Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

3.1 Natürlicher Zustand

Das Kapitel "Natürlicher Zustand" besteht aus drei Teilen. Nach einer kurzen geologischen Einführung (3.1.1) wird der natürliche Zustand des Elbtals für die verschiedenen Flußabschnitte der Tideelbe und anhand eines idealisierten Querschnittes erläutert (3.1.2 und 3.1.3).

3.1.1 Geologie

Die Ausformung des Elbunterlaufes begann am Ende der Saale-Kaltzeit vor ca. 120.000 Jahren, als die zwischen dem Unterwesergebiet und Hamburg liegenden Eismassen des Warthe-Stadiums abgeschmolzen waren (STREIF 1996). In dieser Zeit entstand das Elbe-Urstromtal.

In der Weichselkaltzeit 90.000 - 10.000 Jahre vor heute wurde die Elbe nicht vom Eis überschritten. Die Urstromtäler der Weichselkaltzeit vereinigten sich am Elbeknie bei Havelberg und setzten ihren Lauf gebündelt in Richtung Nordsee fort (STREIF 1996). Die enormen Schmelzwassermassen und die aufgrund des vegetationslosen Permafrostbodens fehlende Abführung von Niederschlägen über das Grundwasser führten zur Ausbildung eines großen "wilden" Flußsystems im Elbe-Urstromtal, das im Hamburger Raum eine Breite von ca. 8 km aufwies. In dieser Zeit kamen hier kiesig-sandige Sedimente zur Ablagerung. Südwestwinde wehten Sand aus den trockengefallenen Bereichen des Elbtals aus und setzten ihn am nördlichen Talrand als Dünen und Flugsanddecken ab. Aeolische Ablagerungen gibt es beispielsweise in Boberg. Der Wasserspiegel der Nordsee und damit die Erosionsbasis lag in der Hochphase der Weichseleiszeit ca. 100 m tiefer als heute. Die Elbe mündete im Bereich der Doggerbank in die Nordsee (vgl. Abb. 46).

Im Holozän, ca. 10.000 Jahre vor heute änderten sich die Abflußbedingungen. Durch das Schmelzen der Permafrostböden konnte fortan Niederschlagswasser über Grundwasserhorizonte abgeführt werden. Die in der Hocheiszeit noch vegetationsfreien Flächen wurden von Pflanzen besiedelt, womit die Erosion eingeschränkt wurde.

Abb. 46: Wahrscheinliche Gestalt der Nordsee am Ende der letzten Eiszeit (VÖLKSEN 1988)

Die Elbe floß in einem 1-2 km breiten Bett (STREIF 1996). Im Unterlauf der Elbe bildete sich eine Flußaue aus, die "durch häufige Umlagerungen der Flußbetten, Aufspaltungen von Flußarmen, Mäanderbildungen, Abtrennung von Schlingen durch Mäanderrisse, Bildung anmooriger und mooriger Bereiche sowie Bedeckung durch große Röhrichtbestände gekennzeichnet waren. Große Überschwemmungsgebiete sind typische Begleiterscheinungen von natürlichen Flüssen" (KAUSCH 1996a). Das Abtauen des Inlandeises führte zum Anstieg des Nordseewasserspiegels auf das heutige Niveau. Die heutige Küstenlinie wurde bereits vor etwa 2000 Jahren erreicht. Die Nordsee drang im Holozän in den Elbeunterlauf ein und die durch die Gezeiten geprägte Tideelbe entstand. Dabei wurden Salz- und Brackwasserzonen bis weit ins Binnenland vorgeschoben. Mit dem Eindringen des Meeres in den Mündungstrichter der Elbe kam hier Marschenschlick zur Ablagerung. "Die Ablagerungen der Flußmarsch war direkt am Strom und an den Ufern der Nebenflüsse am stärksten, vor der Geestkante am schwächsten, so daß der Höhenunterschied Hochland/Sietland entstand, der für die Besiedlung und Bodennutzung entscheidend werden sollte" (SEEDORF 1977) (vgl. Kap. 3.3).

3.1.2 Stromabschnitte der Tideelbe

Ein Fluß besteht aus dem Einzugsgebiet, das er entwässert, aus einer Aue, die er bei Hochwasser überflutet und aus dem Flußbett. Mehr als bei anderen Landschaften steht bei Flußlandschaften die Dynamik im Vordergrund. Vor allem der häufige Wechsel von Land- und Wasserflächen in Abhängigkeit vom Wasserstand und als Folge von Umlagerungsprozessen (Erosion, Sedimentation) kann durch die Beschreibung eines Zustandes nur unzureichend wiedergegeben werden. So stehen bei der folgenden Darstellung neben den Strukturen vor allem die natürlichen Prozesse im Vordergrund. Neben dem Flußbett soll auch die Aue der Tideelbe betrachtet werden. Das Einzugsgebiet der Elbe wird hier nicht berücksichtigt.

Die Unterelbe wird im folgenden in Fließrichtung sowie anhand eines idealisierten Querschnittes beschrieben. Das Untersuchungsgebiet umfaßt den tidebeinflußten Bereich der Elbe. Die Flußabschnitte Mittel- und Oberlauf werden nicht berücksichtigt. Die Tideelbe wird hier in drei Stromabschnitte eingeteilt:

  • Das Binnendelta von Geesthacht bis Finkenwerder
    (Landschaftsbildräume "Fluß im Binnenland" und "Stadt und Hafen Hamburg")
  • Breiter Fluß von Finkenwerder bis Brunsbüttel
    (Landschaftsbildräume "Unterelbe am Geesthang" und "Breiter Strom in der Marsch")
  • Der Mündungstrichter von Brunsbüttel bis zur Untersuchungsgebietsgrenze
    (Landschaftsbildraum "Mündung und Wattenmeer")

Hinzu kommen:

  • Die Nebenflüsse
    (Landschaftsbildraum "Nebenflüsse")

Die Besonderheiten der einzelnen Abschnitte werden im folgenden dargestellt.

Das Binnendelta von Geesthacht bis Finkenwerder

Das eigentliche Binnendelta oder auch Stromspaltungsgebiet beginnt in den Vier- und Marschlanden (Dove- und Goseelbe) und zieht sich bis Finkenwerder hin. Im engeren Sinne als Stromspaltungsgebiet wird häufig nur der Bereich zwischen Bunthäuserspitze und Finkenwerder genannt, also das Stromspaltungsgebiet auf die Norder- und Süderelbe (vor der Abdämmung der Alten Süderelbe) bezogen. Für das Binnendelta sind eine Vielzahl von Nebenelben und die von ihnen umflossenen in der Regel nicht sturmflutsicheren Inseln (Werder) und Sände prägend. Es kommt zur Ablagerung der Sedimentfracht, der Flußlauf erscheint wie durch einen Pfropfen verstopft. "Hier jedoch befindet sich zwischen den beiden höher gelegenen Geestufern, auf denen die Siedlungskerne von Hamburg und Harburg liegen, ein fast 10 km breites, amphibisches, seiner Natur nach siedlungsfeindliches Gebiet. (...) Diese Lagesituation hat auf der ganzen Erde keine Entsprechung" (JORZICK et al. 1989).

In diesem Flußabschnitt fließt die Norderelbe im Bereich von den St. Pauli Landungsbrücken bis nach Wedel entlang der Geestkante, liegt der Fluß also in einer Randlage in seiner Flußaue. Dies ist die zweite Besonderheit des Stromspaltungsgebietes. Der Hauptstrom ist in dem Stromspaltungsgebiet etwa 500 m breit.

Dieser Flußabschnitt wird bei der Untersuchung in drei Landschaftsbildräume "Fluß im Binnenland", "Stadt und Hafen Hamburg" und "Unterelbe an der Geest" behandelt.

Breiter Fluß von Finkenwerder bis Brunsbüttel

Ab Wedel bis zur Höhe Brunsbüttels ist die Elbe ein Strom mit 1,5 bis 2 km Breite. Westlich von Wedel beginnen die schleswig-holsteinischen Marschen. Das Gebiet der Elbmarschen verbreitert sich von Osten nach Westen von ca. 8 km auf bis zu 25 km Breite (bei Itzehoe). Die Elbe fließt hier inmitten dieser Marschenfläche. Der geringste Abstand zur Geest liegt in diesem Flußabschnitt bei Stade und beträgt etwa 5 km. In diesem Flußabschnitt gibt es mehrere Inseln in der Elbe. Zu den natürlich entstandenen Inseln wie Krautsand, Hahnöfer Sand (beide sind heute eingedeicht) oder Auberg und Drommel kommen die aufgespülten Inseln Pagensand, Lühesand, Neßsand, Hanskalbsand, Schwarztonnensand und Rhinplatte hinzu. In diesem Flußabschnitt treten großräumige Wattflächen an den Ufern auf.

Dieser Flußabschnitt wird zum Teil im Landschaftsbildraum "Unterelbe an der Geest" und "Breiter Strom in der Marsch" behandelt.

Der Mündungstrichter von Brunsbüttel bis zur Untersuchungsgebietsgrenze

In diesem Flußabschnitt erweitert sich der Mündungstrichter der Elbe kontinuierlich von 1,5 km westlich von Brunsbüttel auf 6 km im Bereich der Ostemündung und schließlich auf 17 km zwischen Trischendamm und Cuxhaven. Während der Ebbe ist die Elbe bei Cuxhaven noch zwischen 3 und 5 km breit. Das Südufer liegt bei Cuxhaven wieder in der Nähe der Geestkante, während sich in diesem Bereich am Nordufer ausgedehnte Wattflächen von bis zu 11 km Breite befinden, die von mehreren Prielsystemen durchzogen sind. Das Nordufer der Elbe ist im Bereich westlich von Brunsbüttel erst in den letzten Jahrhunderten durch Landgewinnung entstanden. Als letzter Polder wurde hier 1935 der Dieksander Koog eingedeicht.

Der Küstenlinie des Wattenmeeres sind die Inseln Neuwerk, die insgesamt 293,5 ha groß ist (wobei 178 ha auf nicht eingedeichtes Vorland entfallen) und die ca. 16 ha große Düneninsel Scharhörn auf dem Scharhörn Sand vorgelagert. "Westlich von Cuxhaven wird die Außenelbe von einem ca. 20 km langen und etwa 8 km breiten sandigen Wattrücken begleitet; auf ihm liegen 9 bzw. 15 km vor dem Festland die Insel Neuwerk und die kleine Düneninsel Scharhörn. Das Neuwerker Watt ist nach NO und SW durch Wattströme und Priele gegliedert, in der Mitte ist es so hoch, daß der "Wattenweg" von Duhnen nach Neuwerk bei Niedrigwasser begangen werden kann." (JORZICK et al. 1989). Um den drohenden Verlust der Düneninsel Scharhörn zu kompensieren, wurde bereits 1989 Nigehörn als neue Düneninsel auf dem Scharhörnsand aufgespült.

Dieser Stromabschnitt wird im Landschaftsbildraum "Mündung und Wattenmeer" behandelt.

Nebenflüsse

In den Tidebereich der Elbe münden 12 Flüsse, die die Geest entwässern. Auf schleswig-holsteinischer Seite sind dies die Bille, die Alster, die Wedeler Au, die Pinnau, die Krückau und die Stör. Auf der niedersächsische Seite sind es die Ilmenau, die Seeve, die Este, die Lühe, die Schwinge und die Oste. Einige dieser Flüsse wie die Seeve und die Alster sind aufgrund von Sperrwerken oder Sielen nicht mehr dem Tidegeschehen ausgesetzt, deshalb werden diese Nebenflüsse nicht in der UVU untersucht. Bei den Flüssen, die dem Tidegeschehen ausgesetzt sind, der Ilmenau, der Este, der Lühe, der Schwinge, der Oste, der Stör, der Krückau und der Pinnau reicht der Tideeinfluß weit flußaufwärts bis in die Geest, bei der Oste zum Beispiel bis Bremervörde. Die Nebenflüsse der Elbe fließen zwischen ca. 5 km (Schwinge) und 45 km (Oste) durch die Marsch. An den Unterläufen dieser Flüsse haben sich ebenfalls Ästuare ausgebildet.

Die Nebenflüsse werden im gleichnamigen Landschaftsbildraum behandelt.

3.1.3 Querschnitt durch die Elbaue

Die Flußaue der Tideelbe weist ein prägnantes Querprofil auf. Es zeichnet sich durch seine Spiegelbildlichkeit entlang des Flußbettes aus. Eingerahmt wird die Elbmarsch auf beiden Seiten durch die Geestkante, die am Falkensteiner Ufer bei Blankenese bis zu einer Höhe von rund 66 m aufragt und die natürliche Grenze der Flußaue darstellt. Die sich an die Geestkante anschließende Marsch ist untergliedert in Randmoorsenke, Sietland, Hochland und Vorland. Im Bereich des Flußbettes der Elbe lassen sich noch die Wattflächen, die permanent wasserbedeckten Bereiche und die Sände und Inseln unterscheiden.

Abb. 47: Profilschnitt durch Kehdingen (VÖLKSEN 1988)

 

Die Höhenzonierung der Marsch ist durch die unterschiedlichen Sedimentationsbedingungen entstanden und wird anhand eines Querschnittes erläutert. Für die Erschließung der Marsch ist das Hochland entscheidend, das deshalb hier auch zuerst behandelt wird.

Hochland

Die von der Elbe mitgeführte Sedimentfracht wird, je nach Überflutungshäufigkeit und Dauer und in Abhängigkeit von der Fließgeschwindigkeit, abgelagert. In den flußnahen Uferbereichen kommt gröberes Material in größeren Mengen zur Ablagerung. Es entsteht ein Uferwall. Dieser Uferwall, der sich zum Teil mehrere Meter über dem Niveau der dahinterliegenden Flächen befindet, wird als Hochland bezeichnet. Wallartige Erhöhungen wurden auch entlang der Nebenflüsse und Priele nachgewiesen.

Auf diesen flachen, nur wenige Meter aus der Umgebung herausragenden Erhebungen entstanden die Urzellen der Marschenbesiedlung.

Sietland

Der Bereich hinter dem Uferwall liegt zum Teil einige Meter niedriger als das Hochland und wird als Sietland bezeichnet. Die genaue Grenze zwischen Hoch- und Sietland ist kulturhistorischen Ursprungs. Auf der geneigten Oberfläche der Marsch entstand von den Siedlungen ausgehend eine Kultivierungsgrenze, die dann zur Grenze zwischen Sietland und Hochland wurde. Aufgrund von Entwässerung kam es zum biologischen Abbau von eingelagerten, vorher vom Sauerstoff abgeschlossenen Torfen und zur Sackung, was vielerorts zur Absenkung der Marschenoberfläche führte, so daß heute einige Bereiche des Sietlandes, wie in der Wilster Marsch sogar bis zu drei Meter unter dem Meeresspiegel liegen.

Wurde das Sietland, dieser weiter vom eigentlichen Flußbett entfernt liegende Bereich, überflutet, kam es hier zur Ablagerung überwiegend feiner Sedimente, sog. Kleie. Die Kleidecke wird also in wachsender Entfernung vom Elbufer immer dünner und feinkörniger. Durch den dammartigen Uferwall ist die Entwässerung des nur mit schwachem Gefälle zur Elbe ausgestatteten Sietlandes eingeschränkt. Das führte zum Beispiel in Kehdingen dazu, daß die Landschaft "(...) früher im Winter oft wochen- und monatelang unter Wasser stand und ihre Bewohner nur mit Booten und Eisschlitten verkehren konnten. Erst mit dem Durchstich des Hadelner Kanals und des Neuhaus-Bülkauer Kanals durch die Hohe Marsch (1852/54) trat eine merkliche Entlastung ein." (SEEDORF 1977).

Randmoorsenke

Zur Geestkante hin verschärft sich die Entwässerungssituation, so daß es an tieferen Stellen und vor allem in einem Streifen entlang der Geest zur Ausprägung von Mooren (Randmoorsenke) kam. Hier wuchsen Niederungs- und Hochmoore bis +2,5m NN heran (DEGN, MUUSS 1979).

 

Vorland

Vor dem Uferwall erstreckt sich das Vorland, das zur Wasserseite in das Watt übergeht. Das Vorland kann je nach den vorherrschenden Bedingungen (Ablagerung oder Abbruch) mehr oder weniger breit sein und unterschiedlich hoch überschlickt sein. Auch wenn sich die natürlichen Verhältnisse nicht mehr genau rekonstruieren lassen, kann man davon ausgehen, daß die Vorländer in einigen Bereichen der Elbe eine erhebliche Breite aufwiesen. Bei den Nebenflüssen ist dieses natürliche Vorland zum Teil nur ein wenige Meter breiter Streifen entlang der Ufer.

Im folgenden wird der vom Wasser geprägte Bereich dargestellt. Er läßt sich auf Grund der Überflutungshöhe und -dauer in folgende Einheiten unterteilen:

  • Die zwischen MTnw und Mthw gelegenen Wattflächen,
  • Die unter MTnw liegenden, permanent wasserführende Bereiche,
  • Die über MThw liegenden Inseln.

(DAHL und HECKENROTH 1983)

Abb. 48: Querprofil der Elbe auf der Höhe von Pagensand (überhöht)

Wattflächen

Typisch für die tidebeeinflußten Ästuare sind die Ausbildung von Wattflächen, die täglich zweimal bei Ebbe trockenfallen und von der Flut überschwemmt werden. Sie schließen landseitig meist übergangslos an die Vorländer an. Nach der Korngröße der abgelagerten Sedimente sind Schlick- und Sandwatt zu unterscheiden. Da die Tide stromaufwärts über den Brackwasserbereich bis in den Süßwasserbereich wirkt, kommt es zur Ausbildung von Süß- bzw. Brackwasserwatt (KAUSCH 1996a). Die Wattflächen werden durch Priele gegliedert, die sie entwässern.

 

Permanent wasserführende Bereiche

Der permanent wasserführende Bereich der Elbe läßt sich aufgrund unterschiedlicher Wassertiefen gliedern. Die Morphologie des Flußbettes der Elbe ist in den letzten 150 Jahren durch Strombaumaßnahmen stark anthropogen geprägt worden, deshalb lassen sich die natürlichen Wassertiefen nicht ermitteln. Je nachdem, wie stark der Abfluß der Elbe gebündelt ist, weisen einzelne Abschnitte unterschiedliche Wassertiefen auf. Vor Beginn der Baggerungen in der Unterelbe variierte die Tiefe des Fahrwassers zwischen unter 2 m (bei Blankenese) und über 20 m (bei Scheelenkuhlen).

Hervorzuheben sind die lichtdurchfluteten Flachwasserbreiche bis ca. 2 m Tiefe, die ökologisch besonders bedeutsam sind (KAUSCH 1996b). Durch Vertiefung der Elbe sind viele Flachwasserbereiche zerstört worden. Ebenso gingen in Ufernähe Flachwasserbereiche durch Landgewinnung bzw. durch die Verschlickung der Nebenelben verloren. Große Teile der ehemaligen Flachwasserbereiche sind deshalb heute Wattbereiche (KAUSCH 1996b). Die Fläche der Flachwasserzonen im Elbabschnitt zwischen Hamburg und Brunsbüttel / Ostemündung hat von rund 2600 ha um 1900 auf rund 2085 ha (1981/82) also um etwa 20% abgenommen (JORZICK et al.1989).

Inseln

Inseln mit einer Höhe deutlich über MThw entstehen auf natürlichem Weg durch die Abtrennung von Festland. Es handelt sich dann also um alte Uferwall- oder Marschflächen. Dies ist zum Beispiel für Hahnöfersand 1412 belegt. Die Inseln sind durch Nebenelben von den Ufern getrennt. Schon vor dem Beginn der unterelbeweiten Fahrrinnenanpassung und der damit einhergehenden Beruhigung der Gewässerabschnitte außerhalb der Fahrrinnen kam es zur starken Aufschlickung in den Nebenelben. Durch das allmähliche Verlanden der Nebenelben wurde die Angliederung der Elbinseln an das Festland, wie zum Beispiel Krautsand (Wischhafener Süderelbe) ermöglicht (ROHDE 1971 in KAUSCH 1996).

Dynamik

Der hier vorgestellte idealisierte Querschnitt ist lokal unterschiedlich ausgeprägt. Auch wenn die Elbe im Prinzip eine Spiegelachse ist, also alle hier genannten natürlichen Einheiten auf beiden Elbuferseiten auftreten können, gibt es doch natürliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Marschen. Dies hängt zum Beispiel von ihrer Exposition ab. Das schleswig-holsteinische Ufer ist vor allem im Bereich von Brunsbüttel bis Kollmar in den letzten Jahrhunderten von großen Landverlusten geprägt, da dort bei westlichen Winden die Sturmflut frontal angreifen kann. Die Deiche liegen in diesem Bereich vielerorts schar. Es kam in der Vergangenheit zu Landverlusten und Deichrückverlegungen. Zum Teil ist hier auch die Hochmarsch erodiert, so daß diese Schutzlage fehlt und die Deiche und Siedlungen im Sietland stehen (GRÜTTNER 1992). Dynamik heißt, daß es auch zur Verlagerung von Sänden und Inseln kommen kann, so wie im Fall der Elbinseln Krautsand oder Finkenwerder, die vor der Eindeichung schon in engem Kontakt zum Festland standen. Genauso können sich neue Nebenelben bilden und Teile des Festlandes zu Inseln werden, wie zum Beispiel im Bereich der Haseldorfer Binnenelbe.

"Während die Elbe um 1000 bei Stade fast den Geestrand berührte, reichte das holsteinische Ufer vermutlich bis in den Bereich der heutigen Sände Drommel und Auberg. Als sich im hohen Mittelalter der Strom verlagerte, griff er seit etwa 1200 das nördliche Ufer an: Die Kirchspiele Ichorst (vor Hetlingen) und Bishorst gingen bis um 1300 durch Abbruch verloren. Seit etwa 1600 pendelte der Strom zurück; infolgedessen entstanden vor dem holsteinischen Ufer unterhalb von Wedel einige Elbsände, die im Laufe der Zeit zusammenwuchsen." (JORZICK et al. 1989).