Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

14 ZUSAMMENFASSUNG ZUM PROGNOSE-TEIL

Als Teil der Umweltverträglichkeitsuntersuchung zur Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe an die Containerschiffahrt wurde die vorliegende gutachterliche Prognose zu ausbaubedingten Änderungen im Regime der Schwebstoffe und gelösten Stoffe erstellt. Die Schwebstoffe können folgende, in direktem Zusammenhang mit Schutzgütern stehende Strukturen oder Funktionen beeinflussen:

  • die Biozönose in der Wassersäule (über das schwebstoffabhängige Lichtklima),
  • die Biozönose im Sediment (durch Deposition von Schwebstoff) und
  • den Betrieb wasserbaulicher Anlagen (durch konsolidierte Ablagerungen) (s. MATERIALBAND IIb).

Die prognostizierte ausbaubedingte Änderung in der Funktion der Schwebstoffe als Vehikel für Schad- und Nährstoffe ist unbedeutend und führt damit - wenn überhaupt - nur zu einer unerheblichen Beeinträchtigung der Elbe-Ökologie. Von den vorhergesagten nicht-signifikanten Konzentrationsänderungen aller gelösten Stoffe ist ebenfalls keine Beeinträchtigung zu erwarten.

Unterschieden wird zwischen potentiellen Auswirkungen während der Bauphase und nach dem Endausbau. Untersuchungsgebiet ist die Tideelbe vom Wehr Geesthacht bis zur Elbmündung.

Die Bauphase bewirkt primär Umlagerungen im Untersuchungsgebiet. Sie ist ein Übergangszustand mit stets wechselnden Randbedingungen, für den keine prognostischen Modelläufe durchgeführt wurden. Stattdessen stützen Erfahrungen mit der laufenden Unterhaltungsbaggerei - deren Baggermengen mit den Ausbaubaggermengen vergleichbar sind - und veröffentlichte Ergebnisse von Untersuchungen der Schwebstoffahnen bei Baggergutverklappungen die Prognose: die Bauphase verändert das o.g. Regime nicht nachhaltig, wenngleich die Umlagerung bindigen Materials den Ist-Zustand vorübergehend und örtlich verändern wird.

Der Ausbau führt zu einem neuen stationären Zustand. Die BAW-AK modellierte die Hydrodynamik für die Ausbaumorphologie unter Zugrundelegung typischer Spring-Nipp-Zyklen des Jahres 1992 mit unterschiedlichen Randbedingungen wie Oberwasser und Wind. (MATERIALBAND I). Diese sog. Episoden sind repräsentativ für den Ist-Zustand; sie wurden als Vergleichsbasis modelliert. Die hydrodynamischen Modelldaten des Ist- und des Ausbauzustandes benutzt das Schwebstofftransportmodell der GKSS. Mit diesem Modell berechnete Differenzen von Schwebstoffkonzentration und Bodenbelegung zwischen diesen beiden Zuständen sind Grundlage der Prognose.

Die Vorgabe der Ausbaumorphologie führt in einer Episode auf einen stationären hydrodynamischen Zustand. Dies gilt nicht für das Schwebstoffregime wegen der variablen"Schweb-stoffspeicherung" auf dem Boden; aufgrund der Schwebstoffdifferenzen sind jedoch Trend-aussagen möglich. Im Verlauf der Schwebstoffmodellierung stellte sich heraus, daß das Schwebstofftransportmodell auf die relativ geringen prognostizierten hydrodynamischen Veränderungen zwischen Ist- und Ausbauzustand mit nicht-signifikanten Änderungen im überwiegenden Teil des Untersuchungsgebiets reagiert. 'Nicht-signifikant' sind Veränderungen unter 5% in anbetracht der natürlichen Variabilität.

Für sämtliche Episoden ist die prozentuale Zunahme der Ausbautiefe im Fahrrinnenlängsprofil mit einer Abnahme der Schwebstoffkonzentration und einer Zunahme des am Boden deponierten Materials korreliert. Entsprechend ausgewählte Stromgebiete mit relativ großen Ausbauveränderungen zeigen in der detaillierten Flächendarstellung kleinräumige Bereiche mit prognostizierten Änderungen oberhalb der angenommenen natürlichen Schwankung. In Flachwasserbereichen am südöstlichen Rand des Mühlenberger Lochs und am Nordufer bei Hetlingen (km 647) liefert das Modell Schwebstoffkonzentrationszunahmen bis zu 20% bzw. 40%. Nördlich von Schweinsand (km 636), Hanskalbsand (km 641,5) und südlich davon in der Hahnöfer Nebenelbe liegen die größten ausbaubedingten Änderungen der Bodenbelegung von zum Teil über 40%. Diese Zahlen beziehen sich auf die Differenzen der Mittelwerte der letzten Doppeltide in einem Spring-Nipp-Zyklus.

Die Ergebnisse der Schwebstofftransportmodellierung können bedingt auch zur Vorhersage der ausbaubedingten Änderungen von Gewässergüteparametern verwendet werden, da die Schadstoffe überwiegend partikulär gebunden sind. Die Vorhersage erweist sich als nicht-signifikant vor dem Hintergrund der natürlichen Variabilität dieser Parameter, die eine statistische Analyse der verfügbaren Daten belegt. Zu erwarten ist, daß sich die Schad- und Nährstoffsituation unterhalb Hamburgs durch den Ausbau tendenziell verbessern wird, da die veränderte Tidedynamik das relativ schwach belastete Nordseewasser etwas weiter stromauf gelangen läßt.

Geesthacht / Hamburg, im Juni 1997

GKSS-Forschungszentrum
Im Auftrag Dr. Fanger

HGU
Im Auftrag Dr. Greiser