3.3 Veränderungen am Fluß
In diesem Kapitel werden die wesentlichen Strombaumaßnahmen dargestellt und - soweit möglich - ihre Auswirkungen auf das Flußsystem umrissen.
Eindeichung
Der Deichbau ist wohl der nachhaltigste Eingriff in die Elbaue. Durch die Deiche wird die Hochwasserfläche der Elbe, der maximale Einflußbereich der Tideelbe festgelegt. Durch Eindeichung wurde der überwiegende Teil der ursprünglichen Tideelbemarsch dem Einfluß der Gezeiten entzogen. Erst die Eindeichung erweiterte die Kultivierungsmöglichkeiten und ermöglichte auch die Besiedlung des Sietlandes. Erste Runddeiche gab es in der Marsch seit dem 11. Jahrhundert. Sie wurden in den folgenden Jahrhunderten miteinander verbunden und eine geschlossene Deichlinie entstand.
Mit der Größe der eingedeichten Fläche mußten auch die Deiche erhöht werden, da das Hochwasser auf immer kleinere Flächen begrenzt wurde und deshalb höher auflaufen konnte. Eindeichungen sind damit eine der Ursachen für das höhere Auflaufen der Sturmfluten. Während die ersten Deiche kleine Erdwälle waren, haben die heutigen Deiche eine Höhe von bis zu 10 m über Grund und eine Basis von bis zu 120 m Breite (GRÜTTNER 1992 und WIELAND 1992) (vgl. Abb. 59).
Abb. 59: Entwicklung der Deichprofile (STADTENTWICKLUNGSBEHÖRDE HAMBURG 1994 (verändert))
Erweitert wurde das Spektrum des Materials, das beim Deichbau verwendet wird. Traditionell wird der Deich aus Klei gebaut und mit einer Grassode versehen. Die Materialgewinnung ist in einer Landschaft, die durch hohen Grundwasserstand geprägt ist, problematisch. In der Regel wurde Klei dem Vordeichland entnommen, da hier die entstandenen Kuhlen schnell wieder aufschlickten. Mußten Deiche in scharliegenden Lagen erhöht werden, wurde hinter dem Deich Klei entnommen und Teiche entstanden. Stromnahe, scharliegende Deiche können oft nur mit Hilfe von massiver Verbauung gesichert werden (Steindeiche). Die Anwendung von Steinschüttungen ist erstmals bei Scheelenkuhlen, am Brokdorfer Hafen und bei Hollerwettern 1616 erwähnt, wurde dort vermutlich aber bereits seit 1500 eingerichtet (GRÜTTNER 1992). In diesem Jahrhundert kamen zudem Steinpackungen und Asphaltdecken als weitere massive Verbauungsmittel hinzu. Auch die vor allem in Hafenbereichen und elbnahen Siedlungen vorkommende Eindeichung mit Hilfe von massiven stählernden Spundwänden und Ufermauern sind hier zu nennen. Nach 1962 wurden die Deiche zum Teil mit einem Sandkern gebaut.
Der Deichbau hatte nicht nur positive Auswirkungen auf die eingedeichten Flächen. Hier setzte sich die Marsch um bis zu einem Meter (Süderelbmarsch, Hamburg), weil in Folge von Entwässerung durch die verbesserte Belüftung des Bodens der biologische Abbau der eingelagerten Torfe gefördert wurde. Der Aufwand für die Entwässerung mußte dann erhöht werden. Die bestehenden Deiche verhindern ein erneutes Aufschlicken der durch Absenkung der Marschenoberfläche betroffenen Bereiche (KAUSCH 1996a). Nach Deichbrüchen kam es zu verheerenden Überflutungen dieser heute bis zu drei Meter unter dem Meeresspiegel liegenden Marschenbereiche (z.B. in der Kremper Marsch).
Das Ziel der Bedeichung hatte sich geändert, aus dem anfänglichen Schutz der Siedlungen und der landwirtschaftlichen Flächen vor extremen Hochwässern wurde ein permanenter Schutz der gesamten Marsch. Nicht zu unterschätzen ist der Landschaftsverbrauch durch den Deichkörper. Für einen Deich mit einer Sohlenbreite von 120 m werden pro laufenden Kilometer eine Grundfläche von rund 12 ha benötigt.
Deiche sind anthropogene Landschaftselemente, die die Eigenart der Flußlandschaft prägen. Für das Landschaftsbild stellt der Deich einerseits eine Sichtbarriere und Nutzungsgrenze dar, die die Marschen zerteilt. Er trennt das kultivierte eingedeichte Land von dem "wilden" Außendeichsland. An Stellen, wo der Deich begehbar ist, bietet er andererseits die Möglichkeit von dem erhöhten Standort aus die Marsch beidseitig des Deiches großflächig wahrzunehmen.
Entwässerung
Die eingedeichten Gebiete verlieren ihre natürliche Entwässerung, Wasserüberschuß würde hier ohne künstliche Entwässerung zur Entstehung einer Seenlandschaft führen. Die auch nach der Eindeichung noch grundwassernahen Flächen müssen deshalb für die landwirtschaftliche Nutzung intensiv entwässert werden. Dies geschieht traditionell über Grabensysteme. "Über die Anlage der ersten Entwässerungsgräben fehlen Mitteilungen. Vermutlich lohnte sich deren Anlage erst nach der Eindeichung der Elbmarschen im 12./13. Jahrhundert" (PUFFAHRT 1992). Zum Teil haben die Grabensysteme eine erhebliche Ausdehnung und Dichte, sie sind die Grundlage der charakteristischen Geometrie der Marsch. "Allein in den Streifenfluren der Lüneburger Elbmarsch zwischen Bleckede und Niedermarschacht wurden um 1250/70 rd. 3000 km Gräben angelegt" (PUFFAHRT 1992).
Um das Wasser aus den Poldern zu transportieren, werden Deichdurchlässe, Siele genannt, gebaut, die sich bei Ebbe öffnen und die die Entwässerung über das nun vorhandene Gefälle ermöglichen. Das schwache natürliche Gefälle kann durch Sackung in den Poldern und durch die immer länger bzw. höher auflaufende Flut weiter reduziert werden oder zeitlich verkürzt werden, so daß die Polder nicht mehr hinreichend durch Siele entwässert werden können. An ihrer Stelle werden Schöpfwerke gebaut, die das Wasser aus den tieferliegenden Bereichen in die Elbe transportieren. Erste Schöpfwerke waren durch Windmühlen angetrieben, in unserem Jahrhundert wurden sie durch motorgetriebene Pumpen ersetzt. Stellenweise wird der natürliche Wasserhaushalt erheblich durch die Entwässerung gestört, wenn der Wasserspiegel unter das natürliche Niveau abgesenkt wird. In anderen Bereichen, an denen es durch den Deichbau zur Versumpfung kommen würde, werden diese Folgen des Deichbaus durch Entwässerung in Richtung auf den ursprünglichen Zustand hin verändert. Letztlich bewirkt der künstlichen Wasserstand, der durch die Entwässerung eingerichtet wird, daß ein labiles Ökosystem entsteht.
Wasserbau
Hamburg "(...) schuf sich schon früh durch Flußregulierungen und Inseldurchstiche, was ihm die Natur zunächst nicht geboten hatte: eine "Norderelbe" mit ausreichender Wasserführung. Auf diese Weise wuchs der Hamburger Hafen bereits während des 15. Jh. vom Unterlauf der Alster in das Stromspaltungsgebiet der Elbe hinein" (JORZICK et al. 1989). Wie das einleitende Zitat bereits andeutet, reichen lokale wasserbauliche Veränderungen weit in die Geschichte zurück. Trotzdem blieben sie auf kleinräumige Maßnahmen beschränkt. Da im Mittelalter die technischen Mittel zur Vertiefung von Flüssen fehlten, hing die Existenz der Hafenstädte davon ab, daß die Zufahrt nicht versandete. So verlagerte sich der Verlauf der Elbe vor Stade, das im 14. Jahrhundert noch dicht am Elbufer lag, so stark und unaufhaltsam, daß die Stadt heute 6 km von der Elbe entfernt liegt. Die weitere Entwicklung Stades, das damals ähnlich groß war wie Hamburg, wurde dadurch blockiert (SCHRADER 1957).
Vor dem Ausbau der Elbe gab es vor allem im Bereich Blankenese mit einer Tiefe von 1,7 - 2 m (MTnw) Probleme für den Schiffsverkehr. Der Beginn der Elbvertiefung im großen Maßstab setzte nach der Einführung von Dampfbaggern 1846 und 1859 ein (KAUSCH 1996b). Damit waren zum ersten Mal die technischen Vorraussetzungen gegeben, um den Fluß an die zunehmende Größe und den Tiefgang der Schiffe anzupassen. Zuerst wurden lokale Untiefen beseitigt. Erst später gab es unterelbweite Ausbaggerungen. Die Elbe wurde in mehreren Phasen ausgebaggert:
Ausbaustufen
- ab 1859: Erster Ausbau auf -5,3 m MTnw
- 1910: Ausbau auf -8 bis -10 m MTnw
- 1936 - 1950: (mit Kriegsunterbrechung) Ausbau durchgängig auf -10m MTnw
- 1957 - 1962: Ausbau auf -11 m MTnw
- 1964 - 1969: Ausbau auf -12 m MTnw
- 1974 - 1978: Ausbau auf -13,5 m MTnw.
(KAUSCH 1996b)
Diese hier als Phasen dargestellten Ausbaumaßnahmen verzerren insofern die eigentliche Entwicklung, weil jede Ausbautiefe nur durch permanente Unterhaltsbaggerungen aufrechterhalten werden konnte, da die Elbe weiterhin ihre Sedimentfracht ablagerte.
Durch die mit der Vertiefung einhergehenden Verbreiterung der Fahrrinne wird der kanalartige Charakter der Unterelbe gefördert und wichtige Flachwasserzonen gehen verloren. Die Vertiefung wirkt sich auf den Tidenhub aus, der zwischen 1840 und 1995 am Pegel St.Pauli von 1,8 m auf 3,6 m (KAUSCH 1996b) stieg. Dies kommt vor allem durch einen stärkeren Ebbstrom zustande. Besonders die Flachwassserzonen werden so mehr und mehr zu Wattbereichen. Die stärker auflaufende Flut bedroht zudem die Gebiete oberhalb der MThw-Linie, also vor allem die Auwälder, Röhrichte und Grünländer im Außendeichsbereich (KAUSCH 1996b).
Buhnenbau
Buhnenbau ist ein Mittel, mit dem man den Abfluß auf das Fahrwasser hin bündelt und damit den Querschnitt des Gewässers verengt. Die Verbauung der Flußufer mit in das Wasser ragenden Buhnen hat einen "Düseneffekt" auf das Wasser. Der Abfluß in der Mitte wird verstärkt, die Fließgeschwindigkeit in den Randbereichen reduziert (vgl. Abschnitt Landgewinnung). Hier kommt es vermehrt zur Sedimentation. Durch den Buhnenbau erhöht sich die Tiefenerosion des Flusses. Buhnen stabilisieren die ausgebaggerte Fahrrinne (KAUSCH 1996b). Dies gilt vor allem für den Flußabschnitt oberhalb von Hamburg.
Aufhöhung und Inselbau
Flächen im Außendeichsbereich können durch Aufspülung sturmflutsicher aufgehöht werden. Schon in den frühen Besiedlungsphasen wurden Wurten angelegt, um Menschen und Gebäude vor Hochwasser zu schützen. Es wurden sowohl Einzelhauswurten als auch Wurten für ganze Dörfer gebaut (Freiburg). Die Folgen des Wurtenbaus - auch die der großen Dorfwurten - sind aufgrund ihrer geringen Gesamtfläche als für das Elbtal unerheblich zu bewerten, denn die so verlorengegangenen Überflutungsflächen sind gering.
Anders verhält es sich mit den großflächigen Aufspülungen in diesem Jahrhundert. Diese sind entstanden, weil man entweder flutsichere Bereiche schaffen wollte, (z.B. um sie, wie beim Bützflether Sand, anschließend für die Ansiedelung von Industrie zu nutzen) oder um große Mengen Baggermaterial zu deponieren. Vor einhundert Jahren existierten die Inseln Neßsand/Hanskalbsand (223 ha), Lühesand (123 ha), Schwarztonnensand (154 ha) und Rhinplatte (110 ha) nicht oder nur als Sände. Die heute auf rund 360 ha aufgespülte Insel Pagensand war bereits vor einhundert Jahren Insel, allerdings war Pagensand damals nur etwa 42 ha groß. Die heutigen Inseln mit einer Gesamtgröße von über 9 km5 sind das Ergebnis von Aufspülungen. Durch ihre Höhe (Pagensand ist bis zu 14 m üNN aufgehöht) sind sie der Eigenart der flachen Marschenlandschaft widersprechende "Baukörper". Nach Abschluß der Aufspülungen hat sich zu mindestens im Uferbereich der meisten Inseln naturnahe Vegetation wie Röhricht und Auwälder entwickeln können, womit der Einbindung der Baukörper in das Landschaftsbild Vorschub geleistet wurde.
Beispiele für flächenhafte Aufspülungen im Vordeichland sind:
- Große Teile des Hamburger Hafens
- Ufervorspülung vom Störleitdamm bis zum Bütteler Hafenpriel (1964-69 und 1975-76) (DAHL und HECKENROTH 1983)
- 100 ha südlich von Glückstadt (JORZICK et al. 1989)
- Stader / Bützflether Sand auf +5,20 m NN (nach 1962)
Abb. 60: Aufspülungen im Hamburger Hafen (STADTENTWICKLUNGS- BEHÖRDE HAMBURG 1994)
Ob die Aufspülung im Vordeichland oder in Insellage durchgeführt wurde, unterscheidet sich in der Wirkung auf die Elbe nur unwesentlich. In beiden Fällen wird vor allem der Querschnitt der Elbe, zumindest bei Hochwasser, reduziert. Die Aufspülung von Inseln schafft eine zusätzliche Bündelung des Abflusses. Zudem fallen die aufgespülten Flächen als Überflutungsraum weg und werden dem Tidegeschehen entzogen.
Eine weitere Folge der Ausbaggerungen und Aufspülungen ist die Lagerung des Baggergutes auf Spülfeldern, dies geschieht vor allem im Süderelbgebiet. Neben der Belastung durch die im Baggergut befindlichen Schadstoffe geht von den Spülfeldern auch vielerorts eine erhebliche visuelle Verfremdung der Landschaft aus, da sie bis über 20 Metern aus der flachen Marsch aufragen und damit weithin sichtbar sind.
Leitdammbau
Der Bau von Leitdämmen ähnelt in seiner Wirkung dem Aufspülen von Inseln und dem Bau von Buhnen (vgl. Abschnitt Aufhöhung und Inselbau), weil Leitdämme ebenso eine Bündelung des Abflusses im Bereich des Fahrwassers bewirken. Leitdämme unterscheiden sich weniger funktional, als vielmehr über den Umfang des Eingriffs von Inseln. Inselbau kann, ohne den Schiffsverkehr zu behindern, nur in dem breiten Bett der Elbe unterhalb von Hamburg durchgeführt werden. Leitdämme benötigen eine geringere Grundfläche, zeichnen sich aber durch massive Bauweise aus. Als erster, 250 m langer Leitdamm wurde bereits 1730 ein Steindamm bei der Kugelbake in Cuxhaven gebaut (SCHRADER 1957). Weitere Leitdämme sind der das Untersuchungsgebiet begrenzende Trischendamm bei Friedrichskoog und der Verbindungsdamm zwischen Hanskalbsand und Neßsand (ca. 2,0 m über MTnw) (DAHL und HECKENROTH 1983).
Abdämmen der Nebenelben
Das Abdämmen der Nebenelben begann im Mittelalter und läßt sich etwa nach 1300 für die Gose Elbe (1930 an der Mündung), 1471 für die Dove Elbe (1950/52 an der Mündung) belegen.
Abb. 61: Vergleich der Alten Süderelbe 1955 und 1990 (Quelle: TK 25 1953-1955a, TK 25 1989-1995a)
Mit der Deichverkürzung wurden nach 1962 mehrere Nebenelben eingedeicht. Im einzelnen waren das: die Borsteler Binnenelbe mit der Eindeichung Hahnöfer Sand (1975), die Bützflether Süderelbe (1971) und der innere Teil der Haseldorfer Binnenelbe (1978). Die drei Binnenelben wurden mit Sielen abgetrennt und damit dem Tidegeschehen entzogen. Die Wischhafener Süderelbe und der Ruthenstrom auf Krautsand sind mit einem Sturmflutsperrwerk gesichert. Diese Maßnahme wurde 1978 durchgeführt. Krautsand ist damit nur bei Sturmflut dem Tidegeschehen entzogen (DAHL und HECKENROTH 1983). Das Abdämmen der Alten Süderelbe im Bereich Finkenwerder - Altenwerder (1962) führte hier zu einem Totalverlust des Tidegeschehens. Die Wasserfläche der Alte Süderelbe wurde nach dem Abdämmen vor allem durch Aufspülungen von ca. 230 ha (1955) auf ca. 60 ha (1988) verringert. Altenwerder und Finkenwerder sind seither keine Inseln mehr (vgl. Abb. 61).
Wehr bei Geesthacht
Durch den Bau des Wehres bei Geesthacht konnte zwar einerseits die immer weiter stromaufwärts sich auswirkende Tide (Ebbe) mit einhergehender Tiefenerosion gestoppt werden. Gleichzeitig wurde aber die Verlagerung der tidebeeinflußten Süßwasserzone stromaufwärts unterbunden. Diese verlor im Verhältnis zur Brackwasserzone an Raum, da sich der Salzgehalt immer weiter stromaufwärts bemerkbar machte (KAUSCH 1996b). Der natürlicherweise in Abhängigkeit von dem Oberwasserabfluß, der Windrichtung und Windgeschwindigkeit (und von der Tide) ständig schwankende tidebeeinflußte Bereich der Elbe ist damit stromaufwärts begrenzt.
Sperrwerke an den Nebenflüssen
Der Bau der Sturmflutsperrwerke an den Nebenflüssen wurde mit Ausnahme des inneren Estesperrwerkes (1959) im Rahmen des Deichausbaus nach 1962 durchgeführt. Das Ziel war, die Hauptdeichlinie zu verkürzen und die Gefahr durch Deichbrüche im hinteren Marschenbereich aufzuheben. In der Vergangenheit gab es vor allem an den alten, steilen und aufgrund der zum Teil in den Deich integrierten Bebauung nicht erhöhbaren Nebenflußdeichen viele Deichbrüche. Mit dem Bau der Sturmflutsperrwerke gingen weitere Überschwemmungsflächen bei Sturmfluten verloren. Da die Sperrwerke nur bei Sturmfluten geschlossen werden, kann sich das Tidegeschehen bei normalen Wetterlagen ungehindert in die Nebenflüsse fortsetzen (vgl. Abb. 62).
Folgende Sturmflutsperrwerke wurden gebaut:
- 1967 Sturmflutsperrwerk Este (das das innere Estesperrwerk von 1959 ersetzt)
- 1967 Lühe
- 1967 Freiburger Hafenpriel
- 1968 Oste
- 1966/69 Pinnau
- 1966/69 Krückau
- 1971 Schwinge
- 1971/74 Ilmenau
- 1972/75 Stör
- 1978 Wedeler Au
(DAHL und HECKENROTH 1983).
Abb. 62: Die Ostemündung vor und nach dem Bau des Sturmflutsperrwerkes (TK 25 1953-1955b, TK25 1989-1995b, BLATT 2120 Brunsbüttel (Ausschnitt))
Landgewinnung
Mit Hilfe von Buhnen und Lahnungen wurden ufernahe Bereiche der Elbe beruhigt. Neues Land wurde besonders im Westen des Untersuchungsgebietes gewonnen. Landverluste durch Sturmfluten wurden so zum Teil ausgeglichen. "Die vorwiegend ostwestlich gerichteten Straßen und Deichlinien deuten an, daß an der Elbe etappenweise Neuland gewonnen wurde, wobei die beiden letzten Etappen in Kehdingen als je 1,5 km breite Vorländer nur durch Sommerdeiche geschützt werden und deshalb nicht besiedelt und kaum beackert werden und dafür aber hervorragende Pferde und Rinderweiden abgeben. Südlich des Seedeiches sind auf alten Schlafdeichen Reihendörfer und Wege entstanden" (SEEDORF 1977).
Landgewinnung mittels Buhnen und Lahnungen ist ein kontinuierlicher Eingriff in die Elbaue. Die natürlichen Anwachstendenzen, vor allem auf Niedersächsischer Seite in Nordkehdingen und auf Schleswig-Holsteinischer Seite in Süddithmarschen werden hierdurch verstärkt. Trotzdem verändert auch die Landgewinnung die Elbaue. Wie das obige Zitat verdeutlich, ist Landgewinnung meist nur der Beginn der Landschaftsveränderung. Der Querschnitt der Elbe wird mehr und mehr verengt und die Trennlinie von Wasser und Land wird manifestiert.
Die gesamte Küste Süddithmarschens, westlich von Brunsbüttel, ist durch Landgewinnnung in den letzten Jahrhunderten entstanden (vgl. Abb. 63).
Abb. 63: Köge und Jahr des Deichschlusses in Süddithmarschen (WIELAND 1992, Ausschnitt)
Köge Süddithmarschens:
- Ende des 13. Jh. erster Seedeich westlich von Brunsbüttel
- 1290 Westerkoog
- 1608 Marner Neunkoog
- 1762 Brunsbüttel Neuenkoog (Im Bereich der Braake)
- 1854 Friedrichskoog
- 1873 Kaiser-Wilhelm-Koog
- 1924 Neufelderkoog
- 1935 Dieksander Koog (WIELAND 1992).
Veränderungen an den Prielen
Die eingedeichten Köge waren stellenweise durch Priele, die ungehindert in der Wattfläche mäandrierten, bedroht. Seit 1927 versuchte man den Altfelder Priel vor Friedrichskoog abzulenken. Nach mehreren Versuchen gelang es zwischen 1934 und 1936 einen 2214 m langen, mit Basaltsäulenpflaster gesicherten Erddamm zu errichten, den Trischendamm: "Seine Kronenhöhe an der Wurzel entsprach der des Seedeiches von NN+ 7,5 m, zum Kopf hin senkte sie sich auf NN + 3,0 m, das sind 1,55 m über MThw" (WIELAND 1992).
Schiffahrtszeichen
Abschließend sollen hier die Schiffahrtszeichen erwähnt werden. Hamburg "(...) erhielt 1286 das Recht, auf der Insel Neuwerk in der Elbmündung einen Turm als Wegweiser zu errichten, baute Cuxhaven nach dem Erwerb des Amtes Ritzebüttel im Jahre 1395 als Not- und Lotsenhafen aus und legte um die Mitte des 15. Jahrhunderts Tonnen und Baken zur Kennzeichnung der Fahrrinne aus" (KLUDAS et al. 1988). Das älteste deutsche Leuchtfeuer steht an der Elbmündung vor Neuwerk. "Auf dem Vorland wurde im 17. Jh. eine "Blüse" errichtet, ein Holzgerüst, auf dem in einem Kupferbecken ein offenes Kohlenfeuer entzündet werden konnte: der erste deutsche Leuchtturm. 1815 wurde auf dem Turm ein Lampenfeuer angelegt" (JORZICK et al. 1989). Seezeichen sind typische Elemente des Landschaftsbildes der Unterelbe.