Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

6. BEWERTUNGSKONZEPT

Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfaßt die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf die Schutzgüter Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter (§; 2 UVPG). Die Bearbeitung dieser Sachverhalte erfolgt im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) anhand der folgenden Arbeitsschritte:

Beschreibung und Bewertung des derzeitigen Umweltzustandes (vgl. Kap. 7)

Prognose der Entwicklung des Untersuchungsraumes ohne Verwirklichung des Vorhabens (vgl. Kap. 8)

Prognose und Bewertung der Umweltauswirkungen bei Verwirklichung des Vorhabens (vgl. Kap. 9)

Darstellung der erheblichen oder nachhaltigen Umweltbeeinträchtigungen (vgl. Kap. 11)

Darstellung von Konzepten zur Vermeidung oder Verminderung von Umweltauswirkungen sowie zum Ausgleich bzw. Ersatz zerstörter Funktionen (vgl. Kap. 11) Im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge gemäß der gesetzlichen Umweltanforderungen ist die Bewertung der Umweltauswirkungen sowohl schutzgutspezifisch als auch medienübergreifend zur Berücksichtigung der jeweiligen Wechselwirkungen durchzuführen. Ziel der Umweltvorsorge ist es dabei, Gefahren abzuwehren und dem Entstehen von Umweltbeeinträchtigungen vorzubeugen. Bei der medienübergreifenden Bewertung von Umweltauswirkungen sind die qualitativen Aspekte zueinander in Beziehung zu setzen, ein bloßes Aneinanderreihen einzelner medialer Bewertungen ist nicht ausreichend (UVP-Verwaltungsvorschrift, Pkt. 0.6.2.1). Zur Bewertung der Umweltsituationen (Ist-Zustand, Auswirkungen des geplanten Vorhabens) wurde ein gebietsbezogenes Zielsystem entwickelt. Es stellt den aus umweltschutzfachlicher Sicht formulierten Optimalzustand des Untersuchungsgebietes dar und wird auf den folgenden Seiten in seinen Grundzügen erläutert. Detailliertere Informationen, insbesondere über die Ausgestaltung des Bewertungssystens bei den einzelnen Schutzgütern, sind den einzelnen Fachkapiteln bzw. den Materialbänden zu entnehmen. Abbildung 6 - 1 zeigt das Prinzip der Bewertungsmethodik. Die Auswirkungen auf die anthropogenen Nutzungen im Untersuchungsgebiet werden dargestellt, aber nicht nach dem im folgenden beschriebenen Verfahren bewertet. Abb. 6 - 1: Prinzipdarstellung der Bewertungsmethodik

6.1. Gebietsbezogenes Zielsystem Als Grundlage für die Bewertung der Umweltauswirkungen des geplanten Vorhabens wurde ein auf die spezielle naturräumliche Situation des Untersuchungsgebietes ausgerichtetes Zielsystem entwickelt (vgl. BFG 1994a). Im Zielsystem wird der aus umweltschutzfachlicher Sicht optimale Zustand der Schutzgüter im Untersuchungsgebiet formuliert. Dabei handelt es sich nicht um ein Zielkonzept für das Untersuchungsgebiet im Sinne einer Gesamtkoordination unterschiedlicher räumlicher Nutzungsansprüche. Das gebietsbezogene Zielsystem ist hier vielmehr als ein ausschließlich am derzeitigen Diskussionsstand umweltschutzfachlicher Zielvorstellungen orientiertes Wertesystem zu verstehen. Dem gebietsbezogenen Zielsystem liegt eine dreistufige, hierarchische Gliederung (vgl. Abb. 6 - 1) zugrunde:

Auf der obersten Stufe wird ein Leitbild erstellt. Die Formulierung des Leitbildes erfolgt auf der Grundlage der im § 1 BNatSchG genannten Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Die im Leitbild dargelegten Ausführungen markieren als "Allgemeine Grundsätze" die Rahmenbedingungen des Zielsystems.

Auf der zweiten Stufe werden die Allgemeinen Grundsätze in Form schutzgutbezogener Umweltziele differenziert und konkretisiert.

Die weitere Konkretisierung der Umweltziele führt schließlich auf der untersten Ebene des Zielsystems zur Definition eines schutzgut- und raumbezogenen Zielzustandes. Sie erfolgt durch die Festlegung von Parametern bzw. Indikatoren, die zur Bewertung der Schutzgüter herangezogen werden, sowie durch die räumliche Aufteilung des heterogen strukturierten Untersuchungsgebietes in mehrere Untersuchungsabschnitte. Das gebietsbezogene Zielsystem ermöglicht als übergeordneter Wertmaßstab die schlüssige Verknüpfung der verschiedenen nachfolgenden Bewertungsvorgänge, die sich aufgrund der schutzgutbezogenen Betrachtung in mehrere Teilbewertungen gliedern. Somit gewährleistet die Definition eines Zielsystems den integrativen Ansatz innerhalb der UVU. Zur inhaltlichen Ausgestaltung des gebietsbezogenen Zielsystems wurden die im UVPG und dem BNatSchG enthaltenen relevanten rechtsverbindlichen Zielvorgaben sowie die in den Planwerken der Landes- und Regionalplanung (Landesraumordnungsprogramme, Landschaftsprogramme, Regional- und Landschaftsrahmenpläne) der drei beteiligten Bundesländer enthaltenen Aussagen herangezogen. Darüber hinaus wurden die fachplanerischen Zielaussagen der IKSE, der ARGE ELBE und anderer Institutionen ausgewertet (vgl. Tab. 6 -1). Tab. 6 - 1: Zusammenstellung der zur inhaltlichen Ausgestaltung des Zielsystems ausgewerteten Unterlagen (Auswahl)
 

Zielvorgaben auf Gesetzesebene: 

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) 

Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) 

Landesnaturschutzgesetz Schleswig-Holstein (LNatSchG S-H) 

Hamburgisches Naturschutzgesetz (HmbNatSchG) 

Niedersächsisches Naturschutzgesetz (NNatG)

Zielvorgaben auf länderübergreifender Ebene: 

Erklärungen der Elbeministerkonferenzen 

Vereinbarungen über die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE) 

Veröffentlichungen der IKSE 

Veröffentlichungen der ARGE ELBE

Zielvorgaben auf Länderebene: 

Landschaftsprogramm (LAPRO) der Freien- und Hansestadt Hamburg 

Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen - Teil I - vom 2. März 1994 

Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen 1994 - Teil II - (Verordnung vom 18. Juli 1994) 

Niedersächsisches Landschaftsprogramm von 1989

Sonstige Zielvorstellungen: 

Naturschutzprogramm Unterelbe 1972 

Wasserwirtschaftlicher Rahmenplan Untere Elbe (Stand 1992) 

Landschaftsrahmenplan Landkreis Stade 1989 

Landschaftsrahmenplan Landkreis Harburg 1994 

Niedersächsisches Fließgewässerschutzsystem (RASPER, SELLHEIM & STEINHARDT 1991)

  Abb. 6 - 2: Prinzipskizze des dreigliedrigen Zielsystems

6.1.1. Leitbild des gebietsbezogenen Zielsystems Die allgemeinen Grundsätze des hier dargestellten Leitbildes basieren auf den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, wie sie in §; 1 des BNatSchG formuliert werden: "Natur und Landschaft sind im besiedelten und unbesiedelten Bereich so zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln, daß

  1. die Leistungfähigkeit des Naturhaushaltes,
  1. die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter,
  1. die Pflanzen- und Tierwelt sowie
  1. die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft als Lebensgrundlagen des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft

nachhaltig gesichert sind." Das Leitbild orientiert sich am Optimum der natürlichen Standortverhältnisse bzw. Milieubedingungen. Anhand der folgenden Leitsätze wird der aus natur- und umweltschutzfachlicher Sicht begründete Zustand charakterisiert:

Die für das Gebiet typischen Lebensräume sind in einer solchen Größenordnung, Verteilung im Raum und Vernetzung vorhanden, daß darin alle gebietstypischen Pflanzen- und Tierarten in langfristig überlebensfähigen Populationen und den entsprechenden Vergesellschaftungen vorkommen.

Die Qualität der Umweltmedien Boden, Wasser und Luft ist so beschaffen, daß die Voraussetzungen zur nachhaltigen Entwicklung natürlicher Lebensräume und zur Sicherung von Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen gegeben sind.

Anthropogene Nutzungen sind so in den Naturhaushalt eingebunden, daß die natürliche Standortqualität in Ausprägung und Dynamik erhalten bleibt und Beeinträchtigungen von Lebensräumen vermieden werden. 6.1.2. Schutzgutbezogene Umweltziele für das gebietsbezogene Zielsystem Die im folgenden formulierten Umweltziele präzisieren schutzgutbezogen die im Leitbild dargestellten allgemeinen Grundsätze. Schutzgut Wasser

Gewässer Nachhaltige Entwicklung der Strukturvielfalt und Wasserbeschaffenheit durch

Die Erhaltung und Entwicklung einer ästuartypischen Tide- und Morphodynamik (unter Berücksichtigung des Hochwasserschutzes),

die Erhaltung und Entwicklung einer natürlichen Wasserbeschaffenheit sowie

die Erhaltung und Entwicklung von schadstoffunbelasteten Sedimenten.

Grundwasser Nachhaltige Entwicklung der natürlichen Qualität und Quantität des Grundwassers. Schutzgut Boden Nachhaltige Entwicklung der Böden durch

die Erhaltung und Entwicklung natürlicher Bodenfunktionen als wesentliche Standortfaktoren für die gebietstypischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften und

den Schutz und die Entwicklung naturnaher, seltener und besonderer Böden, die wesentlicher Bestandteil der Bodengesellschaften des Untersuchungsgebietes sind. Schutzgut Tiere und Pflanzen (terrestrische und aquatische Lebensgemeinschaften) Nachhaltige Entwicklung der charakteristischen Vielfalt an Arten und Lebensgemeinschaften sowie ihrer lebensräumlichen Voraussetzungen durch

die Erhaltung und Entwicklung des für das Untersuchungsgebiet charakteristischen Inventars der Arten und Lebensgemeinschaften,

die Erhaltung und Entwicklung der hierfür erforderlichen Lebensraumgrößen und Lagebeziehungen sowie

die Erhaltung und Entwicklung der hierfür erforderlichen Lebensraumqualität in stofflicher, hydrologischer und struktureller Hinsicht. Schutzgut Klima Langfristige Sicherung der lokalklimatischen Besonderheiten. Schutzgut Luft (Luftqualität, Lärm) Nachhaltige Entwicklung der natürlichen Luftqualität und Vermeidung von Lärmimmissionen. Schutzgut Landschaft Nachhaltige Entwicklung der landschaftlichen Eigenart durch

die Erhaltung und Entwicklung der charakteristischen Landschaftsräume des Untersuchungsgebietes sowie

die Erhaltung und Entwicklung der die spezifische Identität der Landschaftsräume kennzeichnenden strukturellen Voraussetzungen. Schutzgut Kulturgüter Langfristige Sicherung der Kulturgüter. Schutzgut Sonstige Sachgüter Sachgüter treten vorwiegend als ökonomische Nutzenfunktionen auf, die i.d.R. nicht mit den für die natürlichen Lebengsgrundlagen formulierten Umweltzielen in Einklang stehen. Vor dem Hintergrund eines am Optimum der natürlichen Standortverhältnisse bzw. Milieubedingungen erstellten Leitbildes kann keine Zielformulierung vorgenommen werden. Schutzgut Mensch Möglichst optimale Ausprägung der übrigen Schutzgüter als Lebensgrundlage des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft. 6.1.3. Schutzgut- und raumbezogener Zielzustand Die schutzgutbezogenen Umweltziele werden auf der dritten Stufe des Zielsystems raumbezogen konkretisiert. Der Begriff "Zielzustand" beschreibt dabei den aus umweltschutzfachlicher Sicht definierten Optimalzustand. In diesem Kapitel erfolgt eine kurze Beschreibung der schutzgutbezogenen Zielzustände und die Darstellung der zur Bewertung herangezogenen Parameter und Indikatoren (vgl. Tab. 6 - ). Die zur Bewertung des Zielzustandes im einzelnen herangezogenen Parameter werden ausführlich in den Kapiteln zu den Schutzgütern bzw. in den entsprechenden Materialbänden erläutert. Zur Reduzierung des hohen Komplexitätsgrades wurde das sehr heterogen strukturierte und großflächige Untersuchungsgebiet in Abstimmung mit den Fachgutachtern in sieben Untersuchungsabschnitte unterteilt (vgl. Tab. 4 - 2 und Abb. 4 - 1 in Kap. 4). Die abschnittweise Betrachtung - einschließlich der Nebenflüsse - erfolgt soweit dies möglich ist bzw. sich im Hinblick auf den jeweiligen Untersuchungsgegenstand als erforderlich erweist. So wird bspw. für einzelne Schutzgüter (z.B. Tiere und Pflanzen) eine noch weitergehende Differenzierung des Untersuchungsraumes vorgenommen, während z.B. für das Schutzgut Luft eine abschnittsweise Bearbeitung unangemessen erscheint. Tab. 6 - 2: Beschreibung der Zielzustände und Darstellung der bewertungsrelevanten Parameter
 

SCHUTZGUT Parameter / Indikatoren zur Erfassung  der qualitativen und quantitativen Merkmale Optimum
WASSER    
Gewässer     o Hydrologie  (vgl. Kap. 7.1.1)  o Morphologie  (vgl. Kap. 7.1.2)                o Wassergüte  (vgl. Kap. 7.1.3)     o Sedimente  (vgl. Kap. 7.1.4)                          Grundwasser  (vgl. Kap. 7.2)         
Entwicklung der Tidewasserstände (MTnw, MThw, MThb) Keine oder sehr geringe (< 10%) Abweichung vom Referenzzustand.
Entwicklung der morphologischen Strukturelemente  (Deichvorlandflächen, Wattflächen, Flachwasser, Tiefwasser) Keine oder sehr geringe (< 10%) Abweichung vom Referenzzustand.
Uferbeschaffenheit Kein oder sehr geringer (< 10%) Uferverbau in einem Untersuchungsabschnitt.
Querschnittsausprägung Fließstrecke mit typischer Querschnittsausprägung ohne Regelungsbauwerke.
o Sauerstoff- und Nährstoffhaushalt  o Anorganische Spurenelemente  o Organische Spurenstoffe Gewässergüte entspricht der natürlichen Hintergrundbelastung (Güteklasse I der ARGE ELBE).
Struktur der Gewässersohle  Die Vielfalt der Korngrößen, die Zahl und Verteilung der Sedimenttypen und die Eigenschaften der Sedimente entsprechen in diesem Gewässerabschnitt dem natürlicherweise zu erwartenden Zustand.
Belastung mit anorganischen Spurenelementen und organischen Spurenstoffen Die Belastung der Sedimente entspricht der natürlichen Hintergrundbelastung (Güteklasse I der ARGE ELBE).
o Beeinflussung des Grundwasserregimes durch Vertiefung der Elbsohle  o Beeinflussung des Grundwassers durch Wasserhaltung und Grundwasserförderung in der Marsch Natürlicher Grundwasserhaushalt ohne hydraulischen Kontakt zwischen Elbsohle und Grundwasserleiter, ohne Grundwasserförderung sowie ohne Wasserhaltung und/oder Beregnung.
Belastung des Grundwassers durch Nähr- und Schadstoffe Grundwassergüte auf dem Niveau der natürlichen Hintergrundbelastung. Kein Eintrag von Nähr- und Schadstoffen durch hydraulischen Kontakt zwischen Elbsohle und Grundwasserleiter, durch Landwirtschaft  sowie durch Gewerbe, Industrie und/oder Altlasten.
BODEN 

(vgl. Kap. 7.3)                                         

Stoffanreicherung  o Der Gehalt anorganischer Spurenelemente liegt im Bereich der Hintergrundwerte (Anreicherung £60% des UVPVwV-Wertes).  o Ein Eintrag organischer Spurenstoffe hat nicht stattgefunden (keine bis geringe Anreicherung, abgeleitet aus verschiedenen Richt- Prüf- und Eingreifwerten).  o Die Böden werden nicht gedüngt.
Veränderung durch landwirtschaftliche und gärtnerische  Kulturmaßnahmen Die Böden der Vordeichsländer werden weder gepflügt noch gedränt.
Beeinträchtigung durch Überformung  Das Deichvorland hat, soweit es die Gesamtmorphologie erlaubt, eine Breite von mehreren hundert Metern und ist zum Schutz der besiedelten Marsch landwärts durch einen "grünen" Deich begrenzt. Hafenanlagen und Uferverbauungen im Zuge von Strombaumaßnahmen nehmen einen sehr kleinen Teil der Ufer ein, so daß die natürliche Entwicklung der Böden nur unbedeutend eingeschränkt ist.
Boden als Naturkörper  Die natürlichen Bodenfunktionen sind nicht beeinträchtigt.
 TIERE UND 

PFLANZEN

   
Terrestrische 

Lebensgemeinschaften  (vgl. Kap. 7.4.1)                   

Artenspektrum und Gefährdungsgrad von Arten Artenspektrum in seiner natürlichen Ausprägung.
Gefährdungsgrad von Pflanzengesellschaften und  Biotoptypen Biotope mit vollständigen und kaum degradierten stark gefährdeten Pflanzengesellschaften.
Ersetzbarkeit: Entwicklungsalter und Regenerationsfähigkeit Naturraumtypische Alterstruktur und Regenerationsfähigkeit der Biotope.
Pflege- und Nutzungsintensität Ungenutzte oder extensiv genutzte Biotope.
Feuchtigkeitsverhältnisse Naturraumtypische Ausprägung der Feuchtigkeitsverhältnisse.
Naturraumspezifität Naturraumtypische Ausprägung von Biotopen als Teil von Biotopsukzessionen.
Aquatische 

Lebensgemeinschaften  (vgl. Kap. 7.4.2)     

Lebensraumtypische Faktoren Weitgehend intakter Lebensraum.
Artniveau (Arteninventar, schutzbedürftige Arten) Artenspektrum in seiner natürlichen Ausprägung.
Ökologische Funktion (Reproduktion, Ernährung, Rückzug, Vernetzung, Wiederherstellbarkeit) Intakte ökologische Funktionen zur nachhaltigen Entwicklung der aquatischen Lebensgemeinschaften.
KLIMA 

(vgl. Kap. 7.5)

o langfristige Änderung der Temperatur/Vegetationszeit  o Änderung des Feuchteregimes (Niederschlag/Bodenfeuchte)  o Änderung der Windverhältnisse  o Änderung der Sonnenscheindauer und der Bewölkung  o Änderung der Nebelhäufigkeit und des Eingangs Klima in seiner regional und lokal charakteristischen Ausprägung.
LUFT    
Luftqualität 

(vgl. Kap. 7.6.1)        Lärm (Luftschall)  (vgl. Kap. 7.6.2)   

o Stickstoffdioxidimmissionen  o Schwefeldioxidimmissionen  o Staubimmissionen Die Luft ist weitgehend unbelastet von Schadstoffen (Luftbelastung entspricht dem Vorsorgewert für heilklimatische Kurorte nach KÜHLING 1986).
o ausbaubedingte Schallimmissionen  o schiffsbedingte Schallimmissionen Keine Störungswirkungen durch Lärmimmissionen (Lärmimmissionen unterschreiten die Richtwerte der AVV Baulärm bzw. die Orientierungswerte nach DIN 18005 um mehr als 10 dB(A) ).
LANDSCHAFT 

(vgl. Kap. 7.7)     

Raumstruktur und Formenschatz "Feine Kammerung" der Landschaft oder "Große Weite".
Naturnähe "Naturraumtypische Biotopobertypen"
Anthropogene Prägung Historische Kulturlandschaft in der Ausprägung von 1880.
KULTURGÜTER 

(vgl. Kap. 7.9.1)

Eine differenzierte Bewertung der Kulturgüter entfällt, da bereits die Einstufung eines Objektes als schutzwürdiges Kulturgut eine Bewertung darstellt. Langfristige Sicherung der Kulturgüter.
SONSTIGE 

SACHGÜTER  (vgl. Kap. 7.9.2)

Keine Zielformulierung (und damit auch keine Bewertung) möglich, da Zielkonflikte zwischen den ökonomischen Nutzungsfunktionen und der optimalen Ausprägung der natürlichen Lebensgrundlagen.
MENSCH 

(vgl. Kap. 7.8)

Es werden keine eigenen Parameter zur Definition eines Zielzustandes herangezogen, sondern auf die anderen Schutzgüter verwiesen.

6.2. Bewertungsrahmen Das gebietsbezogene Zielsystem, insbesondere dessen konkrete Ausgestaltung als schutzgut- und raumbezogener Zielzustand, bildet die Grundlage für die Bewertungsvorschrift der UVU (vgl. Abb. 6 - 3). Abb. 6 - 3: Prinzipskizze der Wertstufung und deren Verknüpfung mit dem gebietsbezogenen Zielsystem

Die im Rahmen der UVU vorzunehmenden Bewertungen erfolgen schutzgutbezogen mit Hilfe der für den Zielzustand formulierten Parameter bzw. Indikatoren über eine mehrstufige Ordinalskala. Die Wertstufen werden als Abweichung vom jeweiligen Optimum bzw. vom Zielzustand definiert, d.h. je höher die Belastung, desto weiter ist das Schutzgut von dem unter umweltschutzfachlichen Aspekten formulierten Optimalzustand entfernt. Die Herleitung und Beschreibung sowie die Festlegung der Wertstufengrenzen der für den Zielzustand formulierten Parameter und Indikatoren erfolgt in den Kapiteln zu den Schutzgütern bzw. in den entsprechenden Materialbänden. Für die Bewertung sind soweit möglich Kriterien heranzuziehen, die sich in "meß-" bzw. verbal "beschreibbaren" Größen ausdrücken lassen. Den verschiedenen Wertstufen werden soweit vorhanden bestimmte Qualitätsziele bzw. entsprechende Grenz-, Richt- und Orientierungswerte zugeordnet. Aufgrund der Komplexität des Ökosystems "Fließgewässer" sind für die Bewertung modellhafte Vereinfachungen auf planerisch handhabbare Fragestellungen hinsichtlich

der Abschätzung der Relevanz,

der Prognostizierbarkeit der Auswirkungen,

der Möglichkeiten einer unter ökologischen Gesichtspunkten zu vollziehenden Optimierung der geplanten Maßnahme und

der überschlägigen Beurteilung des Gesamtvorhabens vorzunehmen. Bei der Entwicklung des Bewertungsverfahrens war vorgesehen, sowohl den Ist-Zustand als auch den prognostizierten Umweltzustand bei Verwirklichung des Vorhabens nach dem zuvor beschriebenen Verfahren zu bewerten. Die anschließend ermittelte Wertdifferenz zwischen Ist-Zustand und Prognose stellt dann die Grundlage für die Bewertung der vorhabensbedingten Auswirkungen dar. Je größer die Neubelastung infolge der Realisierung des geplanten Vorhabens ausfällt, desto weiter ist das betreffende Schutzgut vom Ist-Zustand und damit auch vom Zielzustand entfernt. Demnach gilt:

  1. Der Ist-Zustand setzt sich zusammen aus dem Ziel-Zustand und der bestehenden Vorbelastung.
  1. Der prognostizierte Zustand entspricht dem derzeitigen Ist-Zustand und der Neubelastung durch das geplante Vorhaben.

Abbildung 6 - 4 verdeutlicht das Prinzip der Vorgehensweise bei der Ermittlung der unterschiedlichen Umweltzustände in Abhängigkeit der jeweiligen Einflußgrößen (Vorbelastung, Neubelastung). Dabei hat die hier gewählte Größenordnung von Vor- und Neubelastung ausschließlich exemplarischen Charakter. Eine Veränderung der Darstellung würde sich bei entsprechender Änderung der Konstellationen ergeben:

Ist die Vorbelastung bspw. sehr gering oder gleich null, entspricht der Ist-Zustand weitgehend dem Zielzustand bzw. ist mit diesem identisch,

führt die Neubelastung (geplantes Vorhaben) nicht zu einer erkennbaren Umweltveränderung, deckt sich der prognostizierte Zustand der Umwelt mit dem Ist-Zustand,

wirkt sich das geplante Vorhaben positiv auf die Umweltqualität aus, reduziert sich die Belastung im prognostizierten Zustand. Im Verlauf der Bearbeitung des Projektes stellte sich heraus, daß eine der Bewertung des Ist-Zustandes analoge Bewertung des Prognose-Zustandes nicht durchgängig möglich ist, weil die der Prognose der Fachgutachter zugrundeliegenden Daten zumeist nicht in dem hierfür erforderlichen Detaillierungsgrad zur Verfügung stehen. Die beteiligten Fachgutachter waren daher häufig nicht in der Lage, flächenbezogene Prognose-Aussagen in der gleichen Differenziertheit und auf der gleichen Maßstabsebene wie im Ist-Zustand zu treffen (vgl. Kap. 12).   Abb. 6 - 4: Prinzip der Veränderung der Umweltqualität

6.3. Bewertung erheblicher oder nachhaltiger Beeinträchtigungen Die Ermittlung und Bewertung der mit der Realisierung des geplanten Vorhabens verbundenen Umweltauswirkungen erfolgt durch den Vergleich des Ist-Zustandes mit dem Prognosezustand. Von zentraler Bedeutung ist dabei die naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und die hiermit verbundene Frage nach der Erheblichkeit oder Nachhaltigkeit der auftretenden Beeinträchtigungen. Bei einem Eingriff handelt es sich demzufolge um "... Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können." (BNatSchG §; 8 Abs. 1). Der Grad der Beeinträchtigung zeigt sich im Ausmaß der Abweichung des Prognosezustandes vom Ist-Zustand und läßt sich grundsätzlich mit Hilfe von Wertskalen (vgl. Abb. 6 - 3) veranschaulichen. Der Begriff "Erheblichkeit" ist ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff, für den es keine rechtlich konkretisierten Vorgaben für seine Anwendung gibt. Das bedeutet, die Bestimmung, ab welchem Ausmaß eine Beeinträchtigung als erheblich zu klassifizieren ist, kann nicht in generalisierender Form, sondern letztlich nur aufgrund der Sachlage des konkreten Einzelfalls erfolgen. Als erheblich im Rechtssinne werden alle Beeinträchtigungen angesehen, die

nicht völlig unwesentlich,

von einiger Größe und einigem Gewicht sowie

nicht von geringer Bedeutung sind. Die Formulierungen lassen erahnen, daß die Rechtsprechung die Erheblichkeitsschwelle niedrig ansetzt. Mit dem Kriterium der Erheblichkeit sollen demzufolge lediglich Bagatelleingriffe von der Eingriffsregelung ausgenommen werden. Im allgemeinen orientiert sich die Identifizierung von erheblichen Beeinträchtigungen an folgenden Kriterien:

Die Bedeutung der betroffenen Fläche für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts,

die Größe der durch das Vorhaben beeinträchtigten Fläche,

die Stabilität der nun gefährdeten Fläche,

die Funktion der Fläche in der Vernetzung mit anderen Flächen unter Berücksichtigung der Nutzungsart und der Intensität der Nutzung benachbarter Flächen. Diese allgemeinen Kriterien lassen sich nicht auf alle Schutzgüter anwenden bzw. müssen im konkreten Einzelfall modifiziert werden. Die Ermittlung der Erheblichkeitsschwelle erfolgt daher schutzgutbezogen unter Berücksichtigung der schutzgutspezifischen Empfindlichkeiten und wird in den jeweiligen Fachkapiteln beschrieben (vgl. Kap. 9). Als nachhaltig werden Beeinträchtigungen angesehen, die

o nicht schon aufgrund ihrer Intensität als erheblich zu bezeichnen sind, sondern

o voraussichtlich länger als fünf Jahre anhalten werden. Hierbei ist einschränkend anzumerken, daß sich die Definition des genannten Zeitraumes an der Entwicklungsfrequenz terrestrischer Lebensgemeinschaften orientiert und im Fall der Beurteilung abweichender Milieubedingungen, bspw. derjenigen aquatischer Lebensgemeinschaften, überprüft und gegebenenfalls modifiziert wird.