Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

5. SCHLUßBETRACHTUNG

In Teil 1 dieser Studie (Ist-Zustand) konnte gezeigt werden, daß dem Untersuchungsgebiet eine große Bedeutung sowohl für die dort tätigen Krabbenfischer als auch für die Hamenfischer zukommt. Der durchschnittliche Gesamterlös der Baumkurrenfischerei (Speisekrabben- und Seezungenanlandungen plus Beifänge) im Untersuchungsgebiet belief sich im Zeitraum von 1990 bis 1993 auf rund 4,26 Mio. DM pro Jahr. Das entspricht 33% (Niedersachsen) bzw. 57% (Schleswig-Holstein) der Gesamterlöse der jeweiligen Anlandungshäfen (Cuxhaven in Niedersachsen bzw. Friedrichskoog und Büsum in Schleswig-Holstein). Dieses schließt jedoch nicht aus, daß einzelne Betriebe ihre gesamten Umsätze im Untersuchungsgebiet erwirtschaften.

Die im Untersuchungsgebiet tätigen Hamenfischer erzielen ihre gesamten Erträge (ca. 400.000 - 440.000 DM / Jahr) im Untersuchungsgebiet. Für die Nebenerwerbsfischerei liegen derzeit keine genauen Ertragszahlen vor. In der Summe kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die Nebenerwerbsfischer ähnlich hohe Erträge wie die Hamenfischer erwirtschaften. Somit ist für das Untersuchungsgebiet von einem durchschnittlichen fischereiwirtschaftlichen Ertrag von rund 5,1 Mio. DM pro Jahr (Datenbasis 1990 - 1993) auszugehen.

Die Entwicklung der Anlandungen im Untersuchungsgebiet hat gezeigt, daß die lokale Bedeutung des Untersuchungsgebietes in den letzten Jahren stetig gestiegen ist. Diese positive Entwicklung, die hauptsächlich auf die verbesserte Wasserqualität und die daraus resultierenden Verbesserungen der Fischbestände (THIEL, 1994) zurückzuführen ist, legt den Schluß nahe, daß sich die fischereiwirtschaftlichen Potentiale im Untersuchungsgebiet in den kommenden Jahren noch verbessern werden.

Von den im Untersuchungsgebiet ansässigen Fischereizweigen wird die Angelfischerei durch die geplanten Maßnahmen am wenigsten beeinträchtigt. Lediglich während der Bauphase kann es zu lokalen Beeinflussungen kommen. Auch in der Reusenfischerei muß vorwiegend während der 2-jährigen Bauzeit mit Ertragseinbußen gerechnet werden. Nach Abschluß der Bauphase dagegen sind nur noch geringe Auswirkungen zu erwarten.

Anders verhält es sich in der Hamen- und Baumkurrenfischerei. Hier treten sowohl in der Bauphase, als auch nach Fertigstellung der Maßnahme teilweise starke Beeinträchtigungen auf. In der Baumkurrenfischerei ergeben sich dabei Unterschiede zwischen der Krabben- und der Seezungenfischerei. Während der Bauphase sind in der Seezungenfischerei (Bewertungsstufe 4) stärkere Auswirkungen als in der Krabbenfischerei (Bewertungsstufe 3 - 4) zu erwarten. Die Ursache dafür ist die unterschiedliche Größe der jeweiligen Fanggebiete. Während die Krabbenfischerei im gesamten Gebiet zwischen der Ostemündung und Scharhörn betrieben wird, ist die gezielte Seezungenfischerei auf einige kleine Bereiche beschränkt, wobei dem Gebiet südlich des Großen Vogelsandes (Bereich eines Verbringungsortes) die größte Bedeutung zukommt.

Ein wichtiger Faktor bei der Bewertung der fischereiwirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahme ist auch, ob die Fischer in andere (nicht beeinflußte) Fanggebiete ausweichen können. Für die Baumkurrenfischerei (Krabben- und Seezungenfischerei) muß gesagt werden, daß die Beeinträchtigung der Fischereigebiete nicht durch die Ausweisung neuer Fanggebiete kompensiert werden kann, da bereits die gesamte Fläche (Scharhörn bis zur Ostemündung), auf der eine Baumkurrenfischerei rechtlich zulässig und praktisch durchführbar ist, fischereilich genutzt wird. Ein Ausweichen in andere Fanggründe ist nur bedingt möglich, da die Entfernung zum Heimathafen eine ebenso große Rolle spielt, wie die Konkurrenz benachbarter Krabbenfischer.

Eine Minimierung der maßnahmenbezogenen Beeinträchtigungen der Baumkurrenfischerei wären nur dadurch möglich, daß während der Hauptfangzeiten nicht in den jeweiligen Fanggebieten gebaggert oder umgelagert wird. Eine präzise Vorhersage der Nutzungszeiten einzelner Fanggebiete ist jedoch nicht möglich. Lediglich für die Seezungenfischerei kann festgehalten werden, daß sie im Zeitraum zwischen Mai und August durchgeführt wird. Da sich jedoch die Verbringungsorte für den überwiegenden Teil des ausbaubezogenen Baggergutes aus dem Bereich des WSA Cuxhaven direkt im Bereich der Seezungenfangplätze befinden, ist auch hier keine Minimierung der Auswirkungen möglich.

Der am stärksten betroffene Fischereizweig im Untersuchungsgebiet ist die Hamenfischerei. Der überwiegende Teil (13) der derzeit 22 genutzten Hamenfangstellen wird durch die Anpassung der Fahrrinne an die Containerschiffahrt beeinträchtigt. Dabei treten sowohl während der Bauphase, als auch nach Fertigstellung der Maßnahme starke Beeinträchtigungen auf. Diese starke Beeinflussung der Hamenfischerei ist deshalb besonders gravierend, da die Hamenfischer ihre Erträge ausschließlich im Untersuchungsgebiet erwirtschaften und die Ausweisung neuer Hamenfangplätze starken Beschränkungen unterliegt. Ferner lassen naturschutzrechtliche Belange sowie Aspekte der Schiffahrtssicherheit, aber auch der Sicherheit der Hamenfischer, ein Ausweichen in andere Bereiche nur beschränkt zu. Darüber hinaus dauert es erfahrungsgemäß mehrere Jahre, bis Ertragseinbußen durch den Verlust von Fanggründen durch neue Fangstellen kompensiert werden können.

Eine Minimierung der maßnahmenbezogenen Beeinträchtigungen der Hamenfischerei ist bedingt möglich. Während der Bauphase könnte der Bauablaufplan mit den Nutzungszeiten einzelner Fangplätze abgestimmt werden, wobei die Fischer zur aktuellen Nutzung während des Ausbaus zu befragen wären.

Nach Fertigstellung der Maßnahme könnte durch die Festlegung von Höchstgeschwindigkeiten # 12 Kn, die schiffsbedingten Auswirkungen möglichst gering gehalten werden.

Die genannten Minimierungen sind jedoch nicht geeignet, die Auswirkungen der Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe an die Containerschiffahrt auf die Baumkurren- und Hamenfischerei vollständig abzufangen. Vielmehr kann festgestellt werden, daß die geplante Maßnahme die positive Entwicklung der Elbfischerei, die die lokale Bedeutung dieses Fanggebietes in den letzten Jahren deutlich steigen ließ, behindern oder sogar gefährden kann.

Die Bewertung der fischereiwirtschaftlich relevanten Auswirkungen (vgl. Kap. 3.1 und 3.2) für die Fangplätze/-gebiete der Baumkurren- und Hamenfischerei werden in Karte III zusammenfassend dargestellt. Die nachfolgende Tabelle 7 führt die Bewertungen der fischereilich relevanten Auswirkungen für die einzelnen Fischereizweige als Gesamtbewertung für das Untersuchungsgebiet auf.

Tabelle 7: Zusammenfassung der Bewertungen der ausbaubedingten Auswirkungen auf die im Untersuchungsgebiet ausgeübten Fischereizweige. Bewertungsstufen: 1 - keine Auswirkungen; 2 - geringe Auswirkungen: 3 - mäßige Auswirkungen: 4 - erhebliche Auswirkungen; 5 - nachhaltige Auswirkungen.

Fischereizweig Auswirkungen während der Bauphase (temporär) Auswirkungen nach der Bauphase (permanent)
Baumkurrenfischerei
Krabbenfischerei
Seezungenfischerei
3 - 4
3
4
2 - 3
3
2 - 3
Hamenfischerei 5 5
Reusenfischerei 3 - 4 2
Angelfischerei 2 1

 

Für die AG Prof. Dr. H. Möller

Dr. M. Voigt