Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

2. Rechenverfahren zur Bestimmung der Abgasemissionen

2.1 Derzeitige Emissionsbelastung

Das Rechenverfahren zur Bestimmung der Abgasemissionen von Schiffen während der Fahrt auf der Elbe (fließender Verkehr) und während der Hafenliegezeiten (ruhender Verkehr) entspricht dem durch den Germanischen Lloyd 1985 erarbeiteten Lösungsweg zur Erstellung eines Emissionskatasters für den Hafen Hamburg [GL 1985].

  • Für die USR 2 und 3 ist die Datengrundlage ein Datensatz, in dem jedes Seeschiff registriert ist, welches im Untersuchungsgebiet operiert (Anlage A.1, Auszug aus [Strom & Hafen 1995b] mit Ergänzungen vom Germanischen Lloyd)
    Aus diesem Datensatz konnten folgende Informationen verwertet werden:
    - Zeitpunkte verschiedener Ankünfte und Abfahrten
    - Schiffsgröße
    - Schiffstyp
    - z. T. Schiffsgeschwindigkeit
    - z. T. Hauptantriebsleistung

    Diese Datensätze wurden aufgrund interner Untersuchungen des Germanischen Lloyd um folgende benötigte Daten erweitert:
    - Schiffsgeschwindigkeit
    - Hauptantriebsleistung- Hilfsleistung
  • Für die USR 0 und 1 standen nur Gesamtzahlen des Schiffsverkehrs und eine Verteilung nach Schiffsgröße zur Verfügung [WSD-Nord 1995].
    Diese Angaben wurden durch folgende durchschnittliche Werte der entsprechenden Schiffsgrößenklasse ergänzt:
    - Schiffsgeschwindigkeit
    - Hauptantriebsleistung
    - Hilfsleistung

Im Lösungsweg wird von der gesuchten Größe (Abgasemission) ausgegangen. In den Formeln auftretende unbekannte Größen werden folgend sukzessive erläutert.

Lösungsweg

  • Emission einer Schadstoffart in dem USR

    (1)

    wobei:
    sk Schiff bzw. Größenklasse
    i Schadstoffart
    n USR
  1. Emission eines Schiffes bzw. Größenklasse

    (2)
  1. Emissionsdauer

    (3)
    USR 3 Hafen Hamburg : Emissionsdauer ist aus Datensatz bekannt
  1. Länge des Untersuchungsgebietes
    L(n)

    USR 0 Cuxhaven : 47 km
    USR 1 Brunsbüttel : 12 km
    USR 2 Unterelbe Tinsdal - St. Margarethen : 50 km
  1. Schiffsgeschwindigkeit
    v(sk,n)

    USR 0 Cuxhaven, USR 1 Brunsbüttel, USR 2 Unterelbe Tinsdal - St. Margarethen

    Die Fahrgeschwindigkeit ist so einzurichten, daß das Fahrzeug jederzeit der Verkehrslage und der Beschaffenheit der Seeschifffahrtsstraße genügt und nötigenfalls rechtzeitig aufgestoppt werden kann. [LPD 05 1990]
    Entsprechend dieser Regelung ist aus verschiedenen Untersuchungen des Germanischen Lloyd ersichtlich, daß Schiffe in Abhängigkeit von ihrer Größe mit einer tatsächlichen Geschwindigkeit zwischen 12 und 16 Kts fahren, sofern ihre Nenngeschwindigkeit größer ist.

    USR 3 Hafen Hamburg
    6 Kts
    durchschnittlicher Wert für verschiedene Hafengebiete und Schiffe, beruht auf Angaben aus [GL 1985]
  • Leistung der Hauptmaschine(n)

    (4)
    wobei:
    PHMN Nennleistung der Hauptmaschine(n) (Einzelwert für Schiff(s)- bzw. Summenwert der Größenklasse (k))
    vN
    Nenngeschwindigkeit des Schiffes
  1. ·Leistung der Hilfsdiesel
    Das Durchschnittsseeschiff verfügt über 3 Hilfsdiesel. Auf Revierfahrt werden der Erfahrung nach überwiegend zwei Hilfsdiesel mit je 50 % ihrer Nennleistung betrieben. Das heißt, die installierte Hilfsdieselleistung wird zu etwa 1/3 ausgenutzt.

    (5)
    wobei:
    PHDN Nennleistung der Hilfsdiesel (Einzelwert für Schiff(s)- bzw. Summenwert der Größenklasse (k))
  • Emissionsfaktoren
    Die Auswahl der Emissionsfaktoren erfolgte nach folgenden Gesichtspunkten:
    - Art der Maschine, mittelschnellaufend oder langsamlaufend
    - Berücksichtigung derzeitiger Motoren [LR 1993]
    - Berücksichtigung der IMO NOx-Grenzkurve [IMO 1995] (Anlage A.3)
    - SO2-Emission, abhängig von S-Anteil im Kraftstoff.

    Die Berücksichtigung dieser Kriterien führt im vereinfachten Fall zu einer Zuordnung der Emissionsfaktoren entsprechend der Schiffsgröße (BRT-Bruttoregistertonne oder BRZ-Bruttoraumzahl).

Tab. II.2: Emissionsfaktoren derzeitiger Zustand

  Emissionsfaktoren (EF) [g/kWh]
für Hauptmaschinen (EFHM) und Hilfsdiesel (EFHD)
Schadstoffart für Schiffe (s) bzw. Größenklassen (k) mit BRT/BRZ
  s,k< 1 200 1 200<s,k<10 000 s,k>10 000
i EFHM EFHD EFHM EFHD EFHM EFHD
NOx 10,0 9,0 13,8 10,0 18,7 13,8
CO 1,5 1,5 1,8 1,5 2,1 1,8
HC 0,5 0,5 0,6 0,5 0,5 0,6
SO2 4,2 1,3 11,3 4,0 10,7 11,3
Ruß/Partikel 1,0 0,2 1,5 1,0 1,5 1,5
Kraftstoff MDO GO HFO MDO HFO HFO
Schwefel-Anteil [%] 1,0 0,3 3,0 1,0 3,0 3,0
Verbrauch [g/kWh] 200 210 180 190 170 180
GO – Gas Oil
MDO – Marine Diesel Oil
HFO – Heavy Fuel Oil

 

  • Eine Besonderheit des USR 3 (Hafen Hamburg) stellt der ruhende Schiffsverkehr dar.
    In Hafengebieten erhöht sich die Gesamtemission E(i,n) um den Anteil des ruhenden Schiffsverkehrs Eruhend (i).

    (6)

    (7)

    Während der Liegezeit im Hafen ist zur Stromversorgung der seegehenden Schiffe in der Regel der Betrieb eines Hilfsdiesel von 3 installierten notwendig. Eine zusätzliche Stromversorgung für den Lade- und Löschbetrieb auf den Schiffen ist nicht üblich, da für die Arbeiten fast ausschließlich Hafenkrane verwendet werden [GL 1985]. Somit kann für die Ermittlung der Leistung der Hilfsdiesel PHD(s) des ruhenden Verkehrs ebenfalls Gleichung (5) verwendet werden.

2.2 Zukünftige Emissionsbelastung (Nullvariante, Ausbauvariante)

Datengrundlage ist eine Zusammenstellung aller Seeschiffe die im Untersuchungsgebiet operieren werden. Sie sind entsprechend der Schiffsgröße (BRZ/BRT) klassiert und zusammengefaßt. (Ein Auszug ist in Anlage A.2 abgebildet und beruht auf Schiffszahlen aus [PLANCO 1991].)

  • Aus dieser Untersuchung konnte die Anzahl der Schiffe entsprechend
    - dem Schiffstyp
    - der Schiffsgrößenklasse
    - dem Jahr
    entnommen werden.
  1. Auch dieser Datensatz wurde aufgrund interner Untersuchungen des Germanischen Lloyd um folgende durchschnittliche Werte entsprechend Schiffstyp und -größenklasse ergänzt:
    - Schiffsgeschwindigkeit
    - Hauptantriebsleistung
    - Hilfsleistung

Lösungsweg

  • Emission E(i,n) einer Schadstoffart in dem USR nach Gleichung (1)
  • Emission einer Größenklasse E(k,i,n) nach Gleichung (2)
  • durchschnittliche Emissionsdauer T(k,n) nach Gleichung (3)
  • durchschnittliche Hauptantriebsleistung

Seit Jahren erfolgt eine Energieoptimierung des Transportsystems Schiff in Form der Weiterentwicklung der Antriebsanlagen und der Schiffsformen. Somit ist heute weniger Antriebsleistung für das gleiche Ladungsvolumen notwendig, als vor einigen Jahren. Der Trend zu größeren Schiffseinheiten führt ebenfalls zu einer Verringerung der spezifischen Antriebsleistung (d.h. die doppelte Schiffsgröße erfordert weniger als die doppelte Antriebsleistung bei vergleichbaren Randbedingungen).

Es kann daher davon ausgegangen werden, daß sich die zukünftig benötigte durchschnittliche Hauptantriebsleistung um 20 % verringert.
PHM(k,n) = 0,8 × derzeitige Hauptantriebsleistung
(8)
derzeitige Hauptantriebsleistung nach Gleichung (4)

  • durchschnittliche Leistung der Hilfsdiesel PHD(k) nach Gleichung (5)

Auch die installierte Hilfsdieselleistung je Tonnageeinheit wird auf zukünftigen Schiffen geringer, jedoch in einem weitaus geringeren Umfang als bei der Hauptantriebsleistung. Deshalb wurden hier keine Änderungen gegenüber der derzeitig installierten Hilfsdieselleistung vorgenommen.

  • Emissionsfaktoren

Die Emissionsfaktoren der Schadstoffkomponenten CO und HC bleiben unverändert. (vgl. Tab. II.2)

Bis Anfang der 90er Jahre war z.B. infolge einer qualitativ besseren Verbrennung ein Anstieg der NOx-Emission zu verzeichnen. Entsprechend wurden die NOx-Emissionsfaktoren für den derzeitigen Zustand gebildet.

Seit Anfang der 90er Jahre sind verstärkt Motorkonstruktionen mit reduzierter NOx- und teilweise verringerter Ruß/Partikel-Emission auf dem Markt. Ihr Marktanteil wird bis zum Jahr 2010 signifikant ansteigen. Somit dürfen die folgenden, veränderten Emissionsfaktoren für zukünftige Betrachtungen angesetzt werden.

Tab. II.3: Veränderte Emissionsfaktoren für zukünftige Varianten

 

Emissionsfaktoren [g/kWh]

für Hauptmaschinen (EFHM) und Hilfsdiesel (EFHD)

Schadstoffart für Schiffe (s) bzw. Größenklassen (k) mit BRT/BRZ
  s,k < 1 200 1 200 < s,k < 10 000 s,k > 10 000
i EFHM EFHD EFHM EFHD EFHM EFHD
NOx 9,5 8,5 12,0 9,5 17,0 12,0
Ruß/Part 0,8 0,2 1,2 0,8 1,2 1,2

 

2.3 Mögliche emissionsmindernde Maßnahmen

Die Anwendung emissionsmindernder Maßnahmen auf Schiffen ist mit Kosten verbunden, denen kein betriebswirtschaftlich ermittelbarer Nutzen gegenübersteht. Eine freiwillige Einführung ist also kaum zu erwarten. Daher dürften auch in Zukunft emissionsmindernde Maßnahmen nur auf gesetzlicher Grundlage eingeführt werden [GL 1994].

Derartige gesetzliche Reglementierungen werden gegenwärtig z.B. im Rahmen der IMO diskutiert. Zur Begrenzung der NOx- und SOx-Emissionen stehen Regelwerke in Aussicht die global oder nur in lokalen Gebieten Anwendung finden.

Folgendes Szenario [GL 1994] soll mögliche Auswirkungen zukünftiger Regelwerke auf die Luftbelastung der USR verdeutlichen:

  • Unabhängig vom verwendeten Kraftstoff erfolgt eine Begrenzung des Schwefelanteils im Kraftstoff auf max. 1,5 %
  • NOx-Emission unterhalb der Grenzkurve für Schiffsneubauten [IMO 1995] (die Grenzkurve ist im Anhang A.3 dargestellt)
  • In der Diskussion um globale und lokale Reduzierung der Abgasemissionen von Schiffen werden auch sog. "incentive schemes" betrachtet, d.h. Systeme, die finanzielle Anreize zur Verbesserung des Umweltschutzes geben. Wenn diese Systeme wirksam werden, ist mit einem verstärkten Ersatz der Alttonnage zu rechnen. Weiterhin erfolgt eine Nachrüstung existierender Schiffe mit emissionsmindernden Maßnahmen auf freiwilliger Basis (z. B. um Wettbewerbsvorteile zu erlangen oder ebenfalls durch "incentive schemes" vorangetrieben).
  • Es kommen Abgasnachbehandlungsmaßnahmen zur NOx-Reduktion (SCR-Anlagen) bei regelmäßigen Liniendiensten (z.B. Feeder- und Fährverkehre) zum Einsatz.

Unter Berücksichtigung der in diesem Szenario gebildeten Randbedingungen kommen folgende Emissionsfaktoren (EF) in Abänderung zu den Emissionsfaktoren für derzeitige und zukünftige Varianten (vgl. Tab. II.2 und Tab. II.3) zum Einsatz. (Wesentlichen Einfluß auf die Bildung der Emissionsfaktoren hat die Studie [GL 1994].)

Tab. II.4: Veränderte Emissionsfaktoren infolge emissionsmindernder Maßnahmen

 

Emissionsfaktoren [g/kWh]

für Hauptmaschinen (EFHM) und Hilfsdiesel (EFHD)

Schadstoffart für Schiffe (s) bzw. Größenklassen (k) mit BRT/BRZ
  s,k< 1 200 1 200<s,k<10 000 s,k>10 000
i EFHM EFHD EFHM EFHD EFHM EFHD
NOx 9,0 8,0 10,0 9,0 14,0 10,0
SO2 4,2 1,3 5,7 4,0 5,4 5,7
S-Anteil Kst. [%] 1,0 0,3 1,5 1,0 1,5 1,5
Kst.verbr. [g/kWh] 200 210 180 190 170 180

 

2.4 Bauphase

Der Lösungsweg ist auf die Datengrundlage [Strom & Hafen 1995a] (Anlage A.3) abgestimmt. Dabei wird aufgrund der verschiedenen Betriebsweisen zwischen Baggerarbeiten mit Eimerkettenbaggern (EKB) und Hopperbaggern (HB) unterschieden.

  • Eimerkettenbagger (EKB)
    Der Einsatz von EKB erfolgt an 5 Tagen der Woche (Mo - Fr) je 12 Stunden. Weiterhin sind zum Abtransport des Baggergutes je EKB 2 Schuten im Einsatz. Während die eine beladen wird, transportiert die andere Schute das Baggergut zum Verklappungsort.

    - Emission einer Schadstoffart in dem USR

    (9)

    - spezifische Emission [g/h] einer Schadstoffart in dem USR

    (10)

    wobei:
    TE - Einsatzdauer pro Tag
    Bagger = 12 h
    Schute = 2 x 6 h
    Gesamt = 12 h

    - Emission des Eimerkettenbaggers

    (11)

    wobei:
    PHD = 2/3 × PHDN
    PK
    Leistung zum Antrieb der Eimerkette

    - Emission der Schuten

    (12)

    wobei:
    P Leistung der Schute
    (2 Schuten sind im Einsatz, jedoch ist jeweils nur 1 Schute im Fahrbetrieb)

    - Emissionsfaktoren
    Unter Berücksichtigung der erwarteten Motorgrößen und des Kraftstoffeinsatzes werden folgende Emissionsfaktoren für die Baggerarbeiten verwendet.

Tab. II.5: Emissionsfaktoren für Baggerarbeiten

Schadstoffart i Emissionsfaktor [g/kWh] EF
NOx 10
CO 1,5
HC 0,5
SO2 1,3
Ruß/Partikel 0,2

- Emissionsdauer

(13)

wobei:
BMenge (n) : Baggermenge im USR
B
Leistung : Baggerleistung (durchschnittliche Baggerleistung des EKB = 200 m3/h)

  • Hopperbagger (HB)
    Der Einsatz von HB erfolgt an 7 Tagen der Woche je 24 Stunden. Es werden 4 Umläufe (Baggern/Beladen, Transportieren, Verspülen/Verklappen) pro Tag absolviert. Ein Umlauf setzt sich ungefähr zusammen aus: 1h baggern/beladen, 1h verspülen/verklappen und 4h Transport.

    - Emission einer Schadstoffart in dem USR
    E(i,n)
    nach Gleichung (9)

    - spezifische Emission [g/h] einer Schadstoffart in dem USR

    (14)

    wobei:
    TE Einsatzdauer pro Tag
    baggern = 4 h
    transportieren = 16 h
    verspülen = 4 h
    Gesamt = 24 h

    - Emission im Baggerbetrieb

    (15)

    wobei:
    PHM nach Gleichung (4) plus einem Aufschlag von 100 kW, weil bei der geringen Baggergeschwindigkeit (ca. 2 Kts) die Gleichung (4) allein nicht korrekt ist und der Schiffswiderstand sich durch den herunter hängenden Baggerkopf vergrößert.
    PHD = 2/3 PHDN
    PP
    Pumpenleistung für den Baggerbetrieb

    - Emission Transportvorgang

    (16)

    wobei:
    PHM nach Gleichung (4)

    - Emission während des Verspülens entspricht der Emission im Baggerbetrieb Everspülen nach Gleichung (15)

    - Emissionsfaktoren
    EF(i)
    entsprechend der Tab. II.5

    - Emissionsdauer
    T(n)
    nach Gleichung (13)

    wobei durchschnittliche Baggerleistung des HB = 666 m3/h