2. Begründung des Bauvorhabens
2.1 Einführung
Der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) mit einer Gesamtlänge von 98,6 km wurde 1895 als Kaiser- Wilhelm-Kanal mit einer Wasserspiegelbreite von 67 m, einer Sohlenbreite von 22 m und einer Wassertiefe von 9 m in Betrieb genommen. Die Oststrecke des Kanals zwischen Rendsburg und Kiel folgt dabei weitestgehend dem alten Eiderkanal (auch Schleswig-Holsteinischer Kanal).
Bereits wenige Jahre nach Eröffnung wurde der Kanal an die gewachsenen Anforderungen der Schifffahrt angepasst. In den Jahren 1907 bis 1914 erfolgte der Ausbau auf eine Wasserspiegelbreite von 102,5 m und eine Sohlenbreite von 44 m sowie eine Wassertiefe von 11 m.
Von 1966 bis 2001 wurde die Weststrecke des NOK von Brunsbüttel bis zur Weiche Königsförde unter Beibehaltung der Wassertiefe von 11 m im Rahmen eines umfassenden Anpassungs- und Sicherungsprogramms schrittweise verbreitert. Ziel der Verbreiterung des Kanalbettes war die Reduzierung der Böschungserosionen durch schiffserzeugte Belastungen und die damit verbundene Auflandung im Sohlenbereich.
Abbildung 2: Übersichtskarte Rendsburg bis Kiel
Die engsten Gebiete des zwischen 1966 bis 2001angepassten Bereiches sind die Abschnitte der Eisenbahnhochbrücke in Rendsburg sowie der Fährstelle Nobiskrug mit einer Sohlenbreite von 70 m. Von der Weiche Schülp bis Rendsburg wurde die Böschung teilweise durch eine Spundwand gesichert. Die Sohlenbreite beträgt dort ca. 80 m. Ansonsten erhielt der Kanal durch das Sicherungsprogramm i.d.R. eine Sohlenbreite von 90 m bei einer Böschungsneigung von 1:3. Die Kurvenradien der Weststrecke betragen 3000 m mit Einschränkungen im Bereich der Stadtstrecke Rendsburg (Übersichtskarte siehe Abbildung 2 ).
Der gegenwärtige Ausbaustandard des östlichen Teils der Oststrecke wurde auf die zu Beginn des letzten Jahrhunderts vorherrschende Schiffsflotte abgestimmt. Kennzeichnend für den nicht ausgebauten Ostteil ist die Abfolge von Kurvenstücken unterschiedlicher Richtungen und Radien. Die Topographie ist eiszeitlich geprägt und die anstehenden Geländehöhen entlang des Kanals variieren stark. Im Gegensatz zur Weststrecke, die durch sandiges Gelände führt, stehen im östlichen Bereich der Oststrecke Böden aus festem Geschiebemergel an. Aufgrund der Größenordnung der zu bewegenden Aushubmengen und der ausreichenden Standsicherheit der Böschungen wurde in der Vergangenheit auf eine Querschnittsvergrößerung verzichtet. Die daraus resultierenden Einschränkungen für die Schifffahrt wurden in Kauf genommen. In diesem Abschnitt besitzt der Kanal noch heute die Abmessungen von 1914 mit einer Sohlenbreite von 44 m, einer Böschungsneigung von 1:2,25 bis in 5 Meter Wassertiefe und anschließend bis zur Sohle von 1:3. Die Kurvenradien der Oststrecke liegen zwischen 1400 m und 3000 m (siehe Abbildung 3 ).
Abbildung 3: NOK Oststrecke mit Vorhabenbereich
Aufgrund der dynamischen Zunahme des Schiffsverkehrs und der Veränderung der Flottenstruktur entwickeln sich die engen Kurven und die geringe Querschnittsbreite zwischen Königsförde und Kiel-Holtenau im zunehmenden Maße zum Engpass für die größer werdenden Schiffe auf dem NOK. Die engen Kurven und die geringe Querschnittsbreite der Oststrecke schränken sowohl die maximal zulässigen Abmessungen der Schiffseinheiten als auch die Begegnungsmöglichkeiten der Schiffseinheiten gegenüber der Weststrecke ein und verzögern die Passage der aktuellen Flotte.
Auf Basis des Erlasses EW 20/20.70.75-13 vom 19.08.2005 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wurde dem Wasser- und Schifffahrtsamt Kiel-Holtenau am 06.09.2005 der Planungsauftrag für den Ausbau der Oststrecke erteilt.
In einer umfassenden Voruntersuchung wurde als optimale Lösung ermittelt, den Kanal im Ostteil des NOK zwischen der Weiche Königsförde und östlich der Levensauer Hochbrücken auf eine Sohlenbreite von 70 m zu verbreitern und Kurvenradien ≥ 3000 m zu realisieren.
Mit Beschluss vom 04.12.2013 wurde der Ausbau der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals zwischen der Weiche Königsförde und Schwartenbek (Kanal-km 79,9-92,1) planfestgestellt (Az.: 3100P-I43.3I52).
Der Bereich der alten Levensauer Hochbrücke (HB Lev 1) und des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) von Kkm 93,2 bis 94,2 war nicht Bestandteil der o.g. Planfeststellung. Die dafür erforderlichen Planungen sind Gegenstand des hier vorliegenden Antrags.
2.2 Wirtschaftliche Bedeutung des Nord-Ostsee-Kanals
Die Verkehrsinfrastruktur ist für die Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsraumes von wesentlicher Bedeutung. Der Transportweg Wasserstraße ist gegenüber Luftweg, Straße und Schiene der wirtschaftlichste und umweltfreundlichste Verkehrsweg. Große Gütermengen können mit geringem Energieaufwand sicher befördert werden.
Die Seeschifffahrtsstraße NOK, international auch als "Kiel-Canal" bekannt, erfüllt auf nationaler und auf europäischer Ebene eine wichtige wirtschaftliche Funktion. Der NOK ist Verbindungsweg zwischen Nord- und Ostsee und deren Anrainerstaaten mit den Häfen der Nordrange (Häfen Rotterdam, Antwerpen, Bremen, Bremerhaven, Hamburg und die Nordseehäfen Englands) und damit eine der Hauptverkehrsadern Nordeuropas. Er schließt Skandinavien und die baltischen Staaten an den Weltverkehr an und ist eine attraktive Verbindung zwischen den Nordseehäfen in Belgien, den Niederlanden und Deutschland und den Ostseehäfen mit den angrenzenden Wirtschaftsräumen.
Im europäischen Verkehrswegenetz trägt der NOK maßgeblich zur Entlastung der zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen stoßenden Landverkehrsträger bei. Er bietet eine wettbewerbsfähige und umweltfreundliche Transportmittelalternative, um die weiterhin wachsenden Handelsströme in Europa zukünftig mit dem verstärkten Einsatz küstenparalleler Kurzstreckenschifffahrt zu bewältigen [9.1].
Die Öffnung des Eisernen Vorhangs Anfang der 1990er Jahre und der Zusammenbruch der osteuropäischen Volkswirtschaften führten zunächst zu einem Rückgang des Schiffsverkehrs (siehe Abbildung 4 ).
Abbildung 4: Entwicklung des NOK-Schiffsverkehrs (1952-2013)
Seit Ende der neunziger Jahre bis zur Wirtschaftskrise 2009 stieg der Warentransport stetig an. Mit 105,9 Mio. Tonnen transportierter Ladung wurde 2008 das höchste Jahresergebnis in der Geschichte des NOK erzielt. 42.811 Schiffe befuhren 2008 den Kanal. Im Jahr 2012 wurde dieses Ergebnis mit 104,0 Mio. Tonnen nur knapp verfehlt. Da 2012 im Vergleich zu 2008 annähernd die gleiche Ladungsmenge verteilt auf fast 20% weniger Schiffe (insgesamt 34.879 Schiffen) transportiert wurde, wird deutlich, dass zunehmend größere Schiffe auf dem NOK verkehren.
Der steigende Warentransport der vergangenen Jahre resultiert vor allem aus dem rasanten Anstieg des Containerverkehrs, der auch den Einsatz immer größerer Zubringerschiffe (Feederschiffe) zur Folge hat.
Insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung im erweiterten Ostseeraum trägt zu einem stetigen Zuwachs des Transportvolumens auf dem NOK bei.
So verändert sich mit wachsender Tonnage die Flottenstruktur. Besonders im Feederverkehr steigen die Anzahl und die Größe der Schiffe. Laut einer vom Bundesministerium für Verkehrund digitale Infrastruktur (BMVI) in Auftrag gegebenen Studie zur Seeverkehrsprognose [9.2] ist bis 2030 mit einem wachsenden Güterumschlag in den deutschen Seehäfen zu rechnen.
Für den NOK bedeutet das steigende Transportzahlen. Mit verschiedenen Maßnahmen in den kommenden Jahren soll sichergestellt werden, dass der NOK langfristig als leistungsstarker Verkehrsweg zur Verfügung steht [9.1]. Die einzelnen Maßnahmen sind:
- Neubau Schleusenkammer und Grundinstandsetzung der Schleusenanlage in Brunsbüttel
- Grundinstandsetzung Schleusenanlage Kiel-Holtenau
- Ausbau Oststrecke mit Kurvenoptimierung und Ersatzneubau der Hochbrücke Levensau
- Vertiefung des Kanals
- Optimierung des Verkehrsflusses
Wirtschaftlicher Nutzen des Nord-Ostsee-Kanals
Durch die Passage des NOK werden gegenüber der Skagenroute Treibstoffkosten und Zeit gespart. Im Mittel werden mit dem Weg durch den NOK im Gegensatz zur Skagenroute 250 Seemeilen abgekürzt (siehe Abbildung 5 ). Die Zeitersparnis dafür beträgt 14 bis 18 Stunden, ein interessanter Anreiz für viele international tätige Seetransportunternehmen. Der seit Jahrzehnten zu beobachtende Trend zunehmender Schiffsgrößen trägt in der Gesamtbilanz auch zu einem wirtschaftlicheren Warentransport bei. Auf diesen Trend stellt sich der NOK durch die zukünftigen Ausbauvorhaben ein und ermöglicht dadurch den Unternehmen den Einsatz noch größerer Schiffseinheiten, die einen noch effizienteren Transport erlauben. In die unternehmerische Kalkulation werden neben den genannten Vorteilen des NOK auch die öffentlichen Abgaben (Befahrensabgabe und Lotsabgabe) und Dienstleistungskosten (Lotsgeld und Kanalsteurerentgelt) einbezogen.“ (Zitat; vgl. Quellenverzeichnis [9.1])
Abbildung 5: Vergleich NOK-Skagenroute
Zurzeit werden ca. 30 % des Verkehrs zwischen Nord- und Ostsee über den NOK abgewickelt.
Jährlich sind etwa 35.000 bis 42.000 Fahrzeuge der Berufsschifffahrt und in den Sommermonaten zusätzlich ca. 19.000 Sportfahrzeuge durch die Schleusengruppen ein- und auszuschleusen und mit Hilfe des Verkehrslenkungssystem sicher und schnell durch den NOK zu lenken. Ohne Berücksichtigung der Sport- und sonstigen Kleinfahrzeuge entspricht dies durchschnittlich 96 bis 115 Schiffen pro Tag [7.4].
2.3 Entwicklung der Flottenstruktur
Gemäß Schlussbericht der Planco Consulting GmbH vom September 2004 [9.3] zur Nutzen-Kosten-Untersuchung zur Anpassung der Oststrecke des NOK ist auch zukünftig von einer weiteren Steigerung der Schiffsgrößen auszugehen. Eine Zunahme der Schiffsanzahl ist vor allem in der für den NOK-Verkehr relevanten Klasse zwischen 10.000 tdw und 20.000 tdw zu erwarten.
Darüber hinaus ist von einer Änderung der Struktur der Schiffstypen auszugehen. Eine überdurchschnittliche Verkehrsentwicklung wird bei Containerschiffen und Bulkern erwartet. Von der positiven Gesamtverkehrsentwicklung zwischen Nord- und Ostsee, aber auch aufgrund der Umsetzung der geplanten Ausbaumaßnahmen, wird die Verkehrsentwicklung am NOK positiv beeinflusst werden.
Heute ist der NOK mit über 30.000 Schiffen pro Jahr die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Während die Anzahl der Schiffspassagen seit der Jahrtausendwende nahezu gleichbleibend ist, nehmen die Frachtraten und Schiffsgrößen deutlich zu. 2008 wurde erstmals eine Durchgangstonnage von 100 Mio. Gütertonnen überschritten (siehe Abbildung 6 ).
Abbildung 6: Entwicklung des Verkehrs auf dem NOK (1999-2015)
Durch den Ausbau der Oststrecke wird die Passierbarkeit für Schiffseinheiten der Verkehrsgruppen (VG) 5 und 6 erheblich verbessert, was zu einem weiteren Anstieg der Schiffspassagen in den VG 5 und 6 führt. Zudem wird durch den Ausbau die Begegnungsmöglichkeit der anteilig größten VG 4 mit Schiffen der VG 3 realisiert [9.3]. Ziel ist das Erreichen der Begegnungsziffer 8. Unter der Begegnungsziffer versteht man die Addition der sich im NOK begegnenden Verkehrsgruppen.
Abbildung 7: Zulässige Verkehrsgruppen im NOK
2.4 Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Planco Consulting GmbH zum Ausbau der gesamten Oststrecke des NOK aus dem Jahr 2004 [9.3] wurden Kosten und Nutzen verschiedener Ausbauvarianten untersucht und gegenübergestellt.
Hierzu wurden in einem ersten Schritt verschiedene Anpassungsvarianten entwickelt und die jeweiligen Kosten für die entsprechenden Maßnahmen einschließlich der zugehörigen Folge- bzw. Unterhaltungskosten ermittelt.
In einem zweiten Schritt wurden die verkehrlichen Auswirkungen durch die mit den einzelnen Anpassungsvarianten erzielten Verringerungen der Begegnungsrestriktionen und der daraus resultierenden Zeitgewinne für die Passage betrachtet. Die Simulation des Verkehrsgeschehens erfolgte auf der Basis von Prognosen zur Entwicklung des Schiffsverkehrs und der Flottenstruktur im Allgemeinen und unter Einbeziehung eines Routenwahlverfahrens, das anhand der betriebswirtschaftlichen Kosten die Attraktivität der Fahrt über den NOK im Vergleich zu anderen Routen bestimmt.
Um den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Maßnahme zu beurteilen, wurden auch solche Faktoren wie z.B. Beschäftigungseffekte aus den Baumaßnahmen und Verminderung der Abgasbelastungen in die Betrachtung einbezogen. Außerdem wurden Szenarien zur Entwicklung von Treibstoffpreisen und Kosten für die Kanalpassage berücksichtigt.
Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte anhand einer Vergleichsbetrachtung in Form von Kosten-Nutzen-Verhältnissen für die jeweiligen Varianten sowie für den Vergleichsfall, der von einer Beibehaltung des momentanen Ausbauzustands ausgeht.
Der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung lagen 2004 Prognosen für die Entwicklung der Warentransporte und des Schiffsverkehrs zu Grunde. Warentransporte und Schiffsverkehr nahmen bis heute mehr als prognostiziert zu, sodass auch bei einer Aktualisierung der Kosten die Gesamtwirtschaftlichkeit der Maßnahme gegeben ist. Der Ausbau der Oststrecke des NOK wird im Bundesverkehrswegeplan 2015 ausgewiesen werden.
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 04.12.2013 (Az. 3100P-143.3/52) wurde der Ausbau der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals zwischen der Weiche Königsförde und Schwartenbek planfestgestellt. Der Bereich der alten Levensauer Hochbrücke und des Nord-Ostsee-Kanals von Kkm 93,2 bis 94,2 war nicht Bestandteil der Planfeststellung der Oststrecke und ist Gegenstand des hier vorliegenden Antrags.
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Vertiefung des Kanals um rd. 1 m eine wirtschaftliche Maßnahme darstellt, die jedoch aus heutiger Sicht frühestens nach weitgehendem Abschluss des Ausbaus der NOK – Oststrecke und dem Ersatzneubau der Levensauer Hochbrücke in Betracht kommt.
Das hier beantragte Vorhaben steht im Einklang mit dem Vertiefungsprojekt, für das ein eigenes Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden würde.
2.5 Notwendigkeit des Ersatzneubaus der alten Levensauer Hochbrücke (TO 1)
Der Bau der Straßen- und Eisenbahnhochbrücke Levensau erfolgte auf Grundlage eines Reichsgesetzes vom 16. Mai 1886. Mit diesem Gesetz wurde bestimmt, einen Seeschifffahrtskanal zwischen der Elbmündung und der Kieler Bucht einschließlich der beiden Schleusenanlagen in Brunsbüttel und Kiel-Holtenau, den beiden Hochbrücken Grünental und Levensau sowie mehreren Fährstellen herzustellen [1.1]. Die Einweihung der HB Lev 1 erfolgte am 03.12.1894. Mit rund 163,4 m Spannweite war sie die längste Bogenbrücke im Kaiserreich.
Abbildung 8: HB Lev 1 um 1900
Der Zweigelenkbogen überspannt den Kanal mit einer lichten Höhe von 42 m. Als Baumaterial kam Schweißeisen zur Anwendung [2.4], [3.1]. Die Kanalböschungen zum Zeitpunkt der Errichtung 1894 wurden unbefestigt mit einer Neigung von 1:1,5 hergestellt.
Im Zuge der ersten Kanalverbreiterung 1914 sollte die HB Lev 1 erhalten werden. Um den Kanal trotzdem verbreitern zu können, wurden im Bereich der Hochbrücke die Böschungen auf eine Neigung von 1:1,25 gebracht und abgepflastert. Detailliertere Angaben siehe [5.3] [2.5].
Der Brückenquerschnitt wurde beim Brückenbau für Eisenbahnzüge, Pferdefuhrwerke und Personenverkehr ausgelegt. Infolge der Verbreitung von Kraftwagen - insbesondere Lastkraftwagen - veränderten sich die Anforderungen an den Brückenquerschnitt, sodass von 1952 – 1954 ein maßgeblicher Umbau durchgeführt werden musste.
Dieser Umbau enthielt für den Stahlbau den Einbau einer Fahrbahnkonstruktion mit größerer Breite. Die Turmbauwerke auf den Widerlagern mit ihren Durchfahrten wurden entfernt, da sie die geplante neue Fahrbahnkonstruktion eingeengt hätten.
Abbildung 9: HB Lev 1 nach Umbau 1955 - heute
In den Jahren 2003 und 2004 wurden die beiden Brückenwiderlager saniert. Dabei wurde örtlich die gerissene und erodierte äußere Mauerwerksschale entfernt und durch eine mauerwerksgerechte und rückverankerte neue Außenschale ersetzt. Sanierungsbedürftige Stahlbetonbauteile (Auflagerbänke u.a.) wurden instandgesetzt und die undichten Abdeckungen der ehemaligen Turmbauwerke (Abdeckungen der Turmstümpfe) wurden abgebrochen und auf einer Schweißbahnabdichtung neu aufbetoniert.
Mit der Sanierung des Widerlagermauerwerks wurden im Wesentlichen die im Entwurf - HU „Grundinstandsetzung der Straßen und Eisenbahnhochbrücke Levensau (NOK)“ vom 20. Januar 1994, genehmigt durch den damaligen BMV am 25.10.1995 mit Aktenzeichen BW 22/52.05.04/77 WSD - N 95, beschriebenen Sanierungsmaßnahmen umgesetzt. Auf die Verstärkung von Konstruktionsteilen der Pfosten, Riegel und Verbände auf Grundlage der Ergebnisse der statischen Neuberechnung von 1989 wurde verzichtet, weil seitens der Deutschen Bahn AG eine Ertüchtigung unter Berücksichtigung des Lastenzugs UIC 71 nicht verlangt wurde. Auf die Umsetzung der im o.g. Entwurf-HU veranschlagten Maßnahmen zur Sicherung der nur bedingt standsicheren gepflasterten Oberwasserböschungen unterhalb des Brückenbauwerks, wurde ebenfalls verzichtet, weil mittlerweile erste Überlegungen für einen möglichen Kanalausbau angestellt wurden und erforderliche Ausbaumaßnahmen im Brückenbereich mit Maßnahmen zur Böschungssicherung aus wirtschaftlicher und bautechnischer Sicht als kombinierte Gesamtmaßnahme betrachtet werden müssen [1.1], [2.3], [2.5].
Für den Ersatzneubau der bestehenden Brücke können drei wesentliche Gründe genannt werden:
- Die technische, aufgrund der Ermüdung des verwendeten Schweißeisens vorgegebene, Restnutzungsdauer des Überbaus endet 2024. Nach Ablauf dieser Dauer wären Ertüchtigungsarbeiten mit im Vergleich zu einem Neubau hohen monetären Aufwendungen erforderlich. Trotz der finanziellen Anstrengungen könnten mit einer Grundinstandsetzung die unter 2 und 3 genannten Ausbauziele nicht erreicht werden.
- Das vorhandene Bauwerk überspannt das nautische Nadelöhr im Streckenverlauf des NOK. Um den Anforderungen durch größere Schiffe entgegen zu kommen und die Kanalpassagezeiten durch die Ermöglichung von Begegnungsverkehren zu reduzieren, soll der Kanal in diesem Abschnitt verbreitert werden.
- Die bestehenden Bögen ragen deutlich in das Lichtraumprofil für die Schifffahrt, das sämtliche anderen Brücken, die den NOK überspannen, gewährleisten. Zum Schutz des Bauwerkes muss gegenwärtig jeglicher Begegnungsverkehr ausgeschlossen werden. Die uneingeschränkte Nutzung des NOK in Lichtraumhöhe und –breite kann nur durch einen Ersatzneubau gewährleistet werden.
In [1.1] werden weitere Argumente für einen vorzeitigen Ersatzneubau der HB Lev 1 angeführt. Mit Hilfe des Neubaus kann die sichere und zügige Passage dieses Kanalabschnitts gewährleistet werden.
Das Bundesverkehrsministerium hat deshalb die „Planungsgruppe für den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals“ beauftragt, einen Ersatzneubau zu realisieren [1.1].
2.6 Verkehrliche und betriebliche Begründung für die Anpassung und Erneuerung der Schienen- und Straßenanlage (TO 2)
Schiene
Derzeitige / künftige verkehrliche Situation
Die Bahnstrecke 1020 wird überwiegend vom Schienenpersonennahverkehr (SPNV) auf der Relation Kiel - Flensburg genutzt. Zwischen Kiel und Eckernförde wird der Streckenabschnitt zeitweise im Halbstundentakt bedient.
Vom Güterverkehr wird der Streckenabschnitt Kiel-Hassee – Neuwittenbek in unregelmäßigen Abständen zur Bedienung der nicht bundeseigenen Anschlussbahn (NE-Bahn) Neuwittenbek – Kiel - Gaarden genutzt. In der Vergangenheit wurde die Strecke bei Bedarf auch für die Umleitung von internationalen Fernreisezügen genutzt.
Die vorhandenen Verkehre werden nach Fertigstellung des Ersatzneubaus beibehalten.
Von der Landesverkehrsgesellschaft Schleswig-Holstein (LVS S-H) werden Studien bearbeitet, die langfristig die Einführung eines elektrifizierten SPNV vorsehen.
Derzeitiger / künftiger Betriebszustand
Die eingleisige Strecke ist zwischen den Bahnhöfen Kiel - Suchsdorf und Neuwittenbek mit einem elektrischen Streckenblock ausgerüstet. In beiden Bahnhöfen sind mechanische Stellwerke vorhanden. Ein Umbau des Streckenabschnittes zwischen Kiel - Hassee und Eckernförde auf elektronische Stellwerkstechnik ist derzeit in Planung.
Der Ersatzneubau hat keine Einflüsse auf derzeitige und künftige signaltechnische Betriebszustände.
Von der DB Netz AG ist eine Elektrifizierung der Strecke nicht vorgesehen, wird aber von der LVS S-H als Option für zukünftige Planungen berücksichtigt.
Betriebliche und verkehrliche Anforderungen an die Anlagen
Der Ersatzneubau wird als eingleisige kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke mit getrennten Fahrwegen erstellt. Die Entwurfsgeschwindigkeit für die Brücke beträgt Ve =100 km/h und für den anschließenden nördlichen Damm Ve = 90 km/h.
Seitens der DB AG wurde das Erfordernis einer Erhöhung der Streckengeschwindigkeit geprüft. Da eine Erhöhung der Taktung auf der eingleisigen Strecke nicht möglich ist, hat die Anhebung der Entwurfsgeschwindigkeiten keinen Vorteil.
Straße
Derzeitige / künftige verkehrliche Situation
Der überplante Bereich wird mit einer zulässigen Geschwindigkeit von Vzul. = 50 km/h ausgewiesen. Von dieser zulässigen Geschwindigkeit wird auch zukünftig ausgegangen.
Derzeit weist der Straßenquerschnitt vor und hinter dem Bauwerk eine befestigte Breite von 7,0 m auf. Der vorhandene gemeinsame Geh- und Radweg weist vor und hinter dem Bauwerk jeweils eine Breite von 2,0 m auf. Der Querschnitt kann gemäß Stand der Technik beibehalten werden.
Im Bereich des Bauwerkes ist eine Breite von 6,0 m zwischen den Schrammborden vorhanden. Die nutzbare Mindestbreite des Geh- und Radweges beträgt im Bauwerksbereich rd. 2,40 m. Die vorgenannten nutzbaren Breiten der Verkehrsflächen liegen beide unterhalb der Minimalbreiten der geltenden Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL).
Zählstellen im Bereich der HB Lev 1 an der K 24 bzw. K 27 liegen gemäß der Verkehrsmengenkarte SH 2010 nicht vor.
Im Rahmen der Bearbeitung wurde eine Verkehrsuntersuchung mit Stand 29.08.2014 (Vgl. Planunterlage 5-4-1 ) durchgeführt. Hiernach weist der Querschnitt der K 27 im Bereich der HB Lev 1 folgende Belastung auf:
DTV2014 = 1.907 [Kfz/24h]
(durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke)
DTVSV2014 = 17 [Fz/24h]
(durchschnittliche tägliche Schwerverkehrsstärke)
DTVRAD2014 = 135 [RAD/24h]
(durchschnittliche tägliche Fahrradverkehrsstärke)
Für den Prognosehorizont 2030 ergibt sich eine Bemessungsverkehrsstärke von:
DTV2030 = 2.000 [Kfz/24h]
DTVSV2030 = 20 [Fz/24h]
DTVRAD2030 = 139 [RAD/24h]
Aufgrund der Gebietsstruktur stellen fußläufige Verkehre eine untergeordnete Rolle dar.
Derzeitiger / künftiger Betriebszustand
Derzeit wird die K 27 bzw. die anschließende K 24 mit einem einbahnigem zweistreifigen Querschnitt betrieben. Nach dem Straßenausbau wird der Regelquerschnitt RQ 11 gemäß RAL [11.7] vor und hinter dem Bauwerk in einer Breite von 7,0 m beibehalten. Diese Querschnittsbreite wird auch über das neue Bauwerk geführt. Deshalb ergibt sich im überplanten Bereich und dem jeweiligen anschließenden Bestand ein einheitlicher Straßenquerschnitt.
Der gewählte Straßenquerschnitt entspricht den Anforderungen aus den ermittelten Verkehrszahlen und den Vorgaben aus der RAL.
Gemäß RAL wird der kombinierte Geh- und Radweg mit einer nutzbaren Breite von 2,50 m ausgeführt. Vor und hinter dem Bauwerk beträgt die befestigte Gesamtbreite inkl. Sicherheitsstreifen 3,0 m. Auf dem Bauwerk darf gemäß Richtzeichnung für Ingenieurbauwerke (RiZ-Ing Kap. 7) auf einen Schutzstreifen verzichtet werden. Die nutzbare Breite ist auch hier mit 2,50 m vorgesehen.
Beim bestehenden Querschnitt wurde außerhalb des Bauwerkes auf planmäßige Bankette verzichtet. Insbesondere auf der Nordseite sind deshalb Seitenabbrüche im begleitenden Geh- und Radweg zu verzeichnen.
Zukünftig sollen entlang der Westseite die Bankette gemäß RAL in 1,50 m Breite ausgeführt werde.
Die Bankette werden entlang der Ostseite am Dammfuß des Bahndamms in einer Breite > 0,5 m und einer anschließenden Mulde mit einer Breite > 1,0 m vorgesehen.
Betriebliche und verkehrliche Anforderungen an die Anlagen
Der Ersatzneubau wird als eingleisige kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke mit getrennten Fahrwegen inkl. einem gesonderten Geh- und Radweg erstellt.
Die im Bereich der Straße zulässige Geschwindigkeit von Vzul. = 50 km/h wird auch zukünftig beibehalten. Die Entwurfsgeschwindigkeit wird wegen der Verbindungsfunktion mit Ve = 60 km/h festgelegt.
2.7 Notwendigkeit für den Ausbau des NOK Kkm 93,2-94,2 (TO 3) und Anprallsicherung Nordpfeiler HB Lev 2 (TO 4)
Der Antragsgegenstand umfasst den Abschnitt von Kkm 93,2 bis 94,2 (TO 3). Die nautisch sehr anspruchsvolle Passage soll durch eine Neutrassierung und Kanalverbreiterung vereinfacht werden. Ziel ist die Verbesserung der bestehenden Begegnungsmöglichkeiten.
Die Verbesserungen sollen durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
- Optimierung der Kurvenradien östlich und westlich der Levensauer Hochbrücken
- Anordnung einer Zwischengeraden unterhalb der Brücken
- Anpassung der Sohlenbreite
Die als Planungsgrundlage erarbeitete Trassierung umfasst den Bereich des Kkm 91,3-94,2 und beinhaltet den Ausbau der Kurve Schwartenbek (hier nicht Antragsgegenstand). Der Übergang des Ausbaubereiches zur Kurve Schwartenbek bei Kkm 93,2 soll deshalb so gestaltet werden, dass deren Ausbau zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden kann.
Durch die Neutrassierung des beantragten Kanalabschnitts wird der Abstand zwischen dem Nordpfeiler der HB Lev 2 und dem Kanalufer bei Kkm 93,58 deutlich reduziert. Um die Möglichkeit einer Schiffsberührung des Pfeilers und der Unterbauten auszuschließen, sind Sicherungsmaßnahmen erforderlich (TO 4).