Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

III.1.6   Ökologische Parameter

III.1.6.1   Flora und Fauna (aquatisch)
III.1.6.1.1   Makrozoobenthos

Nachfolgend werden die Ergebnisse der Makrozoobenthosuntersuchungen als Auszüge aus der Zusammenfassung der Gutachterberichte aufgeführt. Die kompletten Untersuchungsberichte seit 1999 sind auf der DVD-1 (Materialien) vorhanden. Die Lage der Untersuchungsgebiete zeigt Abbildung III.1.6.1.1-1.

Abb. III.1.6.1.1-1:         Lageplan der Makrozoobenthos-Beprobungen seit Frühjahr 1999

 

Im Rahmen der Beweissicherung zur Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe an die Containerschifffahrt wurden umfangreiche Begleituntersuchungen zur benthischen Makrofauna auf der Baggergutablagerungsfläche (BAF) Twielenfleth (km 652), der Unterelbe (km 647 - 653) und im Bereich der Außenelbe (km 732 - 740) durchgeführt. Das Probenahmedesign der Untersuchungen wurde auf Basis der Vorgaben im Planfeststellungsbeschluss vom WSA Hamburg in Abstimmung mit den von der Maßnahme betroffenen Bundesländern konzipiert. Ziel der Untersuchungen war es, die Wirkungen der Fahrrinnenanpassung auf das Makrozoobenthos festzustellen. Hierzu gilt es Fragestellungen zu beantworten, wie sich die Gemeinschaftsstruktur und die Besiedlungsdichte nach der Baumaßnahme auf den betroffenen Flächen verändert haben sowie festzustellen, in welcher Form und Geschwindigkeit eine Wiederbesiedlung stattfindet. Weiterhin ist festzustellen, wann der Ausgangszustand hinsichtlich Struktur und Funktionalität erreicht ist, bzw. ob er sich überhaupt wieder einstellt. Die Ergebnisse werden dann mit den Prognosen der UVU verglichen.

 

 

III.1.6.1.1.1   Entwicklung des Makrozoobenthos auf der BAF Twielenfleth in der Unterelbe

Die Lage der Probenahmestellen zur Ermittlung der Entwicklung auf der BAF Twielenfleth zeigt Abbildung III.1.6.1.1.1-1.

Abb. III.1.6.1.1.1-1:      Lageplan der Orte der Makrozoobenthos-Beprobungen auf der BAF Twielenfleth und in der Unterelbe

 

Auf der BAF ist im Jahr 2000 durch die Ablagerung von ca. 1,2 - 1,4 Mio. m³ sandigem Baggergut eine Aufhöhung um bis zu ca. 3 m durchgeführt worden. Zusätzlich haben Arbeiten zur Randsicherung stattgefunden.

Um die vor Beginn der Bauarbeiten im Untersuchungsgebiet existente Wirbellosenfauna im Hinblick auf Artenspektrum und Individuenzahlen zu dokumentieren, wurde der Ist-Zustand im Raum Twielenfleth (km 651,5 - 653,3) 1998/99 an insgesamt 17 Stationen untersucht. Die Stationen liegen zum einen auf der BAF Twielenfleth, zum anderen, als räumliche Referenzstationen, auch außerhalb der Ablagerungsfläche. Die Referenzstationen wurden als Transekte sowohl unter- wie oberstrom in der Nähe der BAF positioniert. Die Beprobung der Stationen ist in 2001 bis 2004, also zwei bis fünf Jahre nach Abschluss der Baumaßnahme wiederholt worden.

An jeder Station wurden 6 Parallelproben mit einem 0,1 m² Van-Veen-Greifer entnommen, aus denen zur Bestimmung kleinerer Faunenelemente (Oligochaeta) jeweils eine Unterprobe mittels Stechrohr (Ø 4,5 cm) entnommen wurde. Das Stechrohr-Probenmaterial ist über ein Sieb mit der Maschenweite 250 µm fraktioniert worden, der eigentliche Van-Veen-Greiferinhalt über 1000 µm Maschenweite. Aufgrund der unterschiedlichen Erfassungsmethodiken wurden die Ergebnisse der Greifer und der Stechrohrproben durchgängig als getrennte Datensätze behandelt. Dabei fokussierte die 250 µm-Siebfraktion auf die Taxagruppen Oligochaeta (Annelida), während mit der 1000 µm-Fraktion das eigentliche Makrozoobenthos erfasst wurde.

Zu den analysierten Parametern gehören Artenspektrum, Artenzahl, Dominanzstruktur, Individuendichte und so weit möglich eine Analyse der Altersstruktur der Benthosgemeinschaften. Mögliche Wirkungen der Baggergutablagerungen wurden dabei sowohl durch den räumlichen Vergleich der Besiedlungskennwerte zwischen den untersuchten Teilgebieten (BAF, Referenzen) als auch durch einen interannuellen gebietsinternen Vergleich mit den Daten aus 1998/99 ermittelt. Zudem erfolgte eine Abschätzung vor dem Hintergrund der Entwicklungsprognose der Umweltverträglichkeitsuntersuchung (PLANUNGSGRUPPE ÖKOLOGIE + UMWELT Nord, 1997, Materialband VII).

Die BAF ist mit sandigem Material aufgespült worden. Damit ist es auf den vorher durch heterogene Sedimente (Schlick, Klei, Fein- Grobsand) geprägten Flächen zu einer Erhöhung des Sandanteils (v. a. Mittel- und Feinsand) gekommen. Allerdings wurden nicht auf allen BAF-Stationen diese Veränderungen in gleichem Ausmaß verzeichnet. Auch im Bereich der Referenzstationen ist eine Veränderung der Sedimentverhältnisse festgestellt worden. Vor allem im Bereich der westlichen Referenz hat sich bis 2002 der Feinkornanteil gegenüber der Status-quo-Situation erhöht. Diese Entwicklung setzte sich allerdings in 2003 bzw. auch in 2004 nicht fort; in beiden Untersuchungsjahren wurde wieder ein höherer Mittelsandanteil festgestellt. Örtlich wurde, wie v. a. im ufernahen Bereich der westlichen Referenz, eine kontinuierliche Aufhöhung dokumentiert. Sowohl die Veränderung der Sedimentstruktur als auch die örtlichen Änderungen der Sedimentation können u. U. als eine Folge veränderter Strömungsbedingungen (erhöhte Sedimentation infolge der Lage im Strömungsschatten der BAF) und damit auch als eine mögliche Folge der Herstellung der BAF interpretiert werden.

 

Benthos: 1000 µm-Fraktion

Im Hinblick auf die Beweissicherung sah die "Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Beweissicherung Elbe-Ausbau" (BLAGBSEA) bei ihrer jährlichen Tagung Anfang 2004 eine Fortführung der Untersuchungen der 1000 µm-Fraktion in 2004 als nicht mehr notwendig an, da die Ergebnisse aus 2003 sowohl im Hinblick auf die Gemeinschaftsstruktur als auch im Hinblick auf die Besiedlungsdichte keine wesentlichen Unterschiede zwischen BAF und Referenzbereichen zeigten. Zu dem vollzogen sich nach 2001 jeweils ähnliche faunistische Entwicklungen mit typischen Makrozoobenthosarten der heutigen Unterelbe. Im Hinblick auf die festgestellten Besiedlungsdichten gab es auf der BAF gegenüber der Ausgangssituation (1998/99) bereits in 2003 keine auffällig geringeren Werte. Vor diesem Hintergrund ließen die in 2003 ermittelten Ergebnisse den Schluss zu, dass die Wiederbesiedlung im Hinblick auf die Organismen der 1000 µm-Fraktion auf der BAF abgeschlossen war und die festgestellten interannuellen Unterschiede die natürliche Variabilität der ‚neuen' Rahmenbedingungen widerspiegelten.

 

Benthos: 250 µm-Fraktion

Die Analyse der Oligochaetenfauna 2004 ergab ein Spektrum von 17 Taxa. Dies liegt etwas über der Anzahl, die im Ausgangsjahr 1998 ermittelt worden ist (n=15). Kennzeich­nen­des Merkmal des interannuellen Vergleichs waren ausgeprägte Artfluktuationen. Propappus volki (Pro­pappi­dae) war der einzige im Untersuchungsgebiet (eu-)konstant verbreitete Oligochaet. Sechs weitere Arten konnten ebenfalls als noch vergleichsweise stetig eingestuft werden: hierzu gehören die Tubificiden Aktedrilus monospermathecus, Limnodrilus hoffmeisteri, L. claparedeanus und L. profundi­cola außerdem die verwandten Naididen Amphichaeta leydigii und A. sannio. Alle weiteren Spe­zies/Genera kamen räumlich und zeitlich nur sporadisch vor.

Die Befunde zeigen, dass die BAF etwa vier Jahre nach der Beaufschlagung divers und abundant besiedelt ist. In funktioneller und struktureller Hinsicht hat mittlerweile ein Angleich an den Ausgangzustand 1998 stattgefunden, dennoch lassen sich grundsätzliche Wirkungen in Folge der Herstellung der BAF identifizieren. Die ursprüngliche Oligochaetenfauna ging zunächst durch die Sandaufschüttung vermutlich quantitativ verloren. Mit der Neubesiedlung hat sich dann eine andersartige Dominanzstruktur/Artenhierarchie der bodenlebenden Wirbellosen eingestellt. Durch die Monotypisierung eines ehemals heterogenen Substratangebots setzten sich stenotope Sandarten durch.

Auch bei dem Referenztransekt West ergaben sich deutliche Veränderungen der ursprünglichen Besiedlung. Diese Veränderungen sind sehr wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem Bau der BAF zu sehen, da sich nach Herstellung der BAF auch die Sedimentzusammensetzung der Referenz West (Zunahme feiner Korngrößen) veränderte. Dies führte von 1998 bis 2004 zu einer Um­strukturierung der Oligochaetengesellschaft und zu räumlich und zeitlich variableren Besiedlungsdichten. Die Gemeinschaft des östlichen Transekts war da­gegen auffällig beständig. Dies beruhte sehr wahrscheinlich auf dem Effekt einer interannuell weitgehend gleich gebliebenen Sedi­mentstruktur (Schlick).

Im Vergleich zum Ausgangszustand war die Tubificidengesellschaft auf der BAF nach der Baumaß­nahme (2001) durch juvenile und unreife Tiere geprägt. Kennzeichnend war nach Bau der BAF die Dominanz juveniler bzw. unreifer Tubificiden. Im weiteren Verlauf der Wiederbesiedlung verringerte sich deren Anteil, wobei aber wie 2002/03 auch die Anzahlen reifer Tubificiden (noch) auffällig gering waren. Im Verlauf des Wiederbesiedlungsprozesses waren die Sandarten Propappus volki, Aktedrilus mono­spermathecus und Enchytraeus sp. die prägenden Faunenelemente. Möglicherweise kann sich zu einem spä­teren Zeitpunkt der klassische Gewässerubiquist Limnodrilus hoffmeisteri (Tubificidae) wieder behaupten, und auch Naididen werden sporadisch wieder auf der BAF siedeln.

In 2004 wurde die für die BAF (sandige Sedimenttypen) anzunehmende Besiedlungsdichte bzw. Raumkapazität mit durchschnitt­lich 2 x 103 Ind./m² erreicht. Die Referenztransekte Ost und West scheinen dagegen noch ‚unterbesetzt' zu sein. Allerdings war dies bereits 1998 der Fall. Lagestabile Schlickflächen können im Mittel mit bis zu 105 Ind./m² besiedelt sein, derzeit (2004) siedeln durchschnitt­lich knapp 104 Ind./m² im Schlick der östlichen Referenz. Im Westen liegt der Vergleichswert bei 103 Ind., eine Zehnerpotenz unter der potenziellen Besiedlungsdichte für Mischsubstrate.

 

Vergleich mit der UVU-Prognose

Aufgrund der Angaben zur Sedimentstruktur postulierten die UVU-Autoren 1997 eine "Sandbodenfauna" für den Ist-Zustand mit entsprechenden Ableitungen für die Prog­nose. Die Untersuchung zum Status quo 1998 widerlegte allerdings die Annahme einer Sand­bodenfauna. Kausal beruhte die Fehleinschätzung auf unzureichenden Informationen zum vorherrschenden Sedimenttyp (Dominanz von Mittelsanden). Der Zeitpunkt der 'abgeschlossenen' Wiederbesiedlung ist in der Prognose zur BAF nicht genannt worden, was auch konsequent ist, da hinsichtlich der funktionellen (Lebens-, Nahrungs-, Fortpflanzungsräume u. a.) und strukturellen (Artenspektrum, Besiedlungsdichte, Biomasse u. a.) Merkmale seinerzeit nichts Bekanntes vorlag.

Ein analoger Zustand, der mit einem Status quo ante allerdings nicht zwangsläufig identisch sein muss, ist aber vier Jahre nach Abschluss der Baumaßnahme u. E. hinsichtlich beider Benthosfraktionen (1000 µm und 250 µm) realisiert. Gewisse strukturelle Unterschiede treten im Vergleich zum Status quo ante jedoch hervor: Einige Arten sind geblieben, andere spielen keine Rolle mehr und zusätzliche sind dazu gestoßen. An den Referenz-Stationen rangieren die Wohndichten bei der 250 µm-Fraktion vermutlich z. T. (noch) unter der anzunehmenden Raumkapazität; auf der BAF ist sie aber in 2004 insgesamt (1000 µm und 250 µm-Fraktion) erreicht. Auch hinsichtlich funktioneller Merkmale entsprechen die 2004 festgestellten Befunde weitgehend der Eingangssituation. So ergab die Analyse der Altersstruktur, die für die 250 µm-Fraktion möglich war, dass vom Embryo bis zum maturen Tier alle Reifestadien registriert wurden, und sich die Gemeinschaft aus eigener Kraft erhalten kann.

 

 

III.1.6.1.1.2   Entwicklung des Makrozoobenthos in der Fahrrinne der Unterelbe im Bereich von km 647 - 653

Um die vor Beginn der Bauarbeiten in den Untersuchungsgebieten vorkommenden Makrozoobenthosgemeinschaften im Hinblick auf Artenspektrum und Individuenzahlen zu dokumentieren, wurde im April 1999 der Fahrrinnenbereich zwischen km 647 und km 653 an insgesamt 20 Stationen beprobt. Von diesen befanden sich 13 im Bereich einer Ausbaustrecke (km 649 - 553) und 7 als räumliche Referenzstationen in der Fahrrinne bei km 647 - 648,5. Nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten im Sommer 2000 erfolgten im Mai 2001 und April 2002 - 2004 weitere Untersuchungen zur Makrozoobenthosbesiedlung. Die Erfassungs- und Auswertemethodik erfolgte analog zur Untersuchung im Teilgebiet BAF-Twielenfleth (s. o.).

Die Baggerdaten von 1997 - 2004 zeigen, dass die untersuchte Ausbaustrecke zwischen km 649 und km 653 sowohl vor den Bauarbeiten als auch danach intensiven Unterhaltungsbaggerungen unterlag. So überstiegen die im Rahmen der Fahrrinnenunterhaltung angefallenen Mengen v. a. 1998 (ca. 173.000 m³/Monat) sogar diejenigen der Vertiefungsarbeiten von 1999/2000 (105.000 m³/Monat) z. T. deutlich. Auch in 2001 wurden mit etwa 100.000 m³/Monat noch ähnlich hohe Unterhaltungsmengen gebaggert wie im Zuge der Fahrrinnenanpassung. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen ist die Beantwortung der Fragestellung nach den Wirkungen der Vertiefung (s. o.) praktisch nicht möglich, da sich die Ausbaumaßnahme (1999/2000) im Vergleich zu den Unterhaltungsbaggermengen (z. B. 1993, 1998, 2001) nicht durch überdurchschnittliche Mengen auszeichnete. Zudem repräsentiert bereits der Status quo (1999) aufgrund der in 1998 hohen Baggerintensität eine deutlich vorbelastete Besiedlungssituation. Die Ausgangssituation 1999 stellt also keine zeitliche Referenz im eigentlichen Sinne dar.

Im räumlichen Referenzbereich (km 647 - 649) wurden seit 1997 zwar ebenfalls in jedem Jahr Unterhaltungsbaggerungen durchgeführt, die allerdings mit 1.000 m³ bis 3.870 m³/Monat deutlich weniger intensiv waren. Daher ist sehr wahrscheinlich keine bedeutsame Wirkung auf die Fauna anzunehmen.

Im gesamten Untersuchungsbereich der Fahrrinne zwischen km 647 und 653 waren in 2001 die Wassertiefen gegenüber 1999 nicht nur im Bereich der Ausbaustrecke (ausbaubedingt), sondern auch im Referenzbereich (Morphodynamik?) vergleichsweise deutlich höher. Nach 2001 erfolgten in beiden Teilgebieten nur noch geringe Änderungen, so lag die mittlere Wassertiefe in 2004 an allen Stationen um 15 m unter KN.

Die Teilgebiete (Ausbaustrecke, Referenz) wiesen, wie schon im Rahmen der Status-quo-Erhebung (1999) festgestellt, auch im Zeitraum 2001 - 2004 eine unterschiedliche Sedimentzusammensetzung auf: im Bereich der Ausbaustrecke dominierten feinere Sedimente (Feinsand und Schlick) oder auch Mittelsande, während die Referenz überwiegend durch Grob-, z. T. auch durch Mittelsande geprägt wurde. Feinsande und Schlick waren auf der Referenz in nur geringen Anteilen, örtlich auch gar nicht vorhanden. Die Sedimentbedingungen veränderten sich im interannuellen Vergleich mehr oder weniger deutlich. So erfolgte in 2001 im Vergleich zu 1999 im Bereich der Ausbaustrecke ein Rückgang der Schlickanteile und eine Zunahme der Feinsand- bzw. Mittelsandanteile (insbesondere in 2004).

Im Bereich der Referenz ist in 2002 gegenüber dem Vorjahr (2001) ein leichter Zuwachs des Feinsedimentanteils verzeichnet worden, wobei aber bis einschließlich 2002 Mittelsand der dominierende Sedimenttyp blieb. Eine deutliche Veränderung trat ab 2003/04 ein: in diesem Jahr waren nicht Mittelsande sondern in den meisten Fällen Grobsande (Anteil > 50 %) prägend.

Die Gründe für die in 2003/04 im interannuellen Vergleich in beiden Teilgebieten höheren Anteile gröberer Sedimente (Ausbaustrecke: Zunahme Mittelsandanteile; Referenz: Zunahme Grobsandanteile) sind nicht offensichtlich. Ob die Veränderungen im Zusammenhang mit der Unterhaltungsbaggerei stehen, ist nicht zu belegen, da auch im Referenzabschnitt ohne nennenswerte Unterhaltungsbaggerung im Prinzip analoge Veränderungen eintraten.

 

Benthos: 1000 µm-Fraktion

Räumliche Betrachtung 2004

Beide Teilgebiete (Ausbaustrecke, Referenz) waren durch eine vergleichsweise artenarme Benthosgemeinschaft gekennzeichnet. In 2004 wurden 13 Taxa nachgewiesen. Die Unterschiede im Hinblick auf den Parameter mittlere Taxazahl/Greifer waren zwischen Referenz und Ausbaustrecke bei weitgehend identischen Artenspektren nur gering. Allerdings unterschieden sich beide Teilgebiete aufgrund ihrer Dominanzstruktur. Die Ausbaustrecke wurde in 2004 durch Amphipoden der Gattung Bathyporeia dominiert, die Referenz überwiegend durch den Polychaeten Marenzelleria cf. viridis. Des Weiteren wies die Ausbaustrecke (im Mittel: 177 Ind./m²) eine etwas höhere Gesamtbesiedlungsdichte auf, als die Referenz (im Mittel: 153 Ind./m²).

Interannuelle Betrachtung

Im interannuellen gebietsinternen Vergleich wurde in 2001 gegenüber 1999 insgesamt ein deutlicher Rückgang der mittleren Taxazahl/Station verzeichnet. Dies betraf allerdings nicht nur die Ausbaustrecke, sondern auch den Referenzbereich. In 2002 wurde in beiden Teilgebieten eine weitere Abnahme der Taxazahlen dokumentiert. So reduzierte sich die 1999 (1,6 Taxa/Greifer) schon sehr geringe Taxazahl bis 2002 um 50 % auf < 1 Taxon/Greifer. Nach dem deutlichen Rückgang der mittleren Taxazahl/Greifer lag der Wert in 2003 wieder auf dem Niveau von 1999 (im Mittel ca. 1,5 Taxa/Greifer). In 2004 wurde in beiden Gebieten jeweils die bislang höchste Taxaanzahl mit 2,8 Taxa/Greifer (Baggerstrecke) bzw. 2,9 Taxa/Greifer (Referenz) ermittelt.

Sowohl in der Baggerstrecke als auch im Referenzbereich ergaben sich interannuell gewisse Veränderungen in der Dominanzstruktur der Benthos-Gemeinschaften, wobei aber v. a. im Bereich der Ausbaustrecke die zu den Crustacea gehörenden Bathyporeia-Arten in jedem Untersuchungsjahr dominant blieben. Auch der Referenzbereich wurde bis 2002 von Bathyporeia-Arten dominiert. Ab 2002 erfolgte hier mit der zunehmenden Häufigkeit von Gammarus zaddachi (2002/2003) bzw. dem Polychaeten Marenzelleria cf. viridis (2004) und/oder bei gleichzeitiger Abnahme der Bathyporeia-Arten aber interannuelle Wechsel in der Dominanzhierarchie. Möglicherweise ist dies u. a. auf die Veränderungen der Sedimentstrukturen (Zunahme von Grobsandanteilen, s. o.) zurückzuführen.

Bereits die Status quo Untersuchung (1999) ergab aufgrund einer höheren Zoobenthosdichte (115 Ind./m²) im Bereich der Ausbaustrecke im Vergleich zur Referenz (39 Ind./m²) deutliche quantitative Besiedlungsunterschiede. Dieses veränderte sich auch in 2001, also etwa 1 Jahr nach Abschluss der Ausbauarbeiten, nicht wesentlich. Eine gewisse Veränderung dieser Situation ergab sich dann in 2002 insofern, als die Unterschiede bei insgesamt rückläufigen Besiedlungsdichten (< 25 Ind./m²) zwischen Ausbaustrecke und Referenz kleiner wurden, wenngleich die Ausbaustrecke nach wie vor eine höhere Besiedlungsdichte aufwies. Der deutliche Individuenrückgang, der v. a. de Ausbaustrecke betraf, wurde hervorgerufen durch die Bestandsentwicklung der vorkommenden Bathyporeia-Arten. In 2004 erfolgte in beiden Teilgebieten gleichsinnig wieder eine deutliche Erhöhung der Besiedlungsdichte, mit den - bezogen auf den Untersuchungszeitraum - bislang höchsten Werten (s. o.).

Die Ursache für die festgestellten Besiedlungsunterschiede ist u. a. vermutlich auf die jeweilige Sedimentstruktur in den Teilgebieten zurückzuführen. So ist es zu erwarten, dass ‚Feinsandarten' wie u. a. Bathyporeia pilosa, der in diesem Elbeabschnitt zu den dominierenden Faunenelementen der 1000 µm-Fraktion gehört, die feinsandigen Stationen der Ausbaustrecke bevorzugt und deshalb hier auch in höherer Anzahl siedelt als im Bereich der mittelsand- grobsandgeprägten Referenz.

Fazit

Der Vergleich der Besiedlungskennwerte zwischen Referenz und Ausbaustrecke einerseits und die Betrachtung der gebietsinternen Entwicklung der Benthosgemeinschaft im Bereich der Ausbaustrecke andererseits lässt aus den o. g. Gründen (intensive Unterhaltungsbaggerungen) im Untersuchungsgebiet keine offensichtlichen Wirkungen der eigentlichen Ausbaubaggerungen erkennen. Insgesamt zeigen die erfassten Makrozoobenthos-Besiedlungsdichten im Bereich der Ausbaustrecke sowohl auf der Raumskala als auch auf der Zeitskala sehr indifferente Ergebnisse, scheinbar ohne erkennbaren Zusammenhang zur Intensität der erfolgten (Unterhaltungs-)Baggerungen. Anders als die Betrachtung der Gesamtbesiedlung können aber artspezifische Reaktionen auf die Baggerungen nicht ausgeschlossen werden. Dieses ergab eine differenzierte Betrachtung der Entwicklung der in diesem Elbeabschnitt charakteristischen Taxa (Bathyporeia, Gammarus - Crustacea und Marenzelleria - Polychaeta). Die Ergebnisse lassen einen Zusammenhang mit den Baggeraktivitäten insofern plausibel erscheinen, als zum einen die räumliche und zeitliche Besiedlungsvariabilität im Referenzbereich vergleichsweise schwächer war und zum anderen durch die seit 1998 durchgängig sehr geringe Unterhaltungsintensität im Referenzbereich kein kontinuierlicher Rückgang der Marenzelleria-Abundanz verzeichnet wurde. Allerdings muss ebenfalls hervorgehoben werden, dass die Ergebnisse auch durch eine ausgeprägte interannuelle (natürliche) Besiedlungsvariabilität hervorgerufen sein könnten. Auch für diese Annahme ergeben sich gewisse Hinweise,wie beispielsweise die starke Abnahme von Gammarus zaddachi von 1999 auf 2001 nicht nur im Bereich der Ausbaustrecke sondern auch im Referenzbereich sowie die in 2004 festgestellte Zunahme der Marenzelleria-Anzahlen in der Baggerstrecke trotz Unterhaltungsbaggerei (s. o.).

Mit Einschränkung können auf der Basis der bisherigen Befunde Hinweise auf verschiedene Reaktionsmuster der Benthosarten (1000 µm-Fraktion) im Hinblick auf Störungen durch länger andauernde intensive Baggerungen grob unterschieden werden:

- Artspezifische 'Förderung' (Abundanzzunahme) nach baggerungsbedingten starken Störungen unter der Voraussetzung einer weitgehend gleich bleibenden Sedimentzusammensetzung (Fein-, Mittelsande) - (Crustacea: Bathyporeia)

- Beeinträchtigung (Abundanzrückgang) durch baggerungsbedingte starke Störungen, aber zügige Wiederbesiedlung bei andauernden - aber nur noch geringen - Störungen, möglich unter der Voraussetzung einer ähnlichen Sedimentzusammensetzung (u. a. Crustacea: Gammarus),

- Beeinträchtigung (Abundanzrückgang, Artenzahlreduktion) durch baggerungsbedingte starke Störungen, aber längere Wiederbesiedlungsdauer bei andauernden - aber nur noch geringen - Störungen (u. a. Polychaeta, hier Marenzelleria),

- Beeinträchtigung (Abundanzrückgang, Artenzahlreduktion) durch baggerungsbedingte Störungen, langfristiges Ausbleiben (u. U. Muscheln).

 

250 µm-Fraktion (Oligochaeta)

Räumliche Betrachtung 2004

Im Untersuchungsmaterial April 2004 sind aus der Ordnung Oligochaeta insgesamt 16 Taxa nachgewiesen worden. Die Baggerstrecke war mit durchschnittlich < 4 Taxa artenarm ausgestattet. Fast ohne Unter­schied rekrutierte sich der Bestand zu 60 - 65 % aus nicht geschlechts­reifen Individuen der Familie Tubificidae. Innerhalb der Familie Tubificidae dominierte im Baggerbereich nur eine Art: Limnodrilus hoffmeisteri, charakteristischerweise noch ergänzt durch Limnodrilus udekemianus. In den Mischsedimenten konnten örtlich verhältnismäßig hohe Dominanzwerte für Limnodrilus profundicola verzeichnet werden Der Anteil adulter, fortpflanzungsfähiger Tiere lag insgesamt bei ³ 30 %; den unbedeutenden "Rest" bildete Vejdovskyella intermedia (Naididae) mit < 1 % Bestandsquote.

Der Referenzbereich war 2004 mit durchschnittlich 6 Taxa etwas artenreicher ausgestattet als die Baggerstrecke. Tubificiden waren auch hier präsent, mit Aktedrilus monospermathecus dominierte in diesem Abschnitt allerdings ein Brackwasser-Tubificidae marinen Ursprungs. Noch häufiger (eudominant) als A. monospermathecus war aber Propappus volki (Propappidae). Die lokale Gesellschaftsstruktur wurde durch verschiedenartige Enchytraeiden ergänzt. Die Assoziation aus P. volki, Enchytraeus spp. und A. monospermathecus ist offenbar typisch für die Besiedlung der Fahrrinne und deren Seitenräume. Alle Spezies präferieren Sande und sind äußerst strömungstolerant; also Rahmenbedingungen, wie sie in der Fahrrinne/im Fahrwasser überwiegend vorliegen. Die Gemeinschaft der Oligochaeten im Referenzbereich kann als typische Sandbodengesellschaft charakterisiert werden. Dies steht in Einklang mit dem anstehenden Sedimenttyp.

Die mittleren Gesamtabundanzen waren in der Ausbau- und Referenzstrecke mit rd. 4 x 103 Ind./m² so gut wie identisch. Die häufigste Art der Baggerstrecke war Limnodrilus hoffmeisteri mit durchschnittlich ca. 2.500 Ind./m² im Bereich der Fahrrinnenränder.

In der Baggerstrecke dominierten nicht geschlechtsreife Tubificiden. Reife, reproduzierende Tiere waren in diesem Abschnitt vorhanden, im Wesentlichen Limnodrilus spp. aber auch Aktedrilus monospermathecus. Im Referenzbereich war die Altersstruktur dagegen durch geschlechtsreife (syn. adulte) Individuen der Arten Propappus volki (Propappidae) und A. monospermathecus (Tubificidae) geprägt (50 bis 90 %).

Interannuelle Betrachtung

Im Baggerbereich wurde seit 2001 ein Rückgang der mittleren Taxazahl von rd. 7 auf < 4 Taxa, wobei am Fahrrinnenrand das Niveau der Taxazahlen leicht höher war. Auf­grund der jeweils ausgeprägten Variabilität sind die interannuellen Unterschiede statis­tisch überwiegend als zufällig zu betrachten; signifikant niedriger ist allerdings die 2004 dokumentierte Taxazahl gegenüber den in 2001/02 ermittelten Werten. Mit durchschnitt­lich nur 3,4 Taxa/Station (Fahrrinnenmitte) bzw. 4,3 Taxa/Station (Fahrrinnenränder) wur­de in 2004 im Hinblick auf die Artenvielfalt ein Minimum verzeichnet.

Im Referenzbereich verlief die zeitliche Entwicklung dieses Besiedlungskennwertes hingegen anders. Die mittlere Taxazahl lag in 2001 mit 5 Taxa in der Fahrrinnenmitte in der Tendenz unter dem Niveau des entsprechenden Bereiches in der Baggerstrecke, sie stieg dann an und lag in 2003 mit mehr oder weniger deutlich über denjenigen der Baggerstrecke. In 2004 wurde allerdings wieder ein Rückgang ermittelt, mit durchschnittlich 4,3 Taxa/Station (Fahrrinnenmitte) bzw. 7,3 Taxa/Station (Fahrrinnenränder). Dennoch lagen die Werte aber z. T. deutlich (Fahrrinnrand), z. T. weniger deutlich (Fahrrinnenmitte) höher als in Bereich der Baggerstrecke.

Etwa zwei Jahre nach der Baumaßnahme ist die mittlere Abundanz in der Baggerstrecke um gut zwei Zehnerpotenzen höher gewesen als vor dem Eingriff: Von 1999 mit rd. 102 Ind. über 2001 mit 103 Ind. bis 2002 mit über 104 Ind./m². Diese Entwicklung setzte sich in 2003/04 jedoch nicht fort, die Individuenanzahlen sanken in 2003 und 2004 auf das Niveau von 2001. Dies betraf die Stationen in der Fahrrinnenmitte sowie deren Randbereiche gleichermaßen, wobei die durch­schnittliche Gesamtwohndichte der Oligochaeten an den Rändern des Fahrwassers stets höher ausfiel. Der Rückgang könnte möglicherweise ein Indiz für den nicht auszuschließenden (prognostizierten) Zusammenbruch der Opportunistengesellschaft sein, möglich ist aber auch, dass es sich um einen Ausdruck der natürlichen Variabilität handelt. Qualitativ behaupten sich einzig und allein nur wenige Tubificidenarten im Baggerbereich, beispielsweise die o. g. Schwesterarten Limnodrilus hoffmeisteri und Limnodrilus profundicola.

Die mittlere Gesamtdichte der Oligochaetenfauna blieb im Referenzbereich in den ersten zwei Jahren in der Größenordnung von 103 Ind./m² in etwa gleich. In 2003 erfolgte ein Anstieg der Abundanz auf knapp 104 Ind./m². In 2004 wurde analog zur Entwicklung in der Baggerstrecke wieder ein deutlicher Rückgang der Besiedlungsdichten auf das Niveau von 2001 verzeichnet.

Im Referenzbereich entspricht die Besiedlungsdichte mit durchschnitt­lich 3 x 103 Ind./m² in etwa der anzunehmenden ‚Raumkapazität' für sandige Sedimenttypen. Die Vergleichs­zahlen der ungestörten Sandflächen des Mühlenberger Lochs und des Fährmannssander Watts unterstützen diese Einschätzung. Für die Baggerstrecke, die mit einem höheren Anteil von schlickigen Sedimenten im Prinzip dichter besiedelt sein müsste, deutet sich dagegen eher eine Unterschreitung der Raumkapazität an, denn die mittleren Wohndichten lagen mit Ausnahme von 2002 mindestens eine Zehnerpotenz unter denjenigen von anderen mehr oder weniger gut vergleichbaren Schlickbereichen.

Fazit

Trotz der ausgeprägten räumlichen und interannuellen Besiedlungsvariabilität in diesem Bereich sprechen die Befunde der 250 µm-Fraktion für Wirkungen der Baggertätigkeiten, wobei aber der nach (bzw. auch vor) der Vertiefung hohe Unterhaltungsaufwand wahrscheinlich erheblicher ist als es die eigentliche Ausbaumaßnahme war. Insbesondere der Vergleich mit dem Referenzabschnitt, die z. T. entgegengesetzte, zeitparallele Entwicklung in diesem Bereich, stützt diese Einschätzung.

 

Vergleich der Ergebnisse mit der UVU-Prognose

Durch den Eingriff ist für die Baggerstrecke eine Degradation, eine "sehr geringe Wertigkeit", prognostiziert worden. Nach Abschluss der Baumaßnahme und einer etwa 3‑jährigen Wiederbesiedlungsperiode sollte sich der 'Ausgangszustand' (in der UVU abgeleitet aus Untersuchungsergebnissen der Jahre 1993 - 1995) einer "geringen Wertigkeit" wieder eingestellt haben, der den heute typischen Fahrrinnenbedingungen entspricht. Der Referenzbereich sollte dagegen auf dem "geringen" Wertungsniveau verharren.

Aus nachvollziehbaren Gründen lässt sich der Bewertungsaspekt nicht im Sinne der ursprünglichen Fragestellung beantworten, da es einerseits den ‚weniger beeinflussten Ausgangszustand' aufgrund der schon vor der Ausbaumaßnahme sehr intensiven Unterhaltungsbaggerungen so nicht gibt, andererseits erfolgten auch nach der Vertiefung umfangreiche Unterhaltungsbaggerungen, so dass eine Regeneration der Fauna nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten zumindest bis 2004 nicht möglich war.

In Anbetracht der ( auch z. T. in dieser Form unerwarteten - 1000 µm-Fraktion -) gegenläufigen Entwicklung der Populationsparameter der wirbellosen Bodenfauna im Vergleich zwischen Ausbaustrecke und Referenz, dürfte ersterer Bereich aufgrund der im Untersuchungszeitraum erfolgten Baggertätigkeiten (unabhängig von deren Anlass) daher auch in 2004 qualitativ der in der Prognose prognostizierten ‚sehr geringen Wertigkeit' entsprechen, während das Referenzgebiet v. a. im Hinblick auf die 250 µm-Fraktion, bei deutlich geringerer Baggerfrequenz und Sandentnahme darüber rangiert.

Es sei abschließend nochmals darauf hingewiesen, dass die dieser Arbeit zugrunde liegende ursprüngliche Aufgabe, nämlich die Identifizierung und Beurteilung möglicher Wirkungen speziell der Baumaßnahme auf die wirbellose Bodenfauna, aufgrund der vor und nach der eigentlichen Maßnahme z. T. sehr viel höheren Unterhaltungsbaggermengen, nicht zu lösen ist und auch durch ggf. weitere Untersuchungen nicht zu lösen sein wird. Dennoch liefern die Untersuchungsergebnisse notwendige Erkenntnisse, die zum Verständnis möglicher Wirkungen von Baggertätigkeiten (unabhängig ihres Anlasses) auf die bodenlebende Wirbellosenfauna wesentlich beitragen.

 

III.1.6.1.1.3   Entwicklung des Makrozoobenthos in der Außenelbe im Bereich von km 732 - 740

Die Untersuchungen zum Makrozoobenthos die im Zeitraum von 1999 - 2004 in der Außenelbe durchgeführt wurden, umfassten die Teilgebiete Klappstelle und Umgebung bei km 733 sowie die Fahrrinne zwischen km 730 und 740. Des Weiteren ist ein Transekt bei km 736 untersucht worden, dessen Stationen, ausgehend vom linken Fahrrinnenrand, in Richtung Zehnerloch positioniert wurden. Die Lage der Probenahmestellen zur Ermittlung der Entwicklung im Außenelbebereich zeigt Abbildung III.1.6.1.1.3-1.

Abb. III.1.6.1.1.3-1:      Lageplan der Orte der Makrozoobenthos-Beprobungen in der Außenelbe

Um die vor Beginn der Bauarbeiten in den Untersuchungsgebieten vorkommenden Benthosgemeinschaften im Hinblick auf Artenspektrum und Individuenzahlen zu dokumentieren, wurden im April 1999 im Bereich der Klappstelle 733 bzw. in deren Umgebung insgesamt 23 Stationen beprobt. In der Fahrrinne, im Bereich der Baggerstrecke sowie an zwei Referenzbereichen ist das Makrozoobenthos an 15 Stationen untersucht worden; das Transekt bei km 736 (entspricht Transekt km 733 im Planfeststellungsbeschluss) umfasste insgesamt 11 Stationen. Jeweils im Mai im Zeitraum 2001 - 2004 wurden nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten die Folgeuntersuchungen durchgeführt. In 2004 erfolgte die letzte Untersuchungskampagne im Rahmen der Beweissicherung.

Die Beprobung der Stationen erfolgte in allen Untersuchungsjahren durch jeweils 6 Parallelproben mit einem 0,1 m² Van-Veen-Greifer. Zu den analysierten Parametern gehörten die Kennwerte Artenspektrum, Artenzahl, Dominanzstruktur, Altersstruktur sowie die Individuendichte der Benthosgemeinschaften. Anders als in der Unterelbe wurde in der Außenelbe auf die Analyse der kleineren Wirbellosen (250 µm-Fraktion verzichtet), da diese hier nicht zu den prägenden Organismengruppen zählt.

Ziel der Untersuchungen war die Identifizierung von Hinweisen auf mögliche Auswirkungen der Vertiefungsmaßnahmen auf die benthischen Lebensgemeinschaften. Die Bearbeitung erfolgte durch Vergleiche der Makrozoobenthos-Besiedlungen auf der Raumskala (Eingriffsbereiche vs. Referenz) und auf der Zeitskala (gebietsinterne interannuelle Entwicklung).

Die Beantwortung der Fragestellung enthält aber die grundsätzliche Schwierigkeit, dass die von den Maßnahmen betroffenen Bereiche z. T. bereits vor dem Neubau und z. T. auch nach Abschluss der Neubauarbeiten im Rahmen der Unterhaltung genutzt wurden. Diese Rahmenbedingungen erschweren die Zuordnung der identifizierten Wirkungen zur Neubaumaßnahme.

 

Klappstelle 733

Verklappungen 1998 - 2004

Die untersuchte Klappstelle wurde bereits vor den hier in ihren Wirkungen zu dokumentierenden Neubaumaßnahmen genutzt. Im Rahmen der Neubaumaßnahmen 1999 und 2000 ist die Klappstelle mit 1.986.100 m³ bzw. 996.475 m³ allerdings deutlich intensiver beaufschlagt worden als 1998 (91.020 m³). Im April 1999, also während und z. T. auch vor der Status-quo-ante-Untersuchung, wurde bereits eine Baggermenge von insgesamt etwa 445.432 m³ auf die Klappstelle verbracht, so dass die Ausgangssituation eine gewisse vorlastete Situation darstellt. Die verklappten Sedimente bestanden in allen Jahren überwiegend aus Sand und führten damit nicht zu einer wesentlichen Veränderung des anstehenden Sedimenttyps.

Hinweis: Nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten erfolgte eine Verlegung der Klappstelle K733 nach Süden, so wurde der ursprüngliche Bereich der Klappstelle nur noch örtlich bzw. nach 2001 gar nicht weiter genutzt. In 2001 wurden auf die nach Süden verlegte Klappstelle K733 348.312 m³ und 2002 736.500 m³ (bis Mai 2002 zum Zeitpunkt der Probenahme aber nur 106.201 m³) verbracht. In 2003 erfolgte mit 2.550.152 m³ eine sehr starke Beaufschlagung. Die Menge war sogar höher als diejenige, die im Rahmen der Vertiefungsarbeiten auf die damalige Fläche von K733 verbracht wurde. In 2004 war die Verklappungsmenge mit 846.723 m³, die im Zeitraum Januar bis Mai verbracht wurde, ebenfalls vergleichsweise hoch. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf verwiesen, dass im aktuellen Verklappungsbereich keine Makrozoobenthosuntersuchungen durchgeführt wurden. Die Angaben zu den Klappmengen sind lediglich als ergänzende Information anzusehen.

Aufgrund der Verlegung der Klappstelle wurde bereits in 2001 vermutlich nur noch eine Station (MK25) der im ursprünglichen Verklappungsbereich positionierten 5 Stationen durch die Verklappungen direkt betroffen. Dagegen befanden sich nun Stationen (MKN26 - Nahbereich, MKÄ27 - Referenz), die ursprünglich außerhalb der bis 2000 genutzten Klappstelle lagen, im Verklappungsbereich. In den Folgejahren bis 2003 wurde K733 erneut weiter in Richtung Süden verlegt, so dass ab 2002 keine ursprüngliche K-Station mehr direkt von Beaufschlagungen betroffen war. Als einzige Station befand sich die Referenz-Station MKÄ27 nach 2000 vermutlich immer im jeweiligen Verklappungsbereich. Damit erfüllen v. a. die Station MKÄ27 sowie auch MKN26 die ihnen ursprünglich zugedachte Funktion als (unbeaufschlagte) Vergleichsstandorte nicht mehr. Da die Verlegung der Klappstelle erst in 2003, nach Abschluss des entsprechenden Berichtes (3. Zwischenbericht) bekannt wurde, sind die Stationen MKN26 und MKÄ27 im Rahmen der damaligen Auswertung, wie im ursprünglichen Konzept vorgesehen, nach wie vor als Station des Nahbereichs bzw. als Referenzstation betrachtet worden. Im vorliegenden Endbericht wurde der Verlegung der Klappstelle in der Auswertung Rechnung getragen. Die Datensätze der Teilgebiete mussten durch die Verlegung der Klappstelle z. T. neu geordnet werden. Es ist anzumerken, dass diese Neuordnung zu (geringfügig) abweichenden Angaben zu Besiedlungskennwerten im Vergleich zu den Vorjahresergebnissen führt.

Zudem ist hervorzuheben, dass die bis 2003 nicht bekannte räumliche Verlegung der Klappstelle für die Beurteilung der vorliegenden Befunde insofern auch vorteilhaft ist, als dadurch ab 2001 die tatsächliche Wiederbesiedlung der Klappstelle (weitgehend) ohne Unterhaltungsverklappungen dokumentiert wurde. Damit ist eine Überlagerung der ausbaubedingten Wirkungen durch unterhaltungsbedingte Wirkungen ausgeschlossen und ermöglicht eine im Sinne der Fragestellung eindeutigere Identifizierung möglicher verklappungsbedingter Wirkungen.

Makrozoobenthos-Ergebnisse 2004: Im Gebiet der Klappstelle 733 und deren Umgebung wurden in 2004 insgesamt 48 verschiedene Taxa aus 5 taxonomischen Gruppen nachgewiesen. Im Vergleich der Teilgebiete unterschieden sich die mittleren Taxazahlen von 11,3 - 14,1 Taxa/Station nicht sehr deutlich voneinander, die Referenz wies aber im Vergleich die höchste Taxazahl auf. Im Hinblick auf die Besiedlungsdichte ergaben sich klare Unterschiede: die Referenz war in 2004 bei allerdings hoher räumlicher Variabilität mit durchschnittlich 872 Ind./m² umfangreicher besiedelt als die Klappstelle (210 Ind./m²). Der Nahbereich war lediglich durch 104 Ind./m² besiedelt. Die Ergebnisse anderer Untersuchungskomponenten wie die Dominanz- oder Altersstruktur ergaben keine klaren Unterschiede zwischen den Teilgebieten.

Interannuelle Makrozoobenthos-Ergebnisse (1999 - 2004): Der räumliche und der zeitliche Vergleich zeigen insgesamt, dass sich trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen, wie lokale Sedimentbesonderheiten oder z. T. auch erheblich unterschiedliche Wassertiefen, die Gemeinschaftsstruktur der MZB-Gemeinschaften der Klappstelle, im Nahbereich der Klappstelle sowie an weiter entfernt liegenden Stationen in ihrer Zusammensetzung mehr oder weniger stark ähnelten. So dominierten überall Arten, die sandige Standorte bevorzugen (v. a. Amphipoden der Gattung Bathyporeia). Neben einigen Polychaeten (Nephtys hombergii, Heteromastus filiformis) gehörte auch Macoma balthica in 2002 - 2004 örtlich zu den individuenreicheren Arten.

Die synoptische Betrachtung aller Ergebnisse, also die der räumlichen und der gebietsinternen interannuellen Vergleiche lassen den Schluss zu, dass bestehende Verklappungswirkungen auf der Datenbasis bereits in 2003 nicht mehr eindeutig und in 2004 nicht mehr zu erkennen waren.

Auf der Basis aller Ergebnisse lassen sich Hinweise darauf ableiten, dass die faunistischen Befunde mit den Verklappungsaktivitäten bzw. mit der Abnahme und Ende der Verklappungen auf der ursprünglichen Umlagerungsfläche korrespondierten. In 2001, also nach den umfangreichen neubaubedingten Verklappungen, waren die ausgeprägtesten Unterschiede zwischen den Teilgebieten insofern zu erkennen, als die Klappstelle geringere Kennwerte als die Referenz aufwies. Auch die klappstelleninterne Betrachtung ergab einen erkennbaren Rückgang der Besiedlungskennwerte in 2001 im Vergleich zur Ausgangssituation 1999. Nachdem nach 2000 keine Verklappungen mehr auf der ursprünglichen Fläche erfolgten, konnten in 2002 Hinweise auf eine beginnende Erholung der Makrozoobenthosgemeinschaft verzeichnet werden. Diese drückte sich im Vergleich zu 2001 v. a. durch höhere Arten- und Individuenzahlen auf der Klappstelle aus. Die Entwicklung setzte sich in 2003 aber auf der Klappstelle nicht weiter fort und blieb in etwa auf dem Vorjahresniveau. In 2004 erfolgten im Bereich der ehemaligen Klappstelle und der Referenz gleichsinnige Entwicklungen, in dem sich die Besiedlungskennwerte z. T. deutlich erhöhten, allerdings waren die absoluten Besiedlungsdichten unterschiedlich (s. o.). Aufgrund der jeweils aber hohen gebietsinternen Variabilität waren diese Unterschiede zwischen den Teilgebieten jedoch nicht signifikant. Der interannuelle gebietsinterne Vergleich zeigte zu dem eine weitgehende Annäherung an den Ausgangszustand 1999 im ehemaligen Verklappungsbereich. Es ist also davon auszugehen, dass die in 2004 ermittelten Ergebnisse die normale Variabilität, beeinflusst von den abiotischen Rahmenbedingungen (Sedimente etc.), in diesem Bereich widerspiegeln und verklappungsbedingte Wirkungen nicht mehr erkennbar sind.

 

Fahrrinne (km 730 - 740)

Baggerungen 1998 - 2004

Mit Beginn der Vertiefungsarbeiten in 1999 sind die Baggermengen im Bereich der Neubaustrecke (bezogen auf den Abschnitt Fahrrinnenkilometer km 734,1 - 738,1) mit ca. 1.6 Mio. m³ gegenüber 1998 (54.918 m³) stark angestiegen. Auch in 2000 (874.550 m³) sowie in 2001 (636.666 m³) bis 2003 (910.549 m³) erfolgten Baggerungen in erheblichem Umfang. Die Baggermenge im halbjährigen Zeitraum vor den Makrozoobenthos-Probennahmen war mit 205.640 m³ (1999) bzw. 266.970 m³ (2001) und 2002 (nicht quantifizierbar) in etwa vergleichbar. In 2003 (km 735 - 737,5) und auch in 2004 überstieg die Menge mit 559.466 m³ bzw. 500.000 m³ diejenige der Vorjahre. Die Neubaustrecke unterlag also schon vor der Status-quo-Erhebung sowie auch nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten mehr oder weniger intensiven Baggeraktivitäten. Während im Bereich der Referenz-Nord seit 1998 keine Unterhaltungsbaggerung erfolgte, wurden im Bereich Referenz-Süd Baggerungen durchgeführt. Die Baggermengen stiegen hier seit 1998 (6.971 m³) kontinuierlich an und erreichten in 2001 (178.908 m³) ihren bisherigen Höchstwert. In 2003 betrug die Menge etwa 33.158 m³, in 2004 wurde nur eine geringe Menge von 6.530 m³ gebaggert. Insgesamt lagen die Baggermengen im Bereich der Referenz-Süd aber vergleichsweise deutlich unter denjenigen der Neubaustrecke.

Makrozoobenthos 2004: Die Untersuchungsstationen der Fahrrinne waren in 2003 insgesamt durch 33 verschiedene Taxa aus 6 taxonomischen Gruppen besiedelt. Die Crustacea und Polychaeta waren mit 13 bzw. 10 Taxa die artenreichsten Gruppen. Aufgrund des überwiegend sporadischen Vorkommens der meisten Arten erreichte die mittlere Taxazahl im Bereich der Neubaustrecke Werte um 4,5 Taxa/Greifer; im Referenzbereich lag der Wert mit ca. 2,2 Taxa/Greifer niedriger. Hinsichtlich der Besiedlungsdichte wies der Vertiefungsbereich mit 514 Ind./m² im Vergleich zur Referenz (ca. 22 Ind./m²) erheblich höhere Werte auf. Hervorgerufen wurden die Unterschiede insbesondere durch die Crustacea, die im Vertiefungsbereich in wesentlich häufiger waren. Die Polychaeta, deren Besiedlungsdichte insgesamt geringer war als die der Crustacea, waren im Referenzbereich mit durchschnittlich 13,7 Ind./m² in etwas höherer Zahl vertreten als im Bereich der Baggerstrecke (11,3 Ind./m²).

Makrozoobenthos interannuell (1999 - 2004): Die untersuchte Neubaustrecke war nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten nicht faunistisch verödet. Sie war allerdings bereits 1999 durch eine für die Fahrrinne der Elbe heute typische, artenarme Wirbellosengemeinschaftgekennzeichnet. Die Ergebnisse veranschaulichen, dass sowohl bezüglich der Anzahl der Taxa als auch hinsichtlich der Gesamt-Individuendichte die Neubaustrecke in 2001 im räumlichen Vergleich (Referenz) und im Vergleich zur Status-quo-Situation(1999) zumindest örtlich sogar deutlich umfangreicher besiedelt war, obwohl intensive Baggerungen durchgeführt wurden. Verantwortlich hierfür war die starke Abundanz-Zunahme der Crustacea (Bathyporeia) nach intensiven Baggerungen. Andere Taxagruppen reagierten dagegen mit mehr oder weniger deutlichen Abundanzrückgängen (Polychaeta). In 2002 und 2003 wurde ein Rückgang der sehr hohen Individuendichten der Crustacea dokumentiert, wobei die rückläufigen Zahlen in 2002 mit vergleichsweise geringeren (Unterhaltungs-) Baggeraktivitäten einhergingen. In 2004 kam es bei erneut intensiverer Baggerung im Abschnitt der untersuchten Neubaustrecke wieder zu einer ausgeprägten Zunahme v. a. der Crustacea-Anzahlen; eine gleichsinnige Entwicklung konnte im Referenzabschnitt (keine/geringe Baggerung) dagegen nicht dokumentiert werden. Die bisherigen Ergebnisse lassen die Vermutung zu, dass die Bathyporeia-Arten besonders nach bzw. bei starken Störungen offensichtlich hohe Besiedlungsdichten entwickeln können; unklar sind die Gründe hierfür, es zu vermuten dass dies u. U. durch massive, kurzfristige Einwanderung aus den Seitenbereichen und/oder möglicherweise auch durch eine in diesen Bereichen besonders erfolgreiche Reproduktion erfolgt. Voraussetzung ist allerdings, dass die von den Arten bevorzugten Sedimentbedingungen (Fein-Mittelsande) zumindest erhalten bleiben.

Aufgrund der insgesamt schon 1999 eher geringen Besiedlungsdichte der Polychaeta sowohl im Neubaubereich als auch im Bereich der Referenz lassen sich Hinweise auf Wirkungen der Vertiefungsarbeiten auf diese Organismengruppen nur eingeschränkt ableiten. Dennoch deuten sich auf der Basis der vorliegenden Daten örtlich Entwicklungen an, deren Zusammenhang mit den umfangreichen Neubaubaggerungen (1999/2000) bzw. mit den danach fortgesetzten Unterhaltungsbaggerungen nicht auszuschließen ist. Ein (schwacher) Hinweis hierauf ist aus der tendenziellen Abnahme der Besiedlungsdichte (Polychaeta) in stark bebaggerten Bereichen ableitbar, während in weniger stark beeinflussten Bereichen (z. B. rechte Fahrrinnenseite der Neubaustrecke, nördliche Referenz) keine analogen Entwicklungen stattgefunden haben.

Die o. g. Annahmen werden auch durch die in der Unterelbe ermittelten Ergebnisse unterstützt. Auch hier deutete sich an, dass intensive Baggerungen eine Zunahme der Bathyporeia-Abundanzen und tendenziell rückläufige Polychaeta-Dichten zur Folge haben können (vgl. Band: BIOCONSULT, 2005a). Bivalvia wurden nach 1999 im Bereich der Vertiefungsstrecken (Außen- und Unterelbe) nicht nachgewiesen, allerdings konnten bereits 1999 nur wenige Muscheln in der Fahrrinne dokumentiert werden, so dass deren Fehlen nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten nicht eindeutig mit den Baggertätigkeiten in Zusammenhang gestellt werden kann.

 

Transekt km 736

Die Transektstationen unterscheiden sich aufgrund ihrer räumlichen Lage im Hinblick auf die Rahmenbedingungen und damit auch aufgrund der Fauna mehr oder weniger deutlich voneinander. Vor allem die Stationen im Bereich Zehnerloch grenzten sich aufgrund der Sedimente (hohe Schlickanteile) und einer anderen Gemeinschaftsstruktur (mehr durch Polychaeten geprägt) deutlich von den übrigen Transektstationen ab. Diese räumlichen Besiedlungsunterschiede sind trotz der starken interannuellen Variabilität über den gesamten Untersuchungszeitraum zu erkennen. Aufgrund der sehr ausgeprägten räumlichen und zeitlichen Veränderlichkeit der Benthosbesiedlungen sind Wirkungen der Neubaumaßnahme auf das Zoobenthos auf der Basis des vorliegenden Transekt-Datensatzes nicht offensichtlich.

 

Fazit

Die Verklappungen (1999/2000), die im Rahmen der Fahrrinnenanpassung auf K733 erfolgten, haben nicht zu einer faunistischen Verödung der Klappstelle geführt. Allerdings konnte v. a. 2001 eine Reduzierung der Besiedlungskennwerte auf der Klappstelle und z. T. auch in deren Nahbereich festgestellt werden. Die in 2001 ermittelten Befunde wurden als Hinweise auf Wirkungen im Verklappungsbereich und auch örtlich im Nahbereich identifiziert. Nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten (2000) wurde die Klappstelle fast nicht mehr für Verklappungen genutzt. Ohne den Wirkfaktor "Verklappung" konnte dann in 2002 wieder eine Zunahme der Besiedlungskennwerte auf der Klappstelle ermittelt werden, die als Hinweis auf eine beginnende Erholung angesehen wurde. Aufgrund unterschiedlicher räumlicher Entwicklungen wurden dann in 2003 und auch in 2004 zwar Unterschiede zwischen Klappstelle und Referenz ermittelt, die aber wohl v. a. in 2004 die in diesem Gebiet natürliche Variabilität widerspiegeln. Weitere Untersuchungen zu den Wirkungen der Verklappungen auf K733 im Rahmen der Ausbaumaßnahmen sind daher nicht notwendig.

Im Untersuchungsgebiet der Neubaustrecke der Fahrrinne zeigten sich artengruppenspezifisch z. T. gegensätzliche Entwicklungen. Einerseits wurde nach Abschluss der Neubaumaßnahme eine deutliche Zunahme der Crustacea-Dichte, andererseits ein schwacher Rückgang der Polychaeta-Dichte verzeichnet. Die auffällig hohen Crustacea-Abundanzen korrespondierten ebenso wie die tendenziellen Rückgänge der Polychaeta in Bereichen mit hohen Baggerintensitäten. Insgesamt war im Bereich der Neubaustrecke eine ausgeprägte räumliche und zeitliche Besiedlungsdynamik vorhanden, die in dieser Form im Referenzbereich-Nord nicht dokumentiert wurde. Die im Bereich der Neubaustrecke festgestellten Veränderungen könnten aus folgenden Gründen als Hinweise auf Wirkungen der Baggerarbeiten anzusehen sein:

- die signifikante Erhöhung der Bathyporeia-Abundanzen und eine damit einhergehende Veränderung der Gemeinschaftsstruktur erfolgte am ausgeprägtesten sowohl auf der Raum (linker Fahrrinnenbereich)- als auch auf der Zeitskala (2001 - 2004) in den von Baggerungen am stärksten betroffenen Bereichen.

- die Abschnitte der Neubaustrecke, die von Baggerungen wenig betroffen waren sowie die nicht direkt von Baggerungen beeinflussten nördlichen Referenzbereiche zeichneten sich durch nicht signifikante interannuelle Veränderungen der Benthosgemeinschaft aus.

- der, wenngleich nur schwach, d. h. nicht signifikant ausgeprägte Rückgang der Polychaeta in intensiv bebaggerten Bereichen.

 

Erschwert wurde (bzw. wird) die Bewertung der Befunde allerdings durch die nach Abschluss der eigentlichen Vertiefungsbaggerungen stattgefundenen Unterhaltungsarbeiten und die Tatsache, dass die Vertiefungsbaggerungen eine durch die in der Vergangenheit stattgefundenen Strombaumaßnahmen und die laufende Unterhaltungsbaggerei vorbelastete Gemeinschaft betroffen haben. In diesem Zusammenhang sind zwei Aspekte nicht voneinander zu trennen: die Wirkungen der ausbaubedingten intensiven Baggerungen und die Wirkungen der nach Abschluss der Ausbauarbeiten weiter erfolgenden Baggerungen im Rahmen der Fahrrinnenunterhaltung. Vor diesem Hintergrund erscheint die Fortführung der Untersuchungen nicht notwendig, da ein weiterer Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Frage zu den Wirkungen speziell der Ausbaubaggerungen auf die bodenlebenden Wirbellosen und deren Wiederbesiedlungsdynamik nicht zu erwarten ist.

 

Vergleich mit den Ergebnissen der der UVU-Prognose

Allgemein:"...Entsprechend den prognostizierten geringen positiven wie negativen Änderungen im Unterhaltungsaufwand wird der Status quo von Bestand sein. An der hohen Wertigkeit des Untersuchungsabschnittes VII wird sich nach der Fahrrinnenanpassung mittelfristig nichts ändern. Sollte sich darüber hinaus die tendenzielle, wenn auch geringfügig lokale Reduzierung des Unterhaltungsaufwandes realisieren lassen, so ist mit einer Stabilisierung, vielleicht sogar mit einer Verbesserung der ökologischen Situation zu rechnen ..."

"...Es sollte jedoch nicht übersehen werden, dass es sehr wohl zu einem qualitativen, allerdings lokal begrenzten Umbruch in der Artenstruktur kommen kann, der im Wesentlichen seinen Ursprung in kleinskaligen, hydro- und/oder morphodynamischen Veränderungen haben kann. Ausnahmen bezüglich der Nachhaltigkeit eines Eingriffes bilden hingegen Vorkommen langlebiger, überwiegend ortsgebundener Arten, wie beispielsweise Muscheln..." Für die unmittelbaren Eingriffsflächen wurde allerdings angenommen, dass sich in Folge der Eingriffe der Ausgangszustand ‚hohe Wertigkeit' verändern würde. Vermutet wurde der Prognosezustand 'sehr geringe Wertigkeit'."

Klappstelle

Die auf der Klappstelle dokumentierte Situation entsprach insbesondere in 2001 in etwa denjenigen Wirkungen, die in der UVU prognostiziert wurden (u. a. Reduzierung der Besiedlungsdichte). Auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse war in 2003 eine vollständige Erholung, der Benthosgemeinschaft die sich bereits 2002 anzudeuten schien, noch nicht eindeutig zu belegen ist. In 2004 konnten dann keine signifikanten Unterschiede zwischen ehemaliger Klappstelle und der Umgebung festgestellt werden, so dass davon auszugehen ist, dass die Besiedung die in diesem Bereich normale Variabilität widerspiegelt.

Die vorliegenden Befunde deuten darauf hin, dass die Regeneration der Benthosgemeinschaft bezogen auf den Ausgangszustand 1999 nach vermutlich 3 Jahren, spätestens nach 4 Jahren nach den umfangreichen Verklappungen in 1999/2000 abgeschlossen war.

Fahrrinne

Die Ergebnisse haben gezeigt, dass sich in 2001 und in den Folgejahren eine ähnliche Makrozoobenthos-Gemeinschaft, mit einigen Verschiebungen in der Dominanzstruktur, in der Fahrrinne wieder quantitativ eingestellt hat. Der in der UVU-Prognose angenommene Zeitraum zur Wiederetablierung einer typischen Rinnengemeinschaft sandiger Sedimente mit der Dominanz von sandbevorzugenden Arten wie den Bathyporeia-Arten und verschiedenen Polychaeten scheint sich in der Tendenz zu bestätigen. Allerdings zeigte sich nach 1999 in der Neubaustrecke eine mehr oder weniger kontinuierliche Veränderung in der Artenstruktur der Fahrrinnengemeinschaft, die sich in der Tendenz bis 2004 fortsetzte. Dies betraf v. a. die Gruppe der Polychaeta, deren Abundanzen seit 1999 im Bereich der intensivsten Baggerungen (linker Fahrrinnenrand) rückläufig waren. Ein solches Ergebnis wurde aufgrund der durch die Vertiefungsmaßnahmen u. U. örtlich veränderten Rahmenbedingungen in der Prognose für möglich gehalten. Unerwartet und in der Prognose so nicht benannt ist dagegen die im Rahmen der Beweissicherung festgestellte deutliche Zunahmeder Crustacea-Besiedlungsdichte im Bereich der Neubaustrecke und hier im Bereich der höchsten Baggerintensität nach 1999.

 

 

III.1.6.1.2   Laichstatistik in der Oste

Im Zuge des Planfeststellungsverfahrens wurden von Seiten der örtlichen Fischereigenossenschaften Befürchtungen geäußert, dass durch die Baumaßnahmen mit Beeinträchtigungen der Laicherfolge in der Oste zu rechnen sein wird. Der TdV der WSV sagte zu, diesen Sachverhalt zu prüfen. Aus diesem Grunde werden in diesem Bericht (obwohl in den Auflagen zum Beschluss keine direkten Beweissicherungsmaßnahmen angeordnet wurden) zunächst die Ergebnisse der Besatzgemeinschaften Oste I (obere Oste) und Oste II (untere Oste) als Ist-Zustand seit 1994 dokumentiert. Die von den Besatzgemeinschaften gelieferten Daten sind in den Abbildungen III.1.6.1.2-1 und -2 dargestellt.

Als allgemeiner Trend lässt sich erkennen, dass sich die Fänge (Meerforelle und Lachs) seit Beginn und Durchführung der Ausbaumaßnahmen 1997 - 2000 im Bereich der Besatzgemeinschaft Oste I und dem SFV-Sittensen verbessert haben, während sie im Bereich der Besatzgemeinschaft Oste II hinsichtlich der Meerforellenfänge weniger wurden (Lachse werden schon seit 1996/97 nur noch in Ausnahmefällen gefangen).

Ein Bezug der Entwicklungen der Fangergebnisse zu den Ausbaumaßnahmen in der Elbe ist nicht erkennbar. (Die Hauptbaumaßnahmen zur Fahrrinnenanpassung fanden von März 1999 bis Dezember 1999 statt, die vorgezogenen Teilmaßnahmen von Dezember 1997 bis August 1998.) Der Einbruch der Fangerlöse 1997/98 korreliert zwar mit den vorgezogenen Teilmaßnahmen, jedoch ist der Einbruch beim Lachs auch schon 1996/97 vorhanden gewesen. Eine Beziehung der Fangerlöse zu den Hauptbaggermaßnahmen in 1999 ist auch deshalb nicht gegeben, da diese bei einer Beeinflussung durch die Ausbaubaggerei erheblich geringer als im Vorjahr hätten ausfallen müssen (das Gegenteil ist jedoch der Fall). Es ist daher festzustellen, dass der Einbruch der Fangerlöse 1997/98 auf andere Einwirkungen zurückgeführt werden muss.

Abb. III.1.6.1.2-1:         Gefangene Laichfische (Lachs) in den Jahren 94/95 - 04/05

Abb. III.1.6.1.2-2:         Gefangene Laichfische (Meerforelle) in den Jahren 94/95 - 04/05

Da mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Ausbaumaßnahme eine Kausalität zwischen Fangerlösen und Baumaßnahme immer unwahrscheinlicher wird, und da bislang eine solche - auch direkt im Anschluss an die Ausbauten- nicht zu erkennen gewesen ist, werden künftig diese Untersuchungen im Rahmen der Beweissicherung eingestellt.