Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

11 KÜNFTIGE KLIMAENTWICKLUNG IM VERGLEICH ZU DEN AUSBAUBEDINGTEN ÄNDERUNGEN

Vor dem Hintergrund möglicher langfristiger Klimaveränderungen ist die Entwicklung für den Untersuchungsraum näher zu betrachten. Dabei ist einmal die Wirkung der Klimaveränderung auf die einzelnen meteorologischen Parameter von Bedeutung, zum anderen mittelbare Wirkungen wie z.B. auf die Höhe des Meeresspiegels, die ihrerseits wieder klimatisch relevant sein können. Diesen durch globale Veränderungen verursachten Entwicklungen im Unterelbegebiet sind die ausbaubedingten gegenüber zu stellen.

Nach SIEFERT [1995] haben aktuelle Modellierungen der zukünftigen Meeresspiegelentwicklung einen globalen Anstieg von rund 25 cm in den nächsten 100 Jahren ergeben. Älteren Angaben zufolge ist mit einem Anstieg von 50 - 60 cm bis zum Ende des nächsten Jahrhunderts zu rechnen. Bei Zugrundelegung eines Meeresspiegelanstiegs von 50 cm wäre zum Beispiel am Pegel St.Pauli mit einer zusätzlichen Erhöhung des Tidehochwassers um ca. 8 cm zu rechnen, während das Niedrigwasser um rund 7 cm absinken würde. Bei einem - aus heutiger Sicht wahrscheinlicheren - Meeresspiegelanstieg um nur 25 cm sind nach Siefert [1995] nur halb so große Änderungen der Tidewasserstände in der Unterelbe zu erwarten. Festzuhalten bleibt, daß der Tideablauf in der Elbe durch derartige Meeresspiegelschwankungsszenarien etwa im gleichen Maße wie durch die geplante Fahrrinnenanpassung beeinflußt wird, und zwar in den jeweiligen Scheitelbereichen um wenige Zentimeter. "Damit bleibt selbst bei ungünstiger Addition der beiden Effekte im Falle eines Meeresspiegelanstiegs dieser selbst das entscheidende Maß" (SIEFERT [1995, S. 13]).

Der vom ECSN (European Climate Support Network) herausgegebene Bericht "Climate of Europe - European Climate Assessment" (ECA [1995]) soll eine bessere Übersicht über Klimabedingungen in Europa geben.

Übereinstimmend gehen die Wissenschaftler von einer durch die Zunahme der Konzentration klimarelevanter Gase in der Atmosphäre, insbesondere des CO2, von einer weltweiten Klimaänderung aus. Im Zeitraum einer CO2-Verdopplung wird ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur von einigen Kelvin erwartet. Dabei ist die Änderung im regionalen Klima sehr ungewiß.

Die Auswertung klimatologischer Meßreihen bis heute erbrachte bisher keine absolute Gewißheit über eine bereits im Gange befindliche Klimaveränderung in Europa. Der Hauptgrund liegt in der äußerst großen Variabilität des europäischen Klimas. Prognosen (Szenarien) zur anthropogen verursachten Klimaänderung benötigen u.a. Angaben zur weltweiten Bevölkerungsentwicklung, zum globalen Energieverbrauch etc. sowie eine Abschätzung zur Emission klimarelevanter Spurengase. Alle Vorgaben beinhalten Unwägbarkeiten, die zuverlässige Endaussagen zur Klimaentwicklung zusätzlich erschweren.

Die im ECA [1995] zitierten Szenarien ergeben für den Zeitraum der CO2-Verdopplung (innerhalb von etwa 60 bis 70 Jahren) eine globale Erwärmung zwischen etwa 1,3 bis 1,9 K. Institute in den USA errechneten 2,3 K.

Generelle Ergebnisse für das zukünftige europäische Klima bei einer Verdopplung der CO2-Konzentration sind (ECSN [1995]):

Temperatur:

  • Landflächen erwärmen sich schneller als der Ozean
  • Sommer: Zunahme zwischen 0 und 3 K mit den höchsten Werten über Süd- und Zentraleuropa
  • Winter: Zunahme zwischen 0 und 4 K mit den deutlichsten Anstiegen über Nordskandinavien

Niederschlag:

  • feuchtere Verhältnisse über Nordeuropa und trockenere Bedingungen über Südeuropa
  • Sommer: nördliches Europa feuchter, südliches Europa trockener
  • Winter: trockener im westlichen Mittelmeerbereich

Die durch langfristige Klimaänderungen berechneten Wasserstandserhöhungen mit ihrem Einfluß auf die Grundwasserstände, auf die Wasserstände in den Grabensystemen sowie auf die Bodenfeuchte und damit entsprechend der dargelegten Zusammenhänge auf die Temperaturverhältnisse, als auch durch die prognostizierten Temperaturänderungen selbst liegen deutlich über den Möglichkeiten, in denen sich die durch die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe möglicherweise verursachten lokalklimatischen Änderungen bewegen würden. Dies entspricht der Klimabetrachtung ohne Verwirklichung des Vorhabens (Nullvariante).