Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

Zusammenfassung der UVU

 

2.1 Geprüfte Vorhabenalternativen

Unter Vorhabenalternativen werden Problemlösungsansätze verstanden, die vom geplanten Vorhaben (hier: Ausbau der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe) grundlegend abweichen.

Im vorliegenden Fall lassen sich im wesentlichen zwei Alternativen unterscheiden, die die Tiefgangsproblematik unter Verzicht eines Fahrrinnenausbaus aufgreifen:

  • Die Anpassung der Schiffsgrößen an die bestehende Fahrrinnentiefe (Alternative 1)
  • Hafenkooperationen mit anderen Containerumschlagplätzen (Alternative 2)

Beide Alternativen werden aus folgenden Gründen abschlägig beurteilt:

Alternative 1

Ein Eingreifen in den Entwicklungsprozeß der kontinuierlichen Vergrößerung der Containerschiffe infolge steigenden Transportaufkommens sowie wachsenden Kosten- und Rationalisierungsdrucks wird als außerordentlich schwierig beurteilt. Eine wirksame Einflußnahme auf die Schiffsgrößenentwicklung ist allenfalls durch entsprechende international gültige Vereinbarungen zu bewerkstelligen, wobei wiederum die Realisierung der hierfür erforderlichen politischen Rahmenbedingungen schwer absehbar ist. Doch selbst wenn die Problematik mittel- oder langfristig einer Lösung zugeführt werden könnte, bleibt zu bedenken, daß Containerschiffe mit Tiefgangrestriktionen bereits heute in Fahrt sind. Einen zeitnahen Lösungsansatz stellt Alternative 1 demnach nicht dar.

Alternative 2

Im Rahmen des Szenarios "Hafenkooperation" werden entsprechende Kooperationsmöglichkeiten mit den Häfen Bremerhaven, Cuxhaven bzw. Brunsbüttel näher betrachtet. Als problematisch angesehen werden

  • die in diesem Zusammenhang erforderlichen staatlichen Eingriffe in die privatwirtschaftlich geprägte Wettbewerbsstruktur,
  • die Gefahr erheblicher Wettbewerbsnachteile für den nicht vertieften Hafen,
  • die Diskrepanz mit dem grundsätzlich wirtschaftlich geprägten Interesse der Reeder, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Ladung umzuschlagen,
  • die Erfordernis einer entsprechenden Warenverkehrslenkung für den binnenländisch zu- und ablaufenden Warenverkehr
  • sowie bei einer Teillöschung in Cuxhaven und Brunsbüttel
  • die Erfordernis staatlichen Eingreifens in die Warenverkehrslenkung,
  • die Erfordernis von Subventionszahlungen für nicht genutzte Standortvorteile des Hamburger Hafens,
  • das Risiko, daß die Reeder aus wirtschaftlichen Gründen nach Rotterdam ausweichen,
  • die Verursachung zusätzlicher Kosten infolge der Warenbeförderung von und nach Hamburg.

Unter ökologischen Gesichtspunkten

  • fallen zwar folgerichtig bei einer Nicht-Verwirklichung der Fahrrinnenanpassung die damit verbundenen Auswirkungen weg,
  • ist demgegenüber jedoch infolge einer Zunahme der Überlandtransporte (und des hierdurch möglicherweise erforderlich werdenden Straßen-/Schienenausbaus) mit zusätzlichen Belastungen für die Schutzgüter Luft, Wasser und Boden, Tiere und Pflanzen sowie mit Lärmimmissionen zu rechnen,
  • ist zudem eine Steigerung der Unfallhäufigkeit zu befürchten,
  • ist hinsichtlich der verkehrlichen Entwicklung bei einem Teilumschlag über Cuxhaven/Brunsbüttel eine Verkehrsmehrbelastung durch LKW um den Faktor 10 gegenüber einem Umschlag in Rotterdam zu veranschlagen,
  • führt der Bau neuer, an die geänderten Bedingungen angepaßter Umschlagsanlagen zu zusätzlichem Flächenverbrauch.

Auch aus ökologischer Sicht erweisen sich die Kooperationslösungen gegenüber einer Fahrrinnenvertiefung demnach nicht als vorteilhaft.

2.2 Geprüfte Vorhabenvarianten

Unter Vorhabenvarianten werden Problemlösungsansätze verstanden, die - in der Regel technische - Modifikationen des geplanten Vorhabens darstellen.

Im vorliegenden Fall lassen sich von den sieben Varianten der Voruntersuchung im wesentlichen drei Variantentypen unterscheiden (vgl. Abb. 2):

  • Sockellösungen für "Startfenster" unterschiedlicher Dauer und zu unterschiedlicher Zeit der Niedrigwasserphase
  • Sockellösung mit abgesenktem Sockel
  • Durchgehende Vertiefung der Fahrrinne

Zusätzlich zu den genannten Variantentypen ist grundsätzlich die Möglichkeit einer Zwischenankerung im Raum Brunsbüttel denkbar. Hierfür müßte der Bereich zwischen Schwinge- und Ostemündung vertieft werden. Die Schiffe müßten den Hamburger Hafen in einem Startfenster um Tidehochwasser (Thw) verlassen, um dann im Bereich Brunsbüttel während des örtlichen Tideniedrigwassers (Tnw) einschließlich der Stromkenterung zwischenzuankern. Die Wartezeit in Brunsbüttel würde zwischen acht und zehn Stunden betragen. Diese Variante ist jedoch aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs nicht weiterverfolgt worden, da die Realisierung erhebliche Einschränkungen für die Steuerfähigkeit und damit Manövrierfähigkeit der Schiffe bedeuten und somit ein großes Gefährdungspotential für die Schiffahrt darstellen würde.

Für die detaillierte Betrachtung der geprüften Vorhabenvarianten verbleiben somit die bereits oben angesprochenen Varianten 1 bis 7.

Variante 1 bis 5 (Sockellösungen für Startfenster unterschiedlicher Dauer und zu unterschiedlicher Zeit)

Um maßnahmebedingte Umweltbeeinträchtigungen zu minimieren, gingen die planerischen Grundsatzüberlegungen davon aus, dem Bemessungsschiff keinen tideunabhängigen Verkehr, wie dies nur durch eine durchgehende Vertiefung ermöglicht werden könnte, sondern tideabhängigen Verkehr mit entsprechenden Wartezeiten zu ermöglichen. Hierbei war zu berücksichtigen, daß sich die eigentliche Tiefgangsproblematik nicht für einkommende große Containerschiffe stellt, da diese das mit der Flut aus der Deutschen Bucht einlaufende Hochwasser nutzen können und auf diesem in den Hamburger Hafen "reiten" können. Grundsätzlich anders gelagert ist die Problematik jedoch für den ausgehenden Containerschiffsverkehr, da die Schiffe das ihnen nun entgegenkommende Hochwasser zeitlich nur begrenzt ausnutzen können und die Fahrrinne auch während mindestens einer Niedrigwasserphase befahren müssen.

Auf dieser Grundlage wurden zunächst "Sockellösungen" entwickelt (Variante 1 bis 5, Abb. 2), bei denen die Fahrrinne keilförmig im Bereich der Hamburger Delegationsstrecke und etwa unterhalb von Brunsbüttel unter Beibehaltung eines zentralen Sockels vertieft wird. Die Grundidee dieser Varianten besteht darin, daß unter Ausnutzung der Tidedynamik nur diejenigen Streckenabschnitte der Fahrrinne vertieft werden müssen, die das ausgehende Bemessungsschiff während der Niedrigwasserphase befährt. D. h. im Bereich des nicht vertieften Sockels durchfährt das Schiff das ihm entgegenkommende Hochwasser. Der Vorteil dieses Lösungsansatzes liegt darin, daß der Sockel als bremsendes Element wirkt und damit

die hydrologischen und ökologischen Folgen der Maßnahme minimiert werden. Auch die mit diesem Teilausbau verbundene deutliche Verringerung des anfallenden Ausbaubaggergutes ergibt gegenüber der durchgehenden Vertiefung ökologische Vorteile und hat darüber hinaus eine deutliche Reduktion der erforderlichen Investitionskosten zur Folge.

Aus der Variation der Sockellänge ergibt sich eine jeweils unterschiedliche Dauer und zeitliche Lage des sogenannten Startfensters, das den Zeitpunkt und die Länge des möglichen Abfahrtzeitraumes beschreibt. Die Dauer des Tidefensters nimmt von Variante 1 bis Variante 5 von 1,0 auf 2,5 Stunden zu bei gleichzeitiger Abnahme der Sockellänge von 30 auf 7 km.

Variante 6 (Sockellösung mit abgesenktem Sockel)

Weitere planerische Überlegungen haben gezeigt, daß es für eine bedarfsgerechte künftige Gestaltung der Fahrrinne auch wichtig ist, den Höchsttiefgang für den tideunabhängigen Verkehr zu verbessern.

Das Maß für den künftigen Grenztiefgang für tideunabhängigen Verkehr wird dabei allein von der Fahrrinnentiefe im Bereich des Sockels gesteuert. Bei der technischen Planung hat sich hieraus eine Ausbauvariante ergeben, bei der der verbleibende Sockel ebenfalls, und zwar um 0,5 m auf 14,0 m unter KN1), vertieft wird.

Dem Bemessungsschiff wird bei dieser Ausbauvariante weiterhin ein tideabhängiger Verkehr bis zu einem Tiefgang von 13,8 m ermöglicht (Länge des Startfensters 4 Stunden). Gleichzeitig wird damit der Höchsttiefgang für den tideunabhängigen Verkehr von jetzt 12,0 m auf künftig 12,3 m angehoben.

Im Rahmen einer ökologischen Voruntersuchung auf der Grundlage bereits vorliegender Kenntnisse über hydrologische, morphologische und ökologische Verhältnisse im Flußsystem wurde geprüft, ob eine Vertiefung der Unter- und Außenelbe grundsätzlich vertretbar ist.

Die Untersuchungsergebnisse zeigten, daß sowohl die hydraulischen - Wasserstände, Sturmflutscheitelwasserstände und Strömungen - als auch die ökologischen Auswirkungen der durch die Varianten 1 bis 6 beschriebenen Teilvertiefungen im vertretbaren Rahmen bleiben.

Variante 7 (Durchgehende Vertiefung)

Bereits in den Vorüberlegungen zeigte sich, daß eine durchgehende Vertiefung der Fahrrinne auf ca. 16 m unter KN unter ökologischen Gesichtspunkten nicht unproblematisch ist. Die weiteren Überlegungen konzentrierten sich sehr bald auf andere Lösungsmöglichkeiten (vgl. Varianten 1 bis 5 und 6). Variante 7 wird daher an dieser Stelle nicht weiter betrachtet.

Fazit

Die Ergebnisse der Voruntersuchungen zeigen, daß sowohl die hydraulischen (Wasserstände, Sturmflutscheitelwasserstände und Strömungen) als auch die ökologischen Auswirkungen der Teilvertiefungen der Fahrrinne in einem vertretbaren Rahmen bleiben.

Unter Einbeziehung wirtschaftlicher, nautischer und ökologischer Gesichtspunkte hat sich dabei - in Anlehnung an Variante 6 der Voruntersuchung - ein Fahrrinnenausbau mit teilabgesenktem Sockel als am sinnvollsten erwiesen. Im Verlauf weiterer Planungen und Untersuchungen wurde hierzu die Variante Z0 entwickelt (Abb. 3), die die Grundlage für die Festlegung des Untersuchungsrahmens für die Umweltverträglichkeitsuntersuchung gemäß § 5 UVPG bildete.

Im Rahmen der detaillierten Ausführungsplanung wurden zusätzliche Sensitivitätsuntersuchungen durchgeführt, die eine Anpassung der Variante Z0 an die neuen Erkenntnisse erforderlich machte. Sie liegt nunmehr als modifizierte Variante Z1 der Umweltverträglichkeitsuntersuchung zugrunde (vgl. Abb. 4).

Abb. 2: Ausbauvarianten der Voruntersuchung

 

Abb. 3: Längsschnitt Variante Z0

 

Abb. 4: Längsschnitt Variante Z1

Fußnoten:

1.) KN= Kartennull.