Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

3.3 Schwebstoffquantitäten

3.3.1 Datenbasis zur Verteilung des Schwebstoffs

Die Oberwasserabhängigkeit der Schwebstoffverteilung läßt sich nur mit Hilfe längerer Zeitreihen belegen. Die Sichtung des vorhandenen Datenmaterials (s. Kap. 2.2) ergab, daß annähernd synoptische Messungen der Schwebstoffverteilung längs des gesamten Untersuchungsgebietes nur seitens der ARGE Elbe vorliegen (ARGE ELBE 1979-1993). Auf diesen beruhen die in den Kap. 3.3.1, 3.3.1.1 und 3.3.1.2 diskutierten Ergebnisse. Die Übersichtskarte (Karte 1) zeigt die Meß- bzw. Probenahmeorte.

Wie aus Tab. 7 und den Datenblättern "Schwebstoff-Konzentration" (Anhang zu den MATERIALBÄNDEN II a und b) ersichtlich ist, liegen die Jahresmittel der Schwebstoffkonzentration in den einzelnen Untersuchungsabschnitten zwischen 22 mg/l und 130 mg/l. Ein jahreszeitlicher Trend ist erkennbar: In den Untersuchungsabschnitten "Vor I", I und II sind im Sommer etwas höhere Schwebstoffkonzentrationen vorhanden; dagegen sind sie in den Untersuchungsabschnitten III bis VII im Winter deutlich höher (Tab. 7).

Eine Betrachtung der minimalen und maximalen Schwebstoffkonzentrationen zeigt, wie groß die Schwankungsbreite der Naturmeßdaten (an der Wasseroberfläche!) tatsächlich ist (Tab. 8): Im Sommer liegen die Minimalwerte in allen Untersuchungsabschnitten unter 20 mg/l; etwas höhere Werte zwischen 20 und 40 mg/l weisen lediglich die Abschnitte 5 bis 7 im Winter auf. Die Maximalwerte betragen dagegen 400 bis 930 mg/l, und sie wurden jeweils in den Untersuchungsabschnitten III bis VI gemessen.

In Abschnitt 3.3.1.1 werden anhand dieses Datensatzes die Entwicklung der oberflächennahen Schwebstoffverteilung und deren natürliche Variabilität im Längsprofil über einen längeren Zeitraum wiedergegeben und damit auch die Oberwasserabhängigkeit tendenziell aufgezeigt (Tab. 9). Zur besseren Übersicht über das Vorhandensein niedriger, mittlerer und hoher Schwebstoffkonzentrationen in den einzelnen Abschnitten des Untersuchungsgebietes ist auf den Datenblättern "Schwebstoff-Konzentration" (s. Anhang zu den MATERIALBÄNDEN II a und b) auch die prozentuale Verteilung der Meßwerte auf einzelne Konzentrationsbereiche angegeben. Diese Wertebereiche ("Interne Wertstufen") sind dem Gewässergütebericht Elbe 1985- 1990 (ARGE-ELBE 1990) entnommen. Es wird jedoch an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Wertebereiche kein Bestandteil der Gewässergütebewertung sind, da die Belastung der Elbe mit Schwebstoffen primär die Folge der natürlichen Feststofftransportprozesse in einem Ästuar ist.

Die in den Jahren zwischen 1984 und 1993 nahezu alljährlich durchgeführten GKSS-Feldmessungen zur Bilanzierung von Schwebstoff-Frachten in der Unterelbe werden in Abschnitt 3.3.1.4 beschrieben. Bei diesen Untersuchungen wurden kontinuierlich über einen Zeitraum von einigen Tagen an verschiedenen Stellen längs des Stroms Querprofile gefahren, so daß dort Schwebstoffwerte als Zeitreihen über mehrere Tideperioden auch an Positionen außerhalb der Fahrrinnenmitte vorliegen.

Es wurde versucht, aus den verschiedenen Datenquellen durch eine physikalisch sinnvolle Interpolation typische 2D-Schwebstoffkonzentrationen für verschiedene Tidephasen abzuleiten (s. Kapitel 3.3.2).

3.3.1.1 Die Trübungs- und Brackwasserzone

Die für ein Ästuar typische Trübungszone tritt - wie bereits erwähnt - meistens in Verbindung mit der Mischungszone auf. Die oberflächennahen Schwebstoffkonzentrationen liegen in der Trübungszone um ca. einen Faktor 3 höher als in den angrenzenden Bereichen. Die Trübungszone der Elbe hat bei mittlerem Oberwasser eine Ausdehnung von ca. 50 km Länge (1/3 der gesamten Länge des Ästuars), 1 km mittlere Breite und 10 m mittlere Tiefe. Das Maximum der Trübung liegt zwischen Strom-km 660 und 710 (u.a. GRABEMANN et al. 1996; KAPPENBERG et al. 1996).

Die Abb. 10 (KAPPENBERG et al. 1996) macht deutlich, daß die Position des Trübungsmaximums den gleichen Variabilitäten wie die Lage der Brackwasserzone unterliegt, und gibt die bereits erwähnte Abhängigkeit der Position und Ausprägung des Trübungsmaximums vom Oberwasserabfluß wieder. In diesem Bild sind Linien gleichen Salzgehaltes (Isohalinen, weiße Linien), wobei der Salzgehalt in practical salinity units (psu) (s. Kap. 3.2.1) angegeben wird, und Flächen gleicher Schwebstoffkonzentration (grau schattiert) sowie der Oberwasserabluß bei Neu-Darchau während einer Periode von 13 Jahren (1980-1994) dargestellt.

Es ist klar zu erkennen, daß sich das Trübungsmaximum während des gesamten Beobachtungszeitraums im Elbabschnitt zwischen Pagensand-Süd (km 660) und der Ostemündung (km 710) befindet. In diesem Bereich bewegt sich auch die Lage der oberen Brackwassergrenze (1- psu-Isohaline). In extrem trockenen Jahren wandert sie sogar stromauf bis Lühesand Nord (km 650). In den Messungen des Längsprofiles des Monats Februar 1984 steigt ab Stromkilometer 630 die Schwebstoffkonzentration vereinzelt sprunghaft an. Für die plötzlich ansteigenden und wieder abfallenden Schwebstoffkonzentrationen zu diesem Zeitpunkt gibt es keine Erklärung.

Grundlage für die Abb. 11 sind wiederum die Daten aus den oberflächennahen monatlichen Längsprofilmessungen der ARGE Elbe (bei vollem Ebbstrom ungefähr 1 Std. vor Niedrigwasser). Für den Zeitraum von 1986 bis 1990 sind die Positionen der Trübungsmaxima (Kreuze) sowie der 3-psu-Salzgehalte (Quadrate) im Längsverlauf der Unterelbe (y-Achse) gegen den Oberwasserabfluß (x-Achse) dargestellt (GRABEMANN et al. 1996; KAPPENBERG et al. 1996). Die Darstellung zeigt sowohl die Abhängigkeit des Trübungsmaximums als auch des Salzgehaltes vom Oberwasser. Beide Meßgrößen verhalten sich ähnlich. Für Q < 500 m3/s fallen Brackwassergrenze und Trübungsmaximum annähernd zusammen und reagieren stark auf Oberwasseränderunmgen. Für Q > 500 m3/s wandert die 3-psu-Linie stromab bis Cuxhaven (km 720), während sich die Trübungszone nur bis kurz unterhalb von Brunsbüttel (km 700) verschiebt. Die Nichtlinearität in der Beziehung zwischen Oberwasserabfluß und Position der Trübungszone bzw. der oberen Brackwassergrenze ist deutlich (GRABEMANN et al. 1996; KAPPENBERG et al. 1996).

3.3.1.2 Trübungverteilung im Längsprofil

Die Abb. 12 greift noch einmal auf den oben beschriebenen Datensatz zurück, berücksichtigt allerdings den ganzen Zeitraum von 1979 bis 1994 (BERGEMANN 1995). Die Daten wurden dabei nach den drei Oberwasserklassen der BAW-AK sortiert: Q0 < 500 m3/s; Q0 = 500 - 900 m3/s; Q0 > 900 m3/s. Für diese drei Klassen sind die mittleren Schwebstoffgehalte mit den zugehörigen mittleren Chloridgehalten dargestellt. Auch hier zeigt sich wieder die hohe Korrelation der beiden Verteilungen.

Auffallend in allen drei Oberwasserklassen ist (von rechts nach links, d.h.. in Richtung Nordsee betrachtet) das erste Ansteigen der Schwebstoffkonzentrationen bei Nienstedten (km 630) sowie das Auftreten von zwei Maxima weiter stromab. Das zweite Maximum fällt dabei für alle drei Oberwassersituationen mit dem Anstieg des Salzgehaltes zusammen.

Definiert man als Trübungszone einen Bereich mit mittleren oberflächennahen Schwebstoffgehalten über 100 mg/l und verwendet gemäß ARGE ELBE (1988) (s. Kap. 3.2.1) als obere (d.h. stromauf gelegene) Brackwassergrenze einen Chloridgehalt von 300 mg/l (bzw. eine Salinität von 0,5), so ergeben sich aus Abb. 12 folgende Aussagen:

Für die Oberwasserklasse unter 500 m3/s (durchgezogene Linien) hat die Trübungszone eine Ausdehnung von 40 km und erstreckt sich von Grauerort (km 660) bis unterhalb von Brunsbüttel (km 700). Das erste Schwebstoffmaximum bei km 665 hat hier im Vergleich zu den höheren Oberwasserklassen die stärkste Intensität. Der erste signifikante Anstieg im Salzgehalt (nach obiger Definition "die obere Brackwassergrenze") befindet sich oberhalb von Glückstadt bei Strom-km 670, etwa in der Mitte der Trübungszone.

Der mittlere Oberwasser-Bereich, Q0 = 500 - 900 m3/s, wird durch die gestrichelten Linien repräsentiert. Die Ausdehnung der Trübungszone beträgt hier ca. 30 km und reicht von Glückstadt (km 675) bis unterhalb von Brunsbüttel (km 702). Der Salzgehalt übersteigt etwa auf der Höhe von Brokdorf (Strom-km 683) den Wert von 300 mg-Cl/l, was wiederum im Zentrum der Trübungszone liegt. Gegenüber kleinen Oberwasserabflüssen ist demnach diese Position ca. 13 km stromab verschoben.

Für die Oberwasserklasse über 900 m3/s wandert die Trübungszone weitere 5 km stromab. Sie erstreckt sich mit 22 km Ausdehnung von der Störmündung (km 680) bis hinter Brunsbüttel (km 702). Der signifikante Anstieg im Salzgehalt wird etwas oberhalb von Brunsbüttel (Strom-km 693) beobachtet.

Diese Abbildung verdeutlicht ebenfalls die Abhängigkeit zwischen der Position der Brackwasserzone und der Position des Trübungsmaximums und deckt sich mit den Ergebnissen von GRABEMANN et al. (1996) und von KAPPENBERG et al. (1996).

3.3.1.3 Vertikalverteilung

Die Ergebnisse einer von GKSS zusammen mit mehreren Ämtern im Frühjahr 1993 durchgeführten Meßkampagne liefern - als Ergänzung zu den bisher diskutierten oberflächennahen Messungen der ARGE Elbe - auch Schwebstoffverteilungen in der Vertikalen. In Abb. 13 (oben) ist ein gemessener Tidengang von Schwebstoffkonzentration und Salinität in 5 m Tiefe bei Büttel (km 690) wiedergegeben, im unteren Bildteil sind zugehörige Vertikalverteilungen zu neun verschiedenen Tidephasen gezeigt. In den Abb. 14 a bis 14 c sind die gezeitenbedingten Veränderungen der Schwebstoffverteilung im Längsschnitt x sowie in drei Tiefen z für eine bestimmte Oberwassersituation (Q0 = 664 m3/s) ersichtlich. Die den Abbildungen zugrundeliegenden Schwebstoffdaten stammen von filtrierten Wasserproben (FANGER et al. 1996). Dargestellt sind Bereiche gleicher Schwebstoffkonzentration im Verlauf eines Tidezyklus (L = Niedrigwasser, H = Hochwasser).

Die Trübungszone (Schwebstoffkonzentrationen über 100 mg/l) befindet sich bei dieser Abflußsituation zwischen Strom-km 670 und 710, was gut mit den Befunden der ARGE Elbe übereinstimmt. In den weiter außerhalb der Trübungszone liegenden Bereichen konnten keine deutlichen vertikalen Strukturen in der Schwebstoffkonzentration nachgewiesen werden.

In Oberflächennähe (Abb. 14 a) treten zwei Maxima mit Konzentrationen über 250 mg/l jeweils am Ende der Flut- und in der Mitte der Ebbphase auf, wobei das zweite (räumlich und zeitlich) stärker ausgeprägt ist. In halber Wassertiefe (Abb. 14 b) wandert der Bereich verstärkter Trübung während der Flutphase ca. 20 km stromauf. In der Mitte der Ebbphase bildet sich erneut eine Trübungswolke aus, die bis über den Kenterpunkt Ebbe um die gleiche Strecke - in diesem Fall stromab - transportiert wird. In der bodennahen Schicht (Abb. 14 c) sind die Schwebstoffkonzentrationen im Bereich der Trübungszone über den gesamten Tidezyklus sehr hoch. Mit der Gezeitenströmung findet eine leichte Stromauf- bzw. Stromab-Verschiebung gegen Ende der jeweiligen Halbtidephase statt.

Hieraus läßt sich keine allgemeingültige Beziehung zwischen den Schwebstoffwerten an der Oberfläche und in tieferen Schichten ableiten. Die Meßdaten geben aber für bestimmte äußere Randbedingungen eine quantitative Vorstellung von der vertikalen Schwebstoffverteilung im Längsprofil der Unterelbe.

3.3.1.4 Querverteilung

Die in den letzten Jahren durchgeführten Messungen, die Aufschluß über die Querverteilung der Schwebstoffkonzentration geben, waren räumlich heterogen über das Elbeästuar verteilt. Die Daten wurden mit einer anderen Zielsetzung, als es für das Gutachten optimal wäre, zu unterschiedlichen Randbedingungen (Oberwasser, Tidephase), mit unterschiedlicher zeitlicher und räumlicher Auflösung und in zeitlich großen Abständen zwischen 1984 und 1993 gewonnen.

Die weiter unten folgenden Erörterungen geben einen Überblick über die oberflächennahen Schwebstoff- und Salzgehaltsverteilungen, die von GKSS bei diesen Meßkampagnen kontinuierlich über mindestens eine Tide gemessen wurden (u.a. MICHAELIS et al. 1988, FANGER et al. 1990, FANGER et al. 1996). An verschiedenen Querschnitten wurden Salzgehalt (Leitfähigkeit) und Schwebstoff (Trübung) vom fahrenden Schiff aus mit einem in 1,5 m Wassertiefe befindlichen Bugausleger registriert. Die Trübungsmessungen wurden mit Filterproben kalibriert, so daß aus den Trübungswerten die Schwebstoffkonzentrationen berechnet werden konnten. Aufgrund des Meßablaufs konnte der zeitliche Abstand der Messungen an den hier ausgewerteten Positionen bis zu 1 Stunde betragen.

Die Meßergebnisse wurden für die nachfolgende Analyse wieder in drei Oberwasserklassen unterteilt: Q0 < 500 m3/s, 500 m3/s < Q0 < 900 m3/s, Q0 > 900 m3/s und zur besseren Vergleichbarkeit mit etwa gleichen Abszissenmassstäben geplottet. Die Messorte sind in der Übersichtskarte (Karte Nr. 1) markiert, vgl. Kap.2.1.

I. Niedriges Oberwasser (< 500 m3/s)

Untersuchungsabschnitt I (Messung vor Oortkaten bei Strom-km 608):

In der Abb. 15 sind für eine feste Position im Strom Schwebstoff- (SPM [mg/l]), Salzgehalt [psu] und Strömungsgeschwindigkeit [m/s] dargestellt. Die Messung fand im September 1984 bei relativ niedrigem Oberwasser (Q0 = 344 m3/s) über drei Tiden statt (MICHAELIS et al. 1988). Bei derart niedrigen Oberwasserverhältnissen ist das Tidesignal (positives Vorzeichen entspricht der Ebbströmung) in den Strömungsgeschwindigkeiten noch weit oberhalb des Hamburger Stromspaltungsgebietes deutlich zu erkennen. Die Schwebstoffgehalte liegen bei 20 mg/l und gehen an den Kenterpunkten der Flut (Kf) wegen Sedimentation leicht zurück Der Schwebstoff ist homogen über den Querschnitt verteilt. Der Salzgehalt beträgt weniger als 1; dies entspricht noch limnischen Verhältnissen.

Untersuchungsabschnitt II (Messung vor Nienstedten bei Strom-km 630):

Der Oberwasserabfluß lag während der Meßperiode im September 1986 bei 450 m3/s. Während etwas mehr als fünf Tiden wurden hier u.a. Schwebstoff, Salzgehalt und Strömungsgeschwindigkeit kontinuierlich über den gesamten Querschnitt aufgenommen (FANGER et al. 1990). Abb. 16 zeigt die Zeitreihe der drei gemessenen Parameter in der Fahrrinnenmitte. Die oberflächennahen Schwebstoffgehalte schwanken während einer Tide zwischen 20 und 120 mg/l. Die niedrigsten Schwebstoffkonzentrationen treten nach dem Kenterpunkt Flut (in der Ebbphase) und die höchsten Konzentrationen bei voll entwickeltem Flutstrom auf. Im Salzgehalt ist kein Gezeitensignal zu erkennen; der Wert von ca. 0,6 weist auf limnische Verhältnisse hin. Sowohl die Schwebstoffkonzentrationen als auch der Salzgehalt sind über den Querschnitt relativ gleichförmig verteilt.

Untersuchungsabschnitt III (Messung vor Wedel bei Strom-km 645):

Der bei niedrigem Oberwasserabfluß (Q0 = 280 m3/s) im September 1992 während einer Tide gemessene Querschnitt weist große Datenlücken auf (Rückgang des Schwebstoffs während vollem Ebb- bzw. Flutstrom, kein Maximum bei Ebbstrom). Aus der Abb. 17 ist nur zu entnehmen, daß die Schwebstoffgehalte an der Oberfläche bis auf Werte um 280 mg/l ansteigen können. Der Salzgehalt liegt fast bei 1,0; damit befindet sich der Querschnitt zu diesem Zeitpunkt an der oberen Brackwassergrenze.

Untersuchungsabschnitt IV (Messung vor Bielenberg bei Strom-km 669):

Die in Abb. 18 dargestellten fortlaufenden drei Tiden wurden im September 1991 bei sehr niedrigem Oberwasserabfluß (Q0 = 218 m3/s) aufgenommen. Interessant ist bei diesem Querschnitt die Topographie, die sich sowohl in der Strömung als auch in den Schwebstoffkonzentrationen abzeichnet. Dargestellt sind drei Positionen über den Querschnitt: linker Fahrrinnenrand, Fahrrinnenmitte und rechter Fahrrinnenrand. Am linken Rand und in der Mitte der Fahrrinne schwanken die Schwebstoffgehalte während des Gezeitenzyklus zwischen 50 und 250 mg/l. Die Minima in der Fahrrinnenmitte treten nach den Kenterpunkten auf. Das stärker ausgeprägte Maximum entwickelt sich bei vollem Ebbstrom, das schwächere bei vollem Flutstrom.

Am linken Rand sind während der Flut- bzw. Ebbphasen keine signifikanten Unterschiede in den Absolutwerten der Schwebstoffgehalte vorhanden. Am rechten Rand hingegen steigen die Maxima der Schwebstoffgehalte bei vollem Ebbstrom auf Werte über 500 mg/l an. Während der Flut liegen sie in der gleichen Größenordnung wie auf der mittleren und linken Position im Querschnitt. (Der Rückgang der Schwebstoffkonzentrationen auf Null sowie die "flachen Maxima" in der Nacht vom 13.9.91 sind keine realen Werte, sondern sind auf Meßlücken zurückzuführen.)

Der Salzgehalt variiert auf dem gesamten Querschnitt innerhalb einer Tide zwischen 0,5 und 2. Dies zeigt, daß der Querschnitt während dieser Messung im salzarmen Teil der Brackwasserzone lag. In der Fahrrinnenmitte und am linken Rand fällt das Salzgehaltsmaximum mit dem Kenterpunkt Flut zusammen. Am rechten Rand tritt das Maximum im Salzgehalt zeitlich versetzt nach dem Kenterpunkt Flut auf.

Untersuchungsabschnitt V (Messung vor Büttel bei Strom-km 690):

Der am weitesten seewärts liegende Querschnitt, für den aus dieser Reihe Meßdaten vorliegen, ist Büttel. Die in Abb. 19 dargestellten Ergebnisse für drei Positionen stammen aus Messungen, die im September 1989 erfolgten, ebenfalls bei niedrigem Oberwasserabfluß (Q0 = 230 m3/s). Auffallend an allen drei Positionen im Strom ist hier die Schwankungsbreite des Salzgehaltes (zwischen 4 und 10). Dies zeigt, daß sich der Querschnitt zu diesem Zeitpunkt mitten in der Brackwasserzone befand. Die maximalen Salzgehalte fallen auf dem gesamten Querschnitt erwartungsgemäß ungefähr mit dem Kenterpunkt Flut zusammen, während die Minima am Kenterpunkt Ebbe auftreten. Die Schwebstoffkonzentrationen am linken Rand und in der Fahrrinnenmitte variieren während einer Tide zwischen 20 und 200 mg/l. Am nördlichen Rand des Fahrrinnens sind die Schwebstoffgehalte wieder höher (zwischen 30 und 250 mg/l).

II. Mittleres Oberwasser (zwischen 500 und 900 m3/s)

Untersuchungsabschnitt II (Messung vor Nienstedten bei Strom-km 630):

Diese Messung über eine knappe Tide fand im Oktober 1987 bei einem mittleren Oberwasser von 707 m3/s statt. Die in Abb. 20 dargestellten niedrigen Schwebstoffkonzentrationen von ca. 20 mg/l sind sehr homogen über den Querschnitt verteilt. Aus diesem Grund reicht es, hier die Position in der Fahrrinnenmitte zu betrachten. Nach dem Kenterpunkt Flut sinken die Schwebstoffgehalte auf Werte unter 10 mg/l ab. Der konstante Salzgehalt von deutlich weniger als 1 gibt die hier vorherschenden limnischen Bedingungen wieder.

Untersuchungsabschnitt V (Messung vor Büttel bei Strom-km 690):

Die Abb. 21 zeigt Ergebnisse einer Ende September 1987 über die Dauer einer Tide durchgeführten Messung bei einem mittleren Oberwasser von 700 m3/s. Dargestellt ist die Position in Fahrrinnenmitte. Im Tidezyklus treten zwei Schwebstoffmaxima auf: Das erste, das sich bei vollem Ebbstrom entwickelte, nimmt Werte bis zu 350 mg/l an, das zweite erreicht einen Wert von ca. 180 mg/l. Am Kenterpunkt gehen die Schwebstoffkonzentrationen bis auf ca. 70 mg/l zurück. Der maximale Salzgehalt von 2 wird beim Kenterpunkt Flut erreicht. Dies zeigt, daß der Querschnitt zur Meßzeit im salzarmen Teil der Brackwasserzone lag.

III. Hohes Oberwasser (über 900 m3/s)

Untersuchungsabschnitt I (Messung vor Oortkaten bei Strom-km 608):

Die Meßreihe umfaßt nur einen einzelnen Tidezyklus im April 1985 bei einem Oberwasser von 1165 m3/s (Abb. 22). Dieses relativ hohe Oberwasser hat zur Folge, daß der Flutstrom Oortkaten nicht erreicht. Die Fluthalbtide zeichnet sich nur noch durch eine Verringerung der stromab gerichteten Strömungsgeschwindigkeit aus. Der Schwebstoffgehalt in 1,5 m Wassertiefe nimmt mit abnehmender Strömungsgeschwindigkeit auf Werte um 20 mg/l ab und steigt dann bei vollem Strom auf ca. 40 mg/l an. Der Salzgehalt weist auf limnische Bedingungen hin; er beträgt konstant deutlich weniger als 1.

Untersuchungsabschnitt IV (Messung vor Bielenberg bei Strom-km 669):

Der Meßzeitraum im März 1992 mit hohem Oberwasser (Q0 = 1062 m3/s) umfaßt vier Tidezyklen und ist in Abb. 23 dargestellt. Am linken Fahrrinnenrand und in der Fahrrinnenmitte liegen die Absolutwerte der Schwebstoffkonzentration in der gleichen

Größenordnung (bis 180 mg/l). Je ein Maximum tritt während vollem Flut- bzw. Ebbstrom auf. Sie unterscheiden sich nicht signifikant in ihrer Amplitude. Das Absinken der Feststoffe während der Kenterpunkte ist am linken Rand weniger ausgeprägt als in der Fahrrinnenmitte. Das während der Meßkampagne noch weiter ansteigende Oberwasser führt dazu, daß sich am dritten Meßtag der Schwebstoffgehalt an beiden Positionen um ca. 1/3 reduziert hat. Am rechten Rand treten die ausgeprägteren Maxima während vollem Ebbstrom auf. Sie erreichen Werte bis zu 250 mg/l. Auf dieser Seite der Fahrrinne ist kein Abfall der Schwebstoffkonzentrationen während der Meßkampagne festzustellen. Die Trübungszone scheint sich während der Meßkampagne weiter elbabwärts zu verschieben, wobei sich die Verschiebung am rechten Rand noch nicht bemerkbar macht.

Der Salzgehalt bleibt an allen drei Meßpunkten bei 0,5; somit herrschen hier bei hohem Oberwasser noch limnische Verhältnisse.

Untersuchungsabschnitt V (Messung vor Büttel bei Strom-km 690):

Bei Abb. 24 handelt es sich um eine Messung, die während des Frühjahrhochwassers (Q0 = 1430 m3/s) im April 1992 über 3 Tiden stattgefunden hat. Die Schwebstoffkonzentrationen über den gesamten Querschnitt verhalten sich relativ ähnlich und variieren zwischen 40 und 380 mg/l. Das Minimum nahe dem Kenterpunkt Ebbe ist stärker ausgeprägt als das nach dem Kenterpunkt Flut. Die bei vollem Strom auftretenden Maxima sind unterschiedlich hoch und lassen keine Systematik erkennen. Der marine Einfluß prägt hier die Verhältnisse trotz des hohen Oberwassers; allerdings übersteigt der Salzgehalt den Wert von 2,0 nicht.

3.3.2 Synthetische räumlich-zeitliche Schwebstoffverteilung

Ziel der "Synthese" ist es, durch eine geeignete Interpolation aus dem vorhandenen, sehr heterogenen Datenmaterial flächendeckende Darstellungen über Flußbreite, Stromkilometer sowie zu verschiedenen Tidephasen abzuleiten. Diese Synthese wurde speziell für das vorliegende Gutachten erarbeitet; sie nimmt daher in der Darstellung einen etwas breiteren Rahmen ein.

Verwendet wurden die bereits oben beschriebenen Längsprofilmessungen der ARGE-Elbe (Kap. 2.2) und die Querprofilmessungen der GKSS (Kap.3.3.1.4). Von den ARGE-Elbe-Daten wurden aus dem Zeitraum 1984 bis 1991 sechs Messungen und von den GKSS-Daten vier Messungen ausgewählt. Als Auswahlkriterium galt für alle hier verwendeten Daten: niedriges Oberwasser (unter 500 m3/s) und Messungen in den Monaten September/Oktober. Aus den GKSS-Daten wurde an jeweils drei Positionen (d.h. in Strommitte, am linken und am rechten Ufer) ein mittlerer Tidezyklus berechnet. Durch die Kombination der GKSS-Daten mit den Daten der ARGE-Elbe konnte die Schwebstoffverteilung für jede Tide für die gesamte Unterelbe in Strommitte und an den Rändern berechnet werden. Dieser synthetische Datensatz erlaubt die flächendeckende Darstellung der Schwebstoffkonzentration, entweder phasengleich zu gleichen Tidebedingungen (wie die Probennahmestrategie der ARGE-Elbe) oder in zeitlichen Momentaufnahmen (d.h. in "synoptischen" Darstellungen), wie sie von Satelliten gesehen würden.

Da bei niedrigem Oberwasser der marine Einfluß (d.h. die obere Brackwassergrenze, s.a. Abb.12) und damit die höheren, primärproduktionsbehindernden Schwebstoffkonzentrationen am weitesten nach stromauf gelangen, sind die hier berechneten Konzentrationen die höchsten, die in Oberflächennähe zu erwarten sind ("worst-case-condition").

3.3.2.1 Auswahl der Datensätze

Die verwendeten ARGE-Elbe-Daten sind in der nachfolgenden Tab. 10, die entsprechenden Daten der GKSS in Tab. 11 zusammengefaßt.

Tab. 10: Liste der für die Interpolation verwendeten ARGE-Elbe-Daten (s. Kap. 2.2)

Jahr Monat Oberwasser [m3/s]
1984 September 394
1985 September 381
1988 September 481
1989 September 231
1990 September 292
1991 Oktober 214

Tab. 11: Liste der für die Interpolation verwendeten Daten der GKSS.(s. Kap. 2.2 und 3.3.1.4)

Ort Strom-km Datum Anzahl Tidephasen Oberwasser [m3/s]
Oortkaten 608 03.09.-04.09.84 2 344
Nienstedten 630 16.09.-23.09.86 6 448
Bielenberg 669 11.09.-13.09.91 1 218
Büttel 690 03.09.-04.09.89 2 231

3.3.2.2 Datenaufbereitung

Koordinaten

In den folgenden Abbildungen wird die Raumkoordinate entlang des Stromes in "Elbe-km" angegeben ("Orte"). Die Raumkoordinate quer zum Strom "Positionen") verläuft zwischen Nord- und Süd-Ufer. Die Zeitkoordinate bezieht sich meist auf einen vollen Tidezyklus. 0 Uhr kennzeichnet das Einsetzen des Flutstroms am jeweiligen Ort (= Kenterpunkt Ebbe, Ke). Ausnahmen hiervon sind die sogenannten Momentaufnahmen (Abb. 30 - 32), bei denen unter Anwendung der Phasenverschiebung zwischen den Orten die Daten in ein reales Zeitkoordinatensystem transformiert wurden. Die Phasenverschiebungen wurden den Tidekalendern des Bundesamtes für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) entnommen. Ist zum Beispiel Tnw (Tideniedrigwasser) in Nienstedten 1 Stunde nach Tnw in Buettel, so wird die Zeitachse der Tidekurve Nienstedten 1 Stunde gegen die Zeitachse Buettel versetzt. Dabei wurde keine konstante Zeitverschiebung, sondern eine lineare Transformation - jeweils für Flutstrom und Ebbstrom getrennt - angewendet.

Mittelung der Arge-Elbe-Daten

Die Probennahme-Orte der ARGE-Elbe liegen in der Fahrrinnenmitte mit einem mittleren Abstand von 5 km 1 km, s. Übersichtskarte. Eine Interpolation auf ein gemeinsames Gitter ist also nicht notwendig. Ein mittleres ARGE-Elbe-Längsprofil (Abb. 25) wurde daher durch arithmetische Mittelung der Einzelmessungen gewonnen. Abb. 26 zeigt die zugehörige Standardabweichung.

Tab. 12: Kenterpunkte und Scheitelwasserzeiten

Ort Kf - Thw [h:min] Ke -Tnw [h:min]
Oortkaten 0:15 0:15
Nienstedten 0:20 0:20
Bielenberg 0:40 0:40
Büttel 1:30 1:00
Erläuterungen: Aufgrund von Trägheitseffekten treten die Strömungskenterpunkte später ein als die Scheitelwasserstände. Diese Zeitdifferenzen hängen von den Windverhältnissen und der Wasserführung ab. Die in der Tabelle aufgelisteten Zeitdifferenzen Kenterpunkt Flut (Kf) gegen Tidehochwasser (Thw) sowie Kenterpunkt Ebbe (Ke) gegen Tideniedrigwasser (Tnw) sind aus mehrjährigen GKSS-Messungen in der Tideelbe bestimmt.

Mittelung der GKSS-Daten

Aus den Querprofilen an den 4 Orten wurden an jeweils drei Positionen, nämlich in Strommitte sowie am nördlichen und am südlichen Ufer, Zeitreihen der Schwebstoffkonzentration und der Strömungsgeschwindigkeit entnommen. Aus den Strömungswerten wurden die Kenterpunkte ermittelt. Die jeweils zwischen zwei gleichen Kenterpunkten liegenden vollen Tidezyklen der Schwebstoffkonzentration wurden zu einem mittleren Tidezyklus gemittelt. Dabei wurde berücksichtigt, daß die Tidedauer an den verschiedenen Orten unterschiedlich ist (bzw. daß Flut- und Ebbstrom unterschiedlich lange dauern) sowie daß zwischen den Kenterzeitpunkten und den Scheitelwasserzeiten eine ortsabhängige zeitliche Differenz besteht. (Tab. 12). In Abb. 27 sind jeweils die so gemittelten Schwebstoffkonzentrationen an den vier Orten in einer Darstellung für die drei Positionen im Strom dargestellt.

Zeitliche Interpolation

Die räumlich hochaufgelöst vorliegenden ARGE-Elbe-Daten wurden mithilfe der GKSS-Daten gemäß nachfolgender Gleichung zeitlich moduliert und in die Randbereiche übertragen:

SPM(x,yk,t) = {SPMARGE(x,t0)+[SPMGKSS(xi,yk,t)-SPMGKSS(xi,yk,t0)]* a }*g(x)+
{SPMARGE(x,t0)+[SPMGKSS(xj,yk,,t)-SPMGKSS(xj,yk,t0)]* a }*(1-g(x)) (Gl. 1)

 

SPM Schwebstoffkonzentration
SPMARGE Schwebstoffkonzentration, ARGE Längsprofil
SPMGKSS Schwebstoffkonzentration, GKSS-Zeitreihe
x Stromkilometer
xi, xj benachbarte Orte von GKSS-Zeitreihen,
z.B. xi=Nienstedten = km 630, xj=Bielenberg = km 669
yk Position quer zum Strom, z.B. y0 = linker Rand, y1 = Strommitte, y2 = rechter Rand
t Zeit relativ zum Einsetzen des Flutstroms
t0 1 Stunde vor Tideniedrigwasser
a Korrekturfaktor zwischen GKSS- und ARGE-Daten
g Gewichtsfaktor für die räumliche Interpolation zwischen den Orten xi und xj

Die Differenz des GKSS-Wertes zu einem Zeitpunkt t gegenüber dem Zeitpunkt t0 gibt den relativen zeitlichen Verlauf der Tidekurve wieder, bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem auch die ARGE-Elbe-Messung stattfand. Um diese Differenz mit den ARGE-Elbe-Werten zu verknüpfen, muß ein Korrekturfaktur a berücksichtigt werden, der die beiden verschiedenen Datensätze und Meßmethoden angleicht (Abb. 28). Bei der Berechnung von a wurden die Fehler der GKSS- und ARGE-Elbe-Messungen berücksichtig. Der Fehler der GKSS-Werte für Bielenberg wurde geschätzt (siehe Abschnitt Fehlerbetrachtung) und zusätzlich mit einem Faktor 2 versehen. Dies wird damit begründet, daß dieser Wert sehr unsicher ist, da er aufgrund einer einzelnen Meßreihe ermittelt wurde und zudem im Bereich eines starken Gradienten der Schwebstoffkonzentration liegt, so daß kleine Abweichungen in Raum und Zeit eine große Auswirkung auf den Meßwert haben. Da die GKSS-Daten nur an wenigen Orten vorliegen, werden sie dazwischen linear interpoliert (g-Faktor).

Die obige Interpolationsformel reproduziert die Original ARGE-Elbe-Messung (Abb. 29) und erlaubt es, eine Zeitreihe für jeden Ort längs der Elbe zu berechnen. In den Abb. 30 - 32 ist in Isolinienform die Verteilung der Schwebstoffkonzentration in mg/l über den Stromverlauf zu den einzelnen Zeitpunkten gezeigt (s.a. Abb. 14 a - 14 c, Kap. 3.1.3). Die Zeitachse bei diesen Darstellungen ist bezogen auf die reale Zeit (die Hoch- und Niedrigwasserlinien verlaufen schräg entsprechend dem Lauf der Tidewelle in der Tideelbe).

Räumliche Interpolation

Die zeitliche Interpolation nach obiger Formel wurde für die Strommitte sowie das südliche und nördliche Ufer durchgeführt. Aus den resultierenden 3 Tidelängsprofilen wurde durch Triangulation ein Datensatz erzeugt, der in einem realen zeitlichen Gitter, also unter Berücksichtigung der Phasenverschiebung, die Schwebstoffsituation in der Elbe zeigt. In den Abb. 33 - 38 sind sie für unterschiedliche Tidesituationen (Tnw und Thw bei km 685, bei km 655 und bei km 615) gezeigt.

Fehlerabschätzung

Zunächst wurden repräsentative Fehler der gemittelten GKSS- und ARGE-Elbe-Daten berechnet. Die Fehler der Einzelmessungen wurden dabei gegenüber den Varianzen der Mittelungen vernachlässigt. Die Standardabweichungen der gemittelten ARGE-Elbe-Daten sind in Abb. 39 gezeigt. Aus diesen ergibt sich die in Abb. 40 gezeigte Verteilung der Fehler der Mittelwerte. Aus dieser Verteilung wird die obere Grenze des Fehlers mit 26 mg/l abgeschätzt, so daß 95% aller Fehlerwerte kleiner oder gleich dieser Grenze sind.

Die mittleren GKSS Schwebstoffwerte wurden jeweils aus unterschiedlich vielen Einzeltiden bei verschiedenen mittleren Schwebstoffkonzentrationen berechnet, so daß sich deutlich verschiedene Fehler der Mittelwerte ergaben (Tab. 13). Die Schwankungsbreite für Oortkaten ist sehr klein, da hier immer nur geringe Schwebstoffkonzentrationen gemessen wurden. Da Oortkaten zudem räumlich weit von den anderen Orten entfernt ist, wurde dieser geringe Fehlerwert als nicht-repräsentativ betrachtet und im folgenden vernachlässigt. Der auf die mittlere Schwebstoffkonzentration bezogene relative Fehler sowohl in Nienstedten wie auch in Büttel beträgt ca. 10%. Für Bielenberg lag nur eine Meßreihe über eine Tide vor, so daß kein Fehler berechnet werden konnte. Daher wurde der vorher ermittelte relative Fehler von 10% auf den mittleren Konzentrationswert von Bielenberg angewendet, um auch hier eine Abschätzung des Fehlers des Mittelwerts zu erhalten. Aus dem Vergleich der Fehler von Büttel, Bielenberg und Nienstedten wurde dann ein repräsentativer Absolutwert des Fehlers der gemittelten GKSS -Schwebstoffwerte von 9 mg/l bestimmt.

Der Fehler des Korrekturfaktors a zwischen GKSS und ARGE-Elbe Messungen ergibt sich aus der linearen Ausgleichsrechnung (siehe Abb. 28)

Tab. 13: Mittelwerte der Schwebstoffkonzentration und Fehler

Ort Mittelwert Fehler des Mittelwerts
Oortkaten 20,3 mg/l 1,06 mg/l
Nienstedten 48,8 mg/l 5,2 mg/l
Bielenberg 87,8 mg/l 8,7 mg/l
Büttel 87,8 mg/l 8,9 mg/l

Nach Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes auf Gleichung 1 ergibt sich folgender Ausdruck für den Fehler der interpolierten Schwebstoffkonzentration dSPM:

d2SPM = g2 T + (1 - g)2 T (Gl. 2)

mit

T = d2SPM_ARGE + (SPMGKSS (xi,yk,t) - SPMGKSS (xi,yk,t0)2 d2a + 2a2 d2SPM_ARGE

T´ = d2SPM_ARGE + (SPMGKSS (xj,yk,t) - SPMGKSS (xj,yk,t0)2 d2a + 2a2 d2SPM_ARGE

dz ... Fehler von z; z = (SPM, SPMARGE, SPMGKSS, a)

Die Terme T und T´ unterscheiden sich in den Differenzen (SPMGKSS (xl,yk,t) - (SPMGKSS (xl,yk,t0)), l=i,j, der GKSS-Profile. Da in dieser Fehlerabschätzung kein ortsbezogener Fehler berechnet wird, sondern eine obere Grenze des Fehlers abgeschätzt werden soll, wird für diese Differenz jeweils ein Wert von 100 mg/l angenommen, und folglich gilt T = T´. Der Wert ergibt sich aus der Verteilung der Differenzen (Abb. 40) und stellt eine Abschätzung des typischen oberen Wertes der Differenz dar (ca. 95% der Differenzen sind kleiner als 100 mg/l). Höhere Werte bis zur maximalen Differenz von 160 mg/l werden nur in ca 5% der Fälle erreicht. Aber auch mit einem Wert von 160 mg/l für diese Differenz erhöht sich der Fehler der interpolierten Schwebstoffwerte nur unwesentlich (s.u.). Gleichung (2) vereinfacht sich dann zu

d2SPM = g2 T + (1 - g)2 T:

Da (g2 - (1 - g)2 £1, folgt d2SPM £ T.

Unter Verwendung der Werte der Tabelle 13 für die dz:

d2SPM £ ((26)2 + 2 (1,07)2 92 + (100)2 (0.03)2 ) (mg/l)2 = (676 + 185.5 + 9) (mg/l)2

dSPM £ 29,5 mg/l.

Der erste Term der Summe stellt den Anteil der ARGE-Elbe-Messungen am Fehler dar (78%), der zweite Term den der GKSS-Messungen (21%) und der dritte Term den durch die Regression eingebrachten Fehler (1%).

Würde man für die Differenz (SMGKSS (xi,yk,t) - SPMGKSS (xi,yk,t0)) den absoluten Maximalwert von 160 mg/l annehmen (s.o.) und den Fehler der ARGE-Elbe-Daten ebenfalls mit dem Maximalwert von 43 mg/l ansetzen, so würde sich der Fehler als kleiner 45 mg/l abschätzen lassen. Verglichen mit den maximalen Schwebstoffkonzentrationen von 200 - 400 mg/l, bei denen dieser Fehler auftritt, entspricht dies einem relativen Fehler von 11 - 22%.

3.3.2.3 Ergebnisse

Das Resultat der räumlich-zeitlichen Interpolation von gemessenen Schwebstoffverteilungen ist ein dreidimensionales Datenfeld (x,y,t) mit oberflächennahen Schwebstoffkonzentrationen in Längs- und Querkoordinaten der Elbe und einer Zeitachse.

Die in den Abbildungen zutagetretenden Strukturen sind offensichtlich stark von den durch die ARGE-Elbe gemessenen Variationen im Längsprofil geprägt. Allerdings ist auch die Lateralverteilung, die durch die Querprofilmessungen der GKSS bestimmt wird, keineswegs homogen; hierbei überrascht es nicht, daß gerade die Strommitte die relativ kleinsten Werte aufweist. Demgegenüber fallen die Variationen mit der Tide, die in der Abb. 27 mit einer Dynamik von bis zu 4 : 1 auftreten, kaum ins Gewicht. In den Situationsbildern Abb. 33 bis 38 ist der Moment mit der kleinsten (Oberflächen-) Schwebstoffkonzentration, nämlich bei Kf (jeweils links von der THW-Linie), durch Vergleich der Abbildungen ausfindig zu machen. Dieser Effekt ist schneller und noch deutlicher in den raumzeitlichen Darstellungen der Abb. 30 - 32, besonders für die Strommitte in Abb. 31, (rechts von der THW-Geraden) klar zu erkennen. Der Vergleich zwischen der Ebbstromsituation (Abb. 33) und der Flutstromsituation (Abb. 35) zeigt nahezu gleichartige Strukturen: das Trübungsmaximum zwischen km 660 und km 675 scheint ortsfest zu sein. Allerdings hat sich in der Flutphase das Maximum auf der Südseite von etwas über 175 mg/l auf über 275 mg/l verstärkt.

Der Effekt einer Verschiebung des Trübungsmaximums mit der Tide, wie er aus Schiffsmessungen (die hier für die Interpolation nicht verwendet wurden) über 20 Stunden am 13./14. April 1993 (Abb. 14 a - 14 c, Kap. 3.3.1.3) hervorgeht, ist nicht zu erkennen. Die Ursache hierfür ist folgender Umstand: Während die Längsschnitt-Interpolation der GKSS-Daten an den 4 Querschnitten zu den Tidephasen (Tnw - 1h) und (Thw - 1h) die Stromaufverschiebung mit dem Flutstrom deutlich zeigt, wird dieser Effekt bei der "Modulation" mit dem "stärkeren" Längsschnittsignal der ARGE-Elbe-Messungen unterdrückt. Das bedeutet demnach, daß die typischen Trübungsverhältnisse i. a. gut wiedergegeben sind, aber nicht alle Effekte auf der Grundlage der recht kleine Datenbasis (der Querschnittsmessungen) und der vereinfachten Algorithmen dargestellt werden können.

Bei der Frage, inwieweit diese Interpolation alle Details des raumzeitlichen Geschehens flächendeckend korrekt wiedergibt, spielt eine große Rolle, ob die Voraussetzung richtig ist, daß so unterschiedliche Messungen zu verschiedenen Zeiten und Orten so behandelt werden dürfen, als wären sie in derselben hydro- bzw. schwebstoffdynamischen Situation durchgeführt worden. Mit der Beschränkung auf Messungen im September (bzw. Oktober) 1984 bis 1991 und auf Oberwasserabflüsse von unter 500 m3/s wurde versucht, saisonale und hydrologische Einflüsse einzuengen. Die Hydrodynamik und damit auch das Schwebstoffregime hängen indessen noch von weiteren Faktoren ab, wie z.B.: tägliche Ungleichheit der Tide, Phase im Spring-Nipp-Zyklus, Wind. Hätte man bei der Auswahl der Daten auch noch diese Gesichtspunkte berücksichtigt, wäre die Datenbasis zu klein geworden. Im Wissen um diese Zusammenhänge kommt der statistischen Fehlerbetrachtung, in der auch die Unbestimmtheit der Faktoren eingeht, eine große Bedeutung zu. Aus der Fehlerabschätzung ergibt sich eine Unsicherheit der Aussagen über den gesamten Unterelbeabschnitt von kleiner als 30 mg/l mit Ausnahme singulärer Punkte. Damit sind die in den synoptischen Darstellungen sichtbaren Strukturen vertrauenswürdig.