A.1.11 Erfolgskontrollen der LBP-Maßnahmen
A.1.11.1 Kompensationsmaßnahmen im terrestrischen Bereich
A.1.11.1.1 Vegetation
Ziele
Kompensationsziele und -maßnahmen werden hier nur zusammenfassend dargestellt, sofern sie Bezug zur Vegetation haben. Detaillierte Angaben sind dem LBP zur Fahrrinnenanpassung bzw. dessen Ergänzung zu entnehmen. Die im Folgenden genannten Ziele dienen auch der Verbesserung des Lebensraums der Brut- und Rastvögel.
Für die von Marsch- und Auengrünland dominierten Bereiche werden folgende Ziele mit Bezug zur Vegetation formuliert:
- Erhalt und Entwicklung von artenreichem Marsch- und Auengrünland mesophiler Standorte, Entwicklung von artenreichen Grünlandgesellschaften mit Ansiedlung von tritt- und düngeempfindlichen Arten
- Erhalt und Optimierung von mesophilem Grünland, Flut- und Salzrasen
- Entwicklung von artenreichem Grünland mesophiler Standorte unter besonderer Berücksichtigung der Schachblume (nur Haseldorfer / Wedeler Marsch)
- Sicherung und Entwicklung von Röhrichtflächen
- Erhalt und Entwicklung von naturnahen, tideabhängigen Strukturen und Biotoptypen
Das Spülfeld Pagensand soll als wertvoller Sekundärlebensraum mit ruderalen Hochstaudenfluren nährstoffreicher Standorte und Weidengebüschen gestaltet und entwickelt werden.
Im Maßnahmengebiet Vaaler Moor werden folgende Ziele mit Bezug zur Vegetation verfolgt:
- Langfristiger Erhalt und Sicherung der Hochmoorvegetationsreste durch Vernässung und Pflegemaßnahmen
- Entwicklung von artenreichem, ganzjährig vernässtem Verlandungs-Röhricht im Bereich der Spülfelder unter besonderer Berücksichtigung der Wertigkeit der Silbergras-Fluren und ihrer Vegetationsbestände
- Entwicklung von nassen Grünland- und Gehölzbrachen zur langfristigen Ausbreitung von Hochmoorgesellschaften
- Entwicklung von artenreichem Feuchtgrünland
Maßnahmen
In den von Marsch- und Auengrünland geprägten Maßnahmengebieten werden folgende Maßnahmen umgesetzt:
- Auf die Belange von Brut- und Rastvögeln abgestimmte Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung in außendeichs und binnendeichs gelegenem Grünland.
- Aufgabe der Grünlandnutzung und natürliche Sukzession, vor allem in elbnahen und der Tidedynamik ausgesetzten Bereichen zur Entwicklung von Röhricht und Hochstauden.
- Abzäunung von extensiv beweideten Bereichen, Röhrichten, wertvollen Gehölzbeständen oder Sukzessionsflächen.
- Anlage von fünf bis zehn Meter breiten Uferstreifen, die der Sukzession überlassen werden, an der Haseldorfer Binnenelbe und am Bullenfluss.
- Teilweises Verschließung von Grüppen und Gräben, Entfernung von Rückstauklappen in den Maßnahmengebieten Haseldorfer/Wedeler Marsch, Hetlingen/Giesensand, Stör-Mündungsbereich, Hullen.
- Wiederanschluss verfüllter Gräben an die Tidedynamik (Allwördener Außendeich).
- Öffnung des Sommerdeiches an der tidebeeinflussten Hetlinger Binnenelbe.
Maßnahmen auf den Spülfeldflächen auf Pagensand:
- Unregelmäßige Gestaltung der Oberfläche durch die Anlage von Senken und Geländeaufhöhungen, sofern dies durch den Spülvorgang nicht bereits eingetreten ist.
Maßnahmen im Vaaler Moor:
- Hochmoorrestflächen und Degenerationsbereiche: Vernässung, Entkusseln, Nutzungsaufgabe und natürliche Sukzession
- Röhrichtflächen: Vernässung, Nutzungsaufgabe und natürliche Sukzession
- Trockenrasen: Gelenkte Sukzession, Einstellen der Imkerei, Sperrung der Wege
- Grünlandflächen: Vernässung, Nutzungsaufgabe und natürliche Sukzession zu feuchten Grünland- und Gehölzbrachen
- Grünlandflächen nördlich der Bahnlinie: Vernässung, Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung, Anlage von Kleingewässern
Vegetationskundliche Indikatoren für den Erfolg der Maßnahmen und das Erreichen der Ziele
Indikatoren in den von Marsch- und Auengrünland dominierten Maßnahmengebieten; Indikatoren für den Erfolg der Grünlandextensivierung:
- Strukturelle Differenzierung des Grünlands durch Zunahme des Weiderests. Weil das Futter bereits beweideter Flächen bevorzugt aufgenommen wird, kommt es zu selektiver Überbeweidung, während größere Teilflächen unterbeweidet werden. Dieser Effekt ist nur zeitweise sichtbar, da durch Nachmahd die strukturelle Gleichförmigkeit wieder hergestellt wird. Nach Rosenthal et al. (1998) wird ein Mosaik aus über- und unterbeweideten Teilflächen angestrebt.
- Zunahme krautiger Arten, da die organische Düngung auf Kosten der mineralischen Düngung zunimmt.
- Erhöhung der Artenzahlen bzw. der Deckungsanteile tritt-, weide- und düngeempfindlicher Arten. Entsprechende Entwicklung der mittleren Stickstoffzahl nach Ellenberg (2001) und der mittleren Weideverträglichkeits- und Trittverträglichkeitszahl nach Dierschke & Briemle (2002).
- Stärkere Differenzierung der Grünlandvegetation unter verschiedenen Feuchtebedingungen oder zwischen Beetrücken und Grüppen. Entsprechende Entwicklung der mittleren Feuchtezahl nach Ellenberg.
- Durch fehlende oder eingeschränkte Bodenbearbeitung stärkere Ausprägung eines Mikroreliefs, damit Zunahme kleinräumiger Sonderstandorte.
- Langfristiger Trend zur Vergrößerung der Population der Gewöhnlichen Schachblume unter Berücksichtigung der jährlichen Schwankungen im Maßnahmengebiet Haseldorfer/Wedeler Marsch.
- Zunahme von Erosions- und Sedimentationsflächen unter verstärktem Tideeinfluss.
- Zunahme oder Neueinwanderung der Arten der Tab. A.1.11.1.1‑1 1 und ‑2.
Tab. A.1.11.1.1-1: Arten, deren Zunahme oder Neueinwanderung den Erfolg von Extensivierungsmaßnahmen in beweidetem Grünland anzeigen
(Nach Auswertung von Meisel, 1970, Schrautzer & Wiebe, 1993, Dierschke & Briemle, 2002, Drachenfels, 2003). Die Liste wird nach der ersten Untersuchung geprüft und an die örtlichen Gegebenheiten angepasst.
Achillea millefolium | Wiesen-Schafgarbe | Glyceria fluitans | Flutender Schwaden | |
Agrostis capillaris | Rotes Straußgras | Holcus lanatus* | Wolliges Honiggras | |
Ajuga reptans | Kriechender Günsel | Lotus pedunculatus | Sumpf-Hornklee | |
Alopecurus pratensis | Wiesen-Fuchsschwanzgras | Lysimachia nummularia | Pfennigkraut | |
Anthoxanthum odoratum | Gewöhnliches Ruchgras | Odontites vulgaris | Roter Zahntrost | |
Bromus hordeaceus | Weiche Trespe | Phalaris arundinacea* | Rohr-Glanzgras | |
Cardamine pratensis | Wiesen-Schaumkraut | Poa trivialis | Gewöhnliches Rispengras | |
Carex distans | Entferntjährige Segge | Potentilla reptans |
Kriechendes Fingerkraut |
|
Carex nigra | Wiesen-Segge | Ranunculus acris | Scharfer Hahnenfuß | |
Carex ovalis | Hasenfuß-Segge | Ranunculus auricomus | Gold-Hahnenfuß | |
Carum carvi | Wiesen-Kümmel | Ranunculus ficaria |
Gewöhnliches Scharbockskraut |
|
Centaurea jacea | Wiesen-Flockenblume | Rhinanthus minor | Kleiner Klappertopf | |
Cerastium holosteoides |
Gewöhnliches Hornkraut |
Rumex acetosa | Großer Sauerampfer | |
Cirsium vulgare |
Gewöhnliche Kratzdistel |
Silene flos-cuculi | Kuckucks-Lichtnelke | |
Cynosurus cristatus | Wiesen-Kammgras | Stellaria graminea | Gras-Sternmiere | |
Eleocharis palustris |
Gewöhnliche Sumpfsimse |
Symphytum officinale | Gewöhnlicher Beinwell | |
Festuca pratensis | Wiesen-Schwingel | Trifolium dubium | Kleiner Klee | |
Festuca rubra | Rot-Schwingel | Trifolium pratense | Wiesen-Klee | |
Filipendula ulmaria | Mädesüß | Trisetum flavescens | Wiesen-Goldhafer | |
Fritillaria meleagris |
Gewöhnliche Schachblume |
Veronica arvensis | Feld-Ehrenpreis | |
Glechoma hederacea |
Gewöhnlicher Gundermann |
Veronica chamaedrys | Gamander-Ehrenpreis |
* ohne Dominanzbestände dieser Arten
Im extensivierten Grünland unter Tide- und Salzeinfluss ist der Erfolg der Extensivierung und eines verstärkten Tideeinflusses zusätzlich an der Zunahme oder Neueinwanderung von Arten ablesbar.
Tab. A.1.11.1.1-2: Unter Salzeinfluss gedeihende Arten, deren Zunahme oder Neueinwanderung einen Erfolg der Extensivierung anzeigen
Armeria maritima | Gewöhnliche Grasnelke | Plantago maritima | Strand-Wegerich | |
Aster tripolium | Strand-Aster |
Spergularia maritima |
Flügelsamige Schuppenmiere |
|
Cotula coronopifolia |
Krähenfußblätter. Laugenblume |
Spergularia salina | Salz-Schuppenmiere | |
Hordeum secalinum | Roggen-Gerste | Trifolium fragiferum | Erdbeer-Klee | |
Juncus gerardii | Salz-Binse |
Indikatoren für den Erfolg der Sukzession:
- Röhrichte, Flutrasen und feuchte bis nasse Hochstaudenfluren breiten sich aus
- Obergräser breiten sich aus
- Unter Tideeinfluss werden Sedimentations- und Erosionsflächen häufiger
Vegetationskundliche Indikatoren auf dem ehemaligen Spülfeld Pagensand
Es entwickelt sich ein strukturreiches Mosaik aus unterschiedlich feuchten ruderalen Hochstaudenfluren, Pioniergehölzen standortheimischer Arten sowie ruderalen Magerrasen, das in seiner Gesamtheit nach dem Bewertungsrahmen Vegetation (BfG, 1994; BfG, in Vorb.) wenigstens die Wertstufe "mittel" erreicht und zumindest auf Teilflächen im Zuge der weiteren Sukzession potenziell die Wertstufe "hoch" erreichen kann.
Vegetationskundliche Indikatoren im Vaaler Moor
- Gehölzarme Hochmoorrestflächen und Degenerationsbereiche bleiben erhalten oder dehnen sich aus.
- Gehölz-, schilf- und reitgrasarme Trockenrasen bleiben erhalten oder dehnen sich aus.
- In den Hochmoordegenerationsbereichen und den Grünlandbrachen nehmen nässezeigende Pflanzenarten und Vegetationseinheiten nasser Standorte zu.
- Vegetationskundliche Indikatoren für die Grünlandextensivierung.
Grenzen der Grünlandextensivierung
Auf den wüchsigen Auen-, Marsch- und Moorstandorten der Maßnahmengebiete ist eine gleichartige Extensivierung des Grünlands nicht möglich, da abhängig von der vorhergehenden Nutzung wertgebende Pflanzenarten des Grünlands in der realen Vegetation und im verbliebenen Samenpotenzial des Bodens in unterschiedlichem Maße vorhanden sind.
Wegen der uneinheitlichen Ausgangslage der Flächen werden Ziele voraussichtlich in unterschiedlichem Ausmaß erreicht. Fehlen aus historischen Gründen wertgebende Pflanzenarten, ist in absehbarer Zeit trotz Extensivierung nicht mit einer Zunahme der Artenzahl einer Weide zu rechen. Je fetter eine Weide ist, umso geringer ist die zu erwartende Artenzahl des Pflanzenbestandes (Briemle & Elsässer, 1999; Dierschke & Briemle, 2002). Die Neuausbreitung erwünschter Arten erfolgt unter heutigen Bedingungen oft gar nicht oder nur zögerlich (Dierschke & Briemle, 2002). In diesem Fall ist der Erfolg einer Grünlandextensivierung vor allem an strukturellen Parametern ablesbar.
Weiter zu Teil 2 des Dokumentes