Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

1 Einführung und Aufgabenstellung

Das Wasser- und Schiffahrtsamt Hamburg und das Amt Strom- und Hafenbau der Freien und Hansestadt Hamburg beabsichtigen, die Fahrrinne der Außen- und Unterelbe den Anforderungen der Schiffsentwicklung im Containerverkehr mit dem Hamburger Hafen anzupassen. Dies stellt unter Umständen einen weiteren Eingriff in wertvolle Vogellebensräume des Elbemündungsgebiets dar. Durch Strombaumaßnahmen, Vordeichungen und Industrieansiedlungen wurden die naturnahen Vogellebensräume im Flußbett, entlang der Ufer und in den Überschwemmungsgebieten seit den sechziger Jahren stark verändert (Dahl & Heckenroth 1983, Schuchardt et al. 1993).

Kennzeichnend für die sukzessive Verschlechterung der Lebensräume sind große Flächenverluste für einzelne Lebensraumtypen und Beeinträchtigungen der Qualitäten verbliebener Restflächen. Trotzdem wurde von der Arbeitsgemeinschaft der Landesämter/-anstalten für den Naturschutz und dem Bundesamt für Naturschutz erst vor wenigen Jahren die Elbe in einem Vergleich der "bundesdeutschen Ströme" als das System indiziert, das die besten Voraussetzungen zum Schutz und zur Renaturierung aufweist (AG der Landesämter/-anstalten u. d. Bundesamtes für Naturschutz 1994).

Die Träger des Vorhabens haben eine interdisziplinäre Gutachtergruppe mit der Umweltverträglichkeitsuntersuchung nach UVPG beauftragt, die die derzeitige Situation der Arten und Lebensgemeinschaften untersuchen und darstellen sowie die voraussichtlichen Beeinträchtigungen und Veränderungen der Lebensräume und ihrer zukünftigen Besiedlung prognostizieren soll.

Für Vögel ist die Elbe ein sehr bedeutender und möglicherweise sogar unersetzbarer Lebensraum, da hier ein großes Reservoir an Nahrung vorhanden ist. Sie nutzen die Außen- und Unterelbe in drei Gruppen zu verschiedenen Jahreszeiten. Die erste Gruppe sind Brutvögel, d. h. die Vögel, die sich im Außendeichsbereich und in den Elbmarschen fortpflanzen. Die zweite sind Rastvögel, d. h. die Vögel, die sich in weiter nördlich gelegenen Gebieten fortpflanzen, aber hier oder im Süden überwintern und hier Nahrungsreserven für den weiten Flug aufnehmen müssen. Die dritte Gruppe sind diejenigen Vögel, die im Elbeästuar und dem angrenzenden Wattenmeer ihre Mauserzeit verbringen.

Dieser Bericht stellt den avifaunistischen Fachbeitrag dar, der die besonderen Verhältnisse für die Brutvögel des Elbeästuars beschreibt. Neben den Vorkommen besonders gefährdeter und empfindlicher Arten werden sensible Teilräume und Habitate in der gutachterlichen Untersuchung herausgestellt sowie Mangelfaktoren und besondere Qualitäten bezeichnet. Planungsbezogen werden mögliche Auswirkungen auf wertgebende Strukturen und Funktionen diskutiert und eine Vorhersage der Entwicklung der Brutvogel-Populationen versucht.