittels 1979/88 entsprechen. Die Abweichungen in der oberen Tideelbe für das Tnw und den Thb sind auf den niedrigen Oberwasserzufluß zurückzuführen. Die Abflußganglinie des Jahres 1992 paßt zu der Modelltopographie 1992, die auf den umfangreichen Peildaten und Vermessungsdaten bis zum Jahre 1992 beruht. Der Zustand 1992 stellt somit für die Untersuchungen der Tidedynamik den Ist-Zustand dar. Nach den gesetzlichen Vorgaben ist für die Prognose der zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen von dem bei Beginn der Maßnahme bestehenden Ist-Zustand auszugehen. Durch diese Zeitnähe des Ist-Zustandes zum Maßnahmenbeginn soll sichergestellt werden, daß die mit der Maßnahme verbundenen Auswirkungen umfassend, zuverlässig und möglichst präzise ermittelt, dargestellt und bewertet werden. Inhaltlich müssen die fachwissenschaftlichen Gutachten diese rechtlichen Anforderungen voll erfüllen. Da aufgrund der Komplexität der Aufgabenstellung und des Umfanges der Maßnahme die erforderlichen Untersuchungen, Auswertungen und Prognosen nicht in wenigen Tagen und Wochen erarbeitet werden können, kann formal der direkte Zeitbezug zum Maßnahmenbeginn nicht eingehalten werden. Es muß jedoch sichergestellt sein, daß die Auswirkungsprognosen für den rechtlich relevanten Zeitpunkt des Maßnahmebeginns zutreffen und nicht zu einer Unterschätzung der Auswirkungen führen dürfen. Das Ästuarsystem Unter- und Außenelbe unterliegt stark wechselnden meteorologischen und hydrologischen Einflüssen und verhält sich dementsprechend auch morphologisch nicht als "statisches System", sondern als durch komplexe Wechselwirkungen geprägtes dynamisches System. Für die Beurteilung der zu erwartenden Auswirkungen der Maßnahme kann somit nicht im engeren Sinne von "einem Systemzustand" als maßgeblichem Ist-Zustand ausgegangen werden. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, für eine wasserbauliche Systemanalyse nicht nur mittlere, sondern charakteristische, prägende Systemzustände für die Untersuchung zu ermitteln. Die Auswahl der zu untersuchenden Systemzustände erfolgte so, daß sie auch für den Zeitpunkt des Maßnahmebeginns zutreffend sind. Dies bedeutet, daß die zugrundegelegten morphologischen, hydrologischen und meteorologischen Charakteristiken des Systems aus dem Jahre 1992 auch für den geplanten Maßnahmebeginn 1997/98 zutreffend sind. Für die Prognose der zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen wurden jeweils Modellrechnungen mit den gleichen hydrologischen Randbedingungen (Tiden und Oberwasserzuflüssen) für den geometrischen Systemzustand nach Durchführung der Fahrrinnenanpassung (Vertiefung und Breitenveränderung) einschließlich Berücksichtigung des morphologischen Nachlaufes durchgeführt. Ausgehend von den Planungsgrundlagen wurden von den Trägern des Vorhabens die künftigen Solltiefen und Sollbreiten für das Fahrwasser festgelegt (Abb. 5 - 5 zeigt das Längsprofil der Ist-Sohle 1992, das Sollprofil des bestehenden

Abb. 5 - 3: Längsschnitt Thw und Tnw für Spring-Nipp-Zyklus

Abb. 5 - 4: Längsschnitt Thb für Spring-Nipp-Zyklus

Abb. 5 - 5: Längsprofil Fahrrinne/Sollsohlen

sog. 13,5m-Ausbaues und des künftigen Sollprofiles). Da sich zusätzlich zu der Ausbaubaggerung (incl. Baggertoleranz von max. 0,5 m, vgl. Kap. 3) aufgrund der veränderten Tideverhältnisse und Strömungen eine morphologische Entwicklung bis zu einem neuen dynamischen Gleichgewicht einstellen wird (im folgenden "morphologischer Nachlauf" genannt), wurde im Rahmen dieser Untersuchungen zur Prognose der zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen dieser morphologische Nachlauf mit berücksichtigt. Die Abschätzung des morphologischen Nachlaufes beruht auf folgender Arbeitshypothese:

Durch die Vertiefung der Fahrrinne wird der Durchfluß auf die Hauptrinne weiter konzentriert mit der Folge, daß resultierend die Strömungsgeschwindigkeiten insbesondere in den Fahrrinnenabschnitten zunehmen werden, in denen bereits im Ist-Zustand strömungsbedingte Übertiefen vorhanden sind. Diese heutigen Übertiefen korrespondieren mit den heute vorhandenen örtlichen Strömungsbelastungen der Sohle. Obwohl im Bereich der Übertiefen keine Querschnittserweiterungen durch Vertiefungsbaggerungen stattfinden (die Tiefe liegt bereits unter der künftigen Sollsohle!), wird in diesen Rinnenabschnitten nach dem Ausbau eine verstärkte strömungsbedingte Erosion erfolgen, bis wieder ein dynamischer Gleichgewichtszustand erreicht ist. Bei der Definition der zu modellierenden Ausbautopographie wurde deshalb für Fahrrinnenabschnitte mit ausgeprägten Übertiefen und leicht erodierbarer Sandsohle eine weitere strömungsbedingte Vertiefung um das Vertiefungsmaß Dz angenommen. Das Vertiefungsmaß Dz entspricht der Tiefendifferenz zwischen der heute vorhandenen Sollsohle und der künftigen Sollsohle.

In Sohlabschnitten mit Transportkörpern ("Riffelstrecken") liegen die Riffeltäler bereits im heutigen Zustand immer unterhalb der Solltiefe des Ausbauzustandes. Bei der Ausbaubaggerung würden theoretisch nur die Riffelkämme abgebaggert werden. Da es sich bei den Transportkörper (FÜHRBÖTER 1980; RAUDKIVI, WITTE 1990) um komplexe dynamische Sohlgleichgewichtsformen handelt, die sowohl von den örtlichen Wassertiefen, Strömungsverhältnissen als auch von den hydrodynamischen Eigenschaften des Sediments abhängen, ist zu erwarten, daß sich nach dem Ausbau entsprechende Sohlstrukturen auf einer der neuen Sollsohle zuzuordnenden tieferen Lage einstellen werden. Für die zu modellierende Ausbautopographie wird deshalb eine Tieferlegung der Gesamtriffelstruktur um das Vertiefungsmaß Dz angesetzt. D. h. es werden auch die Riffeltäler, die bereits im heutigen Zustand tiefer liegen als die neue geplante Sollsohle, um das Vertiefungsmaß Dz tiefer gelegt.

Für Rinnenbereiche mit "ebener Sohle" erfolgt eine Vertiefung um Dz zuzüglich einer Baggertoleranz von 0,5 m. In dieser Baggertoleranz sind alle Ungenauigkeiten, wie z.B. die Peilungenauigkeit, die Beschickungsungenauigkeit, die Baggerungenauigkeit usw., zusammengefaßt. Da es sich bei der geplanten Fahrrinnenbreite um die nautisch nutzbare Breite handelt, wird bei der Modellsimulation für die Herstellungsungenauigkeiten bei der Baggerung ein Seitenzuschlag von jeweils + 15 m und ein Nachentwickeln der Böschungen auf eine Neigung von 1 : 10 angenommen, sofern die Böschungen nicht durch die Bodenarten wie Mergel oder aufgrund der Bauwerke als standfest anzusetzen sind. Durch die vorstehend erläuterte Festlegung der Ausbautopographie werden bei den Modelläufen nicht nur die unmittelbar nach der Ausbaubaggerung zu erwartenden Veränderungen der Tidedynamik, sondern auch die mittelbar infolge des zu erwartenden morphologischen Nachlaufes eintretenden Veränderungen mit erfaßt.

5.1.3. Ausbaubedingte Änderung der Tidedynamik

5.1.3.1. Tidewasserstände und Tidehub Im Ist-Zustand weisen die Tidewasserstände und Tidehübe aufgrund astronomischer und mittlerer meteorologischer Einflüsse natürliche Variationen in der Größenordnung von 1 m auf. Der Windeinfluß auf die Tidedynamik in der Elbe ist von der Windrichtung und -stärke abhängig. Diese natürliche Variabilität wird in der Größenordnung auch nach dem Ausbau vorhanden sein. Die ausbaubedingten Änderungen (einschließlich morphologischer Nachlauf) des Tidehubes und der Tidewasserstände sind bei energiereichen Tiden, also Tiden mit großem Tidehub in der Elbmündung (Springtiden), am ausgeprägtesten, da unter diesen Tidebedingungen die ausbaubedingte Verminderung der Energiedissipation (Energieumwandlung infolge Reibung) am stärksten wirksam wird. Der größte Tidehub ist im Untersuchungszeitraum während der Springtidephase mit rd. 3,75 m in der Außenelbe und rd. 4,10 m oberhalb des Pegels St. Pauli in Verbindung mit einem niedrigen Oberwasserzufluß aufgetreten. Für diese hydrologischen Randbedingungen ergibt sich eine maximale Absenkung des Tideniedrigwassers am Pegel St. Pauli von rd. 7 cm, ein Anstieg des Tidehochwassers von rd. 4 cm und eine Verstärkung des Tidehubes von rd. 11 cm (Abb. 5 - 6). In der Nipptidephase also bei energieschwacher Tide (Tidehub in der Außenelbe rd. 2,5 m) ergibt sich eine ausbaubedingte Niedrigwasserabsenkung von rd. 5 cm, ein Anstieg des Tidehochwassers von rd. 3,5 cm und eine Verstärkung des Tidehubes von rd. 7 cm für Pegel St. Pauli. Die zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen der Tidewasserstände werden sich somit im Zusammenhang mit den astronomischen Tidevariationen zwischen diesen vorgenannten Änderungswerten bewegen. Die in Abbildung 5 - 6 über das Längsprofil dargestellten Kurven zeigen repräsentativ die ausbaubedingten Änderungen für die unterschiedlichen Elbabschnitte. In der Außenelbe seewärts von Cuxhaven werden praktisch keine Änderungen der Tidewasserstände und Tidehübe (d. h. Werte < 0,5 cm) auftreten. Abb. 5 - 6: Längsschnitt der ausbaubedingten Änderungen DThw, DThw und DThb

Zwischen Cuxhaven und Brokdorf ist eine Niedrigwasserabsenkung und eine Tidehubverstärkung in der Größenordnung von 2 cm zu erwarten. Oberhalb von Brokdorf zeigen die Längsprofile einen deutlichen Anstieg der Änderungen des Tidehubes auf den Maximalwert bei St. Pauli von rd. 11 cm. Dieser Kurvenverlauf des Tidehubes zeigt eine Verminderung der Teilreflexionen im Streckenabschnitt zwischen Brokdorf und Stadersand an. Oberhalb des Hamburger Hafens klingen die ausbaubedingten Veränderungen des Tideniedrigwassers und des Tidehubes deutlich ab, während der ausbaubedingte Anstieg des Tidehochwassers mit bis zu 4 cm stromauf bis zur Tidegrenze am Wehr Geesthacht wirksam wird. Physikalisch ist dieser Verlauf auf die deutlich kleineren Wassertiefen in der Elbe oberhalb des Hamburger Hafens zurückzuführen. Bezogen auf das Tideniedrigwasser liegen die Wassertiefen in der Unterelbe in der Größenordnung bei rd. 14 m und nehmen oberhalb der Elbbrücken großräumig auf Werte von rd. 5 bis 3 m ab. Bei ausgeprägten Westwindwetterlagen führt der Windstau zu einer Erhöhung der Wasserstände in der Deutschen Bucht und damit zu einer Niveauerhöhung der Gesamttide, also der Tideniedrigwasser- und Tidehochwasserstände. Bei diesen Bedingungen ergeben sich aufgrund der dann insgesamt größeren, hydraulisch wirksamen Wassertiefen geringere ausbaubedingte Änderungen als bei Springtiden ohne Windstauerhöhung. Bei anhaltenden Ostwindwetterlagen treten deutlich erniedrigte Wasserstände auf, so daß unter diesen Bedingungen eine verstärkte Wirkung der geplanten Fahrrinnenvertiefung zu erwarten wäre. Aus diesem Grunde wurde gezielt ein Nipp-Spring-Zyklus mit ausgeprägter Ostwindwirkung (Windstärke 6 bis 7 über mehrere Tiden anhaltend) untersucht (Abb. 5 - 7). Auf der Grundlage der für diesen Zeitraum gemessenen Windgeschwindigkeiten und -richtungen wurde ein Windfeld ermittelt und die Windwirkung auf der Wasseroberfläche (Impulseintrag) bei den Modellrechnungen mit berücksichtigt. Dabei wurden im mathematischen Modell die für diesen Zeitraum in der Außenelbe an den Baken A und Z gemessenen Naturtiden in Verbindung mit dem zugehörigen Oberwasserzufluß am Wehr Geesthacht eingesteuert. Abb. 5 - 7: Tideverlauf an Bake A ("Alpha") und Z ("Zulu") sowie Windgeschwindigkeit und - richtung auf Scharhörn bei Ostwind (26.09. bis 07.10.1992)  


Die Modellrechnungen zeigen, daß unter diesen Bedingungen geringere ausbaubedingte Veränderungen in der Elbe auftreten. Durch den starken Ostwind, der gegen die von See einlaufende Tide gerichtet ist, wird der Tidehub in der Außenelbe insbesondere durch eine Absenkung der Tidehochwasserstände deutlich um bis zu 1 m vermindert. Da diese Wirkung des Ostwindes nicht zufällig, sondern systembedingt ist, können in der Tideelbe selbst bei den typischen ostwindbedingten niedrigen Tiden nicht größere, sondern nur geringere ausbaubedingte Niedrigwasserabsenkungen eintreten. Die maximalen Niedrigwasserabsenkungen bei starkem Ostwind treten wiederum im oberen Bereich zwischen Wedel und St. Pauli auf und erreichen rd. 4 cm. Für das Tidehochwasser ergibt sich ein Anstieg von rd. 3 cm. In Abbildung 5 - 8 sind zusammenfassend die häufig eintretenden ausbaubedingten Wasserstandsänderungen (für die variierenden natürlichen Randbedingungen (Nipp-Spring-Zyklen) unterschiedlichen Oberwasserzuflüsse, unterschiedlichen Windeinflüsse) als schraffiertes Band dargestellt. Diese ausbaubedingten Veränderungen werden regelmäßig (astronomische Einflüsse) und häufig (für Norddeutschland häufige Wetterlagen) eintreten und somit auch für das Ökosystem maßgeblich sein. Zusätzlich ist in dem Diagramm auf der sicheren Seite liegend der ungünstigste Fall (worst case plus Aufrundung) abgeschätzt worden. Für den Pegel St. Pauli ergibt sich dabei eine maximale Niedrigwasserabsenkung von 1 dm. Diese maximale Niedrigwasserabsenkung kann jedoch nicht mit den niedrigsten Tidewasserständen am Pegel St. Pauli, die infolge Ostwind entstehen, auftreten. Der maximale Anstieg des Tidehochwassers von 5 cm kann ebenso nicht in Verbindung mit erhöhten Wasserständen bei starken Westwinden auftreten, da unter diesen Bedingungen die ausbaubedingten Veränderungen geringere Werte ergeben. Abb. 5 - 8: Längsschnitt der ausbaubedingten Wasserstandsänderungen in Metern (Prognose)

5.1.3.2 Flut- und Ebbedauer Die Flutdauer (Anstiegsphase von Tideniedrigwasser bis Tidehochwasser) liegt in der Außenelbe üblicherweise in der Größenordnung von 5½ bis 6 Stunden, am Pegel St. Pauli 5 bis 5½ Stunden und unterhalb des Wehres Geesthacht 3½ bis 4 Stunden. Die Ebbedauer liegt im Ist-Zustand in der Außenelbe bei 6½ bis 7 Stunden, am Pegel St. Pauli 7 bis 7½ Stunden und am Wehr Geesthacht 8 bis 9 Stunden. Durch die geplante Fahrrinnenanpassung einschließlich des morphologischen Nachlaufs werden sich folgende Änderungen ergeben: Unterhalb der Ostemündung wird sich die Flut- und Ebbedauer um jeweils weniger als ± 1 Minute ändern. Maximale Änderungen treten im Streckenabschnitt Glückstadt mit Zunahmen im Mittel von 3 Minuten und Maximum von 5 Minuten der Flutstromdauer und Abnahmen von im Mittel 3 Minuten und im Maximum 5 Minuten der Ebbedauer auf. Oberhalb Pagensand bis zum Wehr Geesthacht wird die Flutdauer um weniger als 2 Minuten zunehmen und die Ebbedauer um weniger als 2 Minuten abnehmen. Die maximalen Änderungen im Bereich Glückstadt stehen in Verbindung mit den veränderten Reflexionseigenschaften, die sich auch in der Struktur des Längsprofiles der Änderungen des Tidehubes ausdrücken.

5.1.3.3 Wattgebietsgröße, Überflutungsdauer und Flachwassergröße Da im Bereich der Außenelbe seewärts von Cuxhaven praktisch keine Wasserstandsänderungen auftreten (< 1 cm), tritt in diesen Bereichen keine ausbaubedingte Veränderung der Wattgebietsgrößen, Überflutungsdauern und Flachwassergrößen ein. Im Elbabschnitt von Cuxhaven bis Brunsbüttel nimmt durch die Niedrigwasserabsenkung von 0 cm bis rd. 2 cm die Wattgebietsgröße grundsätzlich zu. Da die Vermessungsgenauigkeit (Peilgenauigkeit) einschließlich des Höhenanschlusses mit einem Fehler in der Größenordnung von rd. 30 cm behaftet ist, ist eine präzise Ermittlung der Wattgebietsgrößenzunahmen bei derart geringen Wasserstandsänderungen nicht zuverlässig möglich. Die für die ermittelte Wasserstandsänderung sich ergebende Wattgebietsgrößenzunahme ist jeweils von der örtlichen Geländeneigung im Niedrigwassersaum und Hochwassersaum abhängig. Bei einer Neigung von 1 : 10 im Niedrigwassersaum vergrößert sich das Wattgebiet bei 1 cm Niedrigwasserabsenkung um einen 10 cm breiten Streifen. Bei einer flachen Geländeneigung von 1 : 100 ergäbe sich ein 1 m breiter Streifen. Da die üblichen Genauigkeiten der Ortung (d. h. der horizontalen Lagekoordinaten) bei Peilungen mit 5 bis 10 m anzusetzen sind, ist eine hochpräzise Ermittlung der ausbaubedingten Änderung der Wattgebietsgrößen nicht möglich. Bezogen auf die im Ist-Zustand vorhandenen Wattgebietsgrößen liegen die ausbaubedingten Veränderungen weit unter 1‰. Im Elbabschnitt zwischen Brunsbüttel bis Lühesand werden die Wattgebiete in Abhängigkeit der jeweils örtlichen Geländegefälle in der Größenordnung um einen Streifen von rd. 1 m verbreitert. Im Bereich des Fährmannsander Wattes ist in Höhe der Buhnenköpfe im Bereich der Niedrigwasserlinie eine relativ steile Unterwasserböschung mit rd. 1 : 10 vorhanden, so daß sich in diesem Bereich durch die Niedrigwasserabsenkung in der Größenordnung von rd. 5 cm nur Wattgebietsvergrößerungen in Streifen von 0,5 m bis maximal 1 m ergeben werden. Uferböschungen haben üblicherweise Neigungen von 1 : 3 bis 1 : 10, so daß auch in diesen Bereichen nur Wattgebietsvergrößerungen in Streifenbreiten von 0,5 m bis 1 m zu erwarten sind. Für das Mühlenberger Loch werden sich bei Niedrigwasserabsenkungen von 4 cm bis 7 cm ("worst case" 10 cm) in Bereichen mit flachen Neigungen von 1 : 50 zusätzliche Wattstreifen im Niedrigwasserbereich mit Breiten von 2 m bis zu 5 m ergeben. An den tieferen Rinnen liegen in der Regel Neigungen in der Größenordnung von 1 : 10 vor, so daß hier Wattgebietsgrößenzunahmen in der Größenordnung von 0,5 m bis 1 m Breite zu erwarten sind. An den steilen Böschungen des Hamburger Hafens (überwiegend 1 : 3) ergeben sich nur trockenfallende Streifenbreiten in der Größenordnung von 5 cm bis 9 cm. Im Bereich der Naturschutzgebiete Heuckenlock und Schweenssand werden die ausbaubedingten Wasserstandsänderungen in Abhängigkeit der kleinräumigen Geländeneigungen zu Wattgebietsvergrößerungen führen. Die Überflutungsdauern weisen im Ist-Zustand im Bereich der Wattkanten der Niedrigwasserlinien die höchsten Überdeckungsdauern > 10 Stunden auf. Diese Überflutungsdauern werden im Elbbereich unterhalb Glückstadt um wenige Minuten (< 5 Min.) abnehmen. In den tiefer liegenden Bereichen der Wattgebiete Fährmannsand, am Hanskalbsand und im Mühlenberger Loch werden die Überflutungsdauern in der Größenordnung um 3 Minuten bis 10 Minuten abnehmen. Für diese Bereiche beträgt die Überflutungsdauer im Ist-Zustand mehr als 10 Stunden. In den höher gelegenen Wattbereichen werden die Überflutungsdauern um wenige Minuten (1 bis 5 Minuten) zunehmen. Durch die ausbaubedingten Änderungen der Tidewasserstände werden die Flachwasserbereiche (0 bis 2 m Wassertiefe) insgesamt leicht abnehmen, da in den tieferen Gewässerbereichen meist etwas steilere Neigungen vorliegen und somit durch die ausbaubedingte Niedrigwasserabsenkung die Flächenbilanz zu einer Vergrößerung der Wattgebiete führt. Aufgrund der nur sehr geringen ausbaubedingten Veränderung der Tidewasserstände wird nur eine sehr geringe Abnahme der Flachwassergröße eintreten. Auf die ausbaubedingten Flächenveränderungen der ökologisch wertvollen Flachwasserbereiche wird im Kap. 9.1.1 detaillierter eingegangen.

5.1.3.4. Mittlere und maximale Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten Die höchsten Strömungsgeschwindigkeiten (mittlere und maximale Flut- und mittlere und maximale Ebbestromgeschwindigkeiten) treten im Ist-Zustand jeweils in der tiefen, hydraulisch "glatten" Hauptrinne auf. In der Außenelbe seewärts von Cuxhaven liegen die mittleren Flutstromgeschwindigkeiten in der Hauptrinne überwiegend in der Größenordnung zwischen 0,7 m/s und 1,1 m/s. Die maximalen tiefengemittelten Flutstromgeschwindigkeiten erreichen Werte von 1,2 m/s bis 2 m/s. Die Werte für die mittleren und maximalen Ebbestromgeschwindigkeiten liegen in der gleichen Größenordnung. Für das Verhältnis der maximalen Flut- zu den maximalen Ebbestromgeschwindigkeiten als auch der mittleren Flut- zu den mittleren Ebbestromgeschwindigkeiten gilt für den Bereich unterhalb Brunsbüttel grundsätzlich, daß in der tieferen Rinne der Ebbestrom dominant ist und in höher gelegenen Bereichen insbesondere den Watten die Flutstromgeschwindigkeiten überwiegen. Im Elbmündungsgebiet werden sich durch die geplante Fahrrinnenanpassung die Strömungsgeschwindigkeiten in der Fahrrinne leicht erhöhen (überwiegend um 0 bis 3 cm/s, vereinzelt bis 5 cm/s). Unmittelbar seitlich neben der Fahrrinne treten bereichsweise leichte Geschwindigkeitsabnahmen in der Größenordnung von 0 bis 3 cm/s auf. Abseits vom Fahrrinneneinfluß auf den Wattgebieten und in den Nebenrinnen des Mündungsgebietes treten keine nachweisbaren ausbaubedingten Strömungsänderungen auf (d.h. die Werte liegen < 1 cm/s). Dieses grundsätzliche Verteilungsmuster für die ausbaubedingten Veränderungen der Strömungen gilt grundsätzlich auch für den Tideelbabschnitt von Cuxhaven bis Wedel. In der Fahrrinne selbst treten jeweils Geschwindigkeitszunahmen in der Größenordnung von 1 bis 3 cm/s, an einzelnen Stellen bis zu 5 cm/s für die maximalen Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten auf. In den von der Fahrrinne beeinflußten durchströmten Seitenbereichen liegen die Geschwindigkeitszunahmen zwischen 0 und 3 cm/s für den maximalen Flut- und Ebbestrom. Für die mittleren Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten ergeben sich etwas schwächere ausbaubedingte Strömungsverstärkungen (Größenordnung ebenfalls von 0 bis 3 cm/s). In Bereichen in denen nicht nur die Fahrrinne vertieft sondern auch durch Krümmungsabflachungen verbreitert wird, wie z. B. im Lühebogen, treten örtlich leichte Strömungsgeschwindigkeitsabnahmen in der Größenordnung von 1 bis 3 cm/s, maximal 1 bis 5 cm/s auf. Im Ist-Zustand liegen hier die maximalen Flutstromgeschwindigkeiten in der Größenordnung von 1,20 m/s bis 1,50 m/s, die mittleren Flutstromgeschwindigkeiten zwischen 0,75 m/s und 1,10 m/s. Die maximalen Ebbestromgeschwindigkeiten liegen in der Hauptrinne im Bereich Wedel/Lühesand in der Größenordnung von 0,75 m/s bis 1,20 m/s, die mittleren Ebbestromgeschwindigkeiten zwischen 0,6 m/s und 0,9 m/s. In diesem Elbebereich überwiegt somit die maximale und mittlere Flutstromgeschwindigkeit deutlich gegenüber der maximalen und mittleren Ebbestromgeschwindigkeit bei anhaltenden niedrigen Oberwasserzuflüssen in der Größenordnung von 200 m3/s bis 400 m3/s. Erst bei hohen Oberwasserabflüssen etwa > 1 000 m3/s kehrt sich das Verhältnis innerhalb der Flut- zu den Ebbeströmungsgeschwindigkeiten um in eine Ebbestromdominanz. Im Elbabschnitt zwischen Wedel (km 640 N) und Teufelsbrück (km 630 N) sind sowohl für den Ebbestrom als auch für den Flutstrom in der Rinne leichte Strömungszunahmen (0 bis 3 cm/s) zu erwarten. In der Hahnöfer Nebenelbe erreichen die maximalen Flutstromgeschwindigkeiten Werte von 0,6 bis rd. 1 m/s (an einzelnen Engstellen bis 1,35 m/s). Ausbaubedingt werden sich die maximalen Flutstromgeschwindigkeiten im Gesamtsystem kaum verändern. Nur in einzelnen kleinen Bereichen sind Änderungen zwischen ± 1 cm/s bis ± 3 cm/s zu erwarten. Für die mittlere Ebbeströmung und maximale Ebbeströmung liegen die zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen in der Hahnöfer Nebenelbe unter ± 1 cm/s. Im Übergangsbereich von der Hahnöfer Nebenelbe zum Mühlenberger Loch ist in der Tendenz eine leichte Abnahme der mittleren und der maximalen Ebbestromgeschwindigkeiten (< 0 bis 3 cm/s) gegenüber dem Ist-Zustand zu erwarten. Im Bereich des Mühlenberger Loches selbst treten aufgrund des verstärkten Tidehubes ausbaubedingt etwas verstärkte Füllströmungen (= Flutströmung) und Entleerungsströmungen insbesondere im Bereich oberhalb Schweinsand auf. Allgemein liegen die Geschwindigkeitsänderungen im Bereich des Mühlenberger Loches innerhalb eines Schwankungsbereiches von ± 3 cm/s, größtenteils sogar unter ± 1 cm/s. Im Elbabschnitt von Teufelsbrück (km 630 N) bis zur Ausbaugrenze in der Norderelbe bzw. Köhlbrand in Höhe Hansaport nehmen die Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten durch die ausbaubedingte Querschnittserweiterung ab. Oberhalb der Ausbaustrecken finden keine Querschnittserweiterungen statt, so daß in diesen Bereichen durch den verstärkten Tidehub und die damit vergrößerten Flut- und Ebbevolumen geringfügige Strömungszunahmen in der Größenordnung von 0 bis 3 cm/s auftreten. Dies gilt auch für den Elbabschnitt bis in Höhe der Ilmenaumündung. Oberhalb der Ilmenaumündung liegen die ausbaubedingten Geschwindigkeitszunahmen unter 3 cm/s für den maximalen Flutstrom und unter 1 cm/s für den mittleren Flutstrom. Für den mittleren und maximalen Ebbestrom ergeben sich nur Geschwindigkeitszunahmen < 1 cm/s. Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich durch den geplanten Fahrrinnenausbau unter Berücksichtigung des morphologischen Nachlaufes im Vergleich zu den im Ist-Zustand heute vorhandenen Strömungsverhältnissen nur geringe Strömungsänderungen in der Größenordnung von 0 bis 3 cm/s, an einzelnen besonderen Stellen bis zu 5 cm/s einstellen werden. In der tiefen, hydraulisch "glatten" Hauptrinne überwiegen die Geschwindigkeitszunahmen.

5.1.3.5 Flut- und Ebbestromdauer Die Flutstrom- und Ebbestromdauer wird im inneren Teil der Tideelbe vom Wehr Geesthacht bis Glückstadt in starkem Maße durch den jeweiligen Oberwasserzufluß bestimmt. Bei anhaltend niedrigen Oberwasserzuflüssen tritt die Flutstromkenterung, z. B. bei Blankenese, erst rd. ¾ Stunde nach Tidehochwasser ein. Bei hohen Oberwasserzuflüssen kentert der Flutstrom bereits im Hochwasserbereich. Bei extrem hohen Oberwasserzuflüssen kann die Strömungskenterung des Flutstromes sogar bereits vor Eintreten des Tidehochwassers einsetzen. Da sich durch den geplanten Fahrrinnenausbau die Tidedynamik nur in geringem Maße verändert, ergeben sich auch für die Flutstrom- und Ebbestromdauer nur geringe ausbaubedingte Veränderungen von wenigen Minuten. Oberhalb Teufelsbrück wird die Flutstromdauer (rd. 4 bis 5 Stunden im Ist-Zustand) um rd. 0 bis 3 Minuten verlängert und die Ebbestromdauer (im Ist-Zustand 7 bis 8¾ Stunden) um 0 bis 3 Minuten verkürzt. Im Elbabschnitt von Teufelsbrück bis Brunsbüttel treten nur sehr geringe ausbaubedingte Änderungen der Flut- und Ebbestromdauern von überwiegend 0 bis 1 Minute, örtlich bis maximal +/- 3 Minuten ein. Unterhalb Brunsbüttel überwiegen leichte Zunahmen der Flutstromdauern um rd. 1 bis 3 Minuten in Verbindung mit entsprechenden Abnahmen der Ebbestromdauern um rd. 1 bis 3 Minuten. Physikalisch sind diese Flutstromdauerzunahme und die Vergrößerung des Kenterpunktabstandes zum Tidehochwasser bei Flutstrom auf die ausbaubedingte Verstärkung der Tidedynamik und Verminderung der Teilreflexionen insbesondere im Elbabschnitt bei Glückstadt zurückzuführen. Diese Flutstromdaueränderungen sind als sehr gering einzustufen (sie werden in der Natur nicht meßbar sein).

5.1.3.6 Flutstrom- und Ebbestromvolumen Der früher geläufige Begriff "Flut- und Ebbewassermengen" wurde durch die neue DIN 4049 als "Flutstromvolumen" bzw. "Ebbestromvolumen" physikalisch exakter definiert. Als Flutstromvolumen ist das über eine Flutstromphase von der Kenterung des Ebbestromes bis zur Kenterung des Flutstromes durch einen bestimmten Querschnitt stromauf strömende Flutwasservolumen definiert. Durch die ausbaubedingte Verstärkung der Tidedynamik (Zunahme des Tidehubes) tritt eine entsprechende Vergrößerung der Flut- und Ebbestromvolumen bezogen auf den Gesamtquerschnitt in der Größenordnung von rd. 1% bis 3% ein. Die ausbaubedingten Veränderungen der Flut- und Ebbestromvolumen verteilen sich jedoch nicht gleichmäßig auf die Querschnitte, sondern finden in erster Linie im Bereich der Hauptrinne statt. In der hydraulisch "glatten" Hauptrinne wird auch nach dem Ausbau der Durchfluß und damit das Flut- und Ebbestromvolumen gebündelt. In der tiefen Hauptrinne nimmt das Flutstromvolumen pro Meter Querschnittsbreite um rd. 0,01 106 m3 zu, das entspricht rd. 3 bis 5% bezogen auf den Ist-Zustand. In den fahrwassernahen, durchströmten Randbereichen nehmen die Flutstromvolumen in den Bereichen, in denen die Querschnitte durch eine Vertiefung aufgeweitet werden, in der Tendenz leicht ab (0 bis 3%), während in den Bereichen, in denen keine Vertiefungsbaggerungen stattfinden, auch in den Randbereichen eine schwache Zunahme der Flutstromvolumen in der Größenordnung von 0 bis 3% eintreten wird. Für das Ebbestromvolumen treten gleichsinnige und gleich große ausbaubedingte Veränderungen auf.

5.1.3.7 Reststromvektoren, Aufenthaltszeiten, Tidewege Der als Reststromvektor definierte resultierende Strömungsvektor über eine Gesamttide, z. B. von Strömungsstillstand nach der Ebbeströmung (Kenterung Ke) bis zur nächsten Ebbestromkenterung Ke, ergibt sich über den Gesamtquerschnitt bilanziert aus der Differenz Ebbestromvolumen - Flutstromvolumen als dem Oberwasservolumen. Bei hydraulisch heterogen strukturierten Querschnitten ergeben sich auch örtlich differenzierte Reststromvektoren aus den unterschiedlichen Strömungsverteilungen bei Flut- und Ebbestrom. Der Reststromvektor hat die Einheit einer Geschwindigkeitsgröße. Durch ausbaubedingte Querschnittserweiterungen nimmt der Reststromvektor grundsätzlich ab. Im Ist-Zustand liegen die Reststromvektoren in der Hauptströmungsrinne überwiegend in der Größenordnung von 0,06 m/s bis 0,24 m/s. Durch die ausbaubedingten Querschnittserweiterungen nehmen die Reststromvektoren in der tieferen Rinne überwiegend zwischen 0,002 m/s und 0,008 m/s ab. Bezogen auf den Ist-Zustand liegt die Abnahme somit in der Größenordnung um 0 bis 3%. In einzelnen Bereichen können sich aufgrund der Verlagerungen der Strömungsverteilungen auch örtliche schwache Zunahmen des Reststromvektors in der Größenordnung bis zu 1% ergeben. Die Aufenthaltszeiten des von oberstrom zufließenden Oberwassers innerhalb der Tideelbe werden sich aufgrund der Querschnittserweiterungen geringfügig (Größenordnung < rd. 2%) erhöhen. Diese Aussage läßt sich jedoch nur für eine querschnittsgemittelte Betrachtung aufstellen. Tatsächlich ist die Strömungsstruktur in der Tideelbe so komplex, daß keine definierten Wasserkörper transportiert werden, sondern laufend großräumige Vermischungsprozesse wirksam sind. Da sich jedoch die Tidedynamik insgesamt und damit auch die Strömungsgeschwindigkeiten und Strömungsstrukturen nur in geringem Maße verändern, wird auch nur eine entsprechend geringe ausbaubedingte Verlängerung der Aufenthaltszeiten eintreten. Die ortsbezogenen Tidewege (EULER sche Flut- und Ebbewege) ergeben sich jeweils aus der Integration der Geschwindigkeitsganglinie über die Flutstrom- bzw. Ebbestromdauer. In der Verteilung der Flut- und Ebbewege spiegelt sich somit die Struktur der Geschwindigkeitsverteilungen und der Flut- bzw. der Ebbestromdauer wider. Aufgrund der in der Hauptströmungsrinne auftretenden höchsten Strömungsgeschwindigkeiten ergeben sich auch für die Hauptrinnenbereiche die größten Tidewege. Im Ist-Zustand betragen im Bereich Wedel in der Hauptströmungsrinne für eine Springtidephase in Verbindung mit niedrigen Oberwasserabflüssen die mittleren Flutwege rd. 15 km bis 18 km und mittlere Ebbewege von 16 km bis 20 km. Für den Abschnitt Glückstadt/Brokdorf betragen die mittleren Flutwege rd. 18 km bis 22 km und die Ebbewege 20 km bis 24 km. Im Bereich der Außenelbe querab des Kugelbakenleitdammes erreichen die mittleren Flutwege in der Hauptrinne Größenordnungen von 16 km bis 22 km und die mittleren Ebbewege Werte von 22 km bis 26 km im Ist-Zustand. Die große natürliche Differenz der Flut- zu den Ebbewegen in der Außenelbe ist nur zu einem Teil auf den Oberwasserzufluß zurückzuführen. Die Verstärkung der Ebbewege resultiert vor allem durch den Abfluß der in der Flutphase bei Hochwasser über die höher gelegenen Wattbereiche eingeströmten Flutstromvolumen. Ausbaubedingt ergeben sich insbesondere in der tiefen Hauptströmungsrinne durch die Verstärkung der Tidedynamik und damit der Strömungsgeschwindigkeiten leichte Erhöhungen der Tidewege überwiegend in der Größenordnung von 0 bis 3%, vereinzelt bis 5% für den Elbabschnitt unterhalb Stadersand. Zwischen Stadersand und Teufelsbrück werden entsprechend den örtlichen ausbaubedingten Querschnittsänderungen nur sehr geringe Änderungen der Flut- und Ebbewege teils um bis zu 2% zu- oder auch abnehmend eintreten. Im oberen Teil der Ausbaustrecke, z. B. im Köhlbrandhöft bis Hansaport führen die ausbaubedingten Querschnittserweiterungen zu einer deutlichen Verringerung der Tidewege in der Größenordnung von 1 km bis 2 km. Im Elbabschnitt vom Wehr Geesthacht bis zu den Elbbrücken treten nur äußerst schwache Zunahmen der Tidewege infolge der verstärkten Tidedynamik ein.

5.1.3.8 Transportkapazitäten Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft läßt sich der Sedimenttransport für derart komplexe Gewässersysteme nicht präzise berechnen. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchungen wurde ausgehend von der klassischen Physik des Sedimenttransportes mit dem Transportansatz von VAN RJIN (1989) die Transportkapazität der Tideströmungen vor und nach der Fahrrinnenanpassung berechnet. Die Ergebnisse sind deshalb nicht als exakte Angabe der "wahren" Sedimenttransportmengen einzustufen, sondern als dem Stand der Wissenschaft entsprechende theoretische Transportkapazitäten. Der Sedimenttransport des elbtypischen Feinsandes an der Sohle (Geschiebetransport) findet bei Überschreitung einer kritischen Strömungsgeschwindigkeit, bei der das Material in Bewegung gerät, dann mit der dritten bis vierten Potenz der Strömung statt. In dem räumlichen Verteilungsmuster der Transportkapazität bildet sich somit in potenzierter Form die Strömungsverteilung ab. Die höchsten Transportkapazitäten treten jeweils bei Flut- und bei Ebbestrom in der Hauptrinne auf. Die residuelle Transportkapazität über die Flutstrom- und Ebbestromphase betrachtet, zeigt im Ist-Zustand für die Springtidephase bei niedrigem Oberwasserzufluß einen resultierenden Stromauftransport für den Elbabschnitt unterhalb des Hamburger Hafens. Örtliche Unstetigkeiten in der residuellen Transportkapazität, wie z. B. im Bereich querab der Wedeler Au, im Bereich der Rhinplatte sowie im Bereich des Osteriffstacks und der Außenelbe, spiegeln die heute bereits bestehenden Hauptbaggerbereiche wider. Diese Übereinstimmung der heutigen Sedimentationsbereiche (= Baggerstellen) mit den Ergebnissen der Modellrechnungen verdeutlichen in beeindruckender Weise deren Zuverlässigkeit. Ausbaubedingt werden sich in der Hauptströmungsrinne durch die Strömungsgeschwindigkeitszunahmen die Transportkapazitäten für die Flutstromphase als auch für die Ebbestromphase erhöhen. In dem Elbabschnitt oberhalb Brunsbüttel bis zum Hamburger Hafen steigt die ausbaubedingte Zunahme der Transportkapazität der Flutstromphase etwas stärker an als die Zunahme in der Ebbestromphase, so daß für diese hydrologischen Randbedingungen nach dem Ausbau ein verstärkter Stromauftransport von Feinsand an der Sohle in der Springtidephase bei niedrigem Oberwasserabfluß zu erwarten ist. Bei höheren Oberwasserabflüssen wird der Ebbestrom und damit die ebbestromorientierte Transportkapazität verstärkt. Die ausbaubedingten Verstärkungen der Flutstrom- und Ebbestromkapazitäten in der Hauptströmungsrinne liegen in der Größenordnung von 0 bis 3%, in einzelnen Bereichen bis 5%. In den schwach durchströmten Seitenbereichen, Flachwassergebieten und Nebenelben, wie z. B. Hahnöfer Nebenelbe und Pagensander Nebenelbe, treten praktisch keine Zu- oder Abnahmen der Transportkapazitäten auf, d. h. die Änderungen liegen unter der Nachweisgrenze von ± 1%.

5.1.3.9 Salzgehalte/Brackwasserzone. Die Lage der Brackwasserzone wird einerseits durch die Gezeiten (Spring-Nipp-Zyklus) und Windstauwirkungen von der Seeseite sowie insbesondere durch die vorangegangene Entwicklung des Oberwasserzuflusses beeinflußt. Durch die höhere Dichte des salzhaltigen Meerwassers bildet sich ein stromauf gerichteter Druck- und Dichtegradient aus, der in der tiefen Rinne sohlnah das Strömungsprofil verstärkt und damit für einen stromauf gerichteten Transport des Salzwassers sorgt. Demgegenüber wirkt der Oberwasserzufluß resultierend seewärts verdriftend. In den für die Elbe typischen Zeiträumen im Sommer und Herbst mit anhaltenden niedrigen Oberwasserzuflüssen dringen durch diese Dichteeffekte die oberen Ausläufer der Brackwasserzone stromauf bis in den Bereich Stadersand/Wedel vor (Abb. 5 - 9). Dieses Stromaufvordringen der oberen Brackwasserzone geschieht infolge des Dichteeffektes und der Längseinmischung des Salzes sehr allmählich über einen Zeitraum von mehreren Wochen. Bei einem Anstieg des Oberwasserzuflusses hingegen wird die Brackwasserzone quasi sofort innerhalb weniger Tiden stromab verschoben. Große natürliche Variationen in der Lage der Brackwasserzone und damit der Salzgehaltskonzentrationen sind die typischen natürlichen Merkmale des Elbeästuars. Die Salzgehaltsverhältnisse des Ist-Zustandes (insbesondere die Lage der Brackwasserzone) sind bereits durch die vorangegangenen Ausbaumaßnahmen wesentlich beeinflußt. Eine Literaturrecherche (RIEDEL-LORJÉ, KOHLA, VAESSEN 1995; BERGEMANN 1995) deutet darauf hin, daß die obere Brackwassergrenze infolge der Fahrrinnenvertiefungen seit Beginn dieses Jahrhunderts in der Größenordnung bis zu rd. 20 km stromauf weiter vorgedrungen ist. Eine genauere Analyse der bisherigen Entwicklung ist wegen fehlender systematischer Salzgehaltsuntersuchungen aus früherer Zeit nicht möglich.   Abb. 5 - 9: Längsschnitte der Salzgehalte bei hohem (obere Graphik) und niedrigem Oberwasserzufluß (untere Graphik)

Mit dem hochauflösenden zweidimensionalen mathematischen Modell wurden für die in Abbildung 5 - 2 angegebene Abflußganglinie des Jahres 1992 fünf verschiedene Nipp-Spring-Zeiträume modelliert und die Salzgehaltsgradienten entlang der Fahrrinne dargestellt. Die Modellrechnungen zeigen qualitativ eine sehr gute Übereinstimmung mit den verfügbaren Naturdaten und Beobachtungen. Bei hohen Oberwasserzuflüssen über 1 200 m3/s ist die Brackwasserzone weit stromab verschoben, so daß die 2‰-Grenze unterhalb Brunsbüttel liegt und die obere Zone der Brackwassergrenze etwa in Höhe der Störmündung endet. In der Springtidephase in Verbindung mit anhaltenden niedrigen Oberwasserzuflüssen Anfang Juli 1992 als auch während der Phase niedriger Oberwasserzuflüsse im September 1992 ist die Brackwasserzone sehr weit stromauf vorgedrungen, so daß der 5‰Wert als Maximalwert in Höhe Glückstadt erreicht wird und die oberen Ausläufer der Brackwasserzone bei Wedel enden. In dieser Phase erreichen die maximalen Salzgehalte bei Cuxhaven Werte von rd. 27 ‰. Bei mittlerem Oberwasserzufluß liegt die obere Brackwassergrenze im Bereich Glückstadt/ Schwarztonnensand. Die Modellrechnungen zeigen, daß durch den nunmehr geplanten Fahrrinnenausbau einschließlich des morphologischen Nachlaufs die obere Brackwasserzone nur noch geringfügig stromauf weiter vordringt und sich verstärkt. Die Zunahme der Salzgehalte beträgt bei Wedel etwa 0,02‰, bei Stadersand 0,05‰ und bei Glückstadt rd. 0,1‰. Diese nur geringfügige Zunahme der Salzgehalte in der oberen Brackwasserzone ist durch die geplante ungleichmäßige Vertiefung im Längsprofil zu erklären. Der geplante Fahrrinnenausbau ("Sockellösung") sieht eine geringere Vertiefung im Streckenabschnitt von Stromkm 648N (Lühesand) bis 713N (Otterndorf) um rd. 0,9 m vor. Oberhalb und unterhalb des Sockelbereiches erreichen die maximalen geplanten Vertiefungen Werte bis zu 2 m. Durch diese geringe Vertiefung im Sockelbereich wird der Dichteeffekt und damit das Stromaufdringen der Brackwasserzone so gering gehalten. Unterhalb des Sockels, also unterhalb der Ostemündung, sind unter bestimmten Bedingungen sogar geringfügige (< 1‰) ausbaubedingte Salzgehaltsabnahmen zu erwarten. Dieser Effekt ist auf die verstärkte ausbaubedingte Bündelung des Ebbedurchflusses auf die tiefe Rinne begründet. D.h. es wird ein größerer Anteil des Ebbestromvolumens und damit des Oberwasseranteils in der Niedrigwasserphase in der Hauptrinne gebündelt und damit eine sehr geringfügige Verminderung der Salzgehalte im Abschnitt Brunsbüttel bis zur Außenelbe bewirkt. Abb. 5 - 10: Längsschnitte der ausbaubedingten Änderungen der Salzgehalte bei niedrigem (obere Graphik) und hohem Oberwasserzufluß (untere Graphik)

5.1.3.10 Ausbreitungsverhalten in der Elbmündung Die Strömungs- und Transportvorgänge und damit das Ausbreitungsverhalten in der Elbmündung werden in erster Linie durch die Tidedynamik in Verbindung mit den winderzeugten Vermischungsvorgängen (durch Seegang) und Verdriftungen bewirkt. Da sich ausbaubedingt nur geringfügige Änderungen der Strömungsverhältnisse in der Fahrrinne selbst und in den unmittelbar angrenzenden Bereichen nicht aber in den großräumigen Wattgebieten und Nebenrinnen ergeben, kann eine nachteilige Veränderung des Ausbreitungsverhaltens ausgeschlossen werden. Durch die Vertiefung der Fahrrinne erfolgt vielmehr eine Konzentration des Ebbestromvolumens auf die tiefe hydraulisch "glatte" Hauptrinne mit der Folge, daß sich Elbwasserinhaltsstoffe (z. B. Nährstoffe und Schadstoffe) nach dem Ausbau in der Tendenz eher weniger seitlich in die angrenzenden Nationalparkbereiche ausbreiten als im Ist-Zustand.

5.1.3.11 Auswirkungen eines Meeresspiegelanstieges Aus Pegelbeobachtungen ist bereits seit Jahrzehnten bekannt, daß sich der Meeresspiegel gegenüber der deutschen Nordseeküste erhöht. Diese Erhöhung als säkularer Meeresspiegelanstieg bezeichnet wurde bereits in den 60er Jahren mit 0,25 bis 0,30 m/Jahrhundert, beispielsweise bei der Bemessung der Deichhöhen, berücksichtigt. Im Zuge der wissenschaftlichen Auseinandersetzung über die Folgen von Klimaänderungen wurden sehr unterschiedliche, z. T. mehrere Meter betragende Anhebungen des Meeresspiegels diskutiert. Inzwischen geht die Mehrzahl der internationalen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen davon aus, daß ein Anstieg in der Größenordnung von 0,15 bis 0,9 m/Jahrhundert möglich ist (TÖPPE 1994). Aktuelle Untersuchungen (VON STORCH 1994) prognostizieren einen globalen Meeresspiegelanstieg von rd. 25 cm in den nächsten 100 Jahren. SIEFERT (AMT STROM- UND HAFENBAU 1995c) hat auf der Grundlage von Literaturangaben das Zusammenwirken eine Meeresspiegelanstieges mit dem Fahrrinnenausbau abgeschätzt. Eine systematische Auswertung der Wasserstandsentwicklung für die deutschen Nordseepegel (seit Beginn der einzelnen Pegelaufzeichnungen) ist im Rahmen eines KFKI-Forschungsvorhabens erfolgt. Diese Auswertungen zeigen die hohe Variation in der Entwicklung und z. B. den Einfluß der Nodaltiden auf (JENSEN, MÜGGE, SCHÖNFELD 1992). Der aus diesen Auswertungen abgeleitete Trend der Wasserstandsentwicklung deutet ebenfalls auf einen Meeresspiegelanstieg in der Größenordnung von 0,25 bis 0,5 m/Jahrhundert hin. Im Zusammenhang mit dem erwarteten Meeresspiegelanstieg werden sich auch die sehr komplexen Gezeitenverhältnisse in der Nordsee und insbesondere in der Deutschen Bucht verändern. Eine konkrete Prognose für den zu erwartenden Tideverlauf (Höhenlage, Amplitude und Form der Tidekurve) gibt es bisher für das Elbmündungsgebiet noch nicht. Aus diesem Grunde ist eine konkrete Untersuchung mit dem mathematischen Ästuarmodell der Elbe z. Zt. noch nicht möglich. Eine Beurteilung der zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen unter Berücksichtigung des Meeresspiegelanstieges erfolgt deshalb als Abschätzung auf der Grundlage physikalischer Wirkungszusammenhänge in Form von Hypothesen. Im folgenden werden daher die möglichen Auswirkungen für angenommene Szenarien erläutert: Szenario 1: Der Meeresspiegel (mean sea level) steigt in der Elbmündung um 0,25 bzw. 0,5 m. Der Tideverlauf wird um diesen Betrag insgesamt angehoben, d. h. der Tidehub und die Form der Tidekurve bleiben unverändert. Unter diesen angenommenen Bedingungen läßt sich physikalisch abschätzen, daß die ausbaubedingten Erhöhungen der Tidehochwasserstände und Erniedrigungen der Tideniedrigwasserstände geringer sein werden als bezogen auf den Ist-Zustand prognostiziert. Bei erhöhten Wasserständen ist der hydraulisch wirksame Querschnitt des Elbeästuars insgesamt vergrößert, so daß die ausbaubedingte Querschnittsaufweitung und die für die Wellenfortschrittsgeschwindigkeit maßgebliche Zunahme der Wassertiefe relativ zum Ausgangszustand einen geringeren Einfluß aufweist. Dieser Effekt ist im übrigen durch die Sturmflutuntersuchungen mit dem mathematischen Modell bewiesen. Höhere Sturmfluten und damit höhere Wasserstände und größere hydraulisch wirksame Querschnitte ergeben geringere ausbaubedingte Änderungen der Wasserstände. Zusammenfassend ist also festzustellen, daß durch den Anstieg des Meeresspiegel zwar die absoluten Wasserstandshöhen ansteigen werden, jedoch die ausbaubedingten Erhöhungen des Tidehochwassers geringer ausfallen werden und die ausbaubedingten Absenkungen des Tideniedrigwassers durch den Meeresspiegelanstieg in der Tendenz gedämpft werden. Szenario 2 Anstieg des Meeresspiegels um 0,25 bzw. 0,5 m in Verbindung mit einer Zunahme des Tidehubes, das Tidehochwasser nimmt stärker zu als das Tideniedrigwasser. In diesem Fall wird für den Ist-Zustand aufgrund der größeren Wassertiefen in der Tendenz die Reibungswirkung innerhalb des Ästuars, also die Energiedissipation, vermindert mit der Folge, daß sich eine deutliche Verstärkung des Tidehubes bis in das obere Ästuar durchsetzen wird. Durch den Fahrrinnenausbau wird die Energiedissipation des Systems (Energieumwandlung durch Reibung in Wärme) vermindert, so daß ausbaubedingt eine Erhöhung des Tidehubes, ein Anstieg des Tidehochwassers und ein Absenken des Tideniedrigwassers zu erwarten ist. Die Größe der ausbaubedingten Veränderungen hängt von dem Verhältnis des Meeresspiegelanstiegs zur angenommenen Zunahme des Tidehubes in der Deutschen Bucht ab. Je energiereicher die einschwingende Tide ist, desto stärker werden die ausbaubedingten Verminderungen der Energiedissipation (= Reibungswirkung) wirksam. Die ausbaubedingten Thw- und Tnw-Änderungen könnten nur bei sehr energiereichen Tiden ansteigen. Szenario 3 Anstieg des Meeresspiegels um 0,25 bis 0,5 m in Verbindung mit einer Abnahme des Tidehubes in der Deutschen Bucht, d. h. das Tideniedrigwasser steigt um einen größeren Betrag als der Meeresspiegel. Unter diesen Bedingungen wird die ausbaubedingte Verminderung der Energiedissipation zu geringeren Veränderungen der Wasserstände führen als auf der Basis des Ist-Zustandes für den Nipp-Spring-Zyklus prognostiziert. Bei der Diskussion um die Auswirkung des Meeresspiegelanstieges ist zu berücksichtigen, daß grundsätzlich durch den Anstieg des Meeresspiegels auch die Schiffbarkeit verbessert wird und somit die Fahrrinnensohle durch eine entsprechend reduzierte Unterhaltungsbaggertiefe diesem Anstieg folgen kann. Vorstehende Betrachtungen basieren auf grundsätzlichen physikalischen Überlegungen und vereinfachten Annahmen. Zusammenfassend ist festzustellen, daß durch die bisher bekannten Hypothesen zum Meeresspiegelanstieg keine Verstärkungen der ausbaubedingten Veränderungen der Tidedynamik zu erwarten sind1) . Die im Teil Hydromechanik Tidedynamik prognostizierten ausbaubedingten Veränderungen sind somit maßgeblich für die Beurteilung der Auswirkungen.  

5.2. Ermittlung und Darstellung der ausbaubedingten Änderungen der Tidedynamik in den Nebenflüssen der Tideelbe

5.2.1. Grundlagen Die zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen der Tidedynamik werden sich auch auf die tidebeeinflußten Unterläufe der Elbnebenflüsse auswirken. Aus diesem Grunde sind die Nebenflüsse Ilmenau, Este, Lühe, Schwinge, Pinnau, Krückau, Stör und Oste jeweils bis zur Tidegrenze in das Untersuchungsgebiet mit einzubeziehen. Auf der Grundlage der verfügbaren Peil- und Vermessungsdaten sowie der Pegel und Abflußdaten der zuständigen Wasser- und Schiffahrtsämter und wasserwirtschaftlichen Landesdienststellen wurden jeweils eindimensionale hydrodynamische numerische Modelle erstellt, verifiziert und für die Untersuchungen eingesetzt. Da im Zuge der geplanten Fahrrinnenausbaumaßnahmen in den Nebenflüssen selbst keine Ausbaumaßnahmen und damit geometrische Systemveränderungen geplant sind, wurde die Berechnung des Ist-Zustandes und des Prognosezustandes mit unveränderter Topographie der Nebenflüsse durchgeführt. Die für die Steuerung der Nebenflüsse erforderlichen Randwerte der Tidedynamik (in der Brackwasserzone einschließlich Salzgehalte) wurden für die jeweilige Steuerstelle der Nebenflußmodelle mit dem hochauflösenden zweidimensionalen HN-Modell der Tideelbe ermittelt. Bei diesen Rechenläufen des 2D-Gesamtmodells waren jeweils die Nebenflüsse in ihrer hydraulischen Charakteristik als Ersatzsysteme angekoppelt, so daß die Steuerwerte für die Nebenflußmodelle2) mit hoher Präzision berechnet werden konnten. Die Oberwasserzuflüsse und ggf. seitlichen Zuflüsse (z.B. aus Schöpfwerken) wurden auf der Grundlage der verfügbaren wasserwirtschaftlichen Daten ermittelt und in die Modelle eingesteuert. Für die eindimensionale Modellierung der Nebenflüsse wurde das international anerkannte und erprobte Modellsystem MIKE11 des Danish Hydraulic Institute eingesetzt. Da in den Nebenflüssen keine geometrischen Systemveränderungen vorgenommen werden, lassen sich die Systemzustände eindimensional mit hoher Genauigkeit nachbilden. Dies spiegelt sich auch in der erreichten hohen Güte der Verifikation wider. Die Modellrechnungen für die Elbnebenflüsse wurden für den Analysezeitraum Spring-Nipp-Zyklus durchgeführt, da die Modellrechnungen für die Tideelbe ergeben hatten, daß bei energiereichen Springtiden die höchsten ausbaubedingten Veränderungen in der Elbe und damit auch in den Nebenflüssen der Elbe eintreten werden. Auf eine Untersuchung der ausbaubedingten Veränderungen bei Sturmfluten konnte verzichtet werden, da alle Nebenflüsse der Tideelbe mit Sturmflutsperrwerken ausgerüstet sind.

5.2.2 Tidedynamik und ausbaubedingte Änderungen der Nebenflüsse der Tideelbe Hinsichtlich der Tidedynamik weisen die Nebenflüsse z. T. recht unterschiedliche Charakteristiken auf. Der Tideeinfluß ist in der Ilmenau, Este, Schwinge und Oste "künstlich" durch Bauwerke (z. B. Wehre) mit entsprechenden Reflexionswirkungen begrenzt. In der Lühe, Pinnau, Krückau und Stör hingegen wird der Tideeinfluß nicht durch feste Bauwerke begrenzt. Hier verlagert sich die Tidegrenze in Abhängigkeit des Oberwasserzuflusses, der Höhenlage der Tide und des Tidehubes (Energie) in Abhängigkeit des jeweiligen Sohlgefälles um mehrere Kilometer. Einen Sonderfall stellt das nur rd. 4,5 km lange Tidesystem der Schwinge dar. Die Schwinge selbst hat einen tidekanalähnlichen Charakter mit einer Aufweitung durch den Hafen in Stade. Eine Dämpfung der Tideamplitude zwischen Stadersand und Stade findet nur in der Größenordnung von rd. 2 bis 3 dm im Niedrigwasser statt, das Tidehochwasser in der Elbe bei Stadersand und in Stade selbst weist stets die gleiche Höhenlage auf. Die übrigen Elbnebenflüsse sind durch eine starke Gezeitendynamik im Mündungsbereich und stromauf stark abnehmende Wassertiefen geprägt. Die hydraulisch wirksamen Wassertiefen nehmen in Ilmenau, Este, Lühe, Pinnau und Krückau oberhalb der Einmündung in die Elbe kontinuierlich auf Werte von 2 bis 1 m unterhalb MTnw ab, so daß der einschwingende Tidehub von der Elbe durch die wirksamen Reibungseinflüsse (Energiedissipation) eine deutliche Dämpfung stromauf erfährt. Diese Reibungseinflüsse wirken insbesondere in der Niedrigwasserphase aufgrund der dann sehr geringen Wassertiefen in besonders intensiver Weise und führen damit auch zu entsprechenden charakteristischen Verformungen der Tidekurve selbst. Aufgrund der höheren, hydraulisch wirksamen Wasserstände in der Hochwasserphase ist der Reibungseinfluß und damit die Energiedissipation in dieser Tidephase wesentlich schwächer, so daß die Hochwasserscheitellinien stromauf wesentlich schwächere Gradienten aufweisen. Ein entsprechendes Systemverhalten zeigen diese Nebenflüsse auch hinsichtlich der ausbaubedingten Veränderungen aus der Tideelbe. Die ausbaubedingten Niedrigwasserabsenkungen in der Tideelbe wirken sich an den Mündungen der Elbnebenflüsse in vollem Maße aus, klingen jedoch stromauf deutlich ab. Bei den Nebenflüssen mit natürlicher Tidegrenze und weitgehend natürlichem Charakter, wie z. B. der Lühe, Pinnau und Krückau sind die Niedrigwasserabsenkungen bereits nach 4 bis 6 km auf nahezu 0 cm gedämpft. Oberhalb davon zeigen die Modellrechnungen sogar leichte Tideniedrigwassererhöhungen von wenigen Millimetern. Diese Erscheinung ist darauf zurückzuführen, daß durch den vergrößerten Tidehub größere Tidewassermengen in dem System stromauf und stromab schwingen und durch diese größeren strömenden Tidewassermengen auch das Tideniedrigwasser örtlich etwas angehoben wird. Die ausbaubedingten Veränderungen im Tidehochwasser setzen sich dagegen nahezu in voller Größe stromauf bis zur Tidegrenze durch. Physikalisch ist diese Erscheinung darin begründet, daß wegen der größeren Wassertiefen und der geringeren Strömungsgeschwindigkeiten in der Hochwasserphase die wirksame Reibung und damit Energiedissipation nur gering ist, und dadurch das Hochwasser kaum gedämpft wird. Durch die ausbaubedingte Verstärkung des Tidehubes und den damit verbundenen Zunahmen der Tidestromvolumen werden sich in den durchströmten Querschnitten der Nebenflüsse auch die Flut- und Ebbstromgeschwindigkeiten in der Tendenz erhöhen. Diese Geschwindigkeitserhöhungen liegen jedoch überwiegend in der Größenordnung von 1 cm/s bzw. darunter und werden damit kaum meßbar und wirksam sein. Da in der Tendenz nur eine schwache Geschwindigkeitserhöhung (querschnittsgemittelte Werte) eintreten wird, ist eine ausbaubedingte Verlandungswirkung in den durchströmten Querschnitten der Elbnebenflüsse nicht zu befürchten. Bei anhaltend niedrigen Oberwasserzuflüssen der Tideelbe liegen die Mündungen von Pinnau und Krückau im oberen Bereich der Brackwasserzone und unterliegen damit wechselnden Salzgehalten. Die Lage der Brackwasserzone in der Pinnau und Krückau selbst ist wiederum sehr stark von dem Oberwasserzufluß in diesen Nebenflüssen geprägt. Die Modellrechnungen zeigen, daß bei anhaltenden niedrigen Oberwasserzuflüssen in den Nebenflüssen in dieser Phase Brackwasser mit niedrigen Salzgehalten < 1‰ in der Größenordnung bis zu 8 - 12 km stromauf vordringt. Durch die ausbaubedingte Änderung der Tidedynamik und Salzgehalte in der Tideelbe werden sich auch die Salzgehalte in den Unterläufen der Elbnebenflüsse von Pinnau und Krückau ausbaubedingt um Werte bis zu rd. 0,04‰ erhöhen. Bei der Stör mit rd. 53 km und der Oste mit rd. 75 km Länge handelt es sich um die beiden größten tidebeeinflu Fáten Nebenflußsysteme der Elbe, die aufgrund ihrer Lage innerhalb des Systems eine eigene Brackwasserzone aufweisen. Da jedoch an den Mündungen von Stör und Oste die ausbaubedingten Veränderungen der Tidedynamik in der Elbe selbst nur gering sind, strahlen auch nur diese sehr geringen ausbaubedingten Veränderungen in diese Nebenflußsysteme ein. Entsprechend gering sind die ausbaubedingten Veränderungen in der Stör und der Oste selbst. Die ausbaubedingten Absenkungen des Tideniedrigwassers werden in der Stör von rd. 3 cm im Mündungsbereich auf rd. 0 cm in Höhe Itzehoe absinken. Die Erhöhungen des Tidehochwassers hingegen werden in der Größenordnung von 1 cm von der Mündung bis weit landeinwärts wirksam werden und erst im Bereich der oberen "natürlichen" Tidegrenze bei Rensing ausklingen. Die ausbaubedingten Änderungen der Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten werden in der Stör wiederum nur die geringe Größenordnung von 0 bis 2 cm/s Erhöhung aufweisen. Eine Verstärkung von Verlandungsintensitäten ist somit in den hydraulisch wirksamen, durchströmten Querschnitten der Stör nicht zu befürchten. Die ausbaubedingten Erhöhungen der Salzgehalte werden von Maximalwerten an der Störmündung in der Größenordnung von rd. 0,1‰ stromauf bis etwa Kasenort (rd. 15 km oberhalb des Störsperrwerkes) auf 0 abklingen. Die Erhöhung der mittleren Salzgehalte wird von rd. 0,05‰ am Sperrwerk ebenfalls bis Kasenort auf 0 abklingen. Da sich in der Tideelbe in Höhe der Ostemündung keine ausbaubedingte Erhöhung der Tidehochwasserstände, sondern nur ein Absenken der Tideniedrigwasserstände in der Größenordnung von 1 bis 2 cm einstellen wird, treten auch entsprechend geringe Veränderungen in der Tidedynamik der Oste auf. Das Tidehochwasser in der Oste wird sich praktisch nicht verändern (< 0,5 cm). Die Niedrigwasserabsenkung von rd. 1 bis 2 cm an der Ostemündung wird stromauf nach etwa 25 bis 30 km also zwischen Osten und Hechthausen auf 0 abgeklungen sein. Die mit dieser Niedrigwasserabsenkung verbundene schwache Zunahme des Tidehubes bewirkt entsprechend schwache Erhöhungen der Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten in der Größenordnung von deutlich unter 1 cm/s. Da in der Tendenz jedoch ausbaubedingt die Geschwindigkeiten ansteigen, kann eine ausbaubedingte Verstärkung von Verlandungsprozessen in den hydraulisch wirksamen Querschnitten ausgeschlossen werden. Da ausbaubedingt das Niedrigwasser etwas absinkt, das Hochwasser konstant bleibt, wird ausbaubedingt der Tidehub und damit die Tidewege zunehmen, so daß unterhalb von Osten bis zur Ostemündung die Salzgehalte sich in Abhängigkeit der Längsprofilgradienten ändern. Bei niedrigen Oberwasserzuflüssen der Oste stellt sich eine Brackwasserzone von der Ostemündung mit rd. 15‰ bis Osten mit rd. 0‰ ein. Für diese hydrologische Situation tritt ausbaubedingt eine geringe Abnahme der Salzgehalte von 0 bis 0,08‰ ein. Bei hohem Oberwasserzufluß der Elbe entsteht ein sehr steiler Salzgehaltsgradient im Bereich der Ostemündung, der ausbaubedingt in der Elbe und der Ostemündung (Belum) einen Salzgehaltsanstieg bis 0,45‰ bewirkt. Bezogen auf den Ausgangszustand mit 15‰ bzw. 11‰ Salzgehalt sind diese Veränderungen als gering einzustufen. Die Brackwasserzone in der Oste wird in der für Sommer/Herbstsituationen (anhaltend niedrige Oberwasserzuflüsse) ausbaubedingt nicht weiter stromauf vordringen. Die Tideveränderungen und die Salzgehaltsveränderungen in der Oste sind als gering einzustufen. Im folgenden sind die Tidewasserstände und Tidehübe des Ist-Zustandes und die prognostizierten ausbaubedingten Veränderungen über das Längsprofil der untersuchten Elbnebenflüsse dargestellt und durch ergänzende Kenngrößen beschrieben. Abb. 5 - 11: Übersicht über die Tidedynamik der Ilmenau und ausbaubedingte Änderungen Ilmenau

  Fahrenholz Viefeld Sperrwerk
Strömungsgeschwindigkeiten m/s 
max. Flutströmung Ist-Zustand 0 0,2 - 0,4 0,6 - 0,8
max. Flutströmung - D-Ausbau 0 + 0.02 0 - + 0,02
max. Ebbeströmung Ist-Zustand < + 0,2 0,3 0,5 - 0,7
max. Ebbeströmung - D-Ausbau < + 0,01 < 0,03 < + 0,01
Tidedauer 12 h 24 min
Flut - D-Ausbau 0 bis - 1 min
Ebbe -D-Ausbau 0 bis + 1 min

  Abb. 5 - 12: Übersicht über die Tidedynamik der Este und ausbaubedingte Änderungen Este

  Buxtehude Königreich Cranz
Strömungsgeschwindigkeiten m/s
max. Flutströmung Ist-Zustand < 0,01 0,4 - 0,7 0,2 - 0,5
max. Flutströmung - D-Ausbau < + 0,01 < + 0,03 < + 0,01
max. Ebbeströmung Ist-Zustand 0,1 0,4 - 0,5 0,2 - 0,5
max. Ebbeströmung - D-Ausbau < +0,01 < + 0,01 < + 0,02
Tidedauer 12 h 24 min
Flut D-Ausbau - 3 min - 2 min 0 min
Ebbe D-Ausbau + 3 min + 2 min  

  Abb. 5 - 13: Übersicht über die Tidedynamik der Lühe und ausbaubedingte Änderungen Lühe

  Horneburg Steinkirchen Lühort
Strömungsgeschwindigkeiten m/s
max. Flutströmung Ist-Zustand 0,3 - 0,4 0.6 - 0,8 0,2 - 0,65
max. Flutströmung D-Ausbau < + 0,02 < + 0,02 < + 0,02
max. Ebbeströmung Ist-Zustand 0,2 - 0,4 0,6 - 0,8 0,2 - 0,8
max. Ebbeströmung D-Ausbau < + 0,01 < + 0,01 < + 0,02
Tidedauer 12 h 24 min
Flut D-Ausbau - 3 min - 2 min + 1 min
Ebbe D-Ausbau + 3 min + 2 min - 1 min

  Abb. 5 - 14: Übersicht über die Tidedynamik der Schwinge und ausbaubedingte Änderungen Schwinge

  unterhalb Stade km 1,5 Sperrwerk
Strömungsgeschwindigkeiten m/s
max. Flutströmung Ist-Zustand 0,6 - 0,7 0,4 - 0,6
max. Flutströmung D-Ausbau < - 0,01 < - 0,01
max. Ebbeströmung Ist-Zustand 0,3 - 0,4 0,2 - 0,3
max. Ebbeströmung D-Ausbau < + 0,02 < + 0,01
Tidedauer 12 h 24 min
Flut D-Ausbau 0 min + 2 min
Ebbe D-Ausbau 0 min - 2 min

  Abb. 5 - 15: Übersicht über die Tidedynamik der Pinnau und ausbaubedingte Änderungen Pinnau

  Pinneberg Uetersen Sperrwerk
Strömungsgeschwindigkeiten m/s
max. Flutströmung Ist-Zustand 0,2 - 0,5 0,3 - 0,6 0,6 - 0,7
max. Flutströmung D-Ausbau < + 0,01 < + 0,01 < + 0,01
max. Ebbeströmung Ist-Zustand 0,1 - 0,3 0,3 - 0,5 0,5 - 0,6
max. Ebbeströmung D-Ausbau < + 0,01 < + 0,01 < + 0,02
Tidedauer 12 h 24 min
Flut D-Ausbau ± 0 min
Ebbe D-Ausbau
Salzgehalte ‰
Salzgehalt (max.) Ist-Zustand  < 1
Salzgehalt (max.) D-Ausbau < + 0,04
Salzgehaltsvariation Ist-Zustand < 1
Salzgehaltsvariation D-Ausbau < + 0,04

  Abb. 5 - 16: Übersicht über die Tidedynamik der Krückau und ausbaubedingte Änderungen Krückau

  unterhalb Elmshorn Sperrwerk
Strömungsgeschwindigkeiten m/s
max. Flutströmung Ist-Zustand 0,2 - 0,6 0,5 - 0,7
max. Flutströmung D-Ausbau < + 0,01 < + 0,01
max. Ebbeströmung Ist-Zustand 0,2 - 0,4 0,4 - 0,5
max. Ebbeströmung D-Ausbau < + 0,01 < + 0,02
Tidedauer 12 h 24 min
Flut -Ausbau ± 0 min
Ebbe -Ausbau
Salzgehalte ‰
Salzgehalt (max.) Ist-Zustand < 1
Salzgehalt (max.) D-Ausbau < + 0,04
Salzgehaltsvariation Ist-Zustand < 1
Salzgehaltsvariation D-Ausbau < + 0,04

  Abb. 5 - 17: Übersicht über die Tidedynamik der Stör und ausbaubedingte Änderungen Stör

  Rensing Kasenort Sperrwerk
Strömungsgeschwindigkeiten m/s
max. Flutströmung Ist-Zustand 0,3 - 0,4 0,5 - 0,8 0,6 - 0,
max. Flutströmung D-Ausbau 0 < + 0,01 < + 0,01
max. Ebbeströmung Ist-Zustand 0,3 - 0,4 0,4 - 0,7 0,6 - 0,8
max. Ebbeströmung D-Ausbau 0 < + 0,01 < + 0,02
Tidedauer 12 h 24 min
Flut D-Ausbau + 2 min + 3 min
Ebbe D-Ausbau - 2 min - 3 min
Salzgehalte ‰
Salzgehalt (max.) Ist-Zustand  0 < 4
Salzgehalt (max.) D-Ausbau 0 < + 0,1
Salzgehaltsvariation Ist-Zustand 0 < 4
Salzgehaltsvariation D-Ausbau 0 < + 0,1

  Abb. 5 - 18: Übersicht über die Tidedynamik der Oste und ausbaubedingte Änderungen Oste

  Hechthausen Osten Belum
Strömungsgeschwindigkeiten m/s
max. Flutströmung Ist-Zustand 0,7 - 0,9 0,8 - 0,9 0,8 - 0,1,0
max. Flutströmung D-Ausbau 0 < + 0,005 < + 0,01
max. Ebbeströmung Ist-Zustand 0,7 - 0,8 0,7 - 0,8 0,7 - 0,9
max. Ebbeströmung D-Ausbau 0 < + 0,005 < + 0,01
Tidedauer 12 h 24 min
Flut D-Ausbau ± 0 min
Ebbe D-Ausbau
Salzgehalte ‰
Salzgehalt (max.) Ist-Zustand  0 15
Salzgehalt (max.) D-Ausbau ± 0,00 - 0,08/+ 0,45*)
Salzgehaltsvariation Ist-Zustand 0 15
Salzgehaltsvariation D-Ausbau ± 0,00 - 0,11/+ 0,35*)
*) die zweite Zahl bezieht sich auf das Szenario QH (hoher Oberwasserzufluß)

  5.3 Ermittlung und Darstellung der ausbaubedingten Änderungen der Sturmflutkenngrößen

5.3.1 Physikalische Grundlagen Die Höhe, der zeitliche Verlauf und die Charakteristik einer Sturmflut wird durch die Überlagerung astronomischer, meteorologischer und hydrologischer Einflüsse geprägt. Die Auslenkung des Wasserstandsverlaufes (Pegelkurve) an einem Küstenpegel gegenüber dem mittleren Tideverlauf wird als Windstaukurve bezeichnet. In der Windstaukurve sind somit die Einflüsse des Impulseintrages aus den Sturmfeldern über der Nordsee und Deutschen Bucht, der Luftdruckverteilung, der Temperatur- und Dichteeffekte, der Fernwellen und Eigenschwingungen in der Nordsee sowie astronomische Anteile (Spring- und Nipptidebedingungen) zusammengefaßt. Die meteorologischen Ereignisse weisen eine hohe natürliche Variabilität hinsichtlich der Zugbahnen der Tiefdrucksysteme, dem zeitlichen Ablauf und der Intensität der Sturmfelder auf. Der an der Küste durch einen Sturm entstehende Windstau wird ganz wesentlich durch die Phasenlage zu den Gezeiten mitgeprägt. Die höchsten Sturmflutwasserstände in der Elbe treten bei zeitgleicher Überlagerung der höchsten Tidewasserstände (Springtide-Hochwasser) mit der maximalen Sturmwirkung (vorangegangene Dauer, Richtung und Intensität des Sturmes) auf. Da die Wirkungen auf den Wasserstandsverlauf einer Sturmflut durch mehrere Einflußgrößen und insbesondere deren zeitlichem Ablauf relativ zueinander bestimmt wird, ergibt sich diese außerordentlich hohe Variabilität in den einzelnen Ereignissen. Jede Sturmflut hat somit ihre eigene Charakteristik. Je nach Form der Windstaukurve, d.h. nach Anstieg und Dauer des Windstaus, unterscheidet man zwischen steiler und fülliger Windstaukurve. Der Sturmflutverlauf und damit die eintretenden Scheitelwasserstände werden darüber hinaus durch den Oberwasserzufluß mitgeprägt. Der Oberwasserzufluß wirkt sich im Falle der Tideelbe insbesondere im Abschnitt Bleckede bis Hamburg aus. Durch den geplanten Ausbau der Fahrrinne (Vertiefung und bereichsweise Verbreiterung) wird der Einfluß der Sohlrauheit auf die Gezeitendynamik vermindert (Verminderung der Energiedissipation) mit der Folge, daß ein höherer Energieanteil in das innere Ästuar stromauf einwirkt (vgl. Kap. 5.1.1). Durch die größeren Wassertiefen erhöht sich auch die Phasengeschwindigkeit der Tidewelle, d. h. die Laufzeiten der Hoch- und Niedrigwasserscheitel verringern sich, so daß die Scheitelwasserstände nach dem geplanten Ausbau, z. B. in Hamburg, etwas früher eintreten werden im Vergleich zum Ist-Zustand. Zur Ermittlung und Darstellung der ausbaubedingten Änderungen der Sturmflutkenngrößen ist es aufgrund der vorangegangenen Erläuterungen nicht ausreichend, nur eine ausgewählte Sturmflut zu untersuchen. Das Untersuchungsprogramm umfaßte deshalb Sturmfluten mit unterschiedlicher Charakteristik, um so das grundlegende System zu erfassen und darauf aufbauend die zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen zu prognostizieren. Untersucht wurden Sturmfluten mit fülliger Windstaukurve (Flut vom 28.01.1994), Sturmfluten mit steiler Windstaukurve (Flut vom 03.01.1976) sowie die extreme Bemessungssturmflut. Bei der Bemessungssturmflut handelt es sich um eine synthetische Sturmflut, die in Anlehnung an die Sturmflut vom 03.01.1976, jedoch mit einer um ca. 0,5 m erhöhten Windstaukurve, mit einer Windrichtung wie 1976, jedoch mit rd. 10% erhöhten Windgeschwindigkeiten in Verbindung mit einem hohen Oberwasserzufluß der Elbe von 2200 m3/s (Sturmflut 1976 rd. 500 m3/s) von der Arbeitsgruppe der Elbanliegerländer konstruiert wurde. Diese zwischen den Ländern abgestimmte, konstruierte Extremsturmflut ist Grundlage für die Bemessung der Hochwasserschutzanlagen. Die Bemessungssturmflut wurde deshalb in dieses Untersuchungsprogramm mit einbezogen. Um eine hohe Genauigkeit bei der Modellierung der Sturmfluten zu erzielen, war es erforderlich, die über dem Elbeästuar selbst wirksamen raum-zeit-bezogenen Windfelder zu berücksichtigen. Hierfür wurde vom Deutschen Wetterdienst - Geschäftsfeld Seeschiffahrt mit einem dreidimensionalen massenkonsistenten Windmodell unter Berücksichtigung der zugehörigen Naturwindmeßdaten für die jeweiligen Sturmflutereignisse die zugehörigen instationären hochaufgelösten Windfelder berechnet und der BAWAK für die Sturmflutmodellierung zur Verfügung gestellt. Im Rahmen einer Sensivitätsstudie wurde die Wirkung des örtlichen Windes über der Elbe mit verschiedenen Windfeld-Hypothesen analysiert. Für die Sturmflut vom 28.01.1994 erfolgte vergleichend eine Berechnung mit dem an der Meßstation Scharhörn gemessenen instationären Wind, eine zweite Rechnung mit den von dem Modell MKW des Deutschen Wetterdienstes berechneten "wahren" lokalen instationären Windfeldern und eine Berechnung mit der theoretischen Annahme, daß oberhalb des seeseitigen Randes des Modellgebietes, d. h. über der Elbe selbst, kein Wind herrscht. Die Ergebnisse für die Sturmflut 1994 zeigen für den Pegel St. Pauli eine durch den Sturm über der Elbe erzeugte Wasserstandserhöhung von rd. 75 cm. Bei Zugrundelegung eines homogenen Windfeldes mit den an der Station Scharhörn gemessenen Windstärken und Windrichtungen ergeben sich für den Pegel St. Pauli um 35 cm zu hohe Wasserstände. Physikalisch ist dieses Ergebnis plausibel, da der bodennahe Wind auf Scharhörn eine deutlich höhere Intensität aufweist als in einem landeinwärts gelegenen Gebiet. Über Land wird der bodennahe Wind durch die Rauheit der Landschaft (Bebauung, Bäume, Hügel, Deiche usw.) etwas "abgebremst". Deshalb ergeben sich im inneren Ästuarbereich (oberhalb Hamburgs) die größten Unterschiede zwischen den im Rahmen der Sensivitätsstudie berechneten Längsprofilen. Für den Elbmündungsbereich unterhalb Brunsbüttel verlaufen die Kurven nahezu identisch, d. h. der auf Scharhörn gemessene Wind ist für den gesamten Elbmündungstrichter in guter Näherung repräsentativ (bei Winden aus west-/nordwestlichen Richtungen). In einer weiteren Sensivitätsbetrachtung wurde überprüft, inwieweit die berechneten ausbaubedingten Veränderungen auf veränderte hydrodynamische Bedingungen reagieren. Für diese Sensivitätsbetrachtung wurden die Werte für die Bodenrauheit vermindert mit der Folge, daß im Ist-Zustand der Sturmflutwasserstand im Bereich St. Pauli um rd. 10 cm erhöht eintrat. Mit den gleichen Parametern wurden die Rechnungen für den Ausbauzustand durchgeführt. Die Ergebnisse haben die gleiche Größe für die ausbaubedingten Veränderungen (rd. 2 cm Scheitelwasserstandserhöhung für den Pegel St. Pauli) ergeben. Die mit dem mathematischen Ästuarmodell in Verbindung mit dem Windmodell berechneten ausbaubedingten Veränderungen sind somit als "stabil" und "repräsentativ" für eine derartige Sturmflutcharakteristik (Sturmflut vom 28.01.1994) einzustufen.

5.3.2 Darstellung und Bewertung der Ergebnisse Die Längsschnitte der Sturmflutscheitelwasserstände für die Sturmfluten vom 28.01.1994, vom 03.01.1976 sowie der Bemessungssturmflut verdeutlichen die mit diesen Untersuchungen abgedeckte Bandbreite der Sturmfluthöhen und -charakteristiken (Abb. 5 - 19). Der höchste ausbaubedingte Anstieg der Sturmflutscheitelwasserstände tritt jeweils im inneren Ästuarbereich von Glückstadt bis Hamburg auf. Bei der Sturmflut vom 28. Januar 1994 ergibt sich ein Anstieg der Scheitelwasserstände von 2 bis 2,5 cm, für die bisher höchste aufgetretene Sturmflut vom 03.01.1976 ergibt sich ein ausbaubedingter Anstieg der Scheitelwasserstände in der Größenordnung von 1 bis 1,5 cm. Für die extreme Bemessungssturmflut ergibt sich aufgrund des hohen Oberwasserzuflusses von 2200 m3/s und der damit verbundenen Überlagerung der ausbaubedingten Wirkungen auf die einlaufende Sturmtide einerseits und die Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Abflußquerschnittes andererseits ein unregelmäßiger Verlauf über das Längsprofil. Insgesamt liegen die ausbaubedingten Erhöhungen der Sturmflutscheitelwasserstände jedoch auch bei diesen extremen Randbedingungen unter 1,5 cm (Abb. 5 - 20). Durch die Vertiefung der Fahrrinne erhöht sich die Fortschrittsgeschwindigkeit der Tidewelle mit der Folge, daß nach dem Ausbau die Scheitelwasserstände am Pegel St. Pauli bei "mittleren" Sturmfluten (Sturmflut vom 28.01.1994) bis zu rd. 5 Minuten früher und bei extremen Sturmfluten um 2 bis 1 Minute früher eintreten werden als im Ist-Zustand. Abb. 5 - 19: Längsschnitt der modellierten Sturmflutscheitelwasserstände der Sturmfluten vom 03.01.1976, vom 28.01.1994 und der Bemessungssturmflut ("SFB")

Abb. 5 - 20: Ausbaubedingte Änderungen der Sturmflutscheitelwasserstände der Sturmfluten vom 03.01.1976, vom 28.01.1994 und der Bemessungssturmflut ("SFB")

Auch bei Sturmflutbedingungen wirkt der geplante Fahrrinnenausbau in gleicher Weise wie bei mittleren Tideverhältnissen. Die ausgebaute Fahrrinne wird hydraulisch leistungsfähiger und bündelt in der Tendenz stärker den Durchfluß, so daß in der Fahrrinne leichte Zunahmen der Flutstromgeschwindigkeiten in der Größenordnung von 0 bis 3 cm/s eintreten. In Streckenabschnitten, in denen durch die Vertiefung und/oder Verbreiterung eine deutliche Querprofilaufweitung stattfindet, wie z. B. bei Wedel, tritt ein ausbaubedingter Rückgang der maximalen Flutstromgeschwindigkeiten in der Fahrrinne in der Größenordnung von 3 bis 6 cm/s ein. Für die flachen und damit hydraulisch rauhen Seitenbereiche ergeben sich überwiegend keine Geschwindigkeitsänderungen (d. h. < ± 1 cm/s). In den Graphiken erscheinende Farbsprengsel mit höheren Änderungswerten (Zunahmen und Abnahmen) haben ihre Ursache in der Auswerteproblematik und sind nicht als repräsentativ anzusehen. Diese Flecken entstehen nur im Bereich hoher Geländehöhen. Da die Modelltopographie im Raster 50 x 50 m näherungsweise abgebildet wird, entsteht in diesen hochgelegenen Bereichen die Problematik, daß bereits durch geringe Wasserstandshöhenunterschiede ein Element mal überflutet wird und mal nicht. Ein nicht überflutetes Element wirkt dabei als Barriere mit einer Schattenwirkung auf das oberstrom bzw. unterstrom liegende Element, d. h. auch benachbarte Elemente, die bereits vorher auch überflutet waren, sind nunmehr nicht mehr abgeschattet und können durchströmt werden. Entsprechend hohe Strömungsänderungen zeigen sich dann in den Graphiken. Die sich für diese hohen, nur mit einer dünnen Wasserschicht überströmten Geländebereiche ergebenden Strömungsänderungswerte sind somit abhängig von der Modellauflösung und erfüllen nicht mehr in vollem Umfang die für die Modellierung zugrunde gelegten physikalischen Grundsätze, so daß diese Werte nicht als "wahre" und repräsentative Geschwindigkeiten angesehen werden dürfen. Aufgrund der sehr geringen Wasserstandsänderungen bei Sturmfluten und der nur äußerst geringen Veränderung der Dynamik ist davon auszugehen, daß gerade in diesen rauhen Vorlandbereichen ausbaubedingt keine Strömungsgeschwindigkeitserhöhungen eintreten werden. In der Tendenz ist durch die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Hauptrinne eher eine Abnahme der Strömungsgeschwindigkeiten in den Vorlandbereichen zu erwarten. Diese Abnahme kann jedoch nur eine sehr geringe Größe (< 3 cm/s) erreichen. Morphologische Veränderungen der nur bei Sturmfluten überströmten Vorlandbereiche aufgrund einer ausbaubedingten Veränderung der Sturmflutdynamik können somit nur in einer vernachlässigbaren Größe eintreten und deshalb als unbedeutend eingestuft werden. Die Sedimentation bzw. Erosion auf den Vorländern wird in sehr viel stärkerem Maße durch den hydraulisch wirksamen Bewuchs (Gras, Schilf, Büsche, Obstplantagen usw.) sowie der Lage der Haupttrübungszone und damit der im Wasser mitgeführten Schwebstoffkonzentrationen beeinflußt. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die ausbaubedingten Erhöhungen der Sturmflutscheitelwasserstände deutlich geringere Werte erreichen als bei mittleren Tidebedingungen (Nipp-Spring-Zyklen). Bei höheren Sturmflutwasserständen ist ein deutlich größerer Durchflußquerschnitt wirksam, so daß sich die ausbaubedingte Querschnittserweiterung an der Fahrrinnensohle in geringerem Maße auswirkt als bei mittleren Tideverhältnissen. Die ausbaubedingten Änderungen der Sturmflutverläufe sind so gering, daß sich die Wasserstandsverweildauern bezogen auf Höhenhorizonte NN + 2 m bis NN + 6 m nur um wenige Minuten ändern (Zunahmen bis 5 Minuten, Abnahmen bis rd. 9 Minuten). Für die Bemessungssturmflut ergeben sich maximale Verweildauerzunahmen von + 1,5 Minuten. Diese Veränderungen sind so gering, daß der Betrieb der Sperrwerke nicht geändert werden muß. Auswirkungen auf die Nebenflüsse und dahinterliegenden Überschwemmungsgebiete sind nicht zu erwarten.

5.4 Ermittlung und Bewertung morphologischer Veränderungen

5.4.1. Grundlagen Für die folgenden Betrachtungen wird das Ästuar entsprechend seiner hydrographischen Systemstrukturen in einen äußeren Trichterbereich seewärts von St. Margarethen und einen inneren Ästuarbereich oberstrom von St. Margarethen bis zum Wehr Geesthacht untergliedert. Im Elbmündungstrichter seewärts von St. Margarethen wird der Sedimenttransport und damit die morphologische Entwicklung zusätzlich zu der Tidedynamik auch durch Seegangseinflüsse mitgeprägt. Der innere Ästuarteil oberhalb St. Margarethen ist für die morphologische Betrachtung zweckmäßigerweise in die die großen Durchflußmengen bündelnde, hydraulisch leistungsfähige tiefe Hauptrinne und die flacheren Seitenbereiche mit den Nebenelben und Nebenrinnen zu untergliedern. Die morphologische Entwicklung der tiefen Hauptrinne ist in erheblichem Maße durch die Ausbaubaggerungen, Unterhaltungsbaggerungen und Sandentnahmen beeinflußt worden. In den Nebenrinnen und Nebenelben hingegen haben von lokalen Ausnahmen abgesehen keine Sandentnahmen, Unterhaltungsbaggerungen und Ausbaubaggerungen stattgefunden. Die morphologische Entwicklung dieser Nebenrinnen und Nebenelben konnte deshalb mit einer besonderen Methodik (MORAN-Methode und vergleichend Volumenmethode) analysiert werden. Da die Deichvorländer nur bei höheren Wasserständen (insbesondere Sturmfluten) überstaut bzw. überströmt werden, ergeben sich für diese Bereiche besondere morphologische Entwicklungsbedingungen. Der zu erwartende Einfluß der Ausbaumaßnahmen auf die morphologische Entwicklung der tidebeeinflußten Nebenflüsse wird auf der Grundlage der prognostizierten ausbaubedingten Veränderungen der Tidedynamik jeweils gesondert betrachtet. Aufgabe dieses Kapitels ist es, die wesentlichen Ergebnisse darzustellen und zu bewerten. Auf die Darstellung einzelner Auswertungen und Ergebnisse muß wegen des Umfangs an dieser Stelle verzichtet werden.

5.4.2 Erläuterung des Ist-Zustandes und Prognose der ausbaubedingten morphologischen Entwicklungen

5.4.2.1 Elbmündungstrichter. Ein Blick in historische Tiefenpläne der Elbmündung sowie in die systematischen Peilkartenauswertungen des WSA Cuxhaven vermittelt einen Eindruck von der hohen morphodynamischen Aktivität dieses Systems. In Flachwasserbereichen und insbesondere auf den Wattgebieten erfolgt durch die Seegangsbrandung eine intensive Sedimentaufwirbelung in die Wasserkörper und durch die Überlagerung mit Tide- und Driftströmungen ein entsprechender resultierender Materialtransport. In den tieferen Rinnen treten bereichsweise sehr hohe Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten (1,0 bis 2,0 m/s) mit den dazugehörigen hohen Sedimenttransportkapazitäten auf. Entsprechend hohe Formänderungen an der Sohle, z. B. in den Riffelstrecken, an den Prallhängen der Prielkrümmungen aber auch der Hauptrinnensysteme, zeigen sich bei einem Vergleich der Peilpläne verschiedener Jahrgänge. Einen Überblick über die komplexe Struktur der tideströmungsbedingten Transportkapazitäten zeigen die Ergebnisse des hydronumerischen Modelles. Die flächenhaft für Teilgebiete der Elbe dargestellten mittleren residuellen Geschiebefrachten spiegeln die morphologische Struktur wider und zeigen auch die lokalen Sedimenteintreibungen in die Fahrrinne und damit die Unterhaltungsbaggerstellen. Eine Stabilisierung des Rinnensystems der Außenelbe wurde durch den rd. 12 km langen Kugelbakenleitdamm (fertiggestellt nach dem 2. Weltkrieg) erreicht. Die ehemalige Südrinne wurde oberstromseitig abgeschnitten und ist inzwischen durch Auflandungen zu einem Prielsystem geschrumpft. Die Fahrrinne verläuft in der Mittelrinne. Nur in diesem Rinnensystem haben Ausbaumaßnahmen stattgefunden. Die Peilpläne aus den Jahren 1981, 1985 und 1990 zeigen erhebliche morphologische Formänderungen auch weit abseits von der eigentlichen Ausbaustrecke. Als Beispiel sei hier auf die Vertiefungen im Luechterloch und die Vertiefung und Nordwärtsentwicklung durch erhebliche Prallhangerosionen der Medemrinne hingewiesen. Beide morphodynamischen Entwicklungsprozesse sind in erster Linie durch die Tidedynamik selbst gesteuert und dürften kaum durch den 13,5mAusbau beeinflußt sein. Auch für den geplanten Ausbau zeigen die Änderungswerte für die hydrodynamischen Kenngrößen (Strömungsgeschwindigkeiten und Transportkapazitäten) nur geringe Änderungen im Fahrrinnenbereich und im unmittelbar benachbarten Bereich. So sind die zu erwartenden ausbaubedingten Veränderungen in der Medemrinne sowohl bei Flutstrom als auch bei Ebbestrom < 1 cm/s, so daß die morphologische Entwicklung der Medemrinne nicht durch den geplanten Ausbau verändert wird. Da durch den Ausbau die Fahrrinne vertieft und damit die Sohlreibung vermindert wird, erfolgt eine stärkere Bündelung des Hauptdurchflusses auf dieses Rinnensystem. Insbesondere in den Abschnitten, in denen die Rinne bereits einen tieferen Zustand aufweist als die künftige Ausbauplanung also in Abschnitten, in denen keine Vertiefungsbaggerungen zu Querschnittserweiterungen führen ist eine Strömungszunahme zu erwarten mit der Folge, daß hierdurch eine strömungsbedingte Erosion eintreten wird. Dieser Prozeß wird hier als "morphologischer Nachlauf" definiert. Als morphologischer Nachlauf wird somit die Tiefen- und Seitenerosion der Hauptrinne bezeichnet, durch die sich ein neues hydrodynamisch-morphologisches Gleichgewicht einstellt. Aufbauend auf Erfahrungen wurde bei den Modellrechnungen bereits dieser morphologische Nachlauf in die Ausbautopographie mit einbezogen, so daß für diesen Zustand die ausbaubedingten Geschwindigkeitsänderungen in den Rinnensystemen nur eine entsprechend geringe Größe aufweisen. Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß die vorhandene morphodynamische Aktivität im Elbmündungsbereich in erster Linie durch die natürlichen intensiven Prozesse der Sedimentumlagerung infolge Brandung und sehr starker Tideströmungen gesteuert wird. Da durch den Ausbau die Seegangsverhältnisse und damit die Brandungsbedingungen praktisch nicht verändert werden, bewirkt der Ausbau auch keine Veränderung in der morphodynamischen Entwicklung der Wattbereiche im Elbmündungsgebiet. In der tiefen Hauptrinne hingegen wird der in dem mathematischen Modell bereits berücksichtigte morphologische Nachlauf zu einer Sohleintiefung und bereichsweisen Aufweitung durch Erosion an den seitlichen Böschungen beitragen. Dieser morphologische Nachlauf in der Hauptrinne wird überwiegend jedoch nur Vertiefungen in der Größenordnung von 1 m bis 2 m erreichen. Die morphodynamische Entwicklung der Nebenrinnensysteme wie Luechterloch, Zehnerloch und Medemrinne wird nicht unmittelbar ausbaubedingt verändert.

5.4.2.2 Morphologische Entwicklung der Hauptabflußrinne der Unterelbe oberhalb St. Margarethen Die morphologische Entwicklung der Hauptabflußrinne der Unterelbe ist durch die Überlagerung unmittelbarer anthropogener Eingriffe (z. B. Baggerungen, Sandentnahmen und Strombaumaßnahmen) mit den durch die ausbaubedingte Veränderung der Tidedynamik beeinflußten natürlichen morphodynamischen Entwicklungen geprägt. Auch die Strategie der Unterhaltungsbaggerungen wurde nach dem 13,5mAusbau verändert. Früher wurden die Unterhaltungsbaggermengen fast ausschließlich aus dem hydraulischen System entnommen und auf Spülfelder verbracht. Seit Anfang der 80er Jahre wird das Unterhaltungsbaggergut in der Unterelbe nahezu ausschließlich in den Bereich von Übertiefen umgelagert. Die Auswirkungen dieser Änderungen in der Baggergutunterbringungsstrategie auf die morphologische Entwicklung läßt sich aus den verfügbaren Datensätzen nicht quantifizieren. Für eine Beurteilung der nach den vorangegangenen Fahrrinnenausbauten (10mAusbau, 11mAusbau, 12mAusbau und 13,5mAusbau) eingetretenen morphologische Entwicklung müssen jeweils die örtlichen geologischen Verhältnisse mit berücksichtigt werden. Es ist bekannt, daß insbesondere beim 10, 11, aber auch noch beim 12mAusbau in erheblichem Umfange feste Klei- und Mergelschichten abgebaggert wurden. Bereichsweise war dies auch noch beim 13,5mAusbau der Fall. Diese früher vorhandenen erosionsfesten Mergelhorizonte haben die Sohllage entsprechend stabil gehalten. Nach dem Abbaggern dieser erosionsfesten Klei- und Mergelschichten wurde das morphodynamische System völlig verändert. Die darunter freigelegten Sandhorizonte unterlagen der Strömungserosion, so daß sich ein völlig verändertes morphodynamisches System eingestellt hat. Da jedoch die Fahrrinnensohle im heutigen Ist-Zustand nahezu ausschließlich aus den elbtypischen Fein- bis Mittelsanden, bereichsweise mit 5% bis 30% Schluff Anteil besteht, dürfen die in der Vergangenheit beobachteten Tiefenerosionen nicht für eine Prognose des künftigen Zustandes extrapoliert werden. Ausgehend von dem Ist-Zustand wird bereichsweise eine Vertiefung der Hauptrinne durch die Baggerungen selbst und in den Abschnitten mit Übertiefen durch den morphologischen Nachlauf überwiegend in der Größe von 0,5 m bis 2 m eintreten. Dieser morphologische Nachlauf wird auch zu einer Anpassung der seitlichen Fahrrinnenböschungen führen, bis auch bei diesen Böschungen sich eine den örtlichen Bodenverhältnissen angepaßte neue stabile Böschungsneigung eingestellt hat.

5.4.2.3 Prognose für die morphologische Entwicklung des Sockelbereiches In Abbildung 5 - 5 ist das geplante Sollprofil des Fahrrinnenlängsschnittes zusammen mit den Ist-Tiefen in Fahrrinnenmitte der Peilung 1992 aufgetragen. Diese aus Darstellungsgründen stark überhöhte Längsprofildarstellung zeigt, daß der Sockelbereich nicht eine stabile, einheitliche Sohllage aufweist, sondern durch wechselnde Tiefen mit Hochlagen, Übertiefen und Riffelstrecken geprägt ist. Eine vergleichende Betrachtung der Jahreshauptpeilungen vergangener Jahre zeigt auf, daß nur in den Fahrrinnenabschnitten, in denen wiederkehrende Unterhaltungsbaggerungen durchgeführt werden müssen (z. B. in Höhe Twielenfleth, Rhinplatte-Süd, oberhalb Brunsbüttel, oberhalb der Ostemündung) die Sohllage in etwa der heutigen Sollsohle entspricht. Die umfangreichen Berechnungen mit dem hochaufgelösten mathematischen Ästuarmodell haben für diese Bereiche geringfügige Zunahmen der Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten ergeben. Auch die Transportkapazität (residuelle Geschiebefracht) wird ausbaubedingt in diesen Bereichen geringfügig erhöht. Es ist deshalb für diese bisherigen Unterhaltungsbereiche im Fahrwasser nach der morphologischen Anpassung (morphologischer Nachlauf) keine ausbaubedingte Erhöhung der Unterhaltungsbaggermengen zu befürchten. Da die ausbaubedingten Erhöhungen der Flut- und Ebbeströmungen und der damit verknüpften Transportkapazität (residuelle Geschiebefracht) nur eine so geringe Größe erreichen, ist eine durchgängige Sohlerosion der Sockelstrecke nicht zu erwarten. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, daß im Bereich der Sockelstrecke bei der Vertiefungsbaggerung und bei Unterhaltungsbaggerungen keine "Vorratsbaggerei" und keine Sandentnahmen durchgeführt werden dürfen. Eine strikte Einhaltung der Sollbaggertiefen muß sichergestellt werden, um zu vermeiden, daß geologisch feste und damit weitgehend erosionsstabile Bereiche in der Sockelstrecke, nicht durch zu tiefe Baggerungen (z. B. durch das Vorratsmaß und eine zu große Baggertoleranz) aufgelockert werden. Eine Auflockerung würde in diesen Bereichen die lokale Sohlerosion fördern (siehe auch Kap. 11). Da die morphodynamische Entwicklung eines Ästuarsystems nach dem Stand der Wissenschaft trotz des Einsatzes leistungsfähiger numerischer Modelle nicht umfassend quantitativ prognostiziert werden kann, wird empfohlen, die morphologische Entwicklung durch jährliche Peilungen und systematische Auswertungen zu beobachten. Örtliche nachteilige morphologische Entwicklungen können durch gezielte Baggergutumlagerungen mit geeignetem Baggermaterial positiv beeinflußt werden. Die Erhaltung der morphologischen Stabilität der Sockelstrecke ist auch bei der Entwicklung von Strombaukonzeptionen zur Verringerung der Unterhaltungsbaggermengen zu beachten (siehe auch Kap. 11).

5.4.2.4 Morphologische Entwicklung der Nebenelben und Nebenrinnen Die morphologische Entwicklung dieser ökologisch wertvollen Nebenelben und Nebenrinnen wurde auf der Grundlage der seit 1950 verfügbaren Jahreshauptpeilungen nach der MORAN-Methode detailliert untersucht. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Lühesander Nebenelbe und die Glückstädter Nebenelbe sind durch einen mittleren morphologischen Gleichgewichtszustand gekennzeichnet. Beide Nebenelben werden flutstromseitig direkt angeströmt und durchströmt. Die Strömungsgeschwindigkeiten im bestehenden Zustand sind in der Glückstädter Nebenelbe so hoch, daß Auflandungen nicht zu morphologischen Formänderungen geführt haben. Die Sohle der Glückstädter Nebenelbe besteht in weiten Bereichen aus bindigen festen Böden, die Strömungserosionen nicht ermöglichen. Die Peilkartenauswertungen zeigen, daß sich im Mühlenberger Loch großräumig die rasche Auflandungstendenz nach 1950 bzw. 1962 (Abdämmung der Alten Süderelbe) vermindert hat. In den letzten Jahren sind insbesondere örtliche morphologische Formänderungen (örtliche Erosionen und örtliche Sedimentationen) zu beobachten. In dem südöstlichen, nicht durchströmten Buchtgebiet zwischen Estemündung und Leitdamm ist nach der starken Sedimentationsphase nunmehr eine schwache Sedimentationsphase mit Übergang zu einem natürlichen Gleichgewicht eingetreten. Die morphologische Entwicklung im Mühlenberger Loch wird sich ausbaubedingt kaum verändern, da die örtlichen Strömungsverhältnisse im Mühlenberger Loch nur geringfügig durch die ausbaubedingte Zunahme des Tidehubes verstärkt werden (Füll- und Entleerungsströmungen). Hydraulisch und morphologisch muß das Mühlenberger Loch jedoch als Teil des Gesamtsystems Hauptelbe, Hahnöfer Nebenelbe, Este und Mühlenberger Loch gesehen werden. So würde bei einer Verlandung der Hahnöfer Nebenelbe und der damit abnehmenden Durchströmung das Mühlenberger Loch als Stillwasserbucht einer rasanten Verlandung unterliegen. Die Tidewassermengen der Este reichen nicht aus, um das Mühlenberger Loch hydraulisch-morphologisch zu stabilisieren. Die Auswertung der verfügbaren Peilkarten zeigt für die Hahnöfer Nebenelbe seit 1950 bereichsweise geringe Sedimentationstendenzen. Durch die Überlagerung vielfältiger Einflüsse (Abdämmung der alten Süderelbe, Borsteler Binnenelbe, Verbindung der Sandinseln Schweinsand bis Hanskalbsand mit den Ausbaumaßnahmen und mit der natürlichen Entwicklung ist diese Gesamtentwicklung beeinflußt worden. Dem vorangegangenen 13,5mAusbau zuzuordnende Auswirkungen auf die morphologische Entwicklung dieser Systeme lassen sich aus den verfügbaren Peilunterlagen nicht ableiten. Die Ergebnisse aus dem hochauflösenden mathematischen Modell zeigen für den geplanten Ausbau nur sehr geringfügige Veränderungen der Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten und entsprechend geringe Änderungen der residuellen Geschiebefracht (Transportkapazität). Auf der Grundlage dieses Systemverhaltens ist eine verstärkte Auflandung direkt durch den Ausbau in der Hahnöfer Nebenelbe als auch im Mühlenberger Loch nicht zu erwarten. Nur im Übergangsbereich von der Nebenelbe zum Mühlenberger Loch wird örtlich die Entwicklung einer Barre durch die Erhöhung der Fortschrittsgeschwindigkeit der Tidewelle in der vertieften Hauptrinne begünstigt werden. Bereits im Ist-Zustand setzt der Flutstrom im südlichen Randbereich der Hauptrinne an der Insel Schweinsand früher ein als in der Nebenelbe mit der Folge, daß in der ersten Flutphase Wasser und damit auch die mitgeführten Feststoffe von oberstrom eingetrieben werden und durch den in der Nebenelbe entgegenkommenden Flutstrom infolge der Stauwirkung (Geschwindigkeitsverminderung) örtliche Sedimentationen eintreten. Durch diese örtlichen Auflandungen wird die Durchströmung der Nebenrinne weiter vermindert, die Laufzeitdifferenz der Tidewelle zwischen der Hauptrinne und der Nebenrinne weiter vergrößert, mit der Folge, daß ausgehend von dieser örtlichen geringfügig verstärkten Auflandungstendenz eine anhaltende Verlandungsentwicklung in der Hahnöfer Nebenelbe selbst als auch im Mühlenberger Loch begünstigt wird. Eine Veränderung der Wasseraustauschverhältnisse und Sedimentbeschaffenheit (Tendenz von sandigen Sedimenten zu mehr Schlicksedimenten) wäre die Folge. Es wird deshalb empfohlen, die morphologische Entwicklung des Mühlenberger Lochs und der Hahnöfer Nebenelbe durch geeignete topographische Aufnahmen (Peilungen) und Auswertungen zu überwachen und ggf. durch "Pflegebaggerungen" das morphologische System Hahnöfer Nebenelbe / Mühlenberger Loch zu erhalten. Eine großräumige Verlandung des Mühlenberger Lochs und der Hahnhöfer Nebenelbe würde eine zusätzliche Absenkung des Tideniedrigwassers bewirken. In der Pagensander Nebenelbe haben von 1950 bis etwa 1980 regionale Auflandungen zu bedeutenden morphologischen Veränderungen geführt. In dieser Zeitspanne sind durch den Bau der Sturmflutsperrwerke in Verbindung mit der Umgestaltung der Einmündungen von Pinnau und Krückau, durch Deichbaumaßnahmen (Abdämmung der Haseldorfer Binnenelbe), örtliche Sandentnahmen für die Deichbaumaßnahme, Feststoffeinträge aus den Spülfeldabläufen Pagensand Nord sowie Strombaumaßnahmen vielschichtige Einflüsse wirksam geworden. Ein Einfluß der Fahrrinnenvertiefung des 13,5mAusbaus auf diese Nebenelbe ist daher nicht aus Peilplänen herauslesbar. Etwa seit 1980 (d. h. nach Abschluß der örtlichen Baumaßnahmen und Aufgabe des Spülfeldes Pagensand Nord) hat sich die Entwicklung beruhigt, so daß der Ist-Zustand als mittlerer morphologischer Gleichgewichtszustand angesehen werden kann. Im nördlichen Teil der Pagensander Nebenelbe sind örtlich auch nach 1980 morphologische Veränderungen infolge der Umgestaltung des Leitdammes Pagensand Nord erkennbar (Auflandungen). Die Ergebnisse des hochauflösenden mathematischen Ästuarmodells zeigen für die Pagensander Nebenelbe keine ausbaubedingten Änderungen in den Strömungsgeschwindigkeiten (Flut- und Ebbestrom) und demzufolge auch keine Änderung der residuellen Geschiebefrachten. Offenbar gleicht sich die Wirkung der stärkeren Durchflußbündelung auf den Hauptquerschnitt der Elbe mit der Verstärkung der Tidedynamik in der Nebenelbe infolge eines erhöhten Tidehubes aus. Ausbaubedingt ist daher keine Änderung der morphologischen Entwicklung der Pagensander Nebenelbe durch den geplanten Fahrrinnenausbau zu erwarten. Lediglich im Bereich des Wattgebietes Bishorster Sand, südlich der südlichen Ausmündung der Pagensander Nebenelbe, sind aufgrund der sehr geringen Wassertiefen und der damit verbundenen relativ hohen Rauheit Strömungsabnahmen und dadurch weiterhin begünstigte Sedimentationstendenzen zu erwarten. Die Flutrinne hinter dem Schwarztonnensand ist nach dem Durchbruch des ehemals aufgespülten Landanschlusses seit etwa Anfang 1980 als in einem mittleren morphologischen Gleichgewichtszustand befindlich einzustufen. Die Ergebnisse aus dem hochauflösenden mathematischen Modell zeigen für diese Nebenrinne keine ausbaubedingten Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten und der residuellen Geschiebefracht an, so daß für dieses Gebiet keine ausbaubedingten Veränderungen der morphologischen Entwicklung zu erwarten sind. Die Rinnensysteme Wischhafener Süderelbe / Wischhafener Fahrwasser und Freiburger Zufahrt haben bedeutende morphologische Veränderungen durchlaufen. Eine vergleichende Auswertung der Peilpläne zeigt für diese Flachwasserbereiche und Rinnensysteme seit 1950 überwiegend Sedimentationsprozesse und Rinnenverlagerungen an. Insbesondere das ehemalige Wischhafener Fahrwasser (seit 1975) und die Freiburger Zufahrt (seit 1950) weisen deutliche Sedimentationstendenzen auf. Durch die Herstellung des Durchstichs durch das Krautsander Watt als neue Fährzufahrt nach Wischhafen erfolgte eine erneute Veränderung des Systems. Auch in der neu hergestellten Fährzufahrt erfordern die ausgeprägten Sedimentationen häufige Unterhaltungsbaggerungen. Auch in der Wischhafener Süderelbe selbst sind in den letzten Jahrzehnten in erheblichem Umfang Auflandungen eingetreten, die zu einer deutlichen Verminderung der Wassertiefen und Tidevolumen geführt haben. Eine eindeutige Beurteilung der Ursachen ist jedoch nicht möglich, da neben dem 13,5mAusbau des Elbefahrwassers durch den Bau des Sturmflutsperrwerkes (mit sehr klein bemessenem hydraulischen Querschnitt), die rückwärtige Eindeichung der Halbinsel Krautsand sowie Änderungen der Be- und Entwässerung im Einzugsgebiet der Wischhafener Süderelbe Flutraumveränderungen wirksam geworden sind und somit die eingetretene morphologische Entwicklung nicht bestimmten Maßnahmen kausal zugeordnet werden kann. Auch die Entwicklung der Rinnen und Sände zwischen der Brammer Bank und dem Böschrücken ist nicht eindeutig kausal den Auswirkungen des 13,5mAusbaus zuzuordnen. Einerseits sind derartige morphologische Systeme natürlicherweise Entwicklungen und Veränderungen unterworfen. Andererseits ist durch die vorangegangenen Fahrrinnenvertiefungen die Hauptrinne hydraulisch leistungsfähiger geworden, der Durchfluß auf diese hydraulisch glattere Hauptrinne gebündelt und die Fortschrittsgeschwindigkeit der Tidewelle erhöht worden, mit der Folge, daß in der Tendenz eine Abnahme der Durchströmung in den Nebenrinnen stattgefunden hat. Hierauf sind auch örtliche Sedimentationstendenzen zurückzuführen. Eine Quantifizierung dieser Prozesse mit einer exakten Zuordnung zu den Auswirkungen des 13,5mAusbaus ist jedoch nicht möglich. Die Ergebnisse der Modellrechnungen zeigen nunmehr für den geplanten Ausbau eine Abnahme der Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten sowie der residuellen Geschiebefracht im Bereich der Brammer Bank, insbesondere auf der nordöstlichen Seite. In den Nebenrinnensystemen selbst zeigen die Modellrechnungen keine bedeutenden Veränderungen der Strömungsgeschwindigkeiten und Transportkapazitäten, so daß durch den geplanten Ausbau keine Veränderungen der morphologischen Entwicklungen in diesen Rinnenbereichen eintreten werden. Erhebliche morphologische Veränderungen sind unterhalb von Brunsbüttel vor Neufeld eingetreten. Die bis in die 70er Jahre vorhandene ausgeprägte Neufelder Rinne wird inzwischen nicht mehr durchströmt, sondern ist zu einem unterstromseitigen Prielsystem umgebildet worden. Starke Verlandungstendenzen sind insbesondere im Zeitraum 1981 bis 1985 zur verzeichnen gewesen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der eingetretenen morphologischen Entwicklung des Systems Neufelder Sand/Neufelder Rinne mit den vorangegangenen Fahrrinnenausbauten ist aus den verfügbaren Unterlagen nicht herleitbar. Ausgehend von dem heutigen Ist-Zustand zeigen die Modellrechnungen für den südlichen Bereich des Neufelder Sandes leichte Zunahmen der Ebbeströmungen und damit der ebbstromorientierten residuellen Geschiebefrachten (Transportkapazitäten) an. Die Ursache hierfür liegt in der ausbaubedingten Verstärkung des Tidehubes und der damit verbundenen Vergrößerung der Tidestromvolumen. Da aufgrund der örtlichen Krümmungsverhältnisse der Neufelder Sand bezogen auf den Ebbestrom in der Außenkrümmung (Prallhang) liegt, ergibt sich diese leichte Geschwindigkeitserhöhung. Diese Geschwindigkeitserhöhungen reichen jedoch nicht bis an die Wattkante heran. Es sind deshalb lediglich im südlichen Bereich des Neufelder Sandes verminderte Auflandungstendenzen oder schwache Erosionstendenzen zu erwarten. Im Neufelder Watt selbst einschließlich der Zufahrt zum Hafen Neufeld sind keine Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten und damit keine Veränderungen der morphologischen Entwicklungen zu erwarten. 5.4.2.5 Morphologische Entwicklung der Vordeichsländer und Elbinseln Für eine umfassende Analyse der morphologischen Entwicklung der Vordeichsländereien stehen die erforderlichen Datensätze nicht zur Verfügung. Aus der Ortskenntnis heraus ist festzustellen, daß durch Vordeichungsmaßnahmen, Landnutzungsänderungen (Begrüppung, Verwallung, Bewuchs) sowie durch Strömungsabschattung die hydrologischen Randbedingungen für die morphologische Entwicklungen der Vordeichsländereien beeinflußt worden sind. Diese örtlichen Einflüsse werden mit Sicherheit die mittelbaren Auswirkungen des 13,5mAusbaus deutlich überprägt haben. Eine Prognose der zu erwartenden morphologischen Entwicklung der Vordeichsländereien kann deshalb nicht auf den bisherigen Entwicklungstrend abgestützt werden. Die morphologische Entwicklung der Vordeichsländereien infolge des geplanten Fahrrinnenausbaus läßt sich daher zuverlässiger ausgehend von dem heutigen Ist-Zustand aus den zu erwartenden Veränderungen der Wasserstände, Strömungen und Trübungsverhältnissen ableiten. Die Sturmflutuntersuchungen haben gezeigt, daß die ausbaubedingten Wasserstandsanhebungen nur eine Größenordnung von 1 cm bis 2,5 cm erreichen werden. Bezogen auf die Vordeichsländereien bedeutet dies, daß nach dem Ausbau eine um bis zu 2,5 cm höhere Wassersäule mit entsprechend darin enthaltenen Schwebstoffmengen überstaut wird. Die Überströmungen der Vordeichsländereien und Inselbereiche werden in starkem Maße durch die örtlichen Rauheitsbedingungen (Bewuchs, Gras, Büsche, Bäume usw.) geprägt. Da ausbaubedingt auch bei Sturmfluten der Durchfluß stärker auf die Hauptrinne gebündelt wird, zeigen die Ergebnisse des mathematischen Modells keine Zunahmen aber auch keine Abnahmen der Strömungen im Bereich der Vorländer. Erosionen können deshalb in diesen Bereichen ausgeschlossen werden. Eine verstärkte Sedimentation kann nur in äußerst geringem Umfang stattfinden, nämlich entsprechend der um bis zu 2,5 cm erhöhten Wassersäule und den darin enthaltenen Schwebstoffen, wenn aufgrund der unveränderten Strömungsgeschwindigkeiten eine Veränderung des Absinkverhaltens des Schwebstoffes ausgeschlossen werden kann. Zusammenfassend ist festzustellen, daß durch den geplanten Ausbau der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe die morphologische Entwicklung der Vordeichsländereien und der höher gelegenen Bereiche der Elbinseln nicht verändert wird.

5.4.2.6 Morphologische Entwicklung in den Nebenflüssen Die systematischen Untersuchungen der ausbaubedingten Änderungen in den Elbnebenflüssen haben gezeigt, daß, je nach der Lage der Nebenflüsse innerhalb des Ästuars, von der Tideelbe aus Tidehubverstärkungen in der Größenordnung von 1 cm bis 11 cm wirksam werden und in die Nebenflüsse einschwingen. Dadurch werden die Tidestromvolumen erhöht, so daß sich in den Nebenflüssen zwar sehr geringe aber in der Tendenz Erhöhungen der Strömungsgeschwindigkeiten einstellen werden. Eine Verlandung der durchströmten Bereiche der Elbnebenflüsse ist daher nicht zu befürchten. Da die Geschwindigkeitserhöhungen nur äußerst geringe Werte erreichen, sind wirkungsvolle Erosionen in den Nebenflüssen auszuschließen. Aufgrund der geringen ausbaubedingten Veränderungen der Tidedynamik und damit auch der Strömungsgeschwindigkeiten, ist eine bedeutsame Verschiebung der Brackwasser- und Trübungszone innerhalb des Ästuars wie auch eine bedeutende Veränderung der Schwebstoffkonzentrationen nicht zu erwarten. Dies haben auch die Untersuchungen der GKSS (MATERIALBAND II a) ergeben. Eine Veränderung des Feststoffhaushaltes der Elbnebenflüsse (Schwebstoff- und Geschiebefracht) wird ausgehend von der Tideelbe durch die geplante Ausbaumaßnahme somit nicht eintreten.

5.5 Ermittlung und Bewertung ausbaubedingter Änderungen in der Seegangsbelastung auf Ufer, Watten und Deiche

5.5.1 Physikalische Grundlagen Ausbaubedingte Auswirkungen der Fahrrinnenvertiefung und Breitenveränderung auf die Seegangsverhältnisse der Unter- und Außenelbe resultieren aus der

Änderung der Systemgeometrie (Topographie) sowie

der Änderung der Tidedynamik (Wasserstände und Strömungen). Die Vertiefung der Fahrrinne wirkt sich jedoch nur dann aus, wenn die Wellen schon im Ist-Zustand in diesem Bereich Grundberührung haben, d. h., wenn hinsichtlich des Seeganges Flachwasserbedingungen vorherrschen. Die Rinnenvertiefung bewirkt dann eine Verminderung der Bodenreibung und damit eine Abnahme der Energiedissipation, so daß ein erhöhtes Maß an Seegangsenergie in das Ästuar eingetragen werden kann. Bei Flachwasserbedingungen (die großen Wellen haben Grundberührung) hat eine Vertiefung einen Einfluß auf die Seegangsausbreitung durch die Refraktion. Als Refraktion wird das Einschwenken der Wellen infolge Grundberührung (also durch das Abbremsen infolge Sohlrauheit) bezeichnet. Eine veränderte Refraktion kann örtlich sowohl zu Zunahmen wie auch zu Abnahmen der Wellenhöhen führen. Die Änderung der Tidedynamik beeinflußt bei Flachwasserverhältnissen durch die Wasserstandsänderung wiederum die Refraktion des Seegangs. Durch die Änderung der Strömungsgeschwindigkeiten wird die Strömungsrefraktion der Wellen beeinflußt. Als Strömungsrefraktion wird das durch das Strömungsprofil geprägte Ausbreitverhalten des Seegangs bezeichnet. Da die höchsten Strömungsgeschwindigkeiten in der Regel im zentralen Bereich der tiefen Rinne auftreten und sich somit ein gekrümmtes horizontales Geschwindigkeitsprofil ausbildet, entsteht bei Wellen, die entgegen der Strömungsrichtung laufen, ein Einbeugen der Wellenkämme zur Rinnenmitte hin. Im Falle der Außenelbe wird somit bei Ebbestrombedingungen der einlaufende Seegang in der tiefen Rinne gebündelt. Bei einer ausbaubedingten Erhöhung der Ebbstromgeschwindigkeiten wird dieser Bündelungseffekt entsprechend verstärkt. Bei von See einlaufenden Wellen und Flutstrombedingungen wird entsprechend dem horizontalen Flutströmungsprofil der Seegang ausgebreitet und damit in die flacheren Randbereiche geleitet, wo aufgrund der zunehmenden Sohlreibungswirkung die Welle in den flacher werdenden Seitenbereich gebeugt wird.

5.5.2 Ergebnisse Für den Bereich des Elbmündungsgebietes wurden die zu erwartenden ausbaubedingten Änderungen der Seegangsverhältnisse mit dem mathematischen Seegangsmodell HISWA im Auftrage der BAW durch das niederländische Institut Delft Hydraulics für unterschiedliche Wasserstände, Strömungen und Seegangsbedingungen berechnet. Die Untersuchungen haben zusammenfassend ergeben, daß ausbaubedingt auch bei extremen Sturmfluten mit signifikanten Wellenhöhen von 6,5 m und signifikanten Peakperioden von 12 s großflächig die Änderungen der Wellenhöhen < ± 2 cm bleiben. Nur südlich der Fahrrinne in Höhe Neuwerk wurden regional Wellenhöhenzunahmen bis 5 cm und nördlich dieses Bereiches Wellenhöhenabnahmen bis 5 cm ermittelt. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die ausbaubedingten Änderungen der Seegangsbelastung auf Ufer, Watten und Deiche unterhalb einer nachweisbaren Größe von Dh ± 2 cm bleiben und somit praktisch bedeutsame Veränderungen in der Belastung ausgeschlossen werden können. Im inneren Teil des Elbeästuars wird der Seegang durch die örtlichen Windfelder angefacht. Dabei ist der Energieeintrag und damit auch die entstehende Wellenhöhe von der Windgeschwindigkeit und insbesondere der Windwirklänge (Streichlänge) abhängig. Da durch den Ausbau diese beiden maßgebenden Einflußfaktoren nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß (Wasserstandserhöhung bis max. 4 cm) verändert werden, sind nennenswerte Mehrbelastungen der Deiche und Deckwerke sowie auch Auswirkungen auf die morphologische Entwicklung der Sände und Watten nicht zu erwarten. Abb. 5 - 21: Topographie des Seegangsmodells HISWA

Abb. 5 - 22: Seegangsverhältnisse bei Niedrigwasser (Ist-Zustand)

Abb. 5 - 23: Ausbaubedingte Änderungen der Seegangsverhältnisse bei Niedrigwasser

Abb. 5 - 24: Seegangsverhältnisse bei Sturmflutbedingungen (Ist-Zustand)

Abb. 5 - 25: Ausbaubedingte Veränderungen der Seegangsverhältnisse bei Sturmflutbedingungen

5.6 Ermittlung und Bewertung ausbaubedingter Änderungen der schiffserzeugten Belastungen (Schiffswellen und Strömungen) 5.6.1 Physikalische Grundlagen Der eingetauchte Schiffskörper muß bei seiner Fahrt das "im Weg befindliche" Wasser vor dem Bug verdrängen. Dabei bildet sich vor dem Bug ein "Bugstau" aus und seitlich des Schiffskörpers ein Druckminimum, so daß das Wasser seitlich des Schiffes nach hinten beschleunigt wird, am Heck wieder zusammenströmt und dort abgebremst wird ("Heckstau"). Der strömungsmechanische Prozeß wird überlagert durch das Ansaugen und Abstrahlen des Schraubenwassers. Je schneller das Schiff fährt, desto größer ist die Wassermenge je Sekunde, die verdrängt und seitlich am Schiff beschleunigt werden muß. Der erforderliche Energieeintrag über die Schiffsschraube steigt dabei überproportional an. Entsprechend steigt mit zunehmender Schiffsgeschwindigkeit ebenfalls überproportional die entstehende Primärwellenhöhe an. In der folgenden schematischen Abbildung (Abb. 5 - 26) ist das Wellensystem dargestellt und definiert. Abb. 5 - 26: Seitliche Ansicht der Schiffswellensysteme (stark überhöht) und Einflußgrößen

5.6.2 Ergebnisse Da die bisher in der internationalen Literatur verfügbaren theoretischen Berechnungsansätze nicht allgemeingültig sind, wurden dem Stand der Wissenschaft entsprechend von der BAW-AK hydraulische Modellversuche zur Ermittlung der ausbaubedingten schiffserzeugten Belastungen durchgeführt. Die Versuche (Maßstab 1:40) zeigen für einen ausgewählten Elbabschnitt in Höhe der Lühemündung die starke Abhängigkeit der Schiffswellenhöhe von der Schiffsgeschwindigkeit. Während für ein aufkommendes Schiff bei 12 kn Schiffsgeschwindigkeit gegenüber Wasser der Absunk der Primärwelle unter 0,5 m bleibt, steigt der schiffserzeugte Absunk bei einer Schiffsgeschwindigkeit von 15 kn auf rd. den 3fachen Wert (ca. 1,5 m) an. Der in Abbildung 5 - 27 dargestellte funktionale Zusammenhang zwischen der Schiffsgeschwindigkeit gegenüber Wasser und der entstehenden Absunkhöhe verdeutlicht das nichtlineare Systemverhalten. Tiefgehende Schiffe teilen den zu verdrängenden Wasserkörper näherungsweise symmetrisch Abb. 5 - 27: Vergleich des berechneten geschwindigkeitsabhängigen Absunks zA für den Lühe-Anleger mit Meßwerten aus dem hydraulischen Modell der BAW

in zwei gleiche Teilmengen. Üblicherweise verkehren die Schiffe nicht in der Rinnenmitte, sondern aufgrund des Gegenverkehrs an dem jeweiligen Fahrrinnenrand. Die zu verdrängende Teilmenge muß unter diesen Bedingungen in dem kleineren Teilquerschnitt zwischen dem Schiff und dem nahen Ufer zurückströmen. Aus der strömungsmechanischen Kontinuitätsbedingung ergibt sich, daß mit geringer werdendem hydraulisch wirksamen Rückstromquerschnitt die Strömungsgeschwindigkeit der Rückströmung ansteigen muß. Aus diesem Grund bildet sich am Schiff eine entsprechend erhöhte Druckdifferenz (Wasserspiegelauslenkungen) aus, die auch zu einer entsprechend erhöhten Uferbelastung führt. Deshalb treten bei ein- und auslaufenden Schiffen die höchsten Belastungen jeweils auf der ufernahen Seite auf. Durch die geplante Fahrrinnenvertiefung ergibt sich eine Überlagerung gegenläufiger hydraulischer Effekte. Infolge der Fahrrinnenvertiefung selbst wird örtlich der hydraulisch wirksame Querschnitt für die Rückströmung erweitert. Dadurch wird für Schiffe, die heute und in Zukunft mit gleichem Tiefgang verkehren, der Rückstromquerschnitt vergrößert und somit die schiffserzeugte Belastung abnehmen. Für die großen Containerschiffe der 4. Generation (PANMAX) und der POST-PANMAX-Schiffe, für die die Fahrrinnenanpassung durchgeführt werden soll, ist eine entsprechende Zunahme der Schiffstiefgänge zu berücksichtigen. Diese Schiffe können im heutigen Zustand mit einem maximalen Tiefgang von 12,80 m verkehren und nach dem Ausbau mit 13,80 m. Diese Schiffe werden also voll abgeladen um rd. 1 m tiefer eintauchen, so daß sich noch für ein PANMAX-Schiff mit einer Breite von 32,20 m eine Zunahme des Verdrängungsquerschnittes um 32,20 m2 ergibt. Aufgrund der Fahrrinnenbreite von 300 m bis 350 m ergibt sich bei einer Vertiefung um 1 m eine entsprechende Querschnittserweiterung, die bei 2 m Vertiefung sogar einen Wert von 600 m2 bis 700 m2 erreicht. Aufgrund der geometrischen Systeme und der nichtlinearen strömungsmechanischen Prozesse ist eine theoretische Prognose der zu erwartenden ausbaubedingten Änderungen des Primärwellensystems bisher nicht möglich. Die systematischen Modellversuche haben jedoch gezeigt, daß bei 12 kn sowie bei 15 kn Schiffsgeschwindigkeit die ausbaubedingte Querschnittserweiterung gegenüber der Erhöhung der Wasserverdrängung überwiegt, so daß in der Tendenz ausbaubedingt die erzeugten Schiffswellen leicht abnehmen. In der folgenden Abbildung 5 - 28 sind ausgewählte Ergebnisse für ein POST-PANMAX-Schiff einkommend und abgehend dargestellt. Abb. 5 - 28: Auswirkungen der Systemänderungen, Profil Lühe, Absunk zA ( Dd = 2 m; POST-PANMAX, Aufkommer/Abgänger)

In Bereichen mit bereits vorhandenen Übertiefen werden keine Querschnittserweiterungen durch Baggerungen vorgenommen, so daß lediglich durch den morphologischen Nachlauf Querprofilaufweitungen zu erwarten sind. In diesen Bereichen können örtliche Belastungszunahmen entstehen, wenn der morphologische Nachlauf nur zu geringen Querschnittsaufweitungen führt. Da die Elbabschnitte mit ausgeprägten Übertiefen gleichzeitig große hydraulische Querschnitte für die Rückströmung aufweisen, sind in diesen Abschnitten jedoch nicht die höchsten schiffserzeugten Belastungen zu erwarten. Zusammenfassend ist festzustellen, daß durch den geplanten Fahrrinnenausbau und den dann möglichen Verkehr mit tiefergehenden Schiffen (Zunahme des Tiefgangs von 12,80 m auf 13,80 m) die schiffserzeugten Belastungen und damit die Belastungen der Ufer, Deckwerke und Deichfüße in den Ausbaustrecken nicht zunehmen werden. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, daß im Ist-Zustand bereits auftretende Probleme jeweils die Bereiche betreffen, in denen zu hohe Schiffsgeschwindigkeiten gefahren werden. Dieses Problem wird durch den Ausbau nicht vermindert, so daß auch künftig bei Schiffsgeschwindigkeiten von über 12 kn gegenüber dem Wasser von großen, tief abgeladenen Containerschiffen in engen Querschnitten der Unterelbe überproportional erhöhte Schiffswellen und Rückströmungen verursacht werden.
  Fußnoten 1.) Hinweis: Im Sinne einer "worst-case"-Abschätzung wird im Rahmen des Kapitels 8 ("Null-Variante") dennoch davon ausgegangen, daß es infolge eines Meeresspiegelanstiegs zu einer Verstärkung ausbaubedingter Wasserstandsänderungen kommen kann. 2.) Hinweis: Die Wasserstände und deren ausbaubedingte Änderungen im Längsprofil der Tideelbe müssen nicht identisch sein mit den Werten für die Mündungen der Nebenflüsse. 3.) Die MORAN-Methode (siehe SIEFERT 1987) besteht in der Bestimmung mittlerer Sedimentbilanz- und Umsatzhöhen.