Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

2 BESCHREIBUNG DES DERZEITIGEN ZUSTANDES DER NUTZUNGEN

Die in diesem Kapitel behandelten Nutzungen sind in ihrer räumlichen Verbreitung und Lage in den Karten "Allgemeine Nutzungen" und "Freizeit und Erholung" dargestellt. Die in den Tabellen 1-4 und 6-7 angegebenen Buchstabenkürzel richten sich nach den im Kartierschlüssel für Biotoptypen in Niedersachsen (NIEDERSÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR ÖKOLOGIE 1994) gebräuchlichen Abkürzungen. Diese wurden für die Biotoptypenkartierung im Rahmen der UVU Fahrrinnenanpassung verwendet und sind unter Zusammenfassung der in den Originalkarten im Maßstab 1:5.000 einzeln aufgeführten Typen in die Karte 1 "Allgemeine Nutzungen" eingeflossen. Für eine detaillierte Beschreibung der in diesem Kapitel angesprochenen Typen wird auf den MATERIALBAND VI hingewiesen.

2.1 Landwirtschaft

Aufgrund der vorhandenen Datenlage ist eine Quantifizierung von Nutzungen bzw. Erträgen nur für die vor den Deichen im Untersuchungsgebiet liegenden Flächen nur vereinfacht bzw. gar nicht möglich. Vorhandene Daten beziehen sich stets auf Kreis- oder Gemeindegebiete, von denen nur kleine Teile im Untersuchungsgebiet liegen. Dies betrifft insbesondere die Höhe der Ernteerträge und die Anzahl der gehaltenen Tiere.

Die durch Vordeichung und landwirtschaftliche Nutzung immer kleiner gewordenen Rast- und Futterplätze für Vögel erzwingen für die zeitlich begrenzt und zumeist in großer Zahl auftretenden Zugvögel ein Ausweichen auf landwirtschaftliche Flächen. Dabei entsteht teilweise erheblicher Schaden für die betroffene landwirtschaftliche Nutzung.

2.1.1 Weidenutzung

2.1.1.1 Salzwiesen

Für die Erfassung der Weidenutzung der Salzwiesen im Untersuchungsgebiet wurden die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Biotoptypen (vgl. auch MATERIALBAND VI) herangezogen und zu den in der Karte 1 dargestellten Flächen "Salzwiesen" (vgl. Tab. 1) zusammengefaßt.

Tab. 1: In den Flächen "Salzwiesen" zusammengefaßte Biotoptypen

Untere SalzwieseObere Salzwiese
Untere Salzwiese, naturnah=KHUObere Salzwiese, intensiv genutzt=KHI
Untere Salzwiese, beweidet=KHWObere Salzwiese, naturnah=KHO

 

Die hier als Salzwiesen zusammengefaßten Biotoptypen nehmen insgesamt eine Fläche von rd. 1.477 ha ein. Sie befinden sich auf schleswig-holsteinischer Seite

  • von der Südwestspitze des Neuenfelder Koogs bis Friedrichskoog-Spitze

auf niedersächsischer Seite

  • auf einer kleinen Fläche nordwestlich des Grodener Hafens bei Cuxhaven sowie

auf hamburgischem Gebiet

  • auf der Insel Neuwerk.

Laut Landesnaturschutzgesetz Schleswig-Holstein von 1993 ist die Beweidung der Salzwiesen im Nationalpark grundsätzlich verboten. Aufgrund von Pachtverträgen gelten bis 1998 Ausnahmeregelungen, die übrigen Salzwiesen bleiben davon unberührt.

Abb. 2: Salzwiesenbeweidung durch Schafe (aus: LANDESAMT FÜR DEN NATIONALPARK SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES WATTENMEER 1994)

Die Flächen der Salzwiesen werden nicht gemäht und mit Ausnahme von Neuwerk, wo die Salzwiesen von Pferden beweidet werden, nur mit Schafen beweidet. In den Gebieten der Nationalparke (vgl. Kap. 2.6.2.1) wird teilweise ebenfalls noch Beweidung durchgeführt (vgl. Abb. 2). Seitens der Nationalparkverwaltung wird jedoch eine Extensivierung der Nutzung auf diesen Flächen angestrebt.

2.1.1.2 Grünland

Für die Erfassung der Weidenutzung auf sonstigen Grünländern im Untersuchungsgebiet wurden die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Biotoptypen (vgl. auch MATERIALBAND VI) herangezogen und zu den in der Karte 1 dargestellten Flächen "Grünland" (vgl. Tab. 2) zusammengefaßt.

Tab. 2: In den Flächen "Grünland" zusammengefaßte Biotoptypen

IntensivgrünlandFeucht- und NaßgrünlandSalzwiese der Ästuare
Intensivgrünland der Marschen=GIMFlutrasen=GFFSalzwiese der Ästuare=KHF
Intensivgrünland trockenerer Standorte=GITNährstoffreiche Naßwiese=GNR 
Sonstiges feuchtes Intensivgrünland=GIFSeggen-, binsen- oder hochstaudenreicher Flutrasen= GNF 
Intensivgrünland der Auen=GIAWechselnasse Stromtalwiese=GNS 
Grünland-Einsaat=GAWechselfeuchte Brenndolden-Wiese=GFB 
Sonstige Weidefläche=GW  

Die Grünlandnutzung stellt mit rd. 7.855 ha die flächenmäßig weitaus größte terrestrische Nutzung dar. Die Salzwiesen der Ästuare sind aufgrund der vorhandenen Pflanzengesellschaften zu den Grünländern gestellt. Es sind beweidete Ersatzgesellschaften von Brackwasserröhrichten, die sich sowohl aus Arten der Salzwiesen als auch aus einem hohen Anteil von Fettweidenarten zusammensetzen.

Größere zusammenhängende Grünlandflächen finden sich auf schleswig-holsteinischer Seite des Untersuchungsgebietes in den Bereichen

  • des südlichen Neuenfelder Koogs,
  • St. Margarethen,
  • den Unterläufen und Mündungsbereichen der Stör, Krückau und Pinnau,
  • Twielenflether Sand
  • Pagensand 1
  • am Fährmannssander Watt/Wedeler Au
  • Elbinsel Stoverwerder bei Geesthacht

Auf dem Hamburger Staatsgebiet im Bereich

  • Altengammer Vordeichsland

Auf niedersächsischer Seite in den Bereichen

  • östlich Otterndorf entlang der Elbe,
  • der Unteren Oste und ihrer Mündung,
  • Allwöhrdener Außendeich und Brammer Sand
  • auf Krautsand sowie Asseler Sand und
  • zwischen Winsen und der Ilmenaumündung.

Darüber hinaus sind im gesamten Untersuchungsgebiet kleine und schmale Grünlandflächen zwischen Deichfuß und Uferlinie vorhanden. Die großflächigen Grünländer treten also in der Regel dort auf, wo die Untersuchungsgebietsgrenze deutlich landeinwärts liegt. Als Nutzungsform herrscht die kombinierte Mahd-/Weidenutzung vor. Die Flächen werden überwiegend ein- oder mehrmals im Jahr gemäht und anschließend beweidet. Als Weidevieh kommen in den weniger hoch gelegenen, feuchteren Bereichen vornehmlich Schafe zum Einsatz. Rindvieh weidet zumeist auf den trockeneren, höhergelegenen Flächen (nicht auf den Deichen). In einigen ufernahen Bereichen ist eine Extensivierung der Nutzung feststellbar.

2.1.1.3 Deichrasen

Für die Erfassung der Weidenutzung auf den Deichen im Untersuchungsgebiet wurde der auf den Deichen angetroffene Biotoptyp "Deichrasen" (vgl. auch MATERIALBAND VI) herangezogen und als "Deichrasen" in der Karte 1 dargestellt.

Diese Flächen nehmen rd. 1.374 ha ein. Sie werden ausschließlich durch Schafe beweidet, die durch Kurzhalten des Grases und Festtreten der Oberfläche den Deich schützen.

2.1.2 Acker

Für die Erfassung der ackerbaulichen Nutzung im Untersuchungsgebiet wurden die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Biotoptypen (vgl. auch MATERIALBAND VI) herangezogen und zu den in der Karte 1 dargestellten Flächen "Acker" zusammengefaßt.

Tab. 3: In den Flächen "Acker" zusammengefaßte Biotoptypen

AckerGemüse-/Gartenbaufläche
Basenreicher Lehm-/Tonacker=ATGemüse-Gartenbaufläche=EGG
Sandacker=AS 
Basenarmer Lehmacker=AL 
Landwirtschaftliche Lagerfläche=EL 

 

Die als Acker angesprochenen Flächen weisen insgesamt eine Größe von rd. 375 ha auf. Die ackerbaulich bestellten Flächen liegen im Untersuchungsgebiet auf schleswig-holsteinischer Seite:

  • am Unterlauf der Oste,
  • an der Stör zwischen Kasenort und Beidenfleth,
  • auf Pagensand,
  • am Unterlauf der Krückau
  • auf der Elbinsel Stoverwerder bei Geesthacht.

Auf niedersächsischer Seiten befinden sich eine Reihe von Flächen

  • auf Krautsand und
  • am Unterlauf der Ilmenau.

Auf diesen Flächen wird intensiver landwirtschaftlicher Ackerbau betrieben. Es werden Dünger und Biozide aufgebracht und es findet Bodenbearbeitung statt. Als Produkte werden Getreide, Mais, Raps, Kartoffeln, Gemüse und Blumen angebaut. Im Untersuchungsgebiet befinden sich keine Beregnungsflächen für die Überbrückung von für das Pflanzenwachstum zu trockenen Perioden. Diese finden sich nur auf der Geest.

2.1.3 Obstbau

Für die Erfassung der obstbaulichen Nutzung im Untersuchungsgebiet wurden die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Biotoptypen (vgl. auch MATERIALBAND VI) herangezogen und zu den in der Karte 1 dargestellten Flächen "Obstanbau" zusammengefaßt.

Tab. 4: In den Flächen "Obstanbau" zusamnnegefaßte Biotoptypen

Obstbau

Obstbau/Grünland

Obstbaum-Plantage=EOBObstwiese=HO+GIM u. HO+GNF
Beerenstrauch-Plantage=EOR 
Spalierobst-Plantage=EOS 

Die Obstanbauflächen weisen eine Größe von ca. 429 ha auf. Die Flächen in Schleswig-Holstein liegen im Bereich

  • der Stör- und Krückaumündung.

In Niedersachsen befinden sie sich auf

  • Krautsand,
  • am Unterlauf der Schwinge, Lühe und Este sowie vor
  • Grünendeich.

Die Fläche vor Grünendeich ist die einzige größere Obstanbaufläche im Untersuchungsgebiet, die nicht hinter einem Deich oder Sturmflutsperrwerk liegt und regelmäßig bei hohen Wasserständen überflutet wird. Es handelt sich bei allen Flächen vorwiegend um Apfelbaumplantagen. Eine Beregnung wird nur zur Abwendung von Spätfrostschäden an den Obstblüten vorgenommen. Hierzu wird ausschließlich Oberflächenwasser verwendet.

2.1.4 Reet- und Binsengewinnung

Die Bereiche der Reet- und Binsennutzung wurden durch Befragung der Pächter ermittelt. Nur ein relativ kleiner Teil des Gesamtbestandes an Reet und Binsen im Untersuchungsgebiet wird landwirtschaftlich genutzt. Die Binsennutzung erstreckt sich auf einer Gesamtuferstrecke von rd. 30 km, findet aber in zahlreichen Einzelabschnitten statt. Die Strecken sind in Karte 1 als Binsen- und Reetnutzung dargestellt.

Die Gewinnung von Binsen durch Schneiden der Wasserpflanzen war einstmals weit verbreitet. Von den ehemals genutzen Flächen beidseits entlang der Elbe sind nur noch einige wenige im Kreis Pinneberg und Landkreis Stade vorhanden. Aufgrund des hohen Arbeitsaufwands - Binsengewinnung und Verarbeitung ist weitestgehend Handarbeit - ist die Binsengewinnung an vielen Standorten unrentabel geworden und wurde aufgegeben. Ebenso führten Sandaufspülungen dazu, daß die Binsen für eine kommerzielle Nutzung unbrauchbar wurden. Je tiefer die Binsen im Schlick stehen, umso besser, weicher und verarbeitungsfreundlicher sind sie. In sandigem Substrat wird die Binse hart und unbrauchbar.

Die für Binsengewinnung zur Verfügung stehenden Flächen werden umschichtig jährlich zu etwa einem Drittel abgeerntet, ein Teilbereich also ca. alle drei Jahre geschnitten. Binsen werden von Mitte Juli bis Mitte August geerntet, wenn die Halme noch weich sind. Die Nutzung ist somit saisonal ausgerichtet. Im Herbst sterben sie als verholzte Stengel ab und werden ans Ufer gespült. Sie sinken nicht ab und müssen als sogenanntes Treibsel regelmäßig vom Deichfuß der Landesschutzdeiche entfernt werden. Geschieht dies nicht, wäre eine Schädigung des, den Deich schützenden, Grasbewuchses nicht auszuschließen.

Heutzutage werden die gewonnenen Binsen nur noch in der Möbelherstellung (Worpsweder und Ammerländer Binsenmöbel) verwendet.

Die Reetnutzung findet im Untersuchungsgebiet zur Zeit nur noch auf einer ca. 1 ha großen Fläche bei Heiligenstädten statt. Aufgrund starker Auslandskonkurrenz fand auch bei den für Reetgewinnung genutzten Flächen ein starker Rückgang statt.

2.1.5 Zusammenfassung

In der folgenden Tabelle sind sowohl die landwirtschaftlichen Flächengrößen, gegliedert nach Nutzungsart, als auch ihr prozentualer Anteil an dem gesamten Vordeichland2 und ihr prozentualer Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche genannt.

Die Größe der landwirtschaftlichen Nutzungsfläche im Untersuchungsgebiet beträgt ca. 11.511 ha. Damit unterliegen ca. zwei Drittel (ca. 67,2%) des Vordeichlandes des Untersuchungsgebietes landwirtschaftlicher Nutzung. Mit einem Anteil von ca. 62,5% am Vordeichland des Untersuchungsgebietes und ca. 93% an der landwirtschaftlichen Gesamtfläche stellt die Weidenutzung den prägenden landwirtschaftlichen Nutzungstyp im Untersuchungsgebiet dar. Die Nutzung auf Grünland überwiegt wiederum in einem Verhältnis von gut 2 : 1 die auf Deichrasen und Salzwiesen. Den Flächen der Acker- und Obstbaunutzung kommt mit einem Anteil von jeweils rund 3,5% an der landwirtschaftlichen Gesamtfläche eine im Vergleich zur Weidenutzung eher untergeordnete Rolle zu. Der Flächenanteil der Reetnutzung ist mit < 0,01% sowohl am Vordeichland als auch an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche sehr gering. Die Binsennutzung kann flächenhaft nicht dargestellt werden. Bei einer Gesamtuferlänge von ca. 1.270 km im Untersuchungsgebiet dienen somit noch ca. 2,4% des Ufers der Binsengewinnung. Prozentual kommt der Binsengewinnung daher ähnlich wie der Acker- und Obstbaunutzung eine eher untergeordnete Bedeutung zu.

Tab. 5: Größe der landwirtschaftlichen Nutzungsflächen und ihr prozentualer Anteil am Vordeichland und der landwirtschaftlichen Gesamtfläche im Untersuchungsgebiet

Landwirtschaftliche

Nutzungsart

Teilflächengröße (in ha)

Flächengröße

(in ha)

%-Anteil der landwirtschaftlichen Flächen am Vordeichland1 bzw. an der Gesamtuferlänge2

%-Anteil der landwirtschaftlichen Flächen an der landwirtschaftlichen Gesamtfläche

Weidenutzung, davon 

ca. 10.706

ca. 62,5%

ca. 93,0%

  1. auf Salzwiesen

ca. 1.477

 

ca. 8,6%

 

ca. 12,8%

 
  1. auf Grünland

ca. 7.855

 

ca. 45,8%

 

ca. 68,2%

 
  1. auf Deichrasen

ca. 1.374

 

ca. 8,0%

 

ca. 11,9%

 
Acker 

ca. 375

ca. 2,2%

ca. 3,3%

Obstbau 

ca. 429

ca. 2,5%

ca. 3,7%

Reetgewinnung 

ca. 1

< 0,01%

< 0,01%

Binsengewinnung330 km Uferstrecke

-

ca. 2,4%

-

-

Gesamtfläche

ca. 11.511

ca. 67,2%

 

Erläuterungen:

1 Das Vordeichland umfaßt im Untersuchungsgebiet eine Fläche von ca. 17.140 ha.
2 Die Gesamtuferlänge beträgt im Untersuchungsgebiet ca. 1.270 km.
3 Für die Binsengewinnung kann lediglich die Gesamtuferstrecke genannt werden. Diese Nutzungsart ist in der Gesamtfläche nicht enthalten.

Fußnoten:

1.) Dem Pächter der landwirtschaftlichen Flächen auf Pagensand wurde durch das Bundesvermögens zum 01.04.1997 gekündigt.

2.) Unter Vordeichland wird der Bereich oberhalb MThw verstanden.