Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

2.6.4 Ermittlung der Wertstufe des Landschaftsbildbereiches für das Kriterium "Anthropogene Prägung"

Für die Bewertung des Kriteriums "Anthropogene Prägung" auf der Ebene der Landschaftsbildbereiche werden drei Abwertungsparameter festgelegt:

  • Aufspülung
  • Großobjekt
  • Deichvorverlegung

Aufspülung

Das Aufspülen von Flächen bedeutet eine deutliche Veränderung des Landschaftsbildes (vgl. Abb. 41). Eine Fläche, die auf mehrere Meter über NN aufgespült wurde, entspricht nicht mehr der landschaftlichen Eigenart der Marsch. Durch Aufspülung wird die Grenze zwischen Land und Wasser und die Grenze des Tidegeschehens nachhaltig verändert und damit die Eigenart des tidegeprägten Untersuchungsgebietes zerstört. Deshalb wird "Aufspülung" als Abwertungsparameter (+1) für den Flächenwert bei der Bewertung der anthropogenen Prägung behandelt. Die Biotopkartierung erfaßt die Überprägung durch Aufspülung nicht, so daß aufgespülte Flächen eine hohe Naturnähe aufweisen können. Lediglich über die Bodenkarten des Fachgutachtens "Böden" (MATERIALBAND V) können die aufgespülten Flächen ermittelt werden. Dem Fachgutachten können jedoch nur die Flächen innerhalb der Untersuchungsgebietsgrenzen der UVU entnommen werden, für die Zusatzbereiche liegen keine genauen Daten vor. Aus der Karte "Landschaftsbildstrukturen" (Maßstab 1:50.000) des Fachplanes Landschaftsbild (STADTENTWICKLUNGSBEHÖRDE HAMBURG 1994) läßt sich jedoch entnehmen, daß zumindestens im Bereich des Hamburger Hafens auch der größte Teil der Flächen im erweiterten Untersuchungsgebiet aufgehöht wurde. Wenn der aufgespülte Bereich mehr als 50% der Fläche des Landschaftsbildbereiches umfaßt, wird der Landschaftsbildbereich um eine Wertstufe abgewertet (+1).

Großobjekt

Bauliche Großobjekte prägen durch ihre Größe und Materialbeschaffenheit an vielen Stellen das Landschaftsbild des Untersuchungsgebietes (vgl. Abb. 44 sowie Anhang Raumwirksame Großobjekte). Sie werden negativ für die Anthropogene Prägung bewertet. Da die Grundfläche der baulichen Großobjekte (z.B. bei den Stromleitungsmasten auf Lühesand) nur wenige Prozent des Landschaftsbildbereiches ausmacht, wird ihre Wirkung mittels eines Wirkungskreises (Radius 1,5 km) dargestellt. Sind mehr als 1/3 des Landschaftsbildbereiches von einem oder mehreren baulichen Großobjekten beeinträchtigt, wird der Landschaftsbildbereich um eine Wertstufe abgewertet (+1).

Deichvorverlegung

Deichvorverlegungen fanden - in jüngerer Zeit besonders nach 1962 - an vielen Stellen im Untersuchungsgebiet statt. Dadurch wurden stellenweise große Vordeichflächen dem Tidegeschehen entzogen. Eine weitere Reduzierung der tidebeeinflußten Flächen widerspricht der Eigenart des Untersuchungsgebietes. Das Landschaftsbild der durch Deichbau verengten Vordeichländer hat sich so deutlich verändert, daß Deichvorverlegungen in heute schmalem Vordeichland (Breitenklassen < 200 m und 200 - 500 m) negativ bewertet werden (vgl. Abb. 43). Der betroffene Landschaftsbildbereich wird um eine Wertstufe abgewertet (+1), wenn mindestens 50% der Deichlinie nach 1955 vorverlegt wurde: Deichvorverlegungen in heute breitem Vordeichland (Breitenklasse > 500 m) sowie kleinräumige Begradigungen der Deichlinie und Veränderungen durch Deicherhöhungen wurden nicht negativ bewertet.

Tab. 9: Bewertungsvorschrift für die Abwertungsparameter "Aufspülung", "Deichvorverlegung" und "Großobjekt" des Kriteriums "Anthropogene Prägung"

Benennung Bewertungsvorschrift
Aufspülung Wenn mehr als 50% der Fläche eines Landschaftsbildbereiches aufgespült wurde, wird der Landschaftsbildbereich um eine Wertstufe abgewertet (+1).
Deichvorverlegung Wenn mehr als 50% der Deichlinie eines Landschaftsbildbereiches nach 1955 vorverlegt wurde, wird der Landschaftsbildbereich um eine Wertstufe abgewertet (+1) (gilt nicht für Landschaftsbildbereiche der Breitenklasse > 500 m).
Großobjekt Wenn der Landschaftsbildbereich zu mehr als einem Drittel im Wirkungsbereich (r = 1500 m) eines oder mehrerer Großobjekte liegt, wird der Landschaftsbildbereich um eine Wertstufe abgewertet (+1).

In der Kriteriumkarte "Anthropogene Prägung" werden aufgespülte Flächen schraffiert dargestellt (nicht im Zusatzbereich). Großobjekte werden mit ihrem Wirkungskreis dargestellt (vgl. Kriteriumkarte "Raumstruktur und Formenschatz"). Vorverlegte Deichabschnitte sind markiert.

Die Bewertung der Anthropogenen Prägung eines Landschaftsbildbereiches ergibt sich aus dem Flächenwert (Durchschnitt der Flächenwertstufen) und der Abwertung durch die Abwertungsparameter "Aufspülung", "Deichvorverlegung" und "Großobjekt". Ein Landschaftsbildbereich mit dem Flächenwert 2, der auf Grund vorhandener Aufspülungen, Deichvorverlegungen und Großobjekte nach der Bewertungsvorschrift abgewertet wird, erhält somit die Landschaftsbildbereichswertstufe 5. Die Einzelbewertungen der Abwertungsparameter werden, soweit vorhanden, bei der Gesamtbewertung addiert. Durch die Vergabe der Flächenwertstufen (1 - 4) können sich ebenfalls Flächenwerte zwischen 1 und 4 ergeben. Mit der Berücksichtigung der Abwertungsparameter (maximal +3) können sich demnach rechnerisch Landschaftsbildbereichswertstufen zwischen 1 und 7 ergeben. Die Landschaftsbildbereichswertstufe 7 wird real nicht erreicht. Die Landschaftsbildbereichswertstufe 6 wird nicht gesondert vergeben, sondern diese Landschaftsbildbereiche werden zur Landschaftsbildbereichswertstufe 5 hinzugefügt. Folgende Benennungen der Landschaftsbildbereichswertstufen wurden festgesetzt:

  • Wertstufe 1: Landschaftsbildbereich mit sehr guten Voraussetzungen für das Erleben der anthropogenen Prägung
  • Wertstufe 2: Landschaftsbildbereich mit guten Voraussetzungen für das Erleben der anthropogenen Prägung
  • Wertstufe 3: Landschaftsbildbereich mit durchschnittlichen Voraussetzungen für das Erleben der anthropogenen Prägung
  • Wertstufe 4: Landschaftsbildbereich schlechten Voraussetzungen für das Erleben der anthropogenen Prägung
  • Wertstufe 5: Landschaftsbildbereich mit sehr schlechten Voraussetzungen für das Erleben der anthropogenen Prägung

Die flächenaggregierte Bewertung der anthropogenen Prägung auf der Ebene der Landschaftsbildbereiche wird in der Karte "Bewertung der Anthropogenen Prägung" im Maßstab 1: 100.000 dargestellt. Die Ermittlung der Wertstufe der Landschaftsbildbereiche werden im jeweiligen Steckbrief dokumentiert.

Abb. 41: "Aufspülung" im Hamburger Hafen

 

Abb. 42: "Bereich naturraumtypischer Zonierung" im Heuckenlock

 

Abb. 43: "Deichvorverlegung" auf Fährmannssand

 

Abb. 44: "Großobjekte" im Bereich Stade / Lühesand

 

Abb. 45: Ablaufschema der flächenaggregierten Bewertung