Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

6.5 Zoobenthos

6.5.1 Auswirkungen von Baggerung und Verklappung auf das Zoobenthos

Die direkten Auswirkungen der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe auf die Gemeinschaft der wirbellosen Bodenfauna, in erster Linie die der Fahrrinne und der Umlagerungsflächen, sind in folgender Prinzipienskizze dargestellt. Die Beschreibung und Bewertung der jeweiligen Eingriffsgrößen wird in den anschließenden Unterkapiteln entsprechend folgendem Schema diskutiert.

KN - 15,3 m Ausbau

 

Kap. 6.5.1.1
Baggerung

 

Kap. 6.5.1.2
Verklappung

 

Kap. 6.5.1.1.1
Ausbaubaggerung während der Bauphase

 

Kap. 6.5.1.1.2
potentieller Unterhaltungsaufwand nach der Anpassung

 

Kap. 6.5.1.2.1
Verklappung während der Bauphase

 

Kap. 6.5.1.2.2
potentielle Unterhaltungsverklappung nach der Anpassung

 

6.5.1.1 Baggerung

Die Entsiedelung nach Baggerungen ist als erheblicher Eingriff für die Bodenfauna zu definieren. Betroffen durch diese Maßnahme sind sowohl mobile als auch seßhafte auf- und im Substrat lebende Arten, ebenso wie "fluchtfähige" Organismen. Die Beeinträchtigung der benthischen Faunengemeinschaft begründet sich im wesentlichen damit, daß die eingeschränkt beweglichen Artengruppen der benthischen Wirbellosen durch die Baggerung vollständig aus ihren Lebensraum entfernt werden und diesen Vorgang nicht überleben. Diese worst case-Annahme (Totalausräumung) ist unstrittig. Darüber hinaus stellt die geplante Fahrrinnenvertiefung noch eine Verstärkung der tendenziellen Beeinträchtigung im Zuge früherer Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen dar.

Vorbemerkung
Ausbau- oder Unterhaltungsbaggerungen haben grundsätzlich identische Auswirkungen: Beide Maßnahmen beeinträchtigen die wirbellose Bodenfauna gleichermaßen erheblich. Jedoch ist die Frage nach der Erheblichkeit der Unterhaltungsbaggerungen für die Bodenfauna im Grundsatz nie gestellt worden, da die Pflicht zur Einhaltung der Solltiefe der Fahrrinne keiner Prüfung bzw. Genehmigung nach dem UVPG oder BNatSchG bedarf. Andererseits liegen zahlreiche Publikationen hinsichtlich der Beeinträchtigungen des Makrozoobenthos durch diesen Eingriff vor (BOUCHAUD et al., 1979; BOTT & DIEBEL, 1981; JONES & CANDY, 1981; DOLAH et al., 1984; PAGLIAI et al., 1985 u. a.).
Ohne Zweifel ist die Ausbaubaggerung ein einmaliger und vorübergehender Eingriff, nach der der status quo der Tideelbe sich mehr oder weniger schnell wieder einstellen wird. Der vorbelastete Ausgangszustand ist allerdings das Ergebnis vielfältiger Strombaumaßnahmen der Vergangenheit, der zudem einer kontinuierlichen Unterhaltungsbaggerung zur Aufrechterhaltung der Solltiefe bedarf. Insofern hat die Vorbelastung der Tideelbe eine grundlegende Bedeutung für die Bewertung der Baumaßnahme. Im nachfolgenden Text wird hierauf Bezug genommen.
Der Begriff der Nachhaltigkeit orientiert sich erfahrungsgemäß an den terrestrischen Vorstellungen über Langlebigkeit und Stabilität von Gesellschaften. In einem Ästuar wie der Unter- und Außenelbe sind die abiotischen Parameter schon von Natur aus extrem. Dessen ungeachtet könnten sich komplexe und stabile Benthoszönosen bilden, vorausgesetzt die anthropogenen Eingriffe der Vergangenheit hätten nicht überhand genommen. Demzufolge liegen die heutigen Lebenszyklen der elbetypischen Arten deutlich unter 10 Jahren und das Reproduktionspotential ist im allgemeinen sehr hoch. In diesem Sinne wäre ein einmaliger Eingriff selbstverständlich nicht nachhaltig oder anders ausgedrückt von vorübergehender Natur. Unterhaltungsbaggerungen, ausbaubedingt oder nicht, sind aber nicht einmalig, sondern sie wiederholen sich ständig, wenn auch in unterschiedlicher Frequenz je nach Baggerabschnitt im Strom. Für die Bodenfauna ist weniger das isolierte Einzelereignis entscheidend, sondern vielmehr die Summe der Baggerungen im Verhältnis zur Zeit. Insofern sind die Eingriffe durch die Unterhaltungsbaggerung auch nicht ohne Langzeitwirkung auf die benthische Wirbellosenfauna. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß der heutige, vorbelastete Zustand der Tideelbe durch die Strombaumaßnahmen und den damit verbundenen Unterhaltungsaufwand geprägt ist (vgl. Kap. 5.2.5). Warum ist die Altersstruktur der Benthoszönosen inzwischen so gestört? Warum sind nur noch schnellebige Arten mit einem hohen Reproduktionspotential bzw. einer großen Wiederbesiedlungsfähigkeit nachzuweisen? Warum ist das Arteninventar der charakteristischen Leitbildarten der benthischen Bodenfauna von dem potentiell natürlichen Zustand der Tideelbe soweit entfernt (vgl. Tab. 5.2.1.5.1)? Eine Antwort ist, daß die ständig wiederkehrenden, externen Systemeingriffe, durch die in diesem Sinne nachhaltigen Unterhaltungsbaggerungen, das Ökosystem in einer künstlich bestehenden Pionierphase belassen, und der Bodenfauna die Möglichkeit nehmen, sich über ein Initialstadium hinaus zu entwickeln.

Grundsätzliche Randbedingungen
Die Benthosfauna der Fahrrinnensohle setzt sich aus Populationen zusammen, die den natürlichen Randbedingungen, wie beispielsweise Strömungsgeschwindigkeit und Lageunbeständigkeit der Sedimente gut angepaßt sind. Dabei handelt es sich oft um r-Strategen und/oder Opportunisten.
R-Strategen sind gewöhnlich kurzlebige Organismen mit geringem Körpergewicht, deren Wachstumsrate (r) durch logistisches Wachstum bestimmt ist. Die Populationsgröße ist zeitlich variabel und liegt meist weit unter der Kapazität der Umwelt. Die Konkurrenzfähigkeit ist unterschiedlich, prinzipiell jedoch gering. Die Mortalität ist oft katastrophisch, dabei nicht gerichtet und Dichte-unabhängig (REMMERT, 1992).

Opportunistenpopulationen zeigen typische Merkmale der r-Strategen, und werden von SCHAEFER & TISCHLER (1983) auch als solche definiert. Dagegen sind Opportunisten nach ZAJAC & WHITLATCH (1982) nicht grundsätzlich bzw. einheitlich als r-Strategen zu charakterisieren. Eine zu enge Bindung an das Konzept der r- bzw. k-Strategie kann deshalb zu falschen Annahmen führen. Infolgedessen ist es ratsam, die Opportunisten-Definition nach GRASSLE & GRASSLE (1974) der allgemeingültigen Definition für r- und k-Strategen vorzuziehen. Charakteristisch für opportunistische Arten sind danach:

- die Fähigkeit, sich in faunenfreien Gebieten in relativ kurzer Zeit zu etablieren
- eine große Populationsgröße
- eine frühe Geschlechtsreife
- eine hohe Mortalität

Für die schnelle Wiederbesiedlung eines faunenfrei gewordenen Gebietes ist eine gute Ausbreitung der Art wichtig. Eine pelagische Larvalentwicklung (meroplanktisches Stadium) ist deshalb von Vorteil. Eine benthische Larvalentwicklung ist effektiv bei der schnellen Inbesitznahme freier Flächen. Opportunistische Arten besitzen in dieser Hinsicht die Fähigkeit, ihren Reproduktionsmodus zu wechseln. Im Extremfall kann eine einzelne Larve eine lokale Population bilden (GRASSLE & GRASSLE, 1974).
Opportunisten sind meist kleinere Organismen mit einem kurzen Lebenszyklus, eine ganzjährige Reproduktionszeit, eine frühe und schnelle Geschlechtsreife und Brutpflege sind ebenfalls typisch. Darüber hinaus hat sich gezeigt, daß eine kurze Generationszeit sehr viel effektiver ist als eine hohe Reproduktionsrate. Charakteristisch für opportunistische Populationen ist ihre hohe zeitliche und räumliche Variabilität (z. B. Individuen- u. Biomassezahlen).
In diesem Zusammenhang sind unter den bestandsbildenden Arten der Tideelbe die stenotopen Spezialisten Propappus volki (Oligochaeta) oder Bathyporeia pilosa (Amphipoda) nicht als Opportunisten anzusprechen, während die Polychäten Marenzelleria viridis, Polydora ciliata und Capitella capitata typische Merkmale einer opportunistischen Lebensweise zeigen. Innerhalb der Familie der Tubificidae (Oligochaeta) ist die stete Abundanz von Limnodrilus profundicola und Potamothrix moldaviensis in der tiefen Rinne wahrscheinlich ein Indiz für die Anpassung an eine opportunistische Lebensweise: Ausweichen in tiefere, relativ konkurrenzarme Habitate bei passender Sedimentstruktur und deren schnelle Inbesitznahme.
Es bleibt die Feststellung, daß sich die Wirbellosenfauna der Fahrrinnensohle sowohl aus Spezialisten als auch opportunistischen Arten rekrutiert, Gleichgewichtsarten (k-Strategen) sind deutlich in der Minderzahl. Über die Qualität der Populationen i. S. von hoch- oder minderwertig sagt dies allerdings nichts aus, da jede Art für sich einen Wert darstellt. Ohne ein Pionierstadium wird sich auch keine Folgebesiedlung dauerhaft einstellen können. Allerdings überschreitet die Fahrrinnenbiozönose niemals das Stadium eines Ökotons, d. h. die Übergangszone zwischen zwei Sukzessionsstufen einer Gemeinschaft (PEARSON & ROSENBERG, 1978; RUMOHR, 1980). Der Übergang vom Ökoton zu einer stabilen Artengemeinschaft ist in der Fahrrinne der Tideelbe nicht nachzuweisen, da die Benthosgemeinschaft sich dauernd im Umbruch befindet. Zur Instabilität des Systems tragen die mehr oder weniger kontinuierlichen Baggerungen wesentlich bei.
Die erhebliche Beeinträchtigung der Bodenfauna resultiert aus der ständigen Dezimierung der Populationen durch das Baggern. Dadurch kann es zu einer Verarmung der genetischen Variabilität kommen, vor allem der Arten mit Generationszeiten > 1 Jahr. Dieser Prozeß läuft sehr langsam, gewissermaßen unmerklich ab, so daß die Auswirkungen und in der Regel zu spät wahrgenommen werden. Die Bildung von Metapopulationen ist in vielen gestörten Biotopen eine Begleiterscheinung davon und ein Grund für das lokale Aussterben von Arten.
Gerade die Molluskenfauna ist dafür ein Musterfall. Ihre heutige Verarmung ist von LAMMEN & PIPER (1992), PETERMEIER & SCHÖLL (1994) u. a. für die Tideelbe dokumentiert. In dem Faktorengefüge, das zu dem Rückgang der Mollusken geführt hat, haben die vielfältigen Strombaumaßnahmen ohne Frage einen zentralen Stellenwert. Im allgemeinen sind Muscheln relativ langlebig. Beispielsweise beträgt die normale Lebensdauer der im marinen Bereich verbreiteten Miesmuschel Mytilus edulis fünf bis sechs Jahre, die der antagonistischen Süßwasserart Dreissena polymorpha (Dreikantmuschel) drei bis fünf Jahre. Für die Sandklaffmuscheln (Mya spp.) werden Generationsdauern größer 10 Jahre angegeben. Grundsätzlich können die Muschelpopulationen im Tiefwasser allerdings älter werden als im Flachwasser oder auf den exponierten Wattflächen (WILLMANN, 1989). Eine der noch bekannten Miesmuschelbänke im Fahrwasser zwischen Cuxhaven und Altenbruch rekrutiert sich maßgeblich aus fünf und sechs Jahre alten Tieren (MARTENS, 1992). Polychäten haben eine mittlere Lebensspanne von ein bis drei Jahren. So liegt das erreichbare Alter der Taxa Spio, Polydora, Pygospio und Capitella bei durchschnittlich ein bis zwei Jahren. Hediste diversicolor und Marenzelleria viridis haben eine Lebenserwartung von drei Jahren, Arenicola marina sowie Nephtys hombergii sogar eine noch höhere. Oligochäten können unter günstigen Rahmenbedingungen ein hohes Alter erreichen, in Laborexperimenten maximal 10 bis 12 Jahre (BRINKHURST, 1983). Normalerweise werden die meisten Tubificiden, Enchytraeiden und Propappiden als begehrte Beutetiere jedoch nur ein bis höchstens drei Jahre alt. Nichtsdestoweniger setzt sich ein intakter Bestand aus juvenilen und mehrjährigen, geschlechtsreifen Individuen zusammen, seien es nun Polychäten, Oligochäten oder Mollusken. Eine stabile Altersstruktur ist aber untypisch für die heutigen Tiefwasserbereiche der Fahrrinne. Je häufiger die externen Eingriffe, desto mehr verschiebt sich die Alterspyramide hin zu unreifen Populationen, eine Altersstruktur, wie sie für die Bereiche mit intensiver Unterhaltungsbaggerung längst charakteristisch ist (vgl. Kap. 2.6.2.1.5).

 

6.5.1.1.1 Ausbaubaggerung während der Bauphase

Eingangsbedingungen
Die Beschreibung der geplanten Fahrrinnenanpassung der Hamburger Delegationsstrecke von Strom-km (N) 624,4 bis 638,9 (Norder- und Unterelbe) bzw. Strom-km (N) 621,8 bis 624 (Köhlbrand) ist in der HT-Studie Nr. 74 (SIEFERT & FERK, 1995) dargestellt. Oberstromige Grenze der Vertiefung auf KN - 15,3 m ist einerseits im Köhlbrand bei Strom-km (N) 621,8 und andererseits in der Norderelbe bei Strom-km (N) 624,4.

Entsprechend der "Sockellösung" beginnt bei Strom-km (N) 633,55 (Unterelbe) der Anstieg zur Rampe. Ausgehend von KN - 15,3 m wird gestuft bis zur Grenze der Delegationsstrecke eine Verringerung der Ausbautiefe auf KN - 14,4 m vorgenommen. Die Sohlbreite bleibt zum größten Teil unverändert, bereichsweise wird sie sogar um 20 m schmäler.

Die gesamte Ausbaubaggermenge für die Hamburger Delegationsstrecke beträgt rd. 3,2 Millionen m³, zuzüglich 1 Millionen m³ für die Herrichtung der Mergelklappgrube am südlichen Fahrwasserrand vor dem Mühlenberger Loch zwischen Strom-km (N) 632,5 bis 634,5 (schriftl. Mitt. FERK, 1996). Von der Gesamtausbaumenge sind ca. 0,6 Millionen m³ (= 19 %) Ton und Geschiebemergel, die in der vorgesehenen Klappgrube im System deponiert werden. Die 3,6 Millionen m³ Sand und Kies werden bis auf rund 10 % landseitig verspült.

Für den Ausbau der Delegationsstrecke sind etwa 11 Monate geplant (davon neun Monate Ausbauzeit und zwei Monate Winterpause). Maximal können gleichzeitig zwei Eimerketten- und Hopperbagger eingesetzt werden. Während die Saugbagger "rund um die Uhr" arbeiten, ist der Einsatz der Eimerkettenbagger begrenzt, zumindest in lärmempfindlichen Ortslagen.

Die Baumaßnahmenbeschreibung für die Revierstrecke der WSÄ Hamburg und Cuxhaven von Strom-km (N) 638,9 bis 750 (Unter- bis Außenelbe) ist in einer WSA-Studie (WOLF & WITTEN, 1995) im Detail dargestellt. Eine aktualisierte Version der Ausbaubaggermengen durch das WSA Hamburg ist den Gutachtern 1996 vorgelegt worden.

Die Bauplanung sieht die schon obenerwähnte "Sockellösung" vor. Danach wird zwischen Strom-km (N) 648 und 713,2 eine Sohltiefe von KN -14,4 m eingestellt. Unterhalb von Otterndorf beginnt der seewärtige Abfall der Fahrrinnensohle bis auf KN - 15,2 m (Strom-km (N) 747,9). Der Begriff "Sockel-Lösung" impliziert allerdings nicht, daß auf dem Plateau, trotz Ausbau der Sohltiefe auf "nur" KN -14,4 m, die geringsten Ausbaubaggermengen anfallen werden. Laut Gutachten (MATERIALBAND II, Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) ist eher damit zu rechnen, daß besonders hohe Ausbaubaggermengen dort anfallen, wo bereits im Ist-Zustand erhöhte Unterhaltungsmengen gebaggert werden, beispielsweise zwischen Strom-km (N) 644 und 655 oder 670 bis 676. Darüber hinaus sind auch im Bereich des Sockels lokale Aufweitungen der Sohlbreite vorgesehen, z. B. zwischen Strom-km (N) 648 und 662 von 250 m auf zukünftig 300 m. Bezüglich der Ausbaubreiten bleibt noch festzustellen, daß in der Revierstrecke des WSA Hamburg die Fahrrinne grundsätzlich verbreitert wird (maximal +100 m), und in der Revierstrecke des WSA Cuxhaven wird die Sohlbreite im Prinzip enger werden (maximal -100 m).

Die Ausbaubaggermenge beläuft sich auf 22,3 Millionen m³, wobei 8,3 Millionen m³ der Revierstrecke des WSA Hamburg und 14 Millionen m³ der Revierstrecke des WSA Cuxhaven entnommen werden. Dagegen beträgt die "UVU-relevante Ablagerungsmenge" lt. WSA Hamburg 24,4 Millionen m³. Die Differenz erklärt sich aus der Einbeziehung der prognostizierten Unterhaltungsbaggermengen von 2,1 Millionen m³ aus den Baggerabschnitten vier bis sechs des WSA Hamburg. Die geschätzten Unterhaltungsbaggermengen von 1,1 Millionen m³ aus den Baggerabschnitten eins bis drei des WSA Cuxhaven bleiben unberücksichtigt. Im Gegensatz zur Revierstrecke des WSA Hamburg sind die für den Ausbau vorgesehenen Klappstellen die gleichen, die auch für die Unterhaltung genutzt werden. Demzufolge werden die Unterhaltungsbaggermengen lediglich im ersten Fall als "UVU-relevant" in die Mengenstatistik einbezogen (schriftl. Mitt. WSA Hamburg, 1996). Diese Differenzierung entspricht zwar den gesetzlichen Anforderungen nach UVPG, ökologisch relevant sind allerdings die Gesamtmengen.

Der Fortbestand der benthischen Wirbellosenfauna ist durch die Verklappung von Unterhaltungs- oder Ausbaumaterial gleichermaßen gefährdet. Qualitativ sind Störungen dieser Art nicht auseinanderzuhalten. Entscheidend ist in jedem Fall die verklappte Menge mit Bezug auf die Zeit. Das Verhältnis Unterhaltungs- zu Ausbaubaggermengen beträgt für die Revierstrecken des WSA Cuxhaven 1 : 2,2 und des WSA Hamburg 1 : 1 (Bezug: Mittelwert der Unterhaltungsbaggermengen des Zeitraumes 1984 bis 1995). Im Vergleich dazu ist noch die analoge Relation für den Hamburger Delegationsbereich mit 1 : 8 nachzutragen (Bezug: Mittelwert der Unterhaltungsbaggermengen des Zeitraumes 1990 bis 1994).

Für den Ausbau der Revierstrecke sind etwa zwei Jahre geplant. Die Bauarbeiten in den einzelnen Baggerabschnitten beginnen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und dauern jeweils zwischen sechs und 18 Monaten. In Abhängigkeit von der Bodenart werden für locker gelagerte, überwiegend sandige Sedimente Hopperbagger eingesetzt. Für schwer lösbare Böden, wie Klei, Geschiebemergel und Moränenmaterial ist der Einsatz von Eimerkettenbaggern notwendig. Wieviele Bagger in einem oder verschiedenen Baggerabschnitt(en) gleichzeitig tätig werden, ist der Planung nicht zu entnehmen.

Auswirkungen

Der Ist-Zustand ist für die Frage nach der Erheblichkeit der vorstehend geschilderten Baumaßnahme das Fundament weitergehender Betrachtungen. Vorkommen und Verbreitung der Arten in der Tideelbe sind nicht zufällig, sondern abhängig von den biotischen und abiotischen Rahmenbedingungen eines Ästuars. In dem Zusammenspiel vieler Wirkgrößen stellt die mehr oder weniger lokale Unterhaltungsbaggerung zwangsläufig einen nicht zu vernachlässigenden Faktor dar. In Kap. 2.6.2.1.5 wurden die negativen Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerung auf Artenstruktur und Besiedlungsdichte der Fahrrinnenbiozönose bereits diskutiert. So konnte festgestellt werden, daß in Bereichen intensiver Unterhaltungsbaggerung deutliche Arten- und Individuendefizite bestehen. Für die Erheblichkeit der Baumaßnahme hat das insofern Konsequenzen, als die Maßnahme regional unterschiedlich zu werten ist. In Unterhaltungsbaggerabschnitten mit einer regelmäßig hohen jährlichen Baggerungsfrequenz ist die Beeinträchtigung durch die zukünftige Baumaßnahme vergleichsweise geringer als in Bereichen, in denen üblicherweise nur geringfügig oder gar nicht gebaggert werden muß.

Abb. 6.5.1.1: Populationsdynamik fiktiver Arten nach Störung durch Unterhaltungsbaggerung

 

Entsprechend dieser Vorbelastung ist die Flächenbilanz der geplanten Fahrrinnenvertiefung um jene Gebietsanteile zu korrigieren, in denen schon Jahr für Jahr eine intensive Unterhaltungsbaggerung stattgefunden hat.

Grundüberlegungen für dieses Korrektiv ist die Wiederherstellbarkeit der Fahrrinnenbiozönose, d. h. die Empfindlichkeit der Arten in bezug auf Dispersion und Reproduktionsdauer (vgl. Kap. 3.4.2 u. 5.2.5.2). Der Zusammenhang ist in Abb. 6.5.1.1 für zwei bis vier Unterhaltungsbaggerungen a-1 dargestellt. Drei fiktive Arten wurden der Betrachtung zugrunde gelegt. Die Typen A, B und C entsprechen hinsichtlich ihrer Populationsparameter realen Charakterarten der Tideelbe.

Art A: Reproduktionsdauer a-1 ³ 7 Monate, d. h. von der 10. - 44. Kalenderwoche (KW), mit einer Hauptreproduktionsphase von der 14. - 39. KW.
Die Art ist gut oder eingeschränkt beweglich, hat ein planktisches Larvalstadium, oder sie ist gut beweglich ohne ein planktisches Larvalstadium.
Diese Arten sind mit einem Wiederbesiedelungsindex (WI) von 2 bis 3 indiziert, beispielsweise fast alle Oligochäten oder die verbreiteten Amphipoden Bathyporeia pilosa und Gammarus zaddachi sowie Polychätentaxa, u. a. Capitella, Polydora oder Pygospio.

Art B: Reproduktionsdauer a-1 4 - 6 Monate, d. h. von der 13. - 30. und 33. - 42. KW, mit einer Hauptreproduktionsphase von der 15. - 27. und 35. - 40. KW. Die Art ist eingeschränkt beweglich, hat ein planktisches Larvalstadium, oder sie ist gut beweglich ohne ein planktisches Larvalstadium.Diese Arten sind mit einem WI = 4 indiziert, wie z. B. der Keulenpolyp Cordylophora caspia oder die Miesmuschel Mytilus edulis oder der Polychät Marenzelleria viridis oder die Amphipoden Corophium spp. oder Haustorius arenarius.

Art C: Reproduktionsdauer a-1 max. 3 Monate, d. h. von der 16. - 25. und 35. - 40. KW, mit einer Hauptreproduktionsphase von der 17. - 23. und 36. - 38. KW. Die Art ist eingeschränkt beweglich, hat ein planktisches Larvalstadium, oder sie ist gut oder eingeschränkt beweglich ohne ein planktisches Larvalstadium. Diese Arten sind mit den WI = 5 und 6 indiziert, wie beispielsweise die Muscheln Dreissena polymorpha, Cerastoderma edule und Mya spp. oder der Polychät Hediste diversicolor u. a.

Wie aus der der oberen Graphik in Abb. 6.5.1.1 zu entnehmen ist (beachte logarithmische Skalierung der Ordinate), stellt sich für die drei fiktiven Arten nach zweimaliger Unterhaltungsbaggerung der Ausgangszustand gegen Jahresende annähernd wieder ein. Bei einem dritten Eingriff (mittlere Graphik) kommt es dagegen zu einem deutlichen Individuenrückgang, insbesondere der Arten B und C, der bis Jahresende nicht kompensiert wird. Aber auch die Populationsdichte der Art A schwingt auf einem erkennbar niederen Niveau ein. Mit jeder weiteren Unterhaltungsbaggerung nimmt die Elastizität ab, und die Eingriffsfläche wird zunehmend entsiedelt (untere Graphik). Ab diesem Zeitpunkt ist eine erfolgreiche Wiederbesiedelung nur noch über Larvendrift oder aktive Einwanderung möglich, der rudimentäre Originalbestand kann sich nicht mehr aus eigener Kraft rekrutieren.

Entsprechend der gestörten, fiktiven Populationsdynamik, die auf die Charakter- und Begleitarten der Tideelbe grundsätzlich übertragbar ist, wurde ein plausibler Schwellenwert festgelegt, ab welcher Wiederholungshäufigkeit die Unterhaltungsbaggerung für die Erheblichkeitsabwägung der Baumaßnahme in Betracht zu ziehen ist. Wenn in einem Baggerrechteck mehr als zweimal pro Jahr Sediment entnommen wird, ist davon auszugehen, daß die Rinnengemeinschaft vorgeschädigt ist, so daß in solchen Fällen die Ausbaubaggerung aus der Flächenbilanz der Erheblichkeit herausgenommen werden kann. Unabhängig von dieser Abwägung ist die Größenordnung der entnommenen Sandmenge, egal ob beispielsweise 5.000, 25.000 oder 50.000 m³ Baggergut aus dem Bemessungsrechteck in einem Monat entfernt werden. Entscheidend ist in jedem Fall die Entnahme der obersten 10 bis 15 cm Sedimentschicht. 80 bis 90 % der benthischen Infauna der Rinne siedeln in dieser Schichtdicke; auf die Biomasse bezogen wahrscheinlich sogar mehr als 95 %.

Vor diesem Hintergrund wurden die jährlichen Baggerdaten monatsweise gesichtet. Von den WSÄ Hamburg und Cuxhaven wurden die Dateien der Jahre 1993, 1994 und 1995 zur Auswertung freigegeben. Vom Amt Strom- & Hafenbau Hamburg lagen die Daten von 1990 bis 1994 ausgearbeitet vor. Bezugsfläche für sämtliche Mengenangaben war immer ein Rechteck der Größe 500 m x ¹/3 Fahrrinnenbreite. Eine Mittelwertbildung über die Jahre wurde verworfen, da nicht die durchschnittliche Frequenz entscheidend ist, sondern die Summe der Eingriffe. Der Bemessungszeitraum wurde nicht einheitlich gewählt, vielmehr bewußt der regionalen Ausprägung der benthischen Wirbellosenfauna im Ist-Zustand angepaßt.

Nach den ökologischen Bewertungskriterien Reproduktionsdauer und Wiederherstellbarkeit hat sich gezeigt, daß die Besiedlung in den UA VII und VI grundsätzlich höher bewertet worden ist als in den weiteren Untersuchungsabschnitten (vgl. Kap. 5.2.5.2). Der Anteil langlebiger und empfindlicher Arten war in den erstgenannten Abschnitten vergleichsweise höher. Die Rate der Arten mit annähernd ganzjähriger Vermehrung lag deutlich unter derjenigen mit begrenzter Reproduktionsdauer. In den stromaufwärtigen Untersuchungsabschnitten ist im Gegensatz dazu die benthische Wirbellosenfauna überwiegend niedrig bewertet worden. Hier wurden vorwiegend unempfindliche Arten mit hohem Wiederbesiedelungspotential und Reproduktionsdauer ³ sieben Monate nachgewiesen. In Abhängigkeit von Reproduktion und Mobilität wurde ein dieser Veranlagung entsprechender, plausibler Bemessungszeitraum für das Nachwirken von Unterhaltungsbaggerungen auf die benthischen Wirbellosenfauna festgelegt: Für die Untersuchungsabschnitte VII und VI auf drei zurückliegende Jahre und für die Untersuchungsabschnitte V bis II ausschließlich auf das letzte Jahr der Unterhaltungsbaggerung.

Im Untersuchungsabschnitt I (Geesthacht bis Bunthaus) sind keine direkten Auswirkungen i. S. von erheblich und/oder nachhaltig für die Bodenfauna durch die Ausbaubaggerung zu erwarten.

Erhebliche Beeinträchtigungen sind auf den Eingriffsflächen im Köhlbrand (ab Strom-km (N) 621,8), der Norderelbe (ab Strom-km (N) 624,4) und im weiteren in der Unter- und Außenelbe zu erwarten (UA II bis VII). Die Gesamtfläche der Ausbaubaggerung entspricht 2.240 ha. Aus der Bilanzierung sind jene Flächen herauszunehmen, die gemäß der o. g. Definition den Schwellenwert (Vorschädigung durch Unterhaltungsbaggerung) überschreiten: -608 ha. Somit verbleiben als erheblich beeinträchtigte Fläche 1.632 ha Fahrrinne. In der nachfolgenden Tab. 6.5.1.1 sind die betroffenen Eingriffsflächen abschnittsweise zugeordnet.

Tab. 6.5.1.1: Beeinträchtigte Flächen der wirbellosen Bodenfauna durch die Ausbaubaggerung in der Fahrrinne (UA = Untersuchungsabschnitt)

Fläche in ha

UA VII

UA VI

UA V

UA IV

UA III

UA II

UA I

erheblich

245

191

288

334

342

232

0

nachhaltig

0

0

0

0

0

0

0

Die zeitliche Beeinträchtigung entspricht überschlägig der Dauer der jeweiligen Bauphase. Die Eingriffswirksamkeit ist danach auf sechs bis 18 Monate begrenzt (vgl. Baumaßnahmenbeschreibung), zuzüglich dem Zeitraum der Wiederbesiedlung der ausgebaggerten Flächen. Demzufolge ist davon auszugehen, daß die Eingriffswirkung der unmittelbaren Ausbaubaggerung nicht nachhaltig sein wird. Bereits während der Ausbaubaggerarbeiten ist damit zu rechnen, daß die betroffenen Flächen, wenn auch ausgedünnt, durch aktives Einwandern, Einschwimmen aus Seitenräumen und großräumige Verdriftung sowie überlebende Restpopulationen faunistisch wieder erschlossen werden. Eine Einschätzung, die während einer Expertenrunde zum Weser-Monitoring CT III (03.05.1996 in Bremen) in der Mehrzahl geteilt wurde. Ein bis spätestens drei Jahre nach dem Ende der eigentlichen Bauphase wird sich auf den Flächen, die anschließend nicht von ausbaubedingt erhöhter Unterhaltungsbaggerung betroffen sind, die ursprünglich vorhandene Rinnengemeinschaft erneut einstellen. Es sollte jedoch nicht übersehen werden, daß es sehr wohl zu einem qualitativen, allerdings lokal begrenzten Umbruch in der Artenstruktur kommen kann, der im wesentlichen seinen Ursprung in kleinskaligen, hydro- und/oder morphodynamischen Veränderungen haben kann. Eine flächenhafte Ausweisung dieser potentiell betroffenen Fahrrinnenbereiche ist aufgrund der diskreten Veränderungen nicht prognostizierbar.

Aus Untersuchungen in der Weser zur Erweiterung des Containerterminals (CT III) ist bekannt, daß nach Sandentnahmen (in diesen Fällen 0,3 und 2,3 Millionen m³) keine nachhaltigen Beeinträchtigungen des Makrozoobenthos festgestellt worden sind (GOSSELCK, 1996a u. 1996b). Beeinträchtigungen der vagilen Epifauna waren jedoch nicht auszuschließen (HAESLOOP, 1996). Eine Nachhaltigkeit konnte aber aus diesen Untersuchungen nicht abgeleitet werden.

Ausnahmen bezüglich der Nachhaltigkeit eines Eingriffes bilden hingegen Vorkommen langlebiger, überwiegend ortsgebundener Arten, wie beispielsweise Muscheln. Dieser Sachverhalt ist im folgenden zu prüfen.

In den eigenen Untersuchungen wurden im Sublitoral keine langlebigen Bodentiere nachgewiesen, insbesondere keine älteren Muschelbestände (i. d. S. fünf bis 10 Jahre und älter). Im wesentlichen beschränkten sich die Beobachtungen auf vereinzelte bis zahlreiche Funde von juvenilen bis höchstens dreijährigen Muscheln, wie Mytilus edulis und Macoma balthica im Poly- bis Mesohalinikum sowie Dreissena polymorpha im limnischen Abschnitt der Tideelbe.

Aus Untersuchungen von MARTENS (1992) ist eine altgewachsene Miesmuschel-Bank auf einer Fläche von 114 ha im Bereich zwischen Cuxhaven und Altenbruch bekannt (Gesamtlänge ca. 7,6 km). Es dürfte sich um das von CASPERS (1954) beschriebene Vorkommen zwischen Cuxhaven und Otterndorf handeln (Strom-km (N) 726 bis 711). Im Gegensatz zu heute war die Muschelbank damals ausgedehnter und mit rd. 2.000 adulten Tieren pro 0,1 m² auch individuenstärker. Ihre regionale Verbreitung war und ist auf den südlichen Fahrrinnenrand beschränkt. Seewärts liegt heute die obere Grenze der Muschelbank i. allg. unter KN -13 m, vor den Hafeneinrichtungen in Cuxhaven bei ca. KN -8 m, nur bei Altenbruch nahe der Niedrigwasserlinie. Dichte Bestände finden sich gegenwärtig überwiegend unter KN - 18 m (Muschelbank im engeren Sinne). Die Altersverteilung ergab eine klare Dominanz bei vier- bis siebenjährigen Tieren, wobei die fünfjährigen am stärksten vertreten waren. Die mittlere Dichte der Adulti ist mit rd. 400 bis 600 Individuen m-2 angegeben, die der juvenilen Miesmuscheln mit rd. 3.600 Individuen m-2. Bei einer Vertiefung der Fahrrinne auf KN - 15,2 m wird die vorhandene Muschelbank durch die direkte Ausbaggerung voraussichtlich nicht betroffen, zumal sich die Fahrrinnenanpassung seewärts von Altenbruch primär auf die Nordseite der Rinne verlagert. Inwiefern eine Erhöhung der Schwebstoffgehalte während der Bauphase den Bestand dieser Filtrierer gefährdet, läßt sich ohne quantitative Angaben zu den Veränderungen im Schwebstoffregime nicht vorhersehen. Ein Restrisiko besteht auf jeden Fall.

In den eigenen Tideelbe-Untersuchungen wurden seewärts Strom-km (N) 706 mehrfach lebende, überwiegend juvenile Muschelbestände von Mytilus edulis, Macoma balthica und Mya truncata registriert, maximal zwei bis drei Jahre alt. Im großen und ganzen waren es kleinere, fleckenhafte Muschelansiedelungen. Durch das verhältnismäßig große Raster und den betont stichprobenartigen Charakter der Untersuchung ist diese Aussage allerdings unter Vorbehalt zu betrachten. Als Indiz für die kleinräumig-fleckenhafte Verteilung indes, ist zumindest das Fehlen oder der nur einmalige Befund im Rahmen der Frühjahrs- oder Herbstbeprobung zu deuten. Die Wohndichte schwankte zwischen 125 und rd. 1.000 Muscheln pro m², unter Ausschluß von gewachsenen Altbeständen.

1995 ist in der Süderelbe, im Zusammenhang mit der hydrobiologischen Untersuchung zur UVU "Hafenerweiterung Altenwerder", ein sehr dichter Bestand der Dreikantmuschel Dreissena polymorpha nachgewiesen worden (KRIEG & MAASER, 1996). Die durchschnittliche Populationsdichte betrug zwischen Kattwyck- und Köhlbrandbrücke rd. 5.000 Muscheln pro m². Die Altersverteilung zeigte eine recht junge Struktur, ein- bis zweijährige Muscheln dominierten. Bei gleichartiger Sedimentbeschaffenheit ist anzunehmen, daß im Köhlbrand vergleichbare Individuendichten mit analoger Altersstruktur der Dreikantmuschel vorkommen.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß eine Nachhaltigkeit auch unter Berücksichtigung der Muschelpopulationen im Ist-Zustand, die zumindest theoretisch in der Faunengruppe der benthischen Wirbellosen als langlebig anzusprechen sind, nicht gegeben ist. D. h., die Eingriffswirksamkeit durch die Ausbaubaggerung wird in bezug auf ihre zeitliche Komponente als vorübergehend eingestuft.

Hinsichtlich des Ist-Zustandes wird sich an der zukünftigen Bewertung der einzelnen Untersuchungsabschnitte im Grundsatz nichts ändern. Zwar ist davon auszugehen, daß während der Baggertätigkeit die Artenzahl durch die quantitative Sandentnahme rückläufig sein wird, dieser Vorgang bleibt jedoch auf die unmittelbaren Baggerflächen beschränkt. Auf diesen begrenzten Eingriffsflächen (vgl. Tab. 6.5.1.1) kommt es zu einer Abwertung, die keinesfalls auf den gesamten Untersuchungsabschnitt übertragbar ist. Die Bewertungsmethodik beruht auf dem übergreifenden Mittelwert aller verfügbaren Daten im Längs- und Querprofil, so daß die Einstufung des status quo an jedem Punkt des Untersuchungsabschnittes seine Gültigkeit hat, ohne die Möglichkeit einer Differenzierung in der vertikalen oder horizontalen Ausrichtung (vgl. Kap. 5.2.5.1).

Tab. 6.5.1.2: Bewertung der Untersuchungsabschnitte (UA) und der lokal begrenzten Baggerflächen durch den Ausbau der Fahrrinne - Ist-Zustand vs. Prognose-Zustand

Wertigkeit

UA VII

UA VI

UA V

UA IV

UA III

UA II

UA I

Ist-Zustand

hohe

hohe

mittlere

mittlere

geringe

geringe

mittlere

Prognose-Zustand

hohe

hohe

mittlere

mittlere

geringe

geringe

mittlere

Eingriffsfläche in UA

Teilgebiete
mit 245 ha

Teilgebiete mit 191 ha

Teilgebiete mit 288 ha

Teilgebiete mit 334 ha

Teilgebiete mit 342 ha

Teilgebiete mit 232 ha

-

Ist-Zustand

hohe

hohe

mittlere

mittlere

geringe

geringe

-

Prognose-Zustand

sehr geringe

sehr geringe

sehr geringe

sehr geringe

sehr geringe

sehr geringe

-

Aufgrund der schnellen Wiederherstellbarkeit wird sich die Fahrrinnenbiozönose nach ein bis spätestens drei Jahren dem Ausgangsniveau erneut angenähert haben (vgl. Kap. 5.2.5.3).

Eine wesentliche Wissenslücke ergibt sich aus der Frage nach der Dauer der Wiederherstellbarkeit der benthischen Faunengemeinschaft nach einer Störung. Im Grundsatz ergibt sich die Zeitspanne aus der Regenerationsfähigkeit der Populationen, die im wesentlichen von der Altersstruktur der empfindlichsten Art abhängig ist. Der mögliche Zeitrahmen wird in Abhängigkeit vom Gewässer und den variablen Randbedingungen sehr unterschiedlich beurteilt. So ist es nicht verwunderlich, daß einerseits sehr kurze Zeiträume genannt werden, einige Wochen bis Monate (GOSSELCK, 1996a; DOLAH et al., 1984; Clarke & Miller-Way,1992 u. a.) und andererseits bis hin zu Jahren (u. a. Bonsdorff, 1983; KLEEF et al., 1992; REES et al., 1992; KÖHN, 1996). Genau genommen ist jedes Gewässersystem in dem Sinne "zu eichen", da nicht von identischen hydrographisch-morphologischen Steuergrößen und/oder biologischen Prozesse auszugehen ist, zumal die natürliche Variabilität der biotischen Parameter in einem Ästuar extrem ist. Folglich muß für den Einzelfall geprüft werden.

Bei der Einschätzung von Baumaßnahmen und deren Auswirkungen steht die grundsätzliche Schwierigkeit im Raum, die von Natur aus hohe biologische Variabilität in einem Tidegewässer von den ausbaubedingten Folgen zu trennen. Hier gilt tatsächlich der Grundsatz, je umfangreicher der biologische Datensatz ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit ausbaubedingte Störungen aus dem natürlichen "Grundrauschen" herauszufiltern.

 

6.5.1.1.2 Unterhaltungsbaggerung nach der Anpassung

Grundsätzliche Randbedingungen
Mit Beendigung der Ausbaubaggerung erfolgen Auswirkungen auf die benthische Wirbellosenfauna im wesentlichen aus den Veränderungen der Sedimentstruktur, d. h. wie sich die Sedimentbeschaffenheit in der Zeit danach einstellt, und aus der Intensität der zukünftigen Unterhaltungsbaggerung.

Zu den Veränderungen der Sedimenttypen im Fahrwasserbereich infolge des Ausbaues liegen verschiedene Szenarien vor (MATERIALBAND III), theoretisch sind danach acht Varianten denkbar (vgl. Tab. 6.5.1.3).

Das Auftreten der Fälle 7 - Schlick wird entfernt und anstehender Geschiebemergel oder Klei freigelegt - und der Varianten Geschiebemergel oder Klei werden entfernt und Sedimenttypen, wie junge Sande oder Schlicke aufgedeckt, ist faktisch unwahrscheinlich. Keine Veränderungen sind für die Fälle 1, 5 und 6 prognostiziert. Während Fall 1 offensichtlich ist, scheint es für die Fälle 5+6 zunächst unverständlich, da unter Schlick anstehender Sand freigelegt wird. Allerdings werden sich nach der Ausbaubaggerung sehr schnell wieder feinkörnige Sedimente ablagern, so daß im Endeffekt der Ausgangszustand wiederhergestellt ist - vorausgesetzt das Strömungsregime bleibt unverändert. Der umgekehrte Fall 3, also die ausbaubedingte Änderung einer Sand- in eine Schlickschicht ist möglich, obwohl Schlicke i. allg. die oberste Deckschicht bilden. Anhand vorliegender Bohraufschlüsse läßt sich jedoch vorhersagen, daß diese Variante vorkommen kann. Der Fall 8, daß unter anstehenden Klei- oder Mergelschichten geogen alte Sände freigelegt werden, ist gemäß Voraussage denkbar. Analog Fall 1 wird sich abermals durch Umlagerungsprozesse junger Sand sofort einstellen. Sehr real ist Fall 4, nämlich die Entfernung von Sänden und Freilegung von Klei oder Geschiebemergel.

Die epi- und endobenthisch lebenden Tiere stehen in relativ enger Wechselbeziehung zum Sediment. Vorkommen und Verbreitung der Bodenfauna wird durch die morphologisch-physikalischen Sedimenteigenschaften wesentlich beeinflußt. In Arbeiten über die benthische Wirbellosenfauna wird der Struktur des "Wohnsedimentes" eine große Bedeutung für das Vorkommen oder Fehlen einer Art zugemessen. Allerdings sind eindeutige Artpräferenzen zu einzelnen Sedimenttypen selten. Ein Zusammenhang kann möglich sein, im günstigsten Fall wahrscheinlich. Den wenigen stenotopen Arten, die eine ausgeprägte Substratpräferenz aufweisen, steht eine Vielzahl eurytoper Benthonten gegenüber, die unabhängig vom vorherrschenden Sedimenttyp siedeln. Dazwischen gibt es eine Fülle von Arten, die eine mal mehr, mal weniger ausgeprägte Substratspezifität haben.

Tab. 6.5.1.3: Mögliche Veränderungen der Sedimenttypologie in der Fahrrinne nach der Ausbaubaggerung (Tabelle nach MATERIALBAND III)

Sedimenttyp im Ist-Zustand

Freigelegter Sedimenttyp nach Ausbaubaggerung

Sand

Schlick

Geschiebemergel/Klei

Sand jung

Fall 1

Fall 5

nicht möglich

Sand alt

Fall 2

Fall 6

Fall 8

Schlick

Fall 3

Fall 1

nicht möglich

Geschiebemergel/Klei

Fall 4

Fall 7

Fall 1

So zeigen z. B. die Arten der Gattung Bathyporeia (Amphipoda) eine deutliche Präferenz zu Sanden (Fein- bis Mittelsand), ebenso wie der propappide Oligochät Propappus volki oder die Tubificiden Limnodrilus profundicola, Potamothrix moldaviensis u. a.. Andererseits kann es auch innerhalb einer Art zu wechselnden Substratpräferenzen kommen. Beispielsweise siedeln die juvenilen Stadien von Marenzelleria viridis (Polychät) bevorzugt im Schlick, während die Adulti sandige Substrattypen aufsuchen. In Kap. 2.6.2.1.6 ist die abschnittsbezogene Verbreitung abundanter bis bestandsbildender Arten über verschiedene Sedimenttypen dargestellt. Das heterogene Verteilungsmuster ist auch den zugehörigen Tab. 2.6.2.9-15 zu entnehmen.

Wenn sich durch die Ausbaubaggerung der Sedimenttyp nachhaltig verändert, gemäß den vorstehenden Versionen, so hat das mit Sicherheit Konsequenzen für die Verbreitung der benthischen Wirbellosenfauna. Keine Auswirkungen auf das Besiedlungsmuster nach der Maßnahme haben die Fallbeispiele 1 sowie 5+6. Das Auftreten von Fall 7 ist dagegen nur von theoretischem Interesse. Somit bedürfen diese Szenarien keiner weiteren Erörterung. Innerhalb der anderweitigen Varianten können die Veränderungen nach dem Ausbau sowohl positiv als auch negativ sein.

Eine Veränderung nach Fall 3 (Sand zu Schlick) hätte einen elementaren Wandel in der Artenstruktur zur Folge. Charakterisiert wäre diese Artengemeinschaft durch eine hohe Toleranz gegenüber niedrigen Sauerstoffkonzentrationen bis hin zu akutem O2-Mangel und einer Präferenz für Sedimente mit hohem, organischem Kohlenstoffanteil. Geringer einzuschätzen wäre der Einfluß auf die Besiedlungsdichte und Biomassen. Entsprechend der Konsistenz des Schlickes werden sich im wesentlichen Weichbodenarten einstellen, je nach Lagestabilität des schluffigen Materials mal mehr, mal weniger Arten. Im marinen und brackigen Bereich wären das u. a. die Polychäten Capitella capitata, Hediste diversicolor, Marenzelleria viridis (juvenile Stadien), Polydora ciliata, oder die Muschel Macoma balthica sowie der niedere Krebs Corophium volutator. Im limnischen bis oligohalinen Abschnitt würden Tubificiden der Gattung Limnodrilus sowie Naididen und Chironomiden dominieren (vgl. dazu Tab. 2.6.2.9-15).

Fall 4, d. h. der Sedimenttyp ändert sich von einem Sand zu einem bindigen Hartsubstrat, wie beispielsweise Geschiebemergel oder Klei, wäre die ökologisch ungünstigste Variante. Diese Hartsubstrate sind prinzipiell nur für wenige endobenthische Arten besiedelbar. In der eigenen Untersuchung sind in Proben dieses Sedimenttypes grundsätzlich geringe Art- und Individuendichten registriert worden (vgl. u. a. Kap. 2.6.2.1.4). Durch seine verfestigte Struktur bietet dieses Substrat den dominanten Oligochäten wenig Ansatzmöglichkeiten zur Besiedlung, insbesondere den röhrenbauenden Tubificiden oder den stenotopen Sandarten. Eine Ausnahme bildet dagegen die Weiße Bohrmuschel Barnea candida. Sie wurde in Ton- und Mergelschichten aber ausschließlich seewärts von Brunsbüttel nachgewiesen. Durch ihre Bohrtätigkeit schafft diese Muschel in der vertikalen wie aber auch horizontalen Ausrichtung ein vielgestaltiges Gängesystem in den bindigen Hartsubstraten, die in der Folge von weiteren Arten besiedelt werden können. Im Gegensatz zu den ansonsten verarmten, bindigen Klei- oder Mergelproben, zeichneten sich die von den Bohrmuscheln vorbereiteten Böden durch eine vergleichsweise hohe Arten- und Individuendichte aus. Im Grundsatz ist davon auszugehen, das die Mehrzahl der bindigen Böden gering besiedelt ist.

Der umgekehrte Fall 8, nämlich die Entfernung von Klei- oder Geschiebemergel und Freilegung alter Sandschichten, wäre positiv für das System. Die Strukturvielfalt würde sich auf jeden Fall deutlich erhöhen. Die ökologische Wertigkeit von locker strukturierten Sedimenten ist höher anzusetzen, als die der bindigen Typen. Mittel- und grobkörnige Sande bieten gegenüber feinkörnigen Sanden allerdings eine höhere Sohlenstabilität, die aber für die dominanten, wirbellosen Benthonten der Fahrrinne nicht zwingend ist. Beispielsweise sind die Arten Haustorius arenarius, Bathyporeia spp. (Amphipoda) und Propappus volki sowie Enchytraeus spp. (Oligochaeta) für gewöhnlich in mobilen Sandschichten zu finden. Auch die Tubificiden Potamothrix moldaviensis und Limnodrilus profundicola wurden in sandigen Transportkörperstrecken der Tideelbe vermehrt nachgewiesen.

Inwieweit die vorstehenden Fallstudien zu den möglichen Sedimentveränderungen nach der Ausbaubaggerung tatsächlich relevant sind, ist der Prognose aus MATERIALBAND III zu entnehmen. Die Fahrinnensohle ist durch starke Umlagerungsprozesse gekennzeichnet. Nach der prognostizierten Freilegung frischer Sedimente infolge der Ausbaubaggerung werden sich die ursprünglichen Bedingungen sehr schnell wieder einstellen, also erneut im weitesten Sinne sandige Sedimente. Demzufolge ist im Bereich der eigentlichen Fahrrinne (= Sohle) mit keiner Veränderung des Sedimenttypes und damit der Besiedlungsstruktur zu rechnen.

Anders stellt es sich dagegen für die Fahrrinnenböschungen dar. Durch den Ausbau wird ihre Morphologie verändert und unter Umständen der Sedimenttyp. Je nach Böschungsneigung, die wiederum vom Sedimenttyp abhängig ist, kann es durch die vertiefende Ausbaubaggerung und Verbreiterung zu Erosionsvorgängen und Abgleitungen kommen.

Auswirkungen auf die wirbellose Bodenfauna nach dem Fahrrinnenausbau sind nicht allein aus den vorgenannten sedimentologischen Prozessen zu erwarten, sondern darüber hinaus durch das Ausmaß der zukünftigen Unterhaltungsbaggerung in den jeweiligen Baggerbereichen. Ohne dem weiteren Text vorzugreifen, sollte man sich allerdings von vornherein über eins im klaren sein, daß nach erheblichen Eingriffen, wie den ausbaubedingten Unterhaltungsbaggerungen über große Flächen und Tiefenhorizonte, die Entwicklung einer Benthosgemeinschaft nach der Initialbesiedlung schwer bis gar nicht vorhersagbar ist. Die Qualität der Pionierarten lassen die Richtung der weiteren Sukzessionsabfolge nur mit einem sehr hohen Unsicherheitsfaktor prognostizieren.

Die Gutachter (MATERIALBAND II, Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) prognostizieren folgende Entwicklung nach Abschluß der Ausbaubaggerungen: Innerhalb der ersten Jahre wird in Bereichen mit Fahrwasservertiefungen und -verbreiterungen ein erhöhter Geschiebetransport und morphologischer Sedimentnachlauf von den Flanken zu erwarten sein. Diese Aussage wird auch von der BAW-AK (MATERIALBAND I) und den Gutachtern zur Sedimentproblematik (MATERIALBAND III) in vollem Umfange bestätigt. Bezüglich der ausbaubedingten Unterhaltungsbaggerung ist zwischen einer geschiebe- und schwebstoffverursachten Sedimentation zu trennen. Zwischen der bisherigen und der zukünftigen, schwebstoffbürtigen Sedimentationsbilanz wird es keine signifikanten Abweichungen geben, da diese in erster Linie oberwasserabhängig und wie bisher durch die natürliche Schwankungsbreite hydrodynamischer Randbedingungen geprägt ist. Dagegen werden beim bodennahen Sandtransport (Geschiebetransport) lokal quantitative Veränderungen vorhergesagt. Danach ist im Außenelbebereich eher mit abnehmenden Unterhaltungsbaggermengen zu rechnen, während in der Revierstrecke des WSA Hamburg eine zunehmende Tendenz im Unterhaltungsaufwand zu erwarten sein wird. Da auch weiterhin die elementare Oberwasserabhängigkeit bestehen bleibt, ist davon auszugehen, daß die Schwankungsbreite der naturbedingten Einflüsse die der ausbaubedingten bei weitem überlagert. Die Prognose der zukünftigen Unterhaltungsbaggermengen beschränkt sich insofern auf die vage Aussage nach einem "lokal, je nach morphologischer Konstellation, leicht verändertem mittleren "Mehr" oder "Weniger" an Unterhaltungsaufwand". Alles in allem dürfte sich die Gesamt-Unterhaltungsbaggermenge also nur geringfügig ändern.

Im folgenden ist nun zu diskutieren, inwieweit die prognostizierten Änderungen im Unterhaltungsaufwand (vgl. MATERIALBAND II, Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) und in der Sedimenttypologie (vgl. MATERIALBAND III) Auswirkungen auf die Bodenfauna haben. Grundsätzlich gilt dazu: Je exakter diese Steuergrößen formuliert sind, desto genauer können mögliche Beeinträchtigungen oder Änderungen eingegrenzt werden. Diese Präzision können die vorliegenden Prognosen allerdings nicht leisten, da auch sie von einer Vielzahl variabler, teilweise nicht vorhersagbarer Randbedingungen abhängig sind (vgl. MATERIALBAND II, Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen, Kap. 6.1). Was aufgezeigt werden kann, sind einzig Trends, die sich wahrscheinlich nach der Fahrrinnenanpassung einstellen werden. Erwartet werden dürfen auf keinen Fall präzise zeitliche Prognosen oder gar qualitativ/quantitativ exakte Angaben. Auf der Basis der vorgegebenen, großen Toleranzen läßt sich der prognostische Spielraum nicht verkleinern. Die nachfolgende Darstellung gibt daher den ungünstigsten Fall der möglichen Beeinträchtigungen wieder. Sie basiert also auf einer "worst case-Annahme" (vgl. auch MATERIALBAND II und III).

Im Gegensatz zur einmaligen Ausbaubaggerung, bei der die vorbelasteten Flächen aus der Bilanz herausgenommen worden sind, hat die Vorbelastung für die ausbaubedingt erhöhte Unterhaltungsbaggerung keine eingriffsmindernde Wirkung. Das Gegenteil ist der Fall, da die Elastizität des Systems durch die Vorbelastung ohnehin stark eingeschränkt ist. Jeder zusätzliche Eingriff über das Maß der Unterhaltungsbaggerungen im Ausgangszustand hinaus, ist nach Intensität und Richtung der Veränderung für die vorgeschädigte Bodenfauna erheblich.

Vorangestellt werden sollen noch einige Thesen, die den "worst case"-Fall in seinen ökologischen Auswirkungen auf die wirbellose Bodenfauna mit Sicherheit minimieren können. Primär dreht es sich dabei um die Frage nach der Wiederbesiedlung, die i. allg. zügig erfolgt, wenn:

- der Eingriff örtlich sowie zeitlich begrenzt (kurzfristig und einmalig) und die Besiedlung aus intakten, benachbarten Bereichen möglich ist.
- durch Lebenszyklus und Verhalten einer Art die Stabilisierung der Biozönose innerhalb relativ kurzer Zeit erfolgt (d. h. binnen weniger Jahre).
- ein hohes Wiederbesiedlungspotential einer Population bei passenden Sedimentansprüchen vorliegt und der ursprüngliche Sedimentcharakter erhalten bleibt.

Eine Minimierung der Auswirkungen ist möglich, wenn:

- die Maßnahme nicht vor Ende Oktober eines Jahres erfolgt, d. h. unter Ausschluß der Hauptreproduktions- bzw. Larvenfallzeit (von Frühjahr über Sommer bis Herbst).
- aus den Baggerarealen die Feststoffentnahme so geplant wird, daß mittelfristig ungestörte, verbundene Flächen verbleiben, aus denen heraus eine Wiederbesiedlung zügig stattfinden kann.

Auswirkungen

Untersuchungsabschnitt I
Im Bereich des WSA Lauenburg werden keine Ausbaumaßnahmen vorgenommen. Veränderungen durch Erosionsvorgänge oder Abrutschungen der Uferböschungen sowie im Sedimentationsgeschehen und bodennahen Sandtransport sind demnach nicht zu erwarten. Die Quantität und Mengenverteilung der Unterhaltungsbaggerungen wird also gleich bleiben. Da ausbaubedingt keine erheblichen oder nachhaltigen Folgen eintreten werden, hat die Bewertung des Ist-Zustandes der wirbellosen Bodenfauna Bestand.

Untersuchungsabschnitt II
Die obere Grenze der Fahrrinnenvertiefung auf KN - 15,3 m liegt einerseits im Köhlbrand bei Strom-km (N) 621,8 und andererseits in der Norderelbe bei Strom-km (N) 624,4. Oberstromig werden keine Auswirkungen der Anpassung erwartet (vgl. MATERIALBAND I, II und III).

Morphologische Veränderungen betreffen hauptsächlich die steilscharigen Böschungen am Nordufer der Norder- und Unterelbe. Zwischen Strom-km (N) 624,4 und 632 (bis 635) stehen in erster Linie tonig-schluffige Materialien oder Geschiebemergel hoher Festigkeit an, die mit rd. - 30 m NN bis in größere Tiefen reichen. Die Oberkante dieser Schichtung fällt nach Süden ein. Am Südufer und im Köhlbrand sind und bleiben somit Sande für die Böschungen charakteristisch.

Infolge des Ausbaues ist zu erwarten, daß auf der gesamten Länge des Nordufers verstärkt Geschiebemergel freigelegt wird, der zur Zeit noch mit Sand überdeckt ist, also der ungünstigste Fall 4. Da auch der Gradient zwischen Uferlinie und Fahrrinne steiler wird als bisher, ist temporär mit gravitativ geprägten Abgleitungen des Geesthanges zu rechnen. Deshalb wird eine vorübergehende Verstärkung des Unterhaltungsaufwandes für den nördlichen Hangfußbereich prognostiziert (vgl. Materialband II).

Eine Veränderung der Unterhaltungsbaggermengen in der Fahrrinnensohle wird ausgeschlossen. Die morphologische Situation ist durch sandige Großriffeln geprägt, die allgemein als "Stabilitätsform" angesehen werden und keiner ausbaubedingten Veränderung unterliegen. Für das eigentliche Hafengebiet wird davon ausgegangen, daß die zukünftigen Unterhaltungsbaggermengen im gleichen Umfange wie bisher schwanken werden. Prägend für das Sedimentationsgeschehen in den Hafenbecken wird auch weiterhin die Schwankungsbreite des Oberwassereinflusses sein.

Entsprechend den Eingangsbedingungen Unterhaltungsbaggerung und Sedimentstruktur nach der Bauphase wird sich an der Gesamtbewertung des Untersuchungsabschnittes II in bezug auf die wirbellose Bodenfauna de facto nichts ändern. Allerdings sind für die nördlichen Böschungsbereiche langfristige Veränderungen der Sedimenttypologie auf 7,5 km Länge prognostiziert (Materialband III). Da am Geesthang die alte Sanddeckschicht durch bindigen und sehr festen Geschiebemergel ausgetauscht wird, siedelt anschließend eine arten- und individuenverarmte Bodenfauna. Nach Dauer, Intensität und Richtung der Veränderung sind die Auswirkungen für die Wirbellosengemeinschaft erheblich und nachhaltig. Mit den wahrscheinlichen Abgleitungen saalezeitlichen Geschiebemergels wird außerdem die Artenstruktur im nördlichen Sohlenbereich negativ verändert. Dieser Prozeß ist jedoch kurzfristig, somit ohne eine nachhaltige Wirkung.

Wie schnell die wirbellose Benthosgemeinschaft ein vergleichbares Niveau wie vor der Störung erreicht, hängt von der Altersstruktur der empfindlichsten Population ab. Die Mehrzahl, der in UA II nachgewiesenen Arten ist durch einen kurzen Lebenszyklus und geringen Reifegrad gekennzeichnet. Ferner ist das Reproduktionspotential und die Fähigkeit zur schnellen Wiederbesiedlung vergleichsweise hoch bewertet worden (vgl. Kap. 5.2.5.2). Der Zeitraum der Wiederherstellbarkeit der Fahrrinnengemeinschaft ist für die lokalen Zoobenthosarten kurz, einige Monate bis maximal ein Jahr. Als potentiell langlebige Art ist nur die Dreikantmuschel Dreissena polymorpha mit hohen Populationsdichten nachgewiesen worden, deren aktueller Bestand sich im wesentlichen aus ein- bis dreijährigen Muscheln rekrutiert. D. h. nach frühestens drei Jahren wäre der Ausgangszustand wieder hergestellt.

In der Hamburger Delegationsstrecke war die Anzahl der jährlichen Eingriffe in der Vergangenheit begrenzt. Aus einer abschnittsweise gegliederten Aufstellung der Jahre 1990 bis 1994 ist zu entnehmen, daß pro Jahr die Frequenz der Unterhaltungsbaggerungen im geplanten Ausbaugebiet niemals höher als zwei Eingriffe war (schriftl. Mitt. Strom u. Hafenbau, 1996). Da sich der Unterhaltungsaufwand im Mittel- und Südteil der Fahrrinne sowie den Hafenbecken ausbaubedingt nicht erhöhen wird, sind die zukünftigen Unterhaltungsbaggerungen in ihren Auswirkungen dort unerheblich und vorübergehend.

Anders stellt es sich jedoch für den nördlichen Fahrrinnenbereich dar. Gemäß Prognose MATERIALBAND II ist mit einem Unterhaltungsmehraufwand zu rechnen. Die Richtung und Intensität dieser Veränderung ist für die benthische Invertebratenfauna deutlich negativ und wird noch durch die Erheblichkeit der Ausbaubaggerung verstärkt. Die Auswirkungen der Aus- und Unterhaltungsbaggerung - jeweils getrennt betrachtet - sind schon erheblich, in der Summe werden die Beeinträchtigungen insofern ansteigen, als daß die Intensität und Dauer der Veränderung zunimmt. Dementsprechend ist auf den überlappenden Flächen die kumulative Eingriffswirkung (Summe der Ausbau- und zukünftigen Unterhaltungsbaggerung) auch als nachhaltig zu werten. In UA II überlagern sich auf rd. 34,8 ha Ausbau- und erhöhte Unterhaltungsbaggerung.

Tab. 6.5.1.4: Bewertung des Untersuchungsabschnittes II und von lokal begrenzten Eingriffsflächen nach dem Fahrrinnenausbau - Ist-Zustand vs. Prognose-Zustand

Wertigkeit

Untersuchungsabschnitt II

Ist-Zustand

geringe

Prognose-Zustand

geringe

Teilgebiete

km (N)

nördlicher Geesthang

624,4 - 632

nördliche Fahrrinnenseite

624,4 - 629

Eingriffsfläche in UA

auf 94,5 ha erhebliche und nachhaltige
Sedimenttypänderung

auf 34,8 ha erheblicher Unterhaltungsmehraufwand.
Davon Überlagerung mit Ausbaubaggerung auf 34,8 ha: in der Summe der Veränderungen nachhaltig

Ist-Zustand

geringe

geringe

Prognose-Zustand

sehr geringe

sehr geringe

Aus gutachterlicher Sicht sind die Auswirkungen bedeutsam. Die Fahrrinnenanpassung in Norder- und Unterelbe hat für das System insofern nachteilige Konsequenzen, da auch nach dem Ausbau die Bodenfauna deutlich negativ beeinträchtigt wird, sowie lokal durch Veränderungen der Sedimentstruktur auch langfristige Auswirkungen unvermeidlich sind. Ein örtlich begrenzter Unterhaltungsmehraufwand wird den negativen Trend zeitweise noch intensivieren.

Für die Ermittlung der Eingriffsflächen wurden aus MATERIALBAND II (Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) die Fahrrinnen-km zugrunde gelegt, für die ein zeitlich verstärkter Unterhaltungsaufwand prognostiziert worden ist. Da hauptsächlich mit einem einseitigen Flankeneintrieb zu rechnen ist, wurden ausnahmslos die nördlichen Baggerrechtecke (1/3 Sohlbreite) in die Bilanz einbezogen: zwischen Fahrrinnen-km (N) 624,4 und 629 sind danach rd. 35 ha Fläche erheblich und nachhaltig betroffen, da sie sich zu 100 % mit der Ausbaufläche (Vertiefung) überlagert.

Für die dauerhaften Sedimenttypänderungen der Fahrrinnenböschungen gelten die Angaben nach MATERIALBAND III: von Fahrrinnen-km (N) 624,4 bis 632 ergeben sich auf 94,5 ha Hangfläche erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen der Bodenfauna.

Untersuchungsabschnitt III
Nach den Aussagen der Gutachter (MATERIALBAND III) treten am nördlichen Steilufer bis in eine Tiefe von KN -18 m zunächst mächtige Geschiebemergelschichten auf. Lokal sind auch Sandschichten eingelagert. Ab Schulau bis Höhe Fährmannssand kommt am Nordufer dann Klei vor, die Schichtung erstreckt sich bis auf KN - 10 m. Bis zum Ende des Untersuchungsabschnittes wurden in den Flachwassergebieten nördlich und südlich der Fahrrinne Wechsellagerungen bindig-humoser Marschsedimente aus Klei, Torf und Sanden festgestellt (bis auf KN - 12 m).

Ausbaubedingt kann am Nordufer zwischen Strom-km (N) 632 und 639 verstärkt Geschiebemergel freigelegt werden. Da der Mergel bis KN - 18 m ansteht, wird nach dem Ausbau die mergelbedeckte Böschungsfläche zunehmen. Gemäß den o. g. Szenarien entspricht diese Veränderung Fall 4. Im weiteren Streckenverlauf bis Lühesand wird sich ebenfalls eine Wandelung nach Fall 4 einstellen. In diesem Abschnitt ist aber eine stärkere Erosion und Überdeckung mit Sanden wahrscheinlich, da die alte Wechsellagerung nicht die Festigkeit aufweist und von Sandschichten unterbrochen bzw. unterlagert wird. An den Positionen des Südufers gelten dieselben Veränderungen wie für das nördliche Kleiufer.

Bis Strom-km (N) 641 ist nach MATERIALBAND II (Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) ausbaubedingt mit zunehmendem Unterhaltungsaufwand durch den sohlennahen Geschiebetransport zu rechnen. An der nördlichen Fahrrinnenkante ist ein signifikant erhöhter morphologischer Nachlauf sehr wahrscheinlich. Laut Prognose wird das seitlich zugeführte Material die Großriffeln in diesem Gebiet "ernähren". Der Vorgang wird solange anhalten, bis sich die seitlichen Flanken stabilisiert haben. Die schwebstoffbürtige Sedimentation bleibt unverändert, da keine ausbaubedingten Folgen auf das Schwebstoffregime vorhergesagt werden.

Für die Riffelstrecke zwischen Strom-km (N) 641 und 644 wird keine erhöhte Unterhaltungsbaggerung erwartet. In dieser Zone waren schon in der Vergangenheit stark erhöhte Unterhaltsbaggerungen bezeichnend (Strom-km (N) 643 - 644), die sich auch zukünftig auf einem nahezu gleich großen Niveau bewegen werden. Stromab von Strom-km (N) 645 und 646 werden die Kurvenflanken aufgeweitet. Mit der Vergrößerung der zu unterhaltenden Flächen und der nördlichen Seitendenudation wird zwangsläufig der Unterhaltungsaufwand steigen. Die Mengenbilanz ist nicht vorbestimmbar, sie wird jedoch sehr stark schwanken. Unterhalb Strom-km (N) 646 bis leicht über das Ende des Untersuchungsabschnittes (Strom-km (N) 651) wird die ausbaubedingte Unterhaltungsbaggerung gleichfalls zunehmen. Wie im vorherigen Abschnitt wird die Fahrrinne verbreitert und durch die Flächenzunahme der Aufwand erhöht. Für die ersten Jahre nach dem Ausbau ist mit einem beidseitigen Gradienteintrieb in die Fahrrinne zu rechnen.

Die wirbellose Bodenfauna im Untersuchungsabschnitt III ist nach den Befunden im Ist-Zustand gering bewertet worden. Maßgeblich für die Herabstufung war die minimale Indikation "historisch bedeutsamer" Arten. Die Zusammenstellung dieser Arten beinhaltet im wesentlichen langlebige, benthische Faunenelemente, die in dem Abschnitt weitgehend nicht mehr dokumentiert sind (vgl. 5.2.5.1). Gemäß Ist-Zustandsbeschreibung dominierten Oligochäten im Gesamtbestand, deren Populationsdichten grundsätzlich innerhalb der Schwankungsbreite von 102 bis 104 Ind. m-2 lagen (vgl. Kap. 2.6.2.1.4). Nach dem ökologischen Kriterium Ernährungstyp war rd. 70 % der Bodenfauna als Substratfresser einzuordnen. Nach den Funktionen Reproduktionspotential und Wiederbesiedlungsfähigkeit waren über 70 % der Benthonten als kurzlebig und mobil anzusprechen, deren Reproduktion als annähernd ganzjährig zu beschreiben ist. Kurzum, unempfindliche Arten mit einer hohen Rekrutierungsrate (vgl. Kap. 5.2.5.2). Es handelt sich um dasselbe Phänomen wie in Untersuchungsabschnitt II. Auch hier dominiert eine Bodenfauna, deren Artenstruktur kennzeichnend ist für Gebiete, in die wiederholt und über lange Zeiträume eingegriffen wird.

Entsprechend dem ausbaubedingten Unterhaltungsmehraufwand und der deutlich negativen Sedimentstrukturänderungen im Böschungsbereich wird es für die Bodenfauna lokal zu einer Abwertung kommen. An der Gesamtbewertung des Untersuchungsabschnittes gemäß status quo wird sich dagegen nichts ändern (zur Trennschärfe der Bewertungsmethodik vgl. Kap. 6.5.1.1.1).

Tab. 6.5.1.5: Bewertung des Untersuchungsabschnittes III und von lokal begrenzten Eingriffsflächen nach dem Fahrrinnenausbau - Ist-Zustand vs. Prognose-Zustand

Wertigkeit

Untersuchungsabschnitt III

Ist-Zustand

geringe

Prognose-Zustand

geringe

Teilgebiete km (N)

nördlicher Geesthang

632 - 639

nördliche Fahrrinnenseite

632 - 641, 645 -650

südliche Fahrrinnenseite

646 - 650

Eingriffsfläche in UA

auf 62 ha erhebliche und nachhaltige

Sedimenttypänderung

auf 173,5 ha erheblicher Unterhaltungsmehraufwand. Davon Überlagerung mit Ausbaubaggerung auf 108,5 ha: in der Summe der Veränderungen nachhaltig

Ist-Zustand

geringe

geringe

Prognose-Zustand

sehr geringe

sehr geringe

Durch die Verbreiterung werden am nördlichen, aber auch südlichen Fahrrinnenrand bindige Klei- oder feste Mergelschichten über größere Strecken freigelegt, und durch die Flächenaufweitung der Sohle wird darüber hinaus ein Unterhaltungsmehraufwand prognostiziert. Die Sedimentveränderungen an den Flanken werden zu einer Arten- und Individuenreduktion führen. Die ausbaubedingt erhöhte Unterhaltungsbaggerung wird die Tendenz zu kurzlebigen, unreifen Populationen verstärken. In diesem UA kommt es auf rd. 108 ha zu einer Flächenüberlagerung von Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen. Lokal wird sich also die negative Eingriffsintensität in diesem Untersuchungsabschnitt verstärken (vgl. dazu UA II). Wie lange die Beeinträchtigungen dauern werden, hängt ganz wesentlich von dem Zeitraum des morphologischen Nachlaufs ab.

Aus gutachterlicher Sicht sind die lokal eingrenzbaren Veränderungen bedeutsam. Für die Ermittlung der Eingriffsflächen wurden aus MATERIALBAND II (Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) die Fahrrinnen-km zugrunde gelegt, für die ein zeitlich verstärkter Unterhaltungsaufwand prognostiziert worden ist. Da hauptsächlich mit einem Gradienteintrieb der seitlichen Flanken zu rechnen ist, wurden die mittleren Baggerrechtecke (1/3 Sohlbreite) aus der Bilanz herausgenommen; zwischen Fahrrinnen-km (N) 632 und 650 sind danach rd. 173 ha Fläche erheblich betroffen: Strom-km (N) 632 - 641 (nur Nordufer), Strom-km (N) 645 - 650 (nur Nordufer) und Strom-km (N) 646 - 650 (beide Ufer). Die gesamte Unterhaltungsfläche überlagert sich auf rd. 63 % mit der Ausbaufläche (Vertiefung), hier stehen nachhaltige Veränderungen an (vgl. dazu UA II).

Für die Sedimenttypänderungen der Fahrrinnenböschungen gelten die Angaben nach MATERIALBAND III: von Fahrrinnen-km (N) 632 bis 639 ergeben sich auf 62 ha erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigungen der Bodenfauna.

Untersuchungsabschnitt IV
Insgesamt wird die Fahrrinne an 75 % der Uferstrecke dieses Abschnittes verbreitert. Steile Böschungsflanken treten am Nordufer bei Juelssand, an der Nordspitze des Pagensandes sowie am gegenüberliegenden Ufer auf. Auf Höhe Schwingemündung liegt ein weiterer Steilbereich des Südufers.

Im gesamten UA IV fehlt Geschiebemergel im Liegenden des Flusses. Klei ist für die Flachwasserbereiche Lühesand (bis KN -12 m), Haseldorfer Binnenelbe (bis KN - 7 m) und Grauerort (bis KN - 2 m) dokumentiert.

Im Untersuchungsabschnitt IV werden ausbaubedingt fast auschließlich junge Sande an den Böschungen freigelegt (Fall 1), da die Anpassung auf einem Tiefenniveau stattfindet, auf dem Klei nicht ansteht. Veränderungen im Sedimenttyp finden nur sehr lokal statt. Hiervon ist die Nordspitze am Südufer des Lühesands betroffen, wo Klei große Tiefen erreichen kann. Es tritt der ökologisch ungünstige Übergang von Sand zu Klei ein (Fall 4).

Im Abschnitt IV liegen jene Bereiche, in denen schon seit Jahrzehnten die höchsten Unterhaltungsbaggermengen anfallen, zwischen Strom-km (N) 652 und 654 (Juelssand) einerseits und Strom-km (N) 669 und 676 (Rhinplatte) andererseits. Das zukünftige Ausmaß im Unterhaltungsaufwand wird in diesem Stromabschnitt wesentlich von der Fahrrinnenverbreiterung abhängen. Grundsätzlich ist mit der Sohlenaufweitung auch eine Erhöhung der mittleren Unterhaltungsbaggermengen verknüpft. Verstärkt wird dieser Trend zu höherem Unterhaltungsaufwand noch durch den seitlichen Eintrieb von Flankenmaterial, der zeitlich begrenzt ist (für die Dauer des morphologischen Nachlaufs). Dem stehen die Abschnitte bei Strom-km (N) 654 - 658 und 666 - 669 gegenüber, für die keine Veränderungen prognostiziert werden.

In den Bereichen intensivster Unterhaltungsbaggerung bei Juelssand und Rhinplatte sollen die Baggergutablagerungsflächen Twielenfleth und Krautsand strombaulich so gestaltet werden (Varianten WSA 3, vgl. MATERIALBAND I, Strombaumaßnahmen), daß mit einer Entlastung im zukünftigen Unterhaltungsaufwand zu rechnen ist. Nach Materialband II (b) wird das gesteckte Ziel im Grundsatz erreicht. Für den Abschnitt Rhinplatte (Strom-km (N) 669-676) wird eine deutlich verringerte Unterhaltungsbaggermenge prognostiziert. Im Bereich Juelssand bei Strom-km (N) 652-654 ist eine Reduktion wahrscheinlich. Bestehen bleibt aber in beiden Stromregionen ein "zu großes morphologisches Volumen", da die randlichen Aufhöhungen bei Twielenfleth und Krautsand die ausbaubedingte Vertiefung und Fahrinnenerweiterung im Gesamtbereich nicht vollständig kompensieren. Darüber hinaus bewertet der Gutachter (Materialband IIb) die Fahrrinnenaufweitungen in gewissen Kernbereichen als besonders kritisch, da hierdurch zunächst ein erhöhter Materialeintrieb (morphologischer Nachlauf, "Seitendenudation") erfolgen wird. Dennoch wird eine absolute Abnahme der Unterhaltungsmengen für die genannten Stromabschnitte vorhergesagt; für Juelssand wird allerdings noch ein anfänglicher Mehraufwand prognostiziert (Seiteneintrieb).

Die geplante Strombauvariante BRA 3 (u. a. Wischhafener Fahrwasser) vermindert einerseits den Unterhaltungsaufwand in der Fährzufahrt Wischhafen, schwächt andererseits die Geschiebetransportkapazität des Hauptfahrwassers. Allerdings wird eine maßgebliche Veränderung der ohnehin hohen Unterhaltungsbaggermengen in der Hauptrinne verneint.

Für Untersuchungsabschnitt IV konnte aus den grundsätzlich guten Rahmenbedingungen der lebensraumtypische Faktoren (vgl.Kap. 5.2.1.2) keine entsprechend hohe Qualität der biologisch-ökologischen Kriterien im Ist-Zustand abgeleitet werden (vgl. Tab. 5.2.1.5.13). Im Vergleich zu den ober- und unterhalb liegenden Untersuchungsabschnitten markierte diese Region in der Rangfolge der ökologischen Faktoren das negative Ende der Bewertungsskala. Rund ¾ der benthischen Populationen waren entweder durch eine sehr hohe Dispersionsfähigkeit und mittlere Reproduktionsdauer ausgezeichnet oder die Laichperiode erwies sich als annähernd ganzjährig, bei gleichzeitig mittlerer bis guter Dispersion. Der Anteil langlebiger und/oder empfindlicher Arten tendierte gegen Null.

Vergegenwärtigt man sich, daß in den Abschnitten Rhinplatte und Juelssand die mengenmäßig intensivste Unterhaltungsbaggerei in den zurückliegenden Dekaden betrieben wurde, ist der Nachweis von fast ausschließlich kurzlebigen, unreifen Populationen geringer Individuendichte im Fahrwasser durchaus plausibel. Insbesondere der Abschnitt Rhinplatte ist durch einen offensichtlichen Arten- und Individuenschwund charakterisiert, der jedenfalls nicht in einem kausalen Zusammenhang mit dem natürlichen Artenminimum der Brackwasserzone steht (Artenminimum bedeuted nicht zwangsläufig Individuenminimum, in diesem speziellen Fall vielmehr das Gegenteil: wenige Arten mit hohen Populationsdichten!).

Durch die großräumige Flächenaufweitung der Sohle wird prinzipiell ein lokaler Unterhaltungsmehraufwand im UA prognostiziert, der sich einerseits aus der absoluten Flächenvergrößerung und andererseits aus der Seitendenudation ergeben wird. Die ausbaubedingt erhöhte Unterhaltungsbaggerung wird die Tendenz zu kurzlebigen, unreifen Populationen in den betroffenen Teilgebieten verstärken. Wie sich die Situation in dem schwerwiegend vorbelasteten Bereich der Rhinplatte zwischen Strom-km (N) 669 und 676 entwickeln wird, ist nach dem jetzigen Kenntnisstand kaum vorhersagbar. Wenn sich die Unterhaltungsintensität auf wenige Eingriffe (£ 4 Baggerungen a-1) reduzieren läßt, wird sich zumindest eine individuen- und biomassereichere Infauna etablieren können. Bleibt sie dagegen deutlich höher, wird der status quo Bestand haben (vgl. Abb. 6.5.1.1).

Entsprechend den quantitativ unsicheren Aussagen zum zukünftigen Unterhaltungsaufwand wird die Gesamtbewertung des Untersuchungsabschnittes unverändert bleiben, vergleichbar UA II und III. Die Veränderungen in der Sedimentstruktur der Böschungen sind so gut wie vernachlässigbar.

Tab. 6.5.1.6: Bewertung des Untersuchungsabschnittes IV und von lokal begrenzten Eingriffsflächen nach dem Fahrrinnenausbau - Ist-Zustand vs. Prognose-Zustand

Wertigkeit

Untersuchungsabschnitt IV

Ist-Zustand

mittlere

Prognose-Zustand

mittlere

Teilgebiete km (N)

Nordspitze Lühesand-Südufer

» 650,5

nördliche Fahrrinnenseite

650 - 651, 652 - 654, 658 - 662

südliche Fahrrinnenseite

650 - 651, 652 - 654, 658 - 664

Eingriffs-fläche in UA

auf £ 1 ha erhebliche und nachhaltige Sedimenttypänderung

auf 169,8 ha erheblicher Unterhaltungsmehraufwand. Davon Überlagerung mit Ausbaubaggerung auf 135,1 ha: in der Summe der Veränderungen nachhaltig

Ist-Zustand

mittlere

mittlere

Prognose-Zustand

sehr geringe

geringe

Wie lange die Beeinträchtigungen dauern werden, hängt ganz wesentlich von dem Zeitraum des morphologischen Nachlaufs ab, zu dem aber keine konkreten Aussagen vorliegen.

Aus gutachterlicher Sicht sind die lokal eingrenzbaren Veränderungen bedeutsam. Für die Ermittlung der Eingriffsflächen wurden aus MATERIALBAND II (Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) die Fahrrinnen-km zugrunde gelegt, für die ein zeitlich verstärkter Unterhaltungsaufwand prognostiziert worden ist. Da hauptsächlich mit einem Gradienteintrieb der seitlichen Flanken zu rechnen ist, wurden die mittleren Baggerrechtecke (1/3 Sohlbreite) aus der Bilanz herausgenommen; zwischen Fahrrinnen-km (N) 650 und 677 sind danach rd. 170 ha Fläche erheblich betroffen: Strom-km (N) 650 - 651, 652 - 654, 658 - 662 (beide Ufer) und Strom-km (N) 662 - 664 (nur Südufer). Aus der kumulativen Überlagerung von Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen resultieren allerdings nachhaltige Auswirkungen für die Bodenfauna auf rd. 80 % der Eingriffsfläche (vgl. dazu UA II).

Für die Sedimenttypänderungen der Böschungen gelten die Angaben nach MATERIALBAND III: Strom-km (N) 650,5 - Nordspitze Lühesand/ Südufer, überschlägig mit £ 1 ha angenommen, erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung.

Untersuchungsabschnitt V
In diesem Abschnitt treten steile Böschungen nur lokal begrenzt auf, bei St. Margarethen am Nordufer und auf der Südseite am Osteriff.

Im Bereich der Fahrrinne wurde i. allg. kein Geschiebemergel festgestellt, Klei nur sehr vereinzelt unterhalb KN - 10 m. Mögliche Sedimentveränderungen im Böschungsbereich werden als gering erachtet. Lokale Bezüge sind nicht angegeben.

Der morphologische Zustand der Hauptrinne zwischen Strom-km (N) 676 und 689 wird als stabil definiert. Der Ausbau ist primär auf den Bereich zwischen Strom-km (N) 678 und 680 konzentriert: Aufweitung vor Störmündung und Brammerbank. Inwieweit die Abbaggerung der stabilen Außenkante Brammerbank und die Strombauvariante BRA 3 zu Veränderungen führen, ist unbekannt. Die Unterhaltungsbaggermengen werden im Mittel allerdings gleich bleiben. Diese Annahme wird durch die geringfügigen Änderungen im Schwebstofftransport gestützt. Durch die strombauliche Gestaltung der Baggergutablagerungsfläche Hollerwettern wird die Geschiebetransportkapazität in der Hauptrinne verstärkt, so daß eine Reduzierung der Unterhaltungsmengen möglich scheint. Analog sind die Aussagen zu den prognostizierten Unterhaltungsbaggermengen bis Strom-km (N) 697. Auch dort ist keine Veränderung im sohlennahen Transport und schwebstoffbürtigen Eintrag zu erwarten.

Ab Strom-km (N) 697 bis 705 werden große Ausbaubaggermengen entnommen, trotzdem ist mit keiner gerichteten Veränderung im Unterhaltungsaufwand zu rechnen. So wird sich der Geschiebetransport in der Fahrrinne teils zu einem geringfügigen "Weniger", teils zu einem leichten "Mehr" verändern.

Der Untersuchungsabschnitt V wurde im Ist-Zustand auf der Basis des differenzierten Artenkatalogs mit niedrig bewertet. Insgesamt ist der Abschnitt auf Artniveau um eine Stufe abgewertet worden, da seit 1978 keine "historisch" bedeutsamen Arten mehr dokumentiert sind (überwiegend langlebige Molluskenbestände). Nach der ökologischen Funktion Ernährungsweise wurde der Abschnitt dagegen um eine Stufe angehoben, weil der Anteil der Filtrierer und Strudler deutlich über 25 % lag (diesem Ernährungstyp wird grundsätzlich ein höherer Stellenwert zugebilligt). Die dokumentierten Arten hatten in der Mehrzahl eine Laichperiode von über sieben Monaten im Jahr, der Anteil der Mittel- und Kurzzeitlaicher (Reproduktionsdauer vier bis sechs bzw. ein bis drei Monate) betrug allerdings schon ein Drittel der registrierten Zoobenthosarten. In der Altersstruktur dominierten eindeutig juvenile Tiere. Die Wiederbesiedlungspotenz erwies sich als verhältnismäßig hoch, prägendes Element in der benthischen Lebensgemeinschaft waren überwiegend "robuste" Allerweltsarten und Opportunisten (vgl. Kap.5.2.5.1-3).

Entsprechend den prognostizierten Auswirkungen im Unterhaltungsaufwand (Intensität eher rückläufig) und der unveränderten Sedimentstruktur der Böschungen wird der status quo von Bestand sein. An der "mittleren" Gesamtbewertung des Untersuchungsabschnittes V wird sich nach der Fahrrinnenanpassung im großen und ganzen nichts ändern.

Untersuchungsabschnitt VI
In diesem Abschnitt ist weder eine Verbreiterung noch Verlegung der Fahrrinne geplant. Die Böschungen verbleiben weitgehend stabil. Infolge der geringen morphologischen Veränderungen und der geologischen Ausgangslage (überwiegend Sande mit Kies- und Schluffbeimengungen) werden keine andersartigen Sedimenttypen erwartet.

Zwischen den Strom-km (N) 704 und 728 wird eine ausbaubedingte erhöhte Intensität der Unterhaltungsbaggerung entschieden verneint. Prognostiziert wird eher eine Reduzierung im Unterhaltungsaufwand. Aufgrund der zunehmenden Konzentration der Hauptströmungskomponente im Tiefwasser und der damit verbundenen stärkeren Räumkraft ist eine Minderung denkbar. Für die Stromstrecke Baumrönne bis ungefähr Kugelbake (Strom-km (N) 723 - 728) wird auch in Zukunft mit keinen Baggerungen zu rechnen sein.

Der Untersuchungsabschnitt VI ist aufgrund des Artenspektrums in die mittlere Wertigkeit eingestuft worden. Im Vergleich mit den Untersuchungen aus den 50-er und 60-er Jahren ist auffällig, daß sich seit der Zeit in der Artenzusammensetzung wenig geändert hat. Der Anteil der echten Brackwasserarten war in diesem Abschnitt am höchsten. (vgl. 5.2.5.1). Muschelpopulationen wurden in den eigenen Untersuchungen in ziemlich geringen Bestandsdichten nachgewiesen. Größere Muschelvorkommen sind jedoch auf den Watten und Sänden verbreitet: Cerastoderma, Macoma, Mya, Mytilus u. a.. Offenkundig ist aber ein deutlicher Artenrückgang der Muscheln seit den 60er Jahren. Die einzig noch bekannte, ausgedehnte Miesmuschelbank im Tiefwasser der Fahrrinne liegt am Südufer zwischen Cuxhaven und Altenbruch (vgl. 6.5.1.1). Die Altersstruktur dieser Population zeigt eine erkennbare Dominanz von vier- bis siebenjährigen Muscheln. Zur ökologischen Bewertung sei nur kurz auf die Filtrierleistung der Tiere verwiesen, die in hohem Maße zur Klärung des Wasserkörpers beiträgt, und daß durch Muschelbänke der Untergrund verfestigt und dadurch Erosion verhindert wird. Darüber hinaus bietet die Miesmuschelbank einer sehr artenreichen Begleitfauna sekundären Lebensraum. Kennzeichnenderweise umschließt diese "alte" Muschelbank fast deckungsgleich den Stromabschnitt zwischen Strom-km (N) 723 und 728. Durch eine sehr starke mittlere residuelle Geschiebefracht (ebbstromorientiert) ist das Sedimentationsgeschehen in dieser Strecke vernachlässigbar gering, so daß hier in der Vergangenheit kein Unterhaltungsaufwand notwendig war. Schlüssiger als mit der Umkehr dieses Sachverhaltes können die erheblichen und nachhaltigen Auswirkungen von sich wiederholenden Unterhaltungsbaggerungen nicht veranschaulicht werden.

50 % der im UA VI dokumentierten Arten hatten ein relativ hohes Wiederbesiedlungspotential, dem stand allerdings ein entsprechender Anteil von Populationen mit hoher Empfindlichkeit und geringem Wiederbesiedlungsvermögen gegenüber. Die Mehrzahl der benthischen Wirbellosen hatte eine begrenzte Laichperiode von maximal sechs Monaten. Gegenüber den oberstromigen Abschnitten ist die wirbellose Bodenfauna dieses Gebietes nach Störungen nur mittelfristig wiederherstellbar und vergleichsweise empfindlich gegen Eingriffe in das System (vgl. Kap.5.2.5.2).

Entsprechend der prognostzierten, ausbaubedingten Konstanz im Unterhaltungsaufwand wird der status quo von Bestand sein. An der "hohen" Wertigkeit des Untersuchungsabschnittes VI wird sich nach der Fahrrinnenanpassung nichts ändern. Sollte sich darüber hinaus die tendenzielle Reduzierung des Unterhaltungsaufwandes zwischen Strom-km (N) 705 - 723 + 729 bewahrheiten, so ist noch mit einer Verbesserung, geringstenfalls mit einer Stabilisierung der ökologischen Situation auf rd. 760 ha zu rechnen. Die wirbellose Bodenfauna wird in jedem Fall von einer Minderung der Eingriffsintensität profitieren.

Untersuchungsabschnitt VII
In der Außenelbe ist eine Verringerung der Fahrrinnenbreite vorgesehen, außerdem wird die Linienführung im Abschnitt Leitdamm Kugelbake nach Süden verlegt.

Starke ausbaubedingte Veränderungen treten dadurch im Bereich des Leitdammes auf, ein Gebiet in dem nur Sande vorkommen. Infolge der Vertiefung auf KN - 15,2 m werden wiederum nur Sande freigelegt, vorwiegend Feinsande (Fall 1). Erst in einer Tiefe von KN rd. - 20 m stehen bindig-humose Marschsedimente an.

Von Strom-km (N) 728 bis 734 wird eine Reduzierung im Unterhaltungsaufwand für möglich gehalten. Seewärts davon wird die ausbaubedingte Situation individuell bewertet. Einerseits wird im Abschnitt der Kurvenabflachung (Strom-km (N) 734 - 738) eine Zunahme im Unterhaltungsaufwand prognostiziert, da mit einem erhöhten Seiteneintrieb aus dem südlichen Flankenbereich gerechnet wird, andererseits soll der Umfang der Unterhaltungsbaggermengen in vergleichbarer Höhe liegen wie im Ist-Zustand. Im seeseitig abschließenden Untersuchungsraum zwischen Strom-km (N) 738 und 748 kann die Unterhaltungsbaggermenge sowohl tendenziell ansteigen als auch fallen. Eine mögliche, leichte Reduzierung wäre auf die Verringerung der Sohlbreite zurückzuführen, ein Anstieg der Unterhaltungsmenge ergäbe sich aus der Nettobilanz zweier gegenläufiger Strömungen des mittleren residuellen Geschiebetransportes.

Dem Untersuchungsabschnitt VII ist gemäß den Befunden im Ist-Zustand eine hohe Wertigkeit zuerkannt worden, analog UA VI. Innerhalb der sechs Bewertungskriterien war die Beurteilung beider Abschnitte annähernd identisch. Während in der Außenelbe der Anteil der marin-euryhalin Arten eindeutig dominierte, nahmen elbeaufwärts die echten Brackwasserarten erkennbar zu, sowohl nach Artenzahl als auch Besiedlungsdichte. Ein Befund, wie er entsprechend dem Salzgradienten auch zu erwarten war (vgl. 2.6.2.1.1-2). Auffällig war wiederum das eingeschränkte Muschelspektrum, insbesondere das Fehlen von individuenstarken Populationen mit heterogener Altersstruktur.

Hinsichtlich der ökologischen Kriterien Reproduktionsdauer und Wiederherstellbarkeit der Biozönose zeigte die Artenstruktur eine ähnliche Ausprägung wie in UA VI. Annähernd vergleichsweise empfindliche Arten mit eingeschränkter Laichperiode. Gegenüber den inneren Elbe-Abschnitten ist die wirbellose Bodenfauna der Außenelbe nach Störungen nur mittelfristig wiederherstellbar und empfindlich gegen Eingriffe in das System (vgl. Kap.5.2.5.2).

Entsprechend den prognostizierten geringen positiven wie negativen Änderungen im Unterhaltungsaufwand wird der status quo von Bestand sein. An der hohen Wertigkeit des Untersuchungsabschnittes VII wird sich nach der Fahrrinnenanpassung mittelfristig nichts ändern. Sollte sich darüber hinaus die tendenzielle, wenn auch geringfügig lokale Reduzierung des Unterhaltungsaufwandes realisieren lassen, so ist mit einer Stabilisierung, vielleicht so gar mit einer Verbesserung der ökologischen Situation zu rechnen. Die wirbellose Bodenfauna wird in jedem Fall von einer Minderung der Eingriffsintensität profitieren. Eine flächenhafte Bilanzierung ist für beide Veränderungsrichtungen nicht möglich, da die Eingangsdaten aus Materialband II diesbezüglich nicht entschieden genug sind.

Eine wesentliche Wissenslücke ergibt sich aus der Frage nach der Beständigkeit, dem Ausmaß und der Frequenz der ausbaubedingten, erhöhten Unterhaltungsbaggerungen. Quantitative Angaben zur möglichen Höhe des Unterhaltungsmehraufwands liegen nicht vor, ebensowenig wie konkrete Hinweise über die Dauer des morphologischen Nachlaufs. Hier wäre eine Antwort auf die Frage nach dem "Wie" und "Wann" der Stabilisierung der Fahrrinnenböschungen von besonderem Interesse. Nach wieviel Jahren sich ein Fließgleichgewicht in den von Veränderungen besonders betroffenen Untersuchungsabschnitten II, III und IV einstellt, wird definitiv aber nicht genannt. Entsprechend diesen Rahmenbedingungen kann die Prognose zum ausbaubedingten Unterhaltungsmehraufwand auch nur einen Trend über die zukünftige Entwicklung der benthischen Faunengemeinschaft geben.

Bei der Einschätzung von Unterhaltungsbaggerungen und deren Auswirkungen besteht grundsätzlich die Schwierigkeit, die von Natur aus hohe räumliche und zeitliche Variabilität biologischer Daten in einem Tidegewässer von den ausbaubedingten Folgen zu trennen. Hier gilt tatsächlich der Grundsatz, je umfangreicher und aktueller der biologische Datensatz, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit ausbaubedingte Störungen aus dem natürlichen "Grundrauschen" bzw. Normalbereich herauszufiltern.

 

6.5.1.2 Verklappung

Die Totalabdeckung nach Verklappungen ist analog der Ausbaggerung als erhebliche Beeinträchtigung für die wirbellose Bodenfauna zu definieren. Von dieser Maßnahme ist sowohl die sessile als auch mobile Infauna betroffen. Die vagile, wirbellose Epifauna ist bestenfalls zur Flucht fähig, es ist aber zu bezweifeln, ob sie dem plötzlichen Verklappungsvorgang ausweichen kann. Die Erheblichkeit begründet sich im wesentlichen damit, daß die eingeschränkt beweglichen Artengruppen der benthischen Wirbellosen die wiederholte "Spontanüberdekkung" mit großen Baggergutmengen (moderne Hopperbagger haben eine Aufnahmekapazität von 2.500 bis 4.000 m³) nicht überleben.

Darüber hinaus stellt die ausbaubedingte Verklappung eine Verstärkung der tendenziellen Beeinträchtigung im Zuge der routinemäßigen Unterhaltungsverklappungen dar. An diese im weitesten Sinne mechanischen Störungen ist die wirbellose Bodenfauna präadaptiert, vorausgesetzt sie sind zeitlich, räumlich und in der Menge begrenzt. Aber selbst die bestangepaßte Art wird sich gegen eine ständig wiederholte Sedimentverklappung nicht behaupten können.

Grundsätzliche Eingangsbedingungen
Durch Verwirbelung und Transport des Klappgutes in der fließenden Welle werden über die Umlagerungsgebiete hinaus benachbarte Bereiche und damit Faunenelemente gefährdet. Nach KLEEF et al. (1992) ließen sich nach Verklappungen weniger als ein Drittel dieses Sedimentmaterials auf den vorgesehenen Flächen nachweisen. Die Streuzone um die eigentliche Umlagerungsfläche kann sehr groß sein. Sie ist abhängig vom Sedimenttyp und den hydrodynamischen Bedingungen zum Zeitpunkt der Verklappung, damit äußerst variabel und im Grundsatz nicht vorhersagbar. Je höher der feinpartikuläre Anteil im Klappgut und je stärker die Strömungsgeschwindigkeit, desto ausgedehnter der Streubereich. Die Beeinträchtigung bzw. der Wirkraum ist demnach nicht auf das ausgewiesene Verklappungsgebiet beschränkt. Nach REES et al. (1992) sind hingegen Populationen, die an der Peripherie siedeln nicht gefährdet. Nach Einschätzung dieser Autoren können die Randpopulationen sogar stabilisierend wirken, indem aus der mittelbaren Umgebung eine stete Einwanderung der Tiere in den Zentralbereich erfolgt, da er attraktivere Nahrungsbedingungen bietet ("Aasfresser").

Weiterhin kommt es durch die Verklappungen zu einer Vertiefung der Rinnen, zu einer Aufhöhung der Wattflächen, aber auch die Hanglagen werden steiler, d. h. die vertikale Faunenzonierung wird durch die Maßnahme verändert (CLARK & MILLER-WAY, 1992).

Grundsätzlich ist die Überlebenschance abhängig von der Fähigkeit der Tiere, durch die abgelagerten Sedimente nach oben zu kriechen, um wieder in Kontakt mit der überstehenden Wassersäule zu kommen. Entscheidend über Tod oder Leben einer Art ist die Schichtdicke des Sedimentauftrages, deren Mächtigkeit von Art zu Art für den Fortbestand sehr unterschiedlich ist. Literaturangaben zu Überdeckungstoleranzen liegen vor, beziehen sich jedoch nur auf wenige Arten/Taxa. Bei den nachfolgenden Daten in Tab. 6.5.1.7 handelt es sich um eine Zusammenstellung niederländischer Arbeiten (ESSINK, 1996).

Tab. 6.5.1.7: Letale Schichtdicken und Toleranzen ausgewählter Bodenorganismen gegenüber Ablagerungen und Sedimentation (zusammengestellt aus ESSINK, 1996)

Überdeckung

einmalige Ablagerung

andauernde Sedimentation

Sedimenttyp

letal vs. tolerierbar

letale Schlickablage-rung in cm

letale Sandablage-rung in cm

Toleranz gegen Schlick in cm/Monat

Toleranz gegen Sand in cm/Monat

Cerastoderma edule

10

13 -15

-

17

Ensis

³ 40

< 50

  
Macoma

< 40

< 60

14

³ 17

Mya

8

³ 10

2

5

Mytilus edulis

1

2

  
Scrobicularia

36

< 60

  
Hydrobia

18

< 10+

  
Arenicola  

11

³ 17

Capitella   

5

Hediste

60

85

> 13

 
Heteromastus  

> 14

 
Nephtys

60

85

> 35

³ 17

Pygospio  

4

 
Bathyporeia

18?

40

  
Corophium  

3

 
Nematoden

³ 2

10

  

? Bathyporeia-Spezies sind stenotope Sandbewohner

Ein direkter Zusammenhang besteht zwischen der Schichtdicke und der Korngrössenverteilung des verklappten Sedimentes. Grundsätzlich kann die Abdeckung bei sandigem Material höher sein, während bei überwiegend tonig-schluffigen Anteilen nur eine sehr viel geringere Überschichtung toleriert wird. Weiterhin spielt auch hier die Sedimenttypkonstanz für das Überleben eine wichtige Rolle, z. B. Schlick auf Schlick oder Sand auf Sand.

Die obigen Angaben sind allgemein gehalten und nicht in jedem Falle übertragbar. Beispielsweise wiesen KLEEF et al. (1992) nach, daß Nephtys hombergii zwar eine maximale Überdeckung von 6 dm übersteht, allerdings kam es zwischen 2 und 3 dm Sedimentablagerung zu einem sprunghaften Populationsrückgang um 90 %. Ein vergleichbares Verhalten zeigte Macoma balthica, deren letale Überdeckungshöhe deutlich unter dem Literaturwert lag. Im übrigen wurden die entsiedelten Flächen von der Muschel nach der Verklappung nicht wieder angenommen. Eine weitere Gefahr, die nicht zwangsläufig mit der letalen Überdeckungshöhe oder Toleranz in Zusammenhang steht, resultiert aus einer erhöhten Sedimentationsrate, wie sie bei andauernden Verklappungen auftritt. Übersteigt sie die maximal mögliche Aufwärtsbewegung der Infauna, so tritt der Totalverlust ein. Kleinere Exemplare sind dadurch grundsätzlich eher gefährdet als die größeren (Ausnahme die Sandklaffmuschel Mya arenaria).

Ein weiteres Risiko, das von diesen Flächen bzw. der geschädigten Fauna ausgeht, ist die auffallende Bestandszunahme von Räubern/Aasfressern, wie beispielsweise Carcinus maenas. Die Strandkrabbe kommt mittlerweile bis 6 ‰ Salzgehalt vor (etwa Freiburg-Reede), und ab ³ zwei Individuen pro m² stellt dieser Krebs eine Gefährdung für den Bestand der epi- und endobenthischen Wirbellosengemeinschaft dar.

Die Nachhaltigkeit der Beeinträchtigung ergibt sich ebenfalls aus der Wiederbesiedlungsfähigkeit der Populationen. Im Grundsatz entspricht auch sie der Generationszeit der empfindlichsten Art im Untersuchungsraum (vgl. vorstehende Kapitel zur Baggerthematik). Die Nachhaltigkeit der Störung steht wiederum in direktem Zusammenhang mit der Häufigkeit der Verklappung im Verhältnis zur Zeit. Die einmalige Verklappung, oder im Abstand eines oder eines halben Jahres, hat für eine opportunistische oder kurzlebige Population nur episodischen Charakter, aber schon für langlebigere Tiere wäre diese Frequenz nachhaltig. Beispielsweise traten in dem Verklappungsgebiet Robbenplate (Außenweser) nach der einmaligen Verklappung von rd. 0,6 Millionen m³ Sediment auf 36 ha Fläche nur noch juvenile Herzmuscheln (Cerastoderma edule) auf. Vor der Maßnahme dominierten im Herzmuschelbestand mehrjährige Altexemplare. Der Ausgangszustand wird sich nach drei Jahren wieder einstellen (GOSSELCK pers. Mitt., Expertenrunde zum Weser-Monitoring CT III am 03.05.1996 in Bremen), was in Anbetracht der Einmaligkeit durchaus wahrscheinlich ist. Im Wiederholungsfall fällt das System allerdings wieder in die Initialphase zurück und je enger die zeitlichen Abstände zwischen den Verklappungen, desto dauerhafter die Auswirkung bzw. das Verharren auf der Initialstufe.

Über den Zeitfaktor der Wiederherstellbarkeit einer Faunengemeinschaft gehen die Meinungen auseinander (vgl. Kap. 6.5.1.1.1). Über das Ausmaß der Folgebesiedlung sind sich die meisten Autoren im Grundsatz einig. Während die Artenzahl in der Regel gleich bleibt - was einen Wandel in der Artenstruktur nicht ausschließt - sinkt nach der Verklappungsperiode für gewöhnlich die Besiedlungsdichte und auch die Biomasse: Charakteristisch ist im poly- und mesohalinen Bereich eine opportunistische, biomassearme Kleinpolychäten-Gemeinschaft mit starken Schwankungen der Populationsparameter.

Nach DOLAH et al. (1984) kann langfristigen Störungen der Zoobenthosgemeinschaften der Klappgebiete vorgebeugt werden, indem:

1. starke Strömungsgeschwindigkeiten genutzt werden, um feinkörniges Klappgut sehr schnell zu zerstreuen und weiträumig zu verteilen.
Die erhöhte Resuspension in der fließenden Welle verschiebt das Risiko allerdings nur auf eine andere Ebene, nämlich zu Lasten der Planktonzönose (vgl. Kap. 6.2 und Kap. 6.4).

2. die zu verbringende Sedimentmenge begrenzt wird.
Wieviel Sediment das System zusätzlich und letztendlich verträgt, bleibt allerdings unbeantwortet. Eindeutige Aussagen - wie Grenzwerte - sind der Literatur nicht zu entnehmen. REES et al. (1992) kommen zu dem Schluß, daß selbst mehrere Millionen m³ pro Jahr zu keiner Faunenverarmung führen. In diesem Zusammenhang sprechen die Autoren aber von dem die Klappstelle umgebenden Gebiet: "Contrary to expectation, there was no evidence of a widespread area of faunal impoverishment in the immediate vicinity of the disposal site..."

3. eine Verklappung erst ab Spätherbst stattfindet, wenn die Rekrutierungsphase der meisten Arten weitgehend abgeschlossen ist, d. h. unter Ausschluß der Reproduktionsperiode von Frühjahr bis Herbst.
Hinsichtlich dieser Empfehlung besteht größtenteils Konsens.

Unter Beachtung folgender Verklappungsstrategien ist nach eigenem Verständnis eine weitere Minderung der Auswirkungen möglich durch:

4. Aufhöhung der Abdeckung £ 3 dm

5. großflächige, weit auseinander liegende Klappareale

6. Betrieb der Klappstellen im Wechsel, damit sich die Bodenfauna länger regenerieren kann.

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Auswirkungen von Verklappungen auf die benthischen Wirbellosen dann erheblich und gravierend sind, wenn große Mengen wiederholt in kurzen Zeiträumen auf einer begrenzten Fläche deponiert werden, insbesondere in jenen Fällen, in denen der minimalste Wiederbesiedlungszeitraum unterschritten wird. Eine Beeinträchtigung der näheren und weiteren Umgebung ist wahrscheinlich (vgl. KLEEF et al.,1992), aber offenbar unerheblich. Nach den langjährigen Untersuchungen von REES et al. (1992) auf Klappstellen im Mersey-Ästuar von 1974 bis 1988 ist eine Gefährdung im Sinne von erheblich und nachhaltig für die wirbellose Bodenfauna in der Nachbarschaft ausgewiesener Verklappungsflächen auszuschließen. Zu einer vergleichbaren Schlußfolgerung kommt eine Studie der BfG (1995) für eine Klappstelle bei Elbestrom-km (N) 700 im Bereich des Neufelder Watts. Die Untersuchungsergebnisse zeigten eine geschädigte Makrozoobenthosgemeinschaft auf der unmittelbaren Klappstelle, für die Infauna der nahen und weiter entfernten Vergleichsstationen war alles in allem keine Beeinträchtigung zu erkennen. Eine neuere Arbeit von LEUCHS & NEHRING (in Druck) geht allerdings davon aus, daß das Makrozoobenthos auch über ein Klappstellenareal hinaus beeinträchtigt wird: "sondern wahrscheinlich auch der außerhalb der Klappstelle ... gelegene Nahbereich (ca. 1000 m) nachhaltig beeinflußt". Diese Erkenntnis wird zur Zeit durch weitere Untersuchungen der BfG überprüft.

Aus gutachterlicher Sicht werden negative Änderungen auf die benthische Faunengemeinschaft im Nahbereich der Klappstellen ebenfalls nicht ausgeschlossen. Nur wie weit sie über den Zentralbereich hinaus wirken, läßt sich beim derzeitigen Kenntnisstand für die Vielzahl der Klappstellen nicht beantworten. Aus diesem Grunde konzentriert sich die Beurteilung der Eingriffsqualität im weiteren ausschließlich auf die ausgewiesenen Klappstellen, die bezüglich der Eingriffsfläche zuverlässig quantifiziert werden können. Über das Risiko einer Beeinträchtigung auch außerhalb des Verklappungsareals sollte man sich allerdings immer bewußt sein.

 

6.5.1.2.1 Verklappung während der Bauphase

Rahmenbedingungen
In der Hamburger Delegationsstrecke werden die sandigen Ausbaubaggermengen für sogenannte Umstrukturierungen verwendet, d. h. landseitig verbracht (vergleiche Kap. 6.5.3.2). Nur etwa 10 % der Sande verbleiben im hydraulischen System, sie werden voraussichtlich zur Sicherung der Strände am Nordufer vorgespült. Rund 0,6 Millionen m³ der Ausbaumenge bestehen aus Geschiebemergel. Überwiegend fällt dieser Sedimenttyp am Nordufer der Ausbaustrecke in Norder- und Unterelbe an (Strom-km (N) 624,4 bis ca. 633). Dieses Material verbleibt im System. Zwischen Strom-km (N) 632,5 und 634,5 wird am Südhang des Fahrwassers vor dem Mühlenberger Loch dafür eine Klappgrube mit einem Volumen von 1 Million m³ ausgehoben. Für den Aushub der Mergelklappgrube sind rund zwei Monate und für die Verbringung acht Monate vorgesehen (SIEFERT & FERK, 1995).

In der Revierstrecke des WSA Hamburg wird das ausbaubedingte Sedimentmaterial auf neu einzurichtenden Klappstellen außerhalb der Fahrrinne des Flusses deponiert. Dabei ist zu trennen zwischen Verbringeorte für Sande, klei- und schluffhaltiges Material sowie Geschiebemergel. Die ufernahen Baggergutablagerungsflächen Twielenfleth, Krautsand und Hollerwettern-Scheelenkuhlen werden als Regulierungsbauwerke so optimiert, daß die Strömung auf die Fahrrinne gebündelt und die Räumkraft (Geschiebetransport) erhöht wird.

In der Revierstrecke des WSA Cuxhaven wird das überwiegend sandige Sediment auf den bestehenden Verklappungsflächen der Unterhaltungsbaggerei untergebracht.

Laut Planung sollen zuerst Hopperbagger eingesetzt werden, um die Fahrrinne in den neuen Abmessungen auszubaggern. Im Anschluß wird mit Eimerkettenbaggern das bindige und feste Material entnommen. Der Bauablauf und die Baggergutverbringung (Zeitdauer, vorgesehenen Klappstellen und Ausbaumengen) sind in der Baubeschreibung zur UVU dargestellt (vgl. WOLF & WITTEN, 1995; WITTEN, 1996 u. 1997). Im Folgenden wird abschnittsweise die Verklappungsproblematik im Sinne der Erheblichkeit und Nachhaltigkeit für die benthische Wirbellosenfauna diskutiert. Bezüglich der Sedimenttypen und ihrer eventuellen Veränderungen wird bezug genommen auf Kap. 6.5.1.1.2 (vgl. auch Tab. 6.5.1.3).

Auswirkungen

Untersuchungsabschnitt I
In diesem Untersuchungsabschnitt findet keine Fahrrinnenanpassung statt. Es sind keine ausbaubedingten Verklappungen vorgesehen.

Untersuchungsabschnitt II
Der im Rahmen der Fahrrinnenanpassung anfallende Sand wird wahrscheinlich fast vollständig für Umstrukturierungsmaßnahmen im Hafengebiet verwendet. Im Bereich Altenwerder kann das Material zur Flächenaufhöhung des zukünftigen Containerterminals eingesetzt werden.

Zu den ökologischen Auswirkungen der Verfüllung von Hafenbecken vgl. Kap. 6.5.3.1-2 sowie ORTEGA et al. (1994). Im hydraulischen System verbleiben rd. 10 % des sandigen Baggergutes. Sie sind für sog. "weiche" Strombauaktivitäten vorgesehen. Mit diesem Terminus werden Vorspülungen zur Sicherung von Stränden umschrieben, und zwar im Bereich Othmarschen bis Blankenese und Schweinesand sowie Neßsand.

Die Beeinträchtigungen durch Sandvorspülungen alle drei bis fünf Jahre sind für die Infauna von vorübergehender Natur. Die Erheblichkeit wird gering eingeschätzt. Etwa 0,36 Million m³ Sand werden über eine Fläche von rd. 60 ha verteilt, d. h. ca. 0,6 m³ m-². Die aufgetragene Schichtdicke dürfte innerhalb tolerierbarer Grenzen liegen, zumal der Sedimenttyp unverändert bleibt (Sand auf Sand).

Untersuchungsabschnitt III
Die Beeinträchtigung der Infauna durch ausbaubedingte Verklappungen konzentrieren sich im wesentlichen auf die Mergelklappgrube vor dem Mühlenberger Loch zwischen Strom-km (N) 632,5 und 634,5. Die Klappgrube wird mit bindigem, festem Glazialsediment beschickt. Die "Wohnqualität" von Klei- oder Geschiebemergel ist in Kap. 6.5.1.1.2 bewertet worden. Im Vergleich zu dem anstehenden sandigen Substrat stellt dieser Sedimenttyp den ökologisch ungünstigsten Austausch dar (Fall 4).

Am nördlichen Hang des Mühlenberger Loches dominierte unter den benthischen Wirbellosen die stenotope Sandart Propappus volki (Oligochaeta). Je nach Tiefenhorizont schwankte die Populationsdichte zwischen 1 x 104 bis 4 x 104 Ind. m-2. Die Begleitfauna rekrutierte sich überwiegend aus Arten mit einer vergleichbaren Präferenz für sandig-grobkörniges Material, u. a. den Oligochäten Aulodrilus pluriseta, Potamothrix moldaviensis (Tubificidae) sowie den Muscheln Dreissena polymorpha und Sphaerium sp. (vgl. Tab. A 2.6.2.2: Stationen K-633-1 bis 3).

Mit dem Aushub des sandigen Materials (rd. 1 Million m³) und dem Austausch gegen Mergel (rd. 0,6 Million m³) sind die Chancen für eine gleichartige Besiedlung während der Verklappungsdauer gleich Null. Wenn der Mergel aufgelockert und nicht kompakt zu Boden sinkt, können sich nach Ende der Verklappungsperiode in den Hohlräumen andere Arten einstellen, wie beispielsweise Gammariden oder bei großen Hartsubstratanteilen (Steine) auch die Dreikantmuschel. Sollte sich das Material aber verdichten, ohne Bildung einer heterogenen Oberflächenstruktur, wird der Abschnitt veröden. Beide Extreme sind allerdings von vorübergehender Natur. Nach Verfüllung der Grube soll sich innerhalb eines Jahres durch das natürliche morphologische Geschehen wieder junger Sand als Deckschicht einstellen (SIEFERT & FERK, 1995). Durch den exponierten Hanganschnitt vor dem Mühlenberger Loch ist eine relativ zügige Versandung wahrscheinlich.

Eine Beeinträchtigung der benachbarten Strombereiche kann dann bedeutsam sein, wenn während des eigentlichen Verklappvorganges aus den Glazialsedimenten Ton und Schluff herausgelöst werden (der Tonanteil soll zwischen 24 und 45 % liegen). Dies würde zu erhöhten Trübungswerten führen, die noch in einer Distanz > 1.500 m ober- und unterstromig nachweisbar wären (vgl. MATERIALBAND II, Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen). Primär ist durch diesen Effekt allerdings Phyto- und Zooplankton betroffen. Für die Infauna hat dieses Phänomen nur dann Konsequenzen, wenn nach Sedimentation der Schwebstoffe ein sandiges in ein tonig-schluffiges Substrat umgewandelt wird. Die Artenstruktur würde sich von stenotopen Sandarten hin zu eurytopen bzw. schlickbewohnenden Arten ändern, wie Limnodrilus hoffmeisteri, L. claparedeanus oder Potamothrix hammoniensis (Tubificidae). Auf die Wohndichte und Biomasse hat das keinen Einfluß.

Der Aushub der Klappgrube auf einer Fläche von rd. 30 ha und die anschließende Mergelverklappung ist für die wirbellose Bodenfauna eine erhebliche Beeinträchtigung. Die Auswirkungen sind jedoch nicht nachhaltig, da durch Sandeinschwemmung und -überlagerung der alte Sedimenttyp kurzfristig erneut anstehen wird. Nach ein bis spätestens drei Jahren mit Beendigung der ausbaubedingten Verklappung wird sich der Ist-Zustand wieder einstellen.

Für den im WSA-Baggerabschnitt 6 (zwischen Strom-km (N) 638,9 und 646) möglicherweise anfallenden Geschiebemergel ist ein Ablösekolk an der Süd-Westspitze der Insel Hanskalbsand vorgesehen, etwa auf Höhe von Strom-km (N) 644. Angesetzt sind max. 0,06 Millionen m³ festes Material bei einer Verklappungsdauer bis zu drei Monaten. Ober- und unterhalb Strom-km (N) 650 sollen in einem ufernahen Streifen vor der Hetlinger Schanze gegebenenfalls max. 0,24 Millionen m³ Geschiebemergel deponiert werden, sechs Monate sind für die Verklappung vorgesehen. Das Material soll zur Ufersicherung des dortigen Prallhanges genutzt werden.

Im Klappgebiet vor Hanskalbsand (K-644-1/2) erwiesen sich die eigenen Sedimentproben als sehr heterogen: Überwiegend Mittelsand, jedoch mit hohen Schluffanteilen und eingelagerten Kleilinsen im oberen 15-cm Horizont. Im Uferbereich Hetlinger Schanze (K-650-1 bis 4) wurden die Sedimentproben aus der obersten Deckschicht als Feinsand definiert, allerdings mit einem Schluffanteil zwischen 10 - 20 %.

Die Wohndichte war im Gebiet der Stationen Hanskalbsand (K-644) mit rd. 1 x 104 Ind. m-2 sehr homogen. Dominante Art war Propappus volki, subdominant waren substratunspezifische Tubificiden aus der Gattung Limnodrilus. Bei den Tubificiden handelte es sich in der Mehrzahl um nicht geschlechtsreife Würmer (rd. 70 %). Als weitere, stenotope Art wurde Bathyporeia pilosa (Amphipoda) zahlreich nachgewiesen.

Im Bereich der zukünftigen Klappstelle Hetlingen (K-650) waren die Besiedlungsdichten um etwa eine Zehnerpotenz geringer. Nur im Tiefwasser von Station K-650-2 wurde eine mit Hanskalbsand vergleichbare Individuendichte registriert. Kennzeichnend war das Fehlen von Propappus volki (zu grobkörniges Substrat), dominant waren an diesen Stationen statt dessen Tubificiden der Gattung Limnodrilus, davon wiederum weit über 70 % juvenile Tiere. Stetig über den Raum verteilt war der Kleinkrebs Bathyporeia pilosa.

Mit der Verklappung von Geschiebemergel verändert sich zwangsläufig der Sedimenttyp in der Deckschicht (Fall 4). Während der drei- bis sechsmonatigen Verklappung wird die vorhandene Bodenfauna durch die Abdeckung vollkommen dezimiert, eine Wiederbesiedlung während der Verklappungsphase wird unterbleiben, denn die ständigen Störungen durch die Verklappungsaktivität und vorrangig der kompakte Mergel werden dies verhindern. Nach Beendigung der Baggergutverbringung wird sich die typologische Veränderung der Sohlstruktur langfristig halten (MATERIALBAND III), d. h. die ökologisch ungünstigen Rahmenbedingungen haben auf längere Zeit Bestand. Im Gegensatz zur Mergelklappgrube (Strom-km (N) 632,5-634,5) sind die günstigen Voraussetzungen für eine relativ schnelle Versandung nicht gegeben.

Die Auswirkungen während der baubedingten Verklappung ist demnach erheblich, und der Eingriff ist aufgrund der langfristig, negativen Sedimenttypänderung auch nachhaltig. Die betroffene Fläche umfaßt bei Hanskalbsand 3 ha bzw. vor Hetlingen 14 ha (davon 4 ha in UA IV).

Untersuchungsabschnitt IV

Klei und stark schluffhaltiger Feinsand sollen gemäß Planung auf der Insel Pagensand auf einem vorbereiteten Spülfeld deponiert werden. Falls sich das Spülfeld als zu umweltbelastend herausstellt, ist alternativ die Brammer Bank1 vorgesehen. Die Planung geht von max. 2,8 Millionen m³ Baggergut aus, das in einem Zeitraum von neun Monaten verbracht werden soll. Mit der wahlweisen Aufspülung der Brammer Bank wird gleichzeitig die Erwartung verknüpft, die Strömungsverhältnisse im Großbereich Rhinplatte günstiger zu gestalten.

Auf der eigentlichen Brammer Bank (K-679/1-3) erwiesen sich die eigenen Sedimentproben als sehr homogen: Ausschließlich Feinsand im oberen 15-cm Horizont. In der Nebenrinne des alten Wischhafener Fahrwassers wurden die Sedimentproben aus der obersten Deckschicht (K-679/5-5) als schluffhaltiger Feinstsand mit eingelagerten Kleilinsen klassifiziert (Sedimentansprache vor Ort).

Im Sublitoral auf der Brammer Bank dominierte der Kleinkrebs Bathyporeia pilosa. Dieser Amphipode ist ein spezifischer Bewohner von Feinsand. Die Populationsdichte schwankte zwischen 103 bis 104 Ind. m-2, die zugehörige Biomasse variierte je nach Position zwischen 50 und 600 mg AfTg (aschefreies Trockengewicht) m-2. In der Nebenrinne war die Abundanz von B. pilosa erwartungsgemäß unbedeutend, hier waren Oligochäten, vorwiegend aus der Gattung Limnodrilus bestandsbildend. Die Gesamtwohndichte war aber mit 103 Ind. m-2 deutlich geringer als auf der Bank, ebenso die Gesamtbiomasse mit rd. 20 bis 30 mg AfTg m-2.

Die Abdeckung der Brammer Bank wie vorgesehen mit stark schluffhaltigem Feinsand und Klei hätte theoretischerweise eine Artenumstrukturierung nach Fall 3+4 zur Folge, wenn es denn ein Flachwasser- und Wattgebiet bleiben würde. Aus den Planungsunterlagen ist aber abzuleiten, daß vielmehr eine Insel mit einer Fläche von 249 ha entstehen wird, die in ihrer Größe in etwa mit der Rhinplatte vergleichbar wäre.

Während der neunmonatigen Aufspülung wird die vorhandene Artengemeinschaft durch die zunehmende Abdeckung vollkommen dezimiert. Da die Brammer Bank zur "Brammer Insel" wird, gehen diese strukturreichen Lebensräume dem aquatischen System verloren, d. h. rd. 60 ha Flachwasser und rd. 138 ha Watt werden vernichtet.

Sollte die Planung Alternativspülfeld Brammerbank realisiert werden, dann sind die Veränderungen nach Intensität, Richtung und Dauer erheblich und nachhaltig.

Das landseitige Spülfeld Pagensand ist insofern noch Gegenstand dieser Erörterung, weil durch den Vollzug dieser Maßnahme rd. 2 ha Wattfläche dauerhaft verändert werden. Da die Fläche dem aquatischen System verloren geht, ist der Eingriff erheblich und nachhaltig.

Untersuchungsabschnitt V
In der Revierstrecke befindet sich bei Strom-km (N) 690 (St. Margarethen) die oberstromigste Umlagerungsstelle für Unterhaltungsbaggermengen des WSA Cuxhaven. Sie liegt am südlichen Fahrrinnenrand in einer Übertiefe. Kennzeichnend für das Gebiet sind Großriffel. Während zu Beginn der 90-er Jahre wiederholt große Mengen verklappt worden sind (rd. 3 bis 6 x 105 m³), gingen die Verklappungsmengen ab 1992 von 2 x 104 m³ a-1 bis 1995 auf 2 x 103 m³ a-1 zurück. Ausbaubedingt sollen innerhalb von 18 Monaten 2 Millionen m³ Sand verbracht werden.

Für die zwei Stationen der Klappstelle St. Margarethen (K-690/1-2) erwiesen sich die eigenen Sedimentproben als homogen: Ausschließlich Mittel- bis Grobsand im oberen 15-cm Horizont (Sedimentansprache vor Ort).

Die Artenvielfalt und Besiedlungsdichte auf der 15 ha großen Klappfläche war gering: Fünf Taxa mit einer Gesamtindividuenzahl von rd. 2 x 103 Ind. m-2. Dominant waren Turbellarien und Nematoden, der Polychät Marenzelleria viridis wurde in geringer Anzahl registriert.

Die Beeinträchtigung während der ausbaubedingten Verklappung kann in Anbetracht der wenig strukturierten Benthoszönose als unerheblich und vorübergehend eingestuft werden. Eine Veränderung des Sedimenttyps tritt nicht auf (Fall 1+2), und die wenigen, dokumentierten Taxa können innerhalb von Monaten das Gebiet wiederbesiedeln. Wahrscheinlich wird schon während der Verklappungsperiode ein Großteil des Sedimentes verfrachtet. Der durchschnittliche residuelle Geschiebetransport ist im mittleren und südlichen Teil des Querschnitts, also dort, wo die Klappstelle lokalisiert ist, deutlich stromauf orientiert (vgl. MATERIALBAND II, Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen). Das Material wird folglich in Bewegung bleiben, wodurch eine lagestabile Abdeckung verhindert wird. Vorteilhaft ist vermutlich auch noch die Verklappung über einem großen Tiefenhorizont (KN -14 bis - 20 m).

Untersuchungsabschnitt VI
In diesem Untersuchungsabschnitt liegen im Tiefwasser außerhalb der Fahrrinne drei Sandumlagerungsflächen, die schon routinemäßig für die Unterhaltungsverklappung genutzt werden: K 706, K 711 und K 714. Ihre Flächen umfassen 33, 47 bzw. 17 ha.

Klappstelle 706 (die Ziffern geben einen Hinweis auf den Strom-km (A)) befindet sich am südlichen Fahrwasserrand vor den Osteriff-Stacks. Von 1990 bis 1995 sind durchschnittlich rd. 1,6 Millionen m³ Sand pro Jahr deponiert worden2. Von 1990-92 zu 1993-95 nahmen die Mengen der Unterhaltungsverklappung zu, bezogen auf die letzte dreijährige Periode ein mittlerer Anstieg auf ca. 1,9 Millionen m³ a-1. Ausbaubedingt sollen in 18 Monaten 4,2 Millionen m³ Baggergut auf die Fläche verbracht werden, rechnerisch demnach 2,8 Millionen m³ a-1, also rd. das 1,5-fache der mittleren Menge der Unterhaltungsverklappung.

Klappstelle 711 liegt südlich des Neufelder Watts außerhalb der Fahrinne. Von 1990 bis 1995 sind in dem Gebiet durchschnittlich 0,3 Millionen m³ Sand pro Jahr deponiert worden. Allerdings ist von der Gesamtmenge fast 100 % in den letzten Jahren verklappt worden, so daß von 1993 bis 1995 im Mittel rd. 0,6 Millionen m³ a-1 angefallen sind. Das ähnelt im großen und ganzen der Menge, die ausbaubedingt in neun Monaten verklappt werden soll.

Klappstelle 714 ist auf Höhe Otterndorf am südlichen Fahrwasserrand lokalisiert. Von 1990 bis 1995 sind auf dieser Fläche durchschnittlich 0,3 Millionen m³ Sand pro Jahr deponiert worden. Analog K 711 ist die Tendenz in diesem Fall jedoch umgekehrt. In den letzten drei Jahren sind jeweils um eine Zehnerpotenz geringere Baggergutmengen verklappt worden. Die mittlere Unterhaltungsbaggermenge betrug von 1993 bis 1995 0,06 Millionen m³ a-1. Ausbaubedingt sind 1 Millionen m³ Sand in neun Monaten vorgesehen, also fast das 16-fache der mittleren Verklappungsmenge der vergangenen drei Jahre.

Die eigenen Sedimentproben von den drei Klappstellen erwiesen sich durchgängig als homogen: vorwiegend Sande, überwiegend mittlerer Korngrößen im oberen 15-cm Horizont (Sedimentansprache vor Ort). In einem Fall wurde allerdings stark schluffhaltiger Feinsand nachgewiesen (K-714-2).

Die Gesamtindividuenzahlen der vier Stationen auf Klappstelle K-706 stimmten größenordnungsmäßig überein (3 bis 5 x 103 Ind. m-2). Die Biomassewerte schwankten jedoch, je nach Position auf der Klappstelle, zwischen 5 und 70 mg AfTg m-2. Cnidarier, Turbellarien und Nematoden waren bestandsbildend. Laomedea calceolifera (Cnidaria) - ein koloniebildender Polyp - erreichte mit max. 3 x 103 Ind. m-2 die höchste Abundanz, in vergleichbarer Größenordnung waren die Turbellarien vertreten. In geringerer Besiedlungsdichte wurden Bathyporeia pilosa (Amphipoda) sowie Polychäten registriert, u. a. die opportunistischen Arten Marenzelleria viridis und Capitella capitata. Ferner sind junge Muscheln, wie Mytilus edulis und Macoma balthica für die Klappstelle dokumentiert, wenn auch in relativ geringen Populationsdichten.

Grundsätzlich gilt für diese und die weiteren Umlagerungsstellen in der Revierstrecke des WSA Cuxhaven, daß sich durch die ausbaubedingte Verklappung der Sedimenttyp nicht ändert (Fall 1: Sande bleiben Sande). Ein Wandel in der Artenstruktur ist folglich auszuschließen, mit einer Ausnahme: K-714-2.

Relevant für die Beurteilung der Auswirkungen ist das Mengenverhältnis zwischen der maßnahmebedingten und der routinemäßigen Verklappung. Die Frequenz der jährlichen Verbringung spielt gleichfalls eine Rolle, aber stets in Relation zu der Steuergröße des Verklappungsvolumens. Die Vorstellung, daß zwischen der Menge/Frequenz des verklappten Baggerguts und der Abdeckhöhe ein gerichteter Zusammenhang besteht, ist nicht von der Hand zu weisen: Je kleiner die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Verklappungen sind und je größer die deponierte Baggergutmenge, desto wahrscheinlicher wird eine wirkungsvolle Aufhöhung der Fläche.

Im Sinne der Erheblichkeit ist demnach eine Differenzierung zu treffen, nämlich zwischen jenen Umlagerungsflächen auf denen permanent große Unterhaltungsmengen verklappt werden und denjenigen, auf die unregelmäßig Unterhaltungsbaggermengen verbracht werden. Analog der Ausbaubaggerung sind die gleichen biologischen Eingangsbedingungen als verbindlich anzusetzen (vgl. Kap. 6.5.1.1). Als Schwellenwert gilt für diesen Fall die Relation von ausbau- zu unterhaltungsbedingter Verklappungsmenge. Wenn der Faktor ³ 2 ist, wird die ausbaubedingte Verklappung als UVU-relevant angesehen und als erheblich definiert. Diese Praktik folgt der grundlegenden Erkenntnis, daß in der Natur Auswirkungen erst erkennbar werden, wenn sich Konzentration, Fracht oder Menge verdoppeln (LWA, 1986). Dementsprechend handelt es sich um einen empirischen, aber durchaus plausiblen Grenzwert. Mit einer Verdoppelung der Baggermenge muß zwangsläufig die Intensität der Verklappungsvorgänge auf das Zweifache ansteigen, wie auch die zeitlichen Abstände zwischen den Einzelereignissen um die Hälfte kleiner, und damit der potentielle Wiederbesiedlungsspielraum deutlich verkürzt bzw. unterschritten werden. Analog Kap. Ausbaubaggerung (vgl. 6.5.1.1) werden als Bemessungszeitraum die letzten drei Jahre zugrundegelegt (1993 - 1995).

Das Verhältnis von routinemäßiger zu ausbaubedingter Verklappung liegt für K-706 bei 1 : 1,5. Gemäß dem gewählten Kriterium sind die Auswirkungen der ausbaubedingten Verklappung damit unerheblich. Die benthische Wirbellosenfauna wird nicht stärker geschädigt als vor der Maßnahme, da sie durch die unterhaltungsbedingte Verklappung schon erheblich vorbelastet ist. Entsprechend dem vorübergehenden Charakter der Maßnahme wird sich die vorwiegend opportunistische Besiedlung relativ schnell wieder einstellen. Vorausgesetzt die ausbaubedingte Unterhaltungsverklappung hemmt oder verhindert die Wiederbesiedlung nicht.

Die Besiedlungsstruktur und Wohndichte auf Klappstelle K-711 ist der obengenannten recht ähnlich. Dominant waren die Cnidarier Laomedea calceolifera und Obelia longissima. Die Populationsdichte betrug rd. 2 x 103 Ind. m-2. Bathyporeia pilosa trat in relativ geringer Individuenzahl auf, ebenso die Polychäten, unter denen Marenzelleria viridis die einzige abundante Art war. Als auffällig erwies sich der Bestand von Gammarus salinus mit 103 Ind. m-2. Dieser Amphipode lebt häufig vergesellschaftet in den o. g. Polypenkolonien, so daß die relativ hohe Populationsdichte nicht atypisch ist.

Die ausbaubedingte Verklappung von ca. 0,8 Millionen m³ Sand liegt in vergleichbarer Höhe mit der Unterhaltungsverklappung. Der Faktor 1,3 unterschreitet deutlich den gesetzten Grenzwert von 2. Da die zu verklappende Menge die übliche Größenordnung nur geringfügig übersteigt, sind die Beeinträchtigungen für das Zoobenthos gemäß dem gewählten Kriterium unerheblich. Entsprechend dem vorübergehenden Charakter der Maßnahme wird sich die Ausgangsbesiedlung relativ schnell wieder einstellen.

Die Wohndichten der zwei Stationen auf Klappstelle K-714 waren so gut wie identisch (4 x 103 Ind. m-2), die Artenstrukturen und Biomassen dagegen sehr unterschiedlich. Dominant waren auf Position K-714-1 Turbellarien, mit einem Populationsanteil über 80 % des Gesamtbestandes. Kennzeichnend für Station K-714-2 waren Polychäten und Muscheln. Macoma balthica erreichte hier mit 2 x 103 Ind. m-2 die höchste in den eigenen Untersuchungen nachgewiesene Populationsdichte. Unter den Polychäten dominierte Heteromastus filiformis mit 2 x 103 Ind. m-2, weitere typische Weichbodenpolychäten, wie Capitella capitata und Polydora ciliata, waren abundant, allerdings in deutlich geringerer Wohndichte. Diese Besiedlung ist charakteristisch für schlickige Substrate, wie es an dieser Station auch dem Sedimenttyp entsprach (Median der Korngröße 82 µm, Schluffanteil rd. 36 %). Entsprechend diesem Besiedlungsmuster unterschieden sich die Biomassewerte deutlich. Während an Station 1 nur rd. 20 mg AfTg m-2 gemessen wurden, war die Biomasse an Station 2 um eine Zehnerpotenz höher. Da das Gesamt-AfTg ohne die Biomasse der Muscheln ermittelt wurde, kann als sicher unterstellt werden, daß die tatsächliche Biomasse im Grammbereich anzugeben ist.

Das Verhältnis von unterhaltungs- zu ausbaubedingter Verklappung liegt für K-714 bei 1 : 16. Gemäß dem gewählten Kriterium sind die Auswirkungen der ausbaubedingten Verklappung damit erheblich.

Während von 1990 bis 1992 noch rd. 0,6 Millionen m³ a-1 unterhaltungsbedingt verklappt worden sind, reduzierte sich die Menge von 1993 auf 1995 von 0,08 Millionen m³ auf 0,04 Millionen m³. Darüber hinaus wurde die Verklappungsfrequenz deutlich herabgesetzt: 1990 noch 11 mal im Jahr bei einer mittleren Verklappungsmenge von rd. 6 x 104 m³ und 1995 schließlich bei n = 6 pro Jahr, entsprechend einer durchschnittlichen Verklappungsmenge von rd. 7 x 103 m³. Im Untersuchungsjahr 1993 lag die Verklappungsfrequenz bei n = 7 und die mittlere Menge bei 1 x 104 m³.

Es ist durchaus plausibel, daß eine Minderung nach Menge und Frequenz in der Unterhaltsverklappung nach 1993 zu einer Bestandserholung geführt hat. Zudem hat die Verschlickung zahlreichen Weichbodenarten einen Anreiz zur Besiedlung gegeben. Wie weit sich die flächige Verschlickung der Klappstelle ausdehnt, kann nur insofern beantwortet werden, daß an der zur Fahrrinne orientierten Position K-714-1 Sand vorlag. Wenn jetzt wiederum rd. 0,1 Millionen m³ Sand pro Monat ausbaubedingt abgelagert werden, hat das zwangsläufig erhebliche Folgen für die Infauna, nämlich ihre Totaldezimierung und außerdem die Vertreibung der Weichbodenfauna aus dem Gebiet. Nach Abschluß der ausbaubedingten Verklappung ist eine derartige Wiederbesiedelung nicht zu erwarten, die Folgebesiedlung der Gesamtfläche dürfte sich mittelfristig auf einem biomasse- und strukturarmen Niveau einstellen, vergleichbar Position K-714-1. Danach sind die Auswirkungen erheblich und in Anbetracht der negativen Veränderungen der Populationsparameter auch nachhaltig.

Untersuchungsabschnitt VII

Drei Sandumlagerungsflächen liegen im Untersuchungsabschnitt Außenelbe im Tiefwasser außerhalb der Fahrrinne. Sie werden seit langem routinemäßig für die Unterhaltungsverklappung genutzt: K 733, K 737 und K 741 - ihre Flächen umfassen 32, 113 bzw. 102 ha.

Klappstelle 733 befindet sich am nördlichen Fahrwasserrand vor dem Zehnerloch. Von 1990 bis 1995 sind durchschnittlich rd. 0,7 Millionen m³ Sand pro Jahr deponiert worden. In den letzten drei Jahren war die Unterhaltungsverklappung nach Menge und Frequenz jedoch rückläufig, wie auch auf den weiteren Klappstellen im Außenelbebereich. Von 1993 bis 1995 sind durchschnittlich 0,3 Millionen m³ a-1 verklappt worden. Ausbaubedingt sollen in 18 Monaten max. 1,1 Millionen m³ Baggergut auf die Fläche verbracht werden, rechnerisch demnach 0,7 Millionen m³ a-1, also rd. das 2,3-fache der mittleren Menge der Unterhaltungsverklappung.

Klappstelle 737 liegt auch nördlich des Fahrwassers, auf Höhe von Gelbsand. Von 1990 bis 1995 sind in dem Gebiet durchschnittlich 0,07 Millionen m³ Sand pro Jahr deponiert worden. Allerdings ist von der Gesamtmenge über 80 % in den Jahren 1990 -1992 verklappt worden, so daß von 1993 bis 1995 im Mittel nur noch rd. 0,02 Millionen m³ a-1 angefallen sind. Ausbaubedingt sind 3 Millionen m³ Sand in 18 Monaten vorgesehen, rechnerisch demnach rd. 2 Millionen m³ a-1, also fast das 87-fache der mittleren Verklappungsmenge der vergangenen drei Jahre.

Klappstelle 741 ist südlich Luechterloch/Gelbsand am nördlichen Fahrwasserrand lokalisiert. Von 1990 bis 1995 sind auf dieser Fläche durchschnittlich 0,6 Millionen m³ Sand pro Jahr deponiert worden. In den letzten drei Jahren hat die Unterhaltungsverklappung abgenommen, aber nicht in dem Ausmaß wie auf den oberstromigen Klappflächen. Die mittlere Unterhaltungsbaggermenge betrug danach von 1993 bis 1995 ca. 0,4 Millionen m³ a-1. Ausbaubedingt sind 3 Millionen m³ Sand in 18 Monaten vorgesehen, rechnerisch demnach rd. 2 Millionen m³ a-1, also rd. das 5-fache der mittleren Verklappungsmenge der vergangenen drei Jahre.

Die eigenen Sedimentproben von den drei Klappstellen erwiesen sich lokal als relativ unterschiedlich: Zwar waren es vorwiegend Sande vor allem kleiner und mittlerer Korngrößen zwischen 114 bis 438 µm im oberen 15-cm Horizont, andererseits aber auch mit Beimengungen oder Reinstrukturen von Mittelsand oder Muschelschill (K-733-2). Stark schluffhaltige Feinsandanteile waren überwiegend in Sedimentproben der Klappstellen K-737 und K-741 zu finden (Sedimentansprache vor Ort).

Die Besiedlungsstruktur der drei Positionen auf Klappstelle K-733 war sehr unterschiedlich. Während für Station K-733-1 (Median der Korngröße 193 µm und Schluffanteil ~ 1 %) nur drei benthische Wirbellose mit einer Gesamtwohndichte von 750 Ind. m-2 dokumentiert sind, wurden für Position K-733-2 (Muschelschill) schon sieben Benthonten mit einer Gesamtabundanz von rd. 4 x 103 Ind. m-2 nachgewiesen, knapp 70 % der Individuen stellten allerdings die harpacticiden Copepoden. Die Biomassen beider Stationsbefunde waren mit ca. 20 - 30 mg AfTg m-2 entsprechend gering. Dagegen lag dieser Parameter auf Position K-733-3 (Median der Korngröße 130 µm und Schluffanteil > 5 %) schon näherungsweise im Grammbereich. Mit 2 x 104 Ind. m-2 und 18 Arten wurde hier die strukturreichste Wirbellosengemeinschaft der Klappstelle ermittelt. Knapp 50 % des Bestandes repräsentierten abermals die harpacticiden Copepoden, demgegenüber stand ein gleicher Prozentsatz von insgesamt sieben Polychäten-Taxa. Innerhalb dieser Faunengruppe war der Spionidae Marenzelleri viridis mit rd. 6 x 103 Ind. m-2 die dominante Art, subdominant war die räuberische Art Nephtys hombergii mit 103 Ind. m-2. Außerdem wurden weitere räuberische Polychäten, wie Eteona longa und Anaitides maculata nachgewiesen. Zweifelsohne hat sich hier eine Räuber-Beutegemeinschaft zwischen den genannten Räubern und den spioniden Polychäten ausgebildet.

Abundant, wenn auch in meist geringen Populationsdichten, waren über die Klappstelle verschiedene Amphipoden verteilt, überwiegend stenotope Sandarten: Bathyporeia pilosa, Bathyporeia sarsi und Haustorius arenarius. Ensis americanus (syn. Ensis directus) ist als einzig lebende Muschel auf Position K-733-2 mit rd. 102 Ind. m-2 dokumentiert.

Auch für Klappstelle K-737 war die Besiedlungsstruktur der drei Stationen sehr verschiedenartig. Auf Position K-737-1 (Median der Korngröße 438 µm und Schluffanteil < 0,5 %) waren die Cnidarier Obelia longissima und Laomedea calceolifera sowie harpacticide Copepoden mit über 90 % bestandsbildende Faunenelemente, während auf den weiteren Stationen (Median der Korngröße < 200 µm und Schluffanteil rd. 5 %) die Polychäten dominierten. Die höchsten Populationsdichten erreichten Marenzelleria viridis, Pygospio elegans und Capitella capitata mit je 1 x 104, 3 x 103 und 2 x 103 Ind. m-2 . Auf beiden Stationen waren wiederum räuberische Polychäten abundant: Nephtys hombergii und Eteona longa mit einer vergleichbaren Bestandsdichte von rd. 103 Ind. m-2.

Auch auf dieser Klappstelle wurde als lebende Muschel nur Ensis americanus registriert, mit einer Wohndichte entsprechend K-733. Der Nachweis von Amphipodenarten beschränkte sich ausschließlich auf Haustorius arenarius.

Analog der Besiedlungsstruktur variierten die Biomassewerte beträchtlich: Während für Station K-737-1 ein AfTg unter 10 mg m-2 berechnet wurde, lag dieser Parameter auf den beiden anderen Stationen signifikant höher, zwischen 0,6 bis > 1 g m-2 - jedoch ohne Berücksichtigung der Muscheln.

Die Klappstelle K-741 war durch vergleichweise geringere, mittlere Arten- und Individuenzahlen gekennzeichnet: durchschnittlich sechs Taxa und eine mittlere Gesamtdichte von 2 x 103 Ind. m-2. Foraminiferen, Nematoden und Cnidarier prägten den Bestand. Als subdominant erwiesen sich die Polychäten, aber in wesentlich geringeren Populationsdichten als auf den benachbarten Klappstellen. In der Gemeinschaft aus Marenzelleria viridis, Capitella capitata und Eteona longa wurden max. 103 Ind. m-2 gezählt. Der Amphipode Haustorius arenarius war ebenfalls abundant, und die amerikanische Schwertmuschel Ensis americanus war relativ gleichmäßig auf der Klappstelle präsent.

Die ermittelten Biomassen waren ziemlich niedrig, im extrem von 101 bis 102 mg AfTg m-2. Allerdings muß berücksichtigt werden, daß für die Schwertmuscheln das AfTg nicht ermittelt wurde, was gleichermaßen auf alle Klappstellen zutrifft. Die tatsächliche Biomasse dürfte demnach überall höher liegen, die Relation bleibt aber unverändert, da die Muscheldichten sich im großen und ganzen entsprachen.

Das Verhältnis von unterhaltungs- zu ausbaubedingter Verklappung liegt für K-733 bei 1:2.3, für K-737 bei 1:87 und für K-741 bei 1:5. Gemäß der weiter oben stehenden Konvention sind die Auswirkungen der ausbaubedingten Verklappung für die drei Umlagerungsflächen damit erheblich (Fläche = 247 ha).

Auf den drei Klappstellen im Abschnitt der Außenelbe ist seit 1993 ein rückläufiger Trend in der unterhaltungsbedingten Verklappungsmenge und der Beschickungshäufigkeit zu verzeichnen. Für K-733 sank die Gesamtmenge gegenüber dem Zeitraum 1990 - 1992 um 71 % und die Verklappungsfrequenz um 25 %. Für Klappstelle K-737 betrug die Mengenreduzierung im Vergleich zum korrespondierenden Vorzeitraum 82 % und Wiederholungsrate fiel so gar um 70 %. Für K-747 betrugen die entsprechenden Minderungen 42 % und 35 %.

Es ist durchaus einleuchtend, daß eine Verringerung in bezug auf Menge und Frequenz der Unterhaltsverklappung zu einer Bestandserholung seit 1993 geführt haben muß. Wenn in Zukunft deutlich höhere Sandmengen Woche für Woche in einem regelmäßigen und sehr engen Zeitraster ausbaubedingt verklappt werden, so hat das zwangsläufig erhebliche Folgen für die Infauna, nämlich ihre Totaldezimierung. Die wenigsten Arten können während der immer wiederkehrenden Ausbauverklappung der zunehmenden Abdeckung entgegenwirken. Bei einer ausbaubedingten Verklappungsmenge von beispielsweise 3 Millionen m³, die in 18 Monaten ausgebracht wird, berechnen sich überschlagsweise zwei Baggerladungen pro Tag. D. h. tagtäglich über eine Periode von 1,5 Jahren wird die benthische Wirbellosenfauna in ihrer potentiellen Entwicklung gestört. Eine Neubesiedlung dürfte sich wahrscheinlich auf einem ähnlichen Niveau wieder einstellen, da der Sedimenttyp der gleiche bleibt. Nach den gesetzten Maßstäben sind die negativen Veränderungen der Populationsparameter in ihren Auswirkungen erheblich, aber nur vorübergehend. Ein gewisses Risiko, im Sinne der Nachhaltigkeit, stellt jedoch die Schwertmuschelpopulation dar. Ein Bestand von rd. 102 juvenilen Muscheln m-2 ist auf allen Klappstellen im Außenelbebereich beobachtet worden, der ausbaubedingt gefährdet ist. Da diese Tiere potentiell langlebig sind, kann eine nachhaltige Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden. Andererseits spricht einiges dagegen, weil Ensis americanus (syn. E. directus) bevorzugt Gebiete erschließt, die durch starke Umlagerungsaktivitäten charakterisiert sind, wie es Klappstellen nun einmal sind.

Strombauwerke
In Untersuchungsabschnitt IV werden die Baggergutablagerungsflächen Twielenfleth und Krautsand als Regulierungsbauwerke gestaltet. In erster Linie deshalb, um die Strömung in Richtung Hauptrinne zu bündeln und damit die lokale Geschiebetransportkapazität zu erhöhen. Beide Stromgebiete sind im Ist-Zustand durch eine intensive Unterhaltungsbaggerung gekennzeichnet, sowohl nach Menge als auch Frequenz. Weiterhin dienen die Strombauwerke der Ufersicherung.

Am Südufer der Elbe, zwischen Tonne Twielenfleth Reede 3 und Anleger Twielenfleth (» Strom-km (N) 651,8 - 653,5), ist auf ca. 33 ha die Baggergutablagerungsfläche Twielenfleth geplant. Gemäß Baumaßnahmenbeschreibung werden auf der Fläche ca. 1,2 bis 1,4 Millionen m³ Sand in neun Monaten ausbaubedingt deponiert. Für die seitliche Begrenzung sind Gerölldämme vorgesehen, stromseitigt wird das Bauwerk durch Sinkfaschinen (Buschwerk) gesichert.

Entsprechend Variante WSA 3 (vgl. Materialband I, Strommaßnahmen) werden die Flut- und Ebbegeschiebefrachten im Bereich der "Fahrrinnenunstetigkeiten" signifikant größer (Abschnitt Juelssand). Eine geringerer Unterhaltungsaufwand ist danach wahrscheinlich (vgl. Kap.6.5.1.1.2: UA IV).

Eigene hydrobiologische Untersuchungen sind in diesem Gebiet nicht durchgeführt worden. Da im Ist-Zustand Sand ansteht, der Sedimenttyp durch das Baggergut nicht verändert wird (Fall 1), bleibt als Erheblichkeit der neunmonatige Verbringungszeitraum plus die erfolgreiche Wiederbesiedelungsphase relevant. Im Außenbereich der seitlichen Geröllbegrenzungen und des Sinkstückdammes wird sich möglicherweise eine Besiedlung mit Hartsubstratorganismen (Aufwuchs) einstellen. Wenn sich auf der Aufhöhungsfläche die Strömungsgeschwindigkeit kleinräumig verringern sollte, wird in der Folge schluffhaltiger Feinsand primär im Bereich der Randdämme sedimentieren (vgl. Materialband III). Mit der partiellen Verschlickung wird naturgemäß das Artenspektrum auf der Fläche erweitert. Hinsichtlich Besiedelungsdichte und Biomasse würde dies eher eine positive als negative Änderung darstellen, da zu den Sandboden- auch Weichbodenarten hinzukämen oder diese teilweise ersetzt würden (vgl. Kap. 6.5.1.1.2, hier Fall 3).

Am niedersächsischen Ufer der Tideelbe, südlich und nördlich des Anlegers Krautsand (» Strom-km (N) 669,8 - 675,1), ist auf 88 ha die ufernahe Baggergutablagerungsfläche Krautsand geplant. Die strombauliche Gestaltung ist analog Twielenfleth. Vorgesehen ist die Verbringung aller rolligen Bodenarten, d. h. von Sanden mit geringen Schluff- und Kiesanteilen. Prognostiziert ist eine Baggergutmenge zwischen 2,6 und 3,3 Millionen m³, die innerhalb von 12 Monaten aufgebracht werden soll.

Mit der Deponierung des Baggerguts sind ebenfalls Regulierungsmaßnahmen verknüpft, wie die Bündelung der Strömung auf die Fahrrinne und dadurch Erhöhung der Räumkraft im unterhaltungsintensiven Bereich Rhinplatte und die Ufersicherung des erosionsgefährdeten Prallhanges bei Krautsand.

Entsprechend Variante WSA 3 (vgl. Materialband I, Strombaumaßnahmen) werden mit Erhöhung der max. Flut- und Ebbstromgeschwindigkeit um 3 - 9 cm s-1 die Transportkapazitäten in der Hauptrinne während beider Tidephasen um rd. 25 % signifikant ansteigen. Eine deutliche Entlastung im Unterhaltungsaufwand wird damit wahrscheinlich (vgl. Kap.6.5.1.1.2: UA IV).

Die Besiedlung der vorgesehenen Fläche Krautsand (K-672) und der Vergleichsfläche Rhinplatte-Südspitze (K-671) war relativ identisch. Abgesehen davon, daß so gut wie keine adulten Tiere registriert wurden, setzte sich der Bestand aus unreifen Oligochäten und Polychäten zusammen. Dominant waren Tubificiden ohne Haarborsten, wahrscheinlich aus der Gattung Limnodrilus. Analog der Besiedlung in der tiefen Rinne ist auch in den Randbereichen eine artenarme Bodenfauna kennzeichnend, allerdings vergleichsweise individuenstärker ausgeprägt.

Da auf die Baggergutablagerungsfläche sandiges Material verbracht wird, ist mit einer Änderung des Sedimenttyps nicht zu rechnen (Fall 1). Die ausbaubedingte Menge ist jedoch mit durchschnittlich 0,25 Millionen m³ Sand pro Monat sehr hoch. Mit der Geschwindigkeit, wie sich die Schichtdicke erhöhen wird, kann selbst der effektivste Reproduktionsmodus nicht schritthalten. Das führt mit Sicherheit dazu, daß die vorhandene Infauna in ihrem Bestand vollständig dezimiert wird. Die schon sehr angespannte Ausgangssituation im Bereich Rhinplatte wird dadurch noch verstärkt. Eine mögliche Wiederbesiedlung der extrem individuen- und artenarmen Fahrrinnengemeinschaft aus den ufernahen Seitenräumen wird für die Zeitdauer der Verklappungsaktivität wirkungsvoll unterbunden.

Die Veränderungen durch die Verklappung während des Ausbaus sind für die wirbellose Bodenfauna erheblich, insbesondere noch durch den negativen Sekundäreffekt auf die potentielle Fahrrinnenbesiedlung. Der Wirkzeitraum ist auf die Baggergutverbringung während der Bauphase begrenzt. Da der Sedimenttyp unverändert bleibt, dürfte die Neubesiedlung der Ablagerungsfläche relativ schnell verlaufen. Wenn sich, wie prognostiziert, über der Aufhöhungsfläche die max. Flutstromgeschwindigkeit um 9 bis 15 cm s-1 verringert - für die Ebbstromgeschwindigkeit wird ein konvergierendes Muster vorhergesagt, wird in der Folge auch schluffhaltiger Feinsand entsprechend den lokalen Strömungsmustern sedimentieren. Vergleichbar Twielenfleth werden die Habitatstrukturen vielfältiger und damit das mögliche Artenspektrum größer. Höhere Abundanzen und Biomassen dürften die Folge sein.

Ob die Erweiterung der Flachwasserflächen im Gebiet Krautsand sich effektiv auf die Fahrrinnengemeinschaft auswirken wird - im Sinne einer "Beimpfung" - wird in erster Linie von dem Ausmaß des zukünftigen Unterhaltungsaufwandes abhängen. Wenn es tatsächlich gelingt, die Intensität der Eingriffe in die Benthoszönose der Fahrrinne dauerhaft und signifikant zu minimieren, dann besteht zumindest die Hoffnung auf eine individuenstarke Infauna auch in diesem Elbeabschnitt.

In Untersuchungsabschnitt V am nördlichen Ufer um Brokdorf zwischen Tonne 66 und dem Unterfeuer Hollerwettern liegt die 106 ha große Baggergutablagerungsfläche Hollerwettern/Scheelenkuhlen (» Strom-km (N) 681,1 - 687,6). Die strombauliche Gestaltung des Regulierungswerkes ist analog Twielenfleth bzw. Krautsand. Eine Sandmenge von max. 4,3 Millionen m³ aus den Baggerabschnitten 4 und 5 (Strom-km (N) 646 - 689,7) soll hier ufernah untergebracht werden (Aufhöhung bis KN -3 m). Vorgesehen ist dafür eine Zeitspanne von 24 Monaten. Zweckmäßigerweise wird die Maßnahme gleich mit der Ufersicherung des erosionsgefährdeten Prallhanges verbunden sowie mit einer Konzentrierung des Stromes auf die Fahrrinne.

Das Hauptziel - die Milderung des Strömungsklimas im ufernahen Bereich - wird mit der Ausführung der Variante WSA 1 erreicht (vgl. Materialband I, Strombaumaßnahmen). Demzufolge reduzieren sich über der Baggergutablagerungsfläche die max. Flut- und Ebbstromgeschwindigkeiten um 3 bis 9 cm s-1, partiell sogar um 15 bis 21 cm s-1.

Für die vier Stationen im Bereich Scheelenkuhlen (K-685/1-4) erwiesen sich die eigenen Sedimentproben als relativ homogen: Vorwiegend Schlick mit größeren Kleianteilen im oberen 15-cm Horizont. An der Station Hollerwettern war die Sedimentprobe der obersten Deckschicht (K-680-1) recht heterogen: Schill (Schnecken- und Muschelschalen) mit unterschiedlichen Sandfraktionen (Sedimentansprache vor Ort).

Zufolge dem hohen Schillanteil dominierte im Material von Hollerwettern (K-680) die sessile Seepocke Balanus improvisus mit 2 x 103 Ind. m-2 etwa vergleichbarer Größenordnung mit 1 x 103 Ind. m-2 wurden Bathyporeia pilosa und Marenzelleria viridis gezählt. Im Abschnitt Scheelenkuhlen (K-685) waren fast ausschließlich Polychäten in den schluffhaltigen Sedimenten (i. allg. >> 50 %) bestandsbildend. Zahlenmäßig war die Populationsdichte juveniler Polychäten mit max. > 104 Ind. m-2 am höchsten, Polydora ciliata rangierte mit max. 1 x 104 Ind. m-2 an zweiter und Marenzelleria viridis mit max. 7 x 103 Ind. m-2 an dritter Stelle.

Während der 24monatigen Verklappung wird die vorhandene Artengemeinschaft durch die Sandabdeckung sehr stark bis vollständig dezimiert. Der veränderte Sedimenttyp (Fälle 5+6+8) wirkt einer gleichartigen Wiederbesiedlung während und unmittelbar nach der Verklappungsphase entgegen. Mit Beendigung der Baggergutverbringung wird sich zuerst eine weitgehend neue Artengesellschaft einstellen, bevorzugt eurytope Oligochäten und Sand tolerierende Amphipoden, wie beispielsweise die Kleinkrebse Bathyporeia pilosa, Corophium lacustre oder Gammarus zaddachi. Statt der Polychäten diverse Oligochäten, wie Limnodrilus profundicola, L. hoffmeisteri und verschiedene Naididen, z. B. Paranais litoralis. Der Polychät Marenzelleria viridis wird sich vermutlich halten können, da das adulte Tier sandige Substrate bevorzugt, hingegen Polydora ciliata wahrscheinlich nicht, da dieser Polychät eine ausgeprägtere Präferenz für schlickige Weichböden mit hohem, organischem Kohlenstoffanteil hat. Aufgrund der erheblich verringerten Ebb- und Flutstromgeschwindigkeiten (max. -21 cm s-1) wird in der Folgezeit schluffhaltiger Feinsand sedimentieren (vgl. Krautsand), und die Besiedelung mit typischen Weichbodenarten kann erneut beginnen. Vergleichbar Krautsand werden die Biotopstrukturen mit Fortschreiten der Zeit vielfältiger und damit das mögliche Artenspektrum größer. Im Endzustand dürften die Abundanzen und Biomassen eine Größenordnung wie im status quo erreichen.

Die Veränderungen auf 106 ha Fläche sind für die wirbelose Bodenfauna während der Verklappung erheblich. Die Auswirkungen sind zweifellos vorübergehend, da sich nach Beendigung der Maßnahme eine neue Artengesellschaft relativ zügig etablieren wird. Als Zwischenstadium wird sich eine zum status quo biomasseärmere Gemeinschaft etablieren. Mit zunehmender "Alterung" der Fläche und dessen partieller Verschlickung wird das Artenspektrum größer. Wenn sich juvenile und erwachsene Stadien von Marenzelleria viridis durchsetzen, was bei der zukünftigen Mischstruktur der Sedimente zu erwarten ist, werden Abundanz und Biomasse wieder auf dem ursprünglichen Niveau einschwingen.

In Tab. 6.5.1.8 sind die Eingriffsflächen der ausbaubedingten Verklappung abschnittsweise zusammengefaßt. Die Flächenangaben beziehen sich auf die ausgewiesenen Klappstellen, Baggergutablagerungsflächen und Spülfelder im Gebiet der Tideelbe, ohne Berücksichtigung einer möglich negativen Auswirkung über die unmittelbaren Areale hinaus.

Hinsichtlich des Ist-Zustandes wird sich an der Gesamtbewertung der einzelnen Untersuchungsabschnitte im Grundsatz nichts ändern. Zwar ist davon auszugehen, daß während der Verklappungsaktivitäten die Individuen-, Arten- und Biomassezahlen rückläufig sein werden, dieser Vorgang bleibt jedoch auf die lokalen Umlagerungsflächen beschränkt.

 

Tab. 6.5.1.8: Bewertung der Untersuchungsabschnitte (UA) und der beeinträchtigten Umlagerungsflächen durch die Ausbauverklappung - Ist-Zustand vs. Prognose-Zustand

Wertigkeit

UA VII

UA VI

UA V

UA IV1)

UA III

UA II

UA I

Ist-Zustand

hohe

hohe

mittlere

mittlere

geringe

geringe

mittlere

Prognose-Zustand

hohe

hohe

mittlere

mittlere

geringe

geringe

mittlere

Eingriffsfläche in UA
BGA=Baggergutablagerungs-
fläche
KG=Klappgrube
KS=Klappstelle
SP=Spülfeld

Teilgebiete

mit 247 ha:

1. KS
km741 N
2. KS
km 737 N
3. KS
km 733 N

Teilgebiete

mit 17 ha:

4. KS
km 714 N

Teilgebiete
mit 106 ha:

5. BGA
Hollewettern
-Scheelenkuhlen

Teilgebiete
mit 127 ha:

6. SP
Pagensand
7. BGA
Krautsand
8. BGA
Twielenfleth
9. KS
Hetlinger
Schanze

Teilgebiete
mit 43 ha:

9. KS
Hetlinger
Schanze
10. KS
Hanskalbsand
11. KG
Mühlenberger
Loch

-

-

Veränderg.
erheblich:
auf 247 haauf 17 haauf 106 haauf 127 haauf 43 ha  
davon
nachhaltig:
 auf 17 ha auf 6 haauf 13 ha  
Ist-Zustand

hohe

hohe

mittlere

mittlere

geringe

-

-

Prognose-Zustand

sehr geringe

sehr geringe

sehr geringe

sehr geringe

sehr geringe

-

-

1) = ohne alternatives Spülfeld Brammer Bank (249 ha erheblich und nachhaltig)

Auf den betroffenen Eingriffsflächen (vgl. Tab. 6.5.1.8) kommt es zu einer definitiven Abwertung, die auf den gesamten Untersuchungsabschnitt nicht übertragbar ist. Die Bewertungsmethodik beruht auf dem Mittelwert aller verfügbaren Daten im Längs- und Querprofil, so daß die Einstufung des status quo an jedem Punkt des Untersuchungsabschnittes seine Gültigkeit hat, allerdings ohne die Möglichkeit einer kleinräumigen Differenzierung in der vertikalen oder horizontalen Ausrichtung (vgl. dazu Kap. 5.2.5.1).

Da die Sedimenttypologie sich grundsätzlich nicht verändert, und das Regenerationspotential der benthischen Invertebraten relativ hoch ist, wird sich die zoobenthische Lebensgemeinschaft dem Ausgangsniveau der Umlagerungsflächen nach ein bis spätestens drei Jahren erneut angenähert haben (vgl. Kap. 6.5.1.2). Eine Ausnahme bilden dagegen die Gebiete mit einer langfristigen Veränderung der Sohlstruktur, hier sind die Auswirkungen für das Zoobenthos eindeutig nachhaltig (Hanskalbsand, Hetlinger Schanze, Pagensand, Brammerbank und Klappstelle K-714).

Eine wesentliche Wissenslücke ergibt sich aus der Frage nach der Dauer der Wiederherstellbarkeit der benthischen Faunengemeinschaft nach einer Störung. Der mögliche Zeitrahmen wird in der Literatur sehr unterschiedlich beurteilt. Vergleiche dazu Kap. 6.5.1.1.1, die dort getroffenen Ausführungen sind auch für das Thema Verklappung zutreffend. Trotz Literaturdaten sind die Erkenntnisse zu letaler Schichtdicke und Toleranzen gegenüber Verklappungsdauer und -mengen für die Bewertung dieser Eingriffsgröße nicht ausreichend. Feldstudien sind dringend geboten.

Bei der Einschätzung von Verklappungsaktivitäten und deren Auswirkungen steht ebenfalls die grundsätzliche Schwierigkeit im Raum, die von Natur aus hohe räumliche und zeitliche Variabilität biologischer Daten in einem Tidegewässer von den ausbaubedingten Folgen zu trennen. Hier gilt tatsächlich der Grundsatz, je umfangreicher und aktueller der biologische Datensatz desto höher ist die Wahrscheinlichkeit ausbaubedingte Störungen aus dem natürlichen "Grundrauschen" bzw. Normalbereich herauszufiltern.

 

6.5.1.2.2 Unterhaltungsverklappung nach der Anpassung

Grundsätzliche Rahmenbedingungen
Generell ist davon auszugehen, daß auf denjenigen Flächen, die von ausbaubedingt erhöhter Unterhaltungsverklappung betroffen sind, die wirbellose Bodenfauna wiederholt dezimiert und vernichtet wird. Kaum hat sich eine Population etabliert, schon wird die Besiedlung von neuem unterbrochen. Über mehrere Jahre hinweg kann sich dort die Bodenfauna nicht über ein Initialstadium hinaus entwickeln. Die ständig wiederkehrenden externen Systemstörungen, durch die in diesem Sinne nachhaltige Unterhaltungsverklappung - egal ob ausbaubedingt oder nicht - belassen das Ökosystem in einer künstlich bestehenden Pionierphase, und der Bodenfauna wird die Möglichkeit genommen, sich über ein Initialstadium hinaus zu entwickeln. Auf diesen Flächen sind die Auswirkungen erheblich und prinzipiell nachhaltig. Nachhaltig schon deshalb, weil es sich um kein abgetrenntes Einzelereignis, sondern um die Summierung vieler Unterhaltungsverklappungen handelt (vgl. Kap. 6.5.1.1). So viel zur theoretischen Grundlage.

In der Praxis sieht es nun so aus, daß je nach Tideelberegion "ein Mehr" oder "ein Weniger" ausbaubedingter Unterhaltungsverklappung stattfinden wird. Logischerweise entsprechen diese Mengen den Unterhaltsbaggermengen nach der Bauphase. Die Überlegungen dazu sind analog denjenigen, wie sie für die ausbaubedingte Unterhaltungsbaggerung schon umfassend erörtert worden sind. Um Wiederholungen zu vermeiden, soll an dieser Stelle der Hinweis auf Kapitel 6.5.1.1.2 ausreichen.

 

Auswirkungen
In der Hamburger Delegationstrecke wird die Mergelklappgrube mit Beendigung der Baumaßnahme verfüllt sein. Darüber hinaus wird sie für die ausbaubedingte Unterhaltungsverklappung nicht weiter genutzt, infolgedessen keine diesbezüglichen Beeinträchtigungen. Wenn die bisherige Praxis der Verbringung von Unterhaltungsbaggermengen beibehalten wird, landseitige Deponierung von Schlick und Umlagerung von Sanden im Strom sowie lokal begrenzte Strandvorspülungen, werden auch keine Folgeauswirkungen auf die benthische Wirbellosenfauna zu erwarten sein.

Für die Revierstrecke des WSA Hamburg sind vergleichsweise die höchsten, wenn auch zeitlich befristeten Zuwächse in den zukünftigen, mittleren Unterhaltungsbaggermengen prognostiziert worden (vgl. MATERIALBAND II, Unterhaltungsbbaggerungen u. Umlagerungen und Kap. 6.5.1.1.2). Für die unterhaltungsintensiven Teilgebiete in den sogenannten Strombaubereiche Juelssand, Krautsand und Rhinplatte wird dagegen ein reduzierter Aufwand vorhergesagt. Die Strombauwerke Twielenfleth, Krautsand und Hollerwettern-Scheelenkuhlen sind so geplant, daß eine Konzentrierung der Strömung auf die Fahrrinne erfolgt und damit eine deutliche ("signifikante") Erhöhung der Geschiebefrachten (vgl. MATERIALBAND I, Strombaumaßnahmen). Grundsätzlich muß aber in der Unterelbe, im Abschnitt des WSA Hamburg, in den ersten Jahren mit einem zunehmenden Unterhaltungsaufwand gerechnet werden. Die Fahrrinnenverbreiterung vergrößert zwangsläufig die zu unterhaltende Fläche, und durch die Vertiefung sowie den Anschnitt der Flanken wird zusätzlich Material freigesetzt bzw. in das System eingetrieben (morphologischer Sedimentnachlauf).

Die Umlagerungsflächen nach Kap. 6.5.1.2.1 sind von den Unterhaltungsmengen nicht betroffen, da sie gemäß Planung für die ausbaubedingte Verklappung bzw. Baggergutablagerung eingerichtet worden sind. Allerdings ist der Baubeschreibung für die Revierstrecke nicht im einzelnen zu entnehmen, wie das künftige Verbringungskonzept aussehen wird.

Für die Prognose wird davon ausgegangen, daß auch weiterhin in Übertiefen der Fahrrinne oder in den tiefen Seitenräumen verklappt wird. Das wären im folgenden die "alten" Umlagerungsflächen zwischen Strom-km (N) 645 -647 (Lühe-Fahrrinne), 648 - 649 (Hetlingen-Seitenraum), 660- 662 (Pagensand-Seitenraum), 663 - 668 (Pagensand/Steindeich-Fahrrinne), 677 - 679 (Stör-Fahrrinne), 686 - 687 (Scheelenkuhlen-Seitenraum) und 668 bis Amtsgrenze (Fahrrinne).

Die Verklappung in Übertiefen bzw. großen Wassertiefen ist eine verträgliche Variante. Dem Bericht zur Entwicklung der Fahrrinnensohle in Übertiefen (BERNHARD, 1996) ist zu entnehmen, daß in Zusammenhang mit der praktizierten Verklappungsstrategie keine räumlich-zeitlich spezifischen morphologischen Auswirkungen des Eintrags von Baggergut zu verzeichnen waren. Vielmehr wird vorausgesetzt, daß die verklappten Unterhaltungsbaggermengen durch natürliche Umlagerungsprozesse großräumig verteilt und primär in Sedimentationsgebieten langfristig abgelagert worden sind. D. h. in der Konsequenz, daß sich niemals mächtige Abdeckschichten in den Verklappungsarealen aufbauen können, zumindest nicht spontan. Da es sich außerdem um vorwiegend rolliges Sandmaterial handeln wird (Fall 1), dürfte sich eine Schichthöhe unterhalb der biologisch-wirksamen Toleranzschwelle einstellen.

Die eigenen Untersuchungsergebnisse aus den Gebieten mit Übertiefen, die bisher und auch zukünftig für die Unterhaltsverklappung genutzt werden, haben eine für die Fahrrinne ziemlich strukturreiche Artengemeinschaft aufgezeigt. Die Querschnitte Pagensand und Lühesand waren jeweils in den einschlägigen Verklappungsräumen lokalisiert. In der Hauptrinne bei Pagensand (Strom-km (N) 664) lag die durchschnittliche Taxazahl bei sieben Arten, die mittlere Besiedlungsdichte betrug rd. 5 x 103 Ind. m-2 und die mittlere Biomasse entsprach einem AfTg von rd. 40 mg m-2 (vgl. Kap. 2.6.2.1.3). Die entsprechenden Populationsparameter auf dem Querschnitt Lühesand (Strom-km (N) 648) waren zwar grundsätzlich höher, was aber nicht verwunderlich ist, da der Übergangsbereich zum Süßwasser hin produktiver ist als umgekehrt in Richtung ausgeprägtes Oligohalinikum. Die mittlere Taxazahl erreichte ebenfalls sieben Arten, die durchschnittliche Gesamtabundanz war mit rd. 2 x 104 Ind. m-2 um eine Zehnerpotenz höher, und die Biomasse variierte für Fahrrinnenstationen zwischen 60 und 100 mg AfTg m-2 (vgl. Kap. 2.6.2.1.4). In beiden Fällen war für die genannten Größen kein signifikanter Unterschied zwischen Haupt- und Nebenrinne(n) nachweisbar. Im Vergleich mit den eigenen Untersuchungsergebnissen der Längsprofilstationen, insbesondere mit den geplanten Klappstellen analoger Untersuchungsabschnitte, waren die Ergebnisse unter Vernachlässigung der Sedimentstrukturen und -präferenzen verhältnismäßig gleichartig geordnet.

Die Verklappung über großen Tiefen ist offenkundig eine zweckmäßige sowie ökologisch geeignete Art der Verbringung von Unterhaltungsbaggermengen. Die Beeinträchtigungen der wirbellosen Bodenfauna sind durch diese Verklappungspraxis minimal: Die Veränderungen sind unerheblich und kurzfristig. Die Prognose zur ausbaubedingten Unterhaltungsverklappung hat allerdings nur Gültigkeit, wenn die Verklappung in Übertiefen der Fahrrinne und in großen Tiefen der Seitenräume wie bisher beibehalten wird.

Für die Revierstrecke des WSA Cuxhaven wird kurz-/mittelfristig eine Abnahme der ausbaubedingten, mittleren Unterhaltungsbaggermengen prognostiziert (vgl. WOLF & WITTEN, 1995; MATERIALBAND II, Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen und Kap. 6.5.1.1.2). Wenn diese Anteile sinken, dann reduziert sich synchron die zukünftige Unterhaltungsverklappung. Mit einer Minimierung der zu verklappenden Baggermengen und wahrscheinlich auch der Wiederholungshäufigkeit werden die Auswirkungen auf die Klappstellenbiozönosen geringer, d. h. unerheblich. Wenn sich der seit 1993 beschriebene Trend in der Unterhaltungsverklappung stabilisieren ließe (vgl. Kap. 6.5.1.1.2), würde zumindest der Ist-Zustand konserviert, also keine Verschlechterung eintreten. Eine ökologische Aufwertung, im Sinne einer arten- und individuenreichen, stabileren benthischen Faunengemeinschaft, die sich nicht ausschließlich aus Opportunisten rekrutiert, ist allerdings utopisch, auf jeden Fall so lange, wie die Unterhaltungsverklappung auf den ausgewiesenen Flächen praktiziert wird.

Die Unerheblichkeit der ausbaubedingten Unterhaltungsverklappung beruht auf der Annahme der Gutachter nach MATERIALBAND II (Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen), daß im Bereich des WSA Cuxhaven eher mit abnehmenden Unterhaltungsbaggermengen zu rechnen ist, da ausbaubedingt die Hauptströmungskomponente auf die Fahrrinne konzentriert wird, bei nur geringfügig veränderten Fahrrinnenlagen und -breiten. Andererseits verweist der zit. Autor ausdrücklich daraufhin, daß die prägenden, hydrographischen Abhängigkeiten bestehen bleiben werden. Die räumliche und zeitliche Variabilität der Unterhaltungsbagger- bzw. -verklappungsmengen ist quantitativ nicht vorhersagbar, da die großen, systemtypischen Schwankungsbreiten auch in Zukunft andauern werden: "Dadurch können die zukünftigen Unterhaltungsbaggermengen (logischerweise auch die zukünftigen Verklappungsmengen) auch nur insoweit prognostiziert werden,...mit einem...lokal, je nach morphologischer Konstellation, leicht veränderten mittleren "Mehr" oder "Weniger" an Unterhaltungsaufwand". Unterm Strich kommt der Verfasser zu der Erkenntnis, quantitativ ist keine Prognose möglich, grob geschätzt lassen sich nur geringfügige Veränderungen im Gesamtunterhaltungsaufwand vorhersagen.

Bei der Einschätzung von Verklappungsaktivitäten und deren Auswirkungen steht ebenfalls die Schwierigkeit im Raum, die von Natur aus hohe räumliche und zeitliche Variabilität biologischer Daten von den ausbaubedingten Folgen zu trennen. Hier gilt tatsächlich der Grundsatz, je umfangreicher und aktueller der biologische Datensatz, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit ausbaubedingte Störungen aus dem natürlichen "Grundrauschen" bzw. Normalbereich herauszufiltern.

 

6.5.2 Auswirkungen der veränderten Gewässermorphologie und davon abhängiger Parameter auf das Zoobenthos

6.5.2.1 Auswirkungen von Veränderungen der Watt- und Flachwasserbereiche

Durch die Veränderungen der Sohltiefe und -breite der Fahrrinne infolge der Baumaßnahme wird grundlegend in die Morphologie der Tideelbe eingegriffen. Als Folge davon werden Auswirkungen auf die Tidewasserstände, insbesondere den Tidenhub prognostiziert (vgl. MATERIALBAND I, Tidedynamik). Der Tidenhub wird sich vergrößern, da in der Tendenz mit einem Anstieg des MThw und einem Absinken des MTnw zu rechnen ist. Die Änderungen des Tidenhubs sind im Untersuchungsraum jedoch nicht gleichbleibend. Beispielsweise fällt das MTnw zwischen Cuxhaven und Glückstadt um rd. -2 cm ab. Die größte Veränderung im MTnw tritt mit -7 cm bei St. Pauli ein. Hier liegt auch der maximale Anstieg des MThw mit +4 cm. Die größte Tidehubveränderung mit rd. 10 cm wird demnach in diesem Abschnitt eintreten. Diese Angaben basieren auf den in MATERIALBAND I beschriebenen Randbedingungen.

Die prognostizierten Tidenhubänderungen führen grundsätzlich zu einer Ausdehnung der Watten3 und einer Verkleinerung der Flachwasserbereiche4. Gemäß Gutachten zur Tidedynamik (MATERIALBAND I) beträgt die Flächenzunahme der Wattgebiete im Untersuchungsraum nur 1 ‰. Über den möglichen Verlust von Flachwasserbereichen liegt seitens der Gutachter keine quantitative Nennung vor. Aufgrund der ausbaubedingten Absenkung des MTnw wird zwar ein Verlust von Flachwassergebieten für wahrscheinlich gehalten, bezogen auf die Gesamtfläche des Untersuchungsraumes wird die Abnahme aber so gering ausfallen, daß auf eine Berechnung verzichtet wurde. In Kap. 6.3.2.1 sind anhand von drei generalisierenden Fallstudien zu diesen Flächenveränderungen nähere Angaben gemacht.

Die Flächenveränderungen zwischen Watt- und Flachwassergebieten sind für die wirbellose Bodenfauna von untergeordneter Bedeutung. Für die großen Wattgebiete in der Außenelbe und in dem trichterförmigen Mündungsabschnitt liegt die prognostizierte MTnw-Absenkung im untersten cm-Bereich (max. - 2 cm). Zwischen Watt und Flachwasser wird es also zu keinen deutlichen Flächenverschiebungen kommen. Aber selbst die größte Veränderung mit max. 7 cm bleibt in einem Maßstab, der die benthische In- und Epifauna nur peripher tangiert, da diese Ereignisse ausschließlich episodisch auftreten.

Eine vertikale Zonierung ist zwar für viele Bodentiere charakteristisch, sie nimmt aber in der Regel bezug auf die vorliegenden Habitatstrukturen. Für Tubificiden beispielsweise läßt sich eine höhenabhängige Verteilung auf Watten nachweisen. Wird von der Niedrigwasserlinie zum Ufer ein Profil gelegt, so ist mit zunehmender Entfernung von der MTnw-Linie eine Zunahme der Abundanz und eine Abnahme der Artenzahl zu verzeichnen. So konnte PFANNKUCHE (1977) feststellen, daß im Fährmannssander Watt nahe der Niedrigwasserlinie acht Tubificiden-Arten siedelten, mit einer Gesamtabundanz von 2 x 103 Ind. m-2. Im Bereich der MThw-Linie wurden nur noch fünf Arten registriert bei einer Individuendichte von allerdings 1 x 105 Ind. m-2. Dieses Verteilungsmuster führte PFANNKUCHE (1977) aber primär auf die Sedimenttypen zurück. Vergleichbare Phänomen sind auch von OHDE (1981) für unterschiedliche Watthöhenlagen im Außenelbebereich beschrieben worden.

Selbst wenn sich theoretisch der Niedrig- bzw. Hochwasserstand im cm-Maßstab dauerhaft verschieben würde - was nicht der Fall ist - so wird diese Veränderung von den benthischen Wirbellosen toleriert. Eine entsprechende Besiedlungsstruktur wird sich auf dem neuen Höhenniveau wieder einstellen, ohne erhebliche Bestandsverluste, vorausgesetzt der Sedimenttyp bleibt unverändert. Aber auch sessile Arten werden nicht betroffen sein, da sie von Natur aus den extremen und periodisch wechselnden Randbedingungen der Watten in vielerlei Beziehung angepaßt sind.

In Kap. 2.6.2.1.6 ist die substratabhängige Verteilung der abundanten Arten diskutiert. Den zugehörigen Tab. 2.6.2.9 ff. ist außerdem die Vertikalverbreitung in den jeweiligen Untersuchungsabschnitten zu entnehmen, zusammengestellt aus den eigenen Untersuchungen und Literaturangaben. Auffällig ist, daß zwischen Watt und Flachwasser, in deren Grenzzone die Wasserstandsänderungen auftreten, die wahrscheinliche Präsenz einer Art auf beide Höhen- bzw. Tiefenhorizonte zutrifft, wenn ein analoger Sedimenttyp vorherrscht. Grundsätzlich sind schluffige Feinsande, die vorwiegend in den strömungsberuhigten Flachwasserzonen sedimentieren, individuen- und biomassereicher besiedelt als die sandige Fahrrinne. Fast alle Arten wurden jedoch auch im Tiefwasser und der Fahrrinne nachgewiesen, sie kamen allerdings in den flacheren und schlickigeren Bereichen häufiger vor. Z. B. siedelte der Polychät Marenzelleria viridis über den gesamten Tiefenhorizont, allerdings im Bereich von Tief- zu Flachwasser mit deutlich ansteigender Populationsdichte. Selbst in der Stromsohle war der Polychät abundant. Bathyporeia pilosa und Propappus volki sind dagegen die einzigen charakteristischen Vertreter der schlickarmen Stromsohle. Bei entsprechender Sedimentbeschaffenheit siedeln sie jedoch auch im oberen Sublitoral, sogar bis ins Eulitoral hinein (JEPSEN, 1965; HAGGE, 1985). Vorübergehend kann es immer wieder zu Vertikalzonierungen kommen, die im wesentlichen durch kleinräumige, temporäre Strukturänderungen in der Sedimenttypologie bedingt sind.

Es ist also davon auszugehen, daß es vorrangig eine sedimentabhängige Verteilung der Bodenfauna gibt, eine tiefenbedingte ist nachgeordnet, da sich das Vorkommen einer Art an den lokalen Habitatstrukturen orientiert. In diesem Zusammenhang stellen die Verschiebungen zwischen Watt- und Flachwassergebieten als Folge der ausbaubedingten Niedrigwasserabsenkung für die benthischen Wirbellosen keine Beeinträchtigung dar. Ein denkbares Risiko kann sich hingegen aus einer möglichen Veränderung der Sedimentqualität in den Flachwassergebieten ergeben. Diesbezüglich liegen keine ausschlaggebenden Erkenntnisse vor.

 

6.5.2.2 Auswirkungen von Veränderungen des Salzgehaltes

Nach den eigenen Untersuchungen sowie den Literaturrecherchen von BERGEMANN (1995) und RIEDEL-LORJÉ et al. (1995) liegt die obere Brackwassergrenze u.a. infolge der vorangegangenen Fahrrinnenvertiefungen derzeit schon auf Höhe Lühesand (Strom-km (N) » 648). Die Rechensimulation der BAW-AK (MATERIALBAND I, Tidedynamik) ergab für die geplante Vertiefung eine nur sehr geringfügige stromaufwärtige Verschiebung um rd. 500 m, mit einer Zunahme des Salzgehaltes bei Wedel von 0,02 ‰ (vgl. MATERIALBAND I).

In Kap. 3.4.3 ist die aktuelle Verbreitung der benthischen Wirbellosenfauna mit Bezug auf die Lage der oberen Brackwassergrenze in der Tideelbe ausführlich diskutiert. Der Ist-Zustandsbeschreibung ist nach Abwägung der diesbezüglichen ausbaubedingten Veränderung nichts hinzuzufügen.

Der prognostizierte Salzanstieg ist für die Bodenfauna unerheblich. Die meisten der dort siedelnden Arten sind limnisch-euryhalin und gegen die minimale Aufsalzung tolerant. Die Masse der in der Tideelbe heimischen Oligochätenarten ist bis ins Oligohalinikum verbreitet. Selbst der Restbestand der verbliebenen Süßwassermollusken toleriert i. allg. Salzgehalte um 0,5 ‰, beispielsweise Dreissena polymorpha und Viviparus contectus » 0,5 ‰, Physa spp. < 1 ‰ sowie Bithynia tentaculata, Potamopyrgus antipodarum und Radix ovata > 1 << 2 ‰.

Die Tendenz zu einer Verkleinerung des durch das Wehr Geesthacht nach oben begrenzten limnischen Bereichs der Tideelbe wird fortgesetzt. Dieser für stenöke Süßwasserorganismen negative Trend wird für diesen Untersuchungsabschnitt weiter voranschreiten.

 

6.5.2.3 Auswirkungen von Veränderungen der Strömungsgeschwindigkeit

Das Vorkommen der benthischen Wirbellosen wird durch die Sedimenttypologie wesentlich beeinflußt (vgl. o. g. Kap. und Kaps. 2.6.2.1.6 & 6.5.1.1.2). Die Verteilung der Sedimente wird wiederum stark von der Strömungsgeschwindigkeit bestimmt. Eine maßnahmebedingte Veränderung des Strömungsklimas kann sich daher indirekt auf die Verbreitung der Bodenfauna auswirken - und diese Wechselbeziehung gilt es zu betrachten.

Die Fahrrinnenbewohner sind hohen Strömungsgeschwindigkeiten und damit verbundenen Sedimentumlagerungen i. allg. gut angepaßt: Beispielsweise verfügt der dominante Oligochät Propappus volki über eine Klebdrüse, mit der sich das Tier an Sandkörnern fest anheftet. Die Enchytraeiden haben eine derbe Kutikula, die sie gegen mechanische Beschädigungen weitgehend schützt, Muscheln und Schnecken können sich für lange Zeit in ihr stabiles Kalkgehäuse zurückziehen. Röhrenbauende Tubificiden geben in mobilen Sedimenten die Tubicolie zugunsten einer beweglichen Lebensweise im Sandlückensystem auf.

Signifikant höhere Strömungsgeschwindigkeiten werden nicht vorausgesagt (MATERIAL- BAND I). Im Untersuchungsraum Tideelbe treten Veränderungen der mittleren Flutstromgeschwindigkeit zwischen -0,08 m s-1 und +0,08 m s-1 auf, wobei über den meisten Flächen die Änderungen darunter liegen. In MATERIALBAND III wurde geprüft, welche Auswirkungen die veränderten Strömungsgeschwindigkeiten auf das Vorkommen der Sedimente haben können. Wenn sich der mittlere Korndurchmesser um > 10 % strömungsbedingt verändert, gehen die Autoren davon aus, daß sich auch der Sedimenttyp insgesamt deutlich verändert. Auf rd. 520 ha Fläche sind die Sedimente durch Veränderungen der Strömungsgeschwindigkeit betroffen. Auf dem größten Teil der Gewässersohle finden Verminderungen der Korndurchmesser statt (rd. 355 ha), auf rd. 165 ha dagegen Vergrößerungen.

In wie weit diese sedimenttypologisch deutliche Korngrößenverschiebung zu erheblichen Veränderungen der wirbellosen Bodenfauna führt, soll im folgenden diskutiert werden.

Ausgehend von der extremen Zu- bzw. Abnahme der Flutstromgeschwindigkeit um ± 0,08 m s-1 würde sich ein typischer Schlick der Korngröße 36 µm zwischen 29 und 45 µm verändern; ein schluffiger Sand mit einem mittleren Korndurchmesser von 83 µm zwischen 66 und 103 µm. Ein Feinsand der Körnung 189 µm zwischen 152 und 236 µm und ein Mittel-/Grobsand von 286 µm zwischen 229 und 356 µm (vgl. Materialband III: Tab. 4-18).

Die vorstehend dargestellten Sedimenttypen sind i. allg. charakteristisch für die Gewässersohle, sowohl vom Tief(st)- als auch bis ins Flachwasser. Die meisten Arten der Gewässerbiozönose sind eurytop, d. h. ihre Sedimentansprüche sind so weit gestreut, daß sie innerhalb der o. g. Spannweite der strömungsbedingten Veränderungen des Korndurchmessers liegen. Gravierende Auswirkungen wären nur zu erwarten, wenn sich der Sedimenttyp definitiv von einem Sand in einen typischen Schlick verändert oder umgekehrt- was nach den zit. Fallbeispielen unwahrscheinlich ist. Der Oligochät Propappus volki ist eine stenotope Art; P. volki siedelt bevorzugt in Fein- bis Mittelsanden und meidet vorbehaltlos stark schluffhaltige Substrate. Ein Wechsel von Mittel- zu Feinsand hat für diese Art keine nachhaltigen Folgen. Der verbreitete Amphipode Bathyporeia pilosa ist ebenfalls eine relativ stenotope Art mit einer Präferenz für Feinsand. Andererseits findet man ihn aber auch auf schluffhaltigen Fein- oder Mittelsanden. Die Muscheln Mytilus edulis und Dreissena polymorpha siedeln gewöhnlich auf Hartsubstraten, sind aber ebenso auf Sanden aller Art zu finden: Von Kies, Grob- bis Feinsand, selbst auf Schlickflächen sind sie dokumentiert. Allerdings nur, wenn eingelagerte Steine oder sonstige sekundäre Hartsubstrate als Anheftungsmöglichkeit vorhanden sind. Die meisten Tubificiden verhalten sich indifferent: Limnodrilus profundicola und Potamothrix moldaviensis bevorzugen die weite Spanne von Fein- bis Mittelsand, die verbreiteten Arten Limnodrilus hoffmeisteri, L. claparedeanus, L. udekemianus u. a. besiedeln alle Substrate von Sand bis Schlick, ebenso wie viele Naididen aus der Gattung Nais. Die dominanten Polychäten Capitella capitata, Heteromastus filiformis, Hediste diversicolor, Polydora ciliata, Pygospio elegans u. a. sind typisch für Weichböden. Die in der Tideelbe dominante Polychätenart Marenzelleria viridis zeigt je nach Entwicklungsstadium eine Präferenz für schlickige oder sandige Substrate. Eine Sedimenttypänderung von 36 µm zu 29 oder 45 µm Korndurchmesser ist für die Weichbodenarten unerheblich, ebenso wie die prognostizierte Veränderung für schluffhaltige Feinsande.

Die strömungsbedingte Veränderung der Struktur der Gewässersedimente im Untersuchungsraum Tideelbe hat für fast alle benthischen Wirbellosen keine Auswirkungen.

 

6.5.2.4 Auswirkungen in den Nebenflüssen

Der Ist-Zustand der benthischen Wirbellosenfauna für die untersuchten Nebenflüsse ist in Kap. 2.7.1 beschrieben.

Die Baumaßnahmen der Fahrrinnenanpassung sind auf die Unter- und Außenelbe beschränkt, direkte ausbaubedingte Beeinträchtigungen sind damit für die Nebenflüsse auszuschließen. Die Auswirkungen nach der Fahrrinnenanpassung sind durch Modellrechnungen der BAW-AK (MATERIALBAND I, Tidedynamik) als unerheblich eingestuft worden: Die Veränderungen im Tidenhub sind als geringfügig bewertet worden. Nach MATERIALBAND II (Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) ist auch mit keiner nachhaltigen Veränderung im Sedimentationsverhalten der untersuchten Nebenflüsse zu rechnen. Der zukünftige Unterhaltungsaufwand wird sich innerhalb der üblichen, systemeigenen Schwankungsbreite bewegen.

Für die benthische Weichbodenfauna und die der Steinschüttungen bleiben damit die Rahmenbedingungen konstant, so daß keine erheblichen oder nachhaltigen Veränderungen vorhersagbar sind.

Wenn überhaupt Beeinträchtigungen möglich sind, dann nur über Auswirkungen des prognostizierten Tidenhubs. Dieser Zusammenhang ist in Kap. 6.5.2.1 schon abgehandelt, und ist in seiner Bedeutung uneingeschränkt auf die untersuchten Nebenflüsse übertragbar.

 

6.5.2.5 Nebenelben und Nebenrinnen

Dem Gutachten zur morphologischen Entwicklung dieser Nebengewässer (MATERIALBAND I, Nebenelben u. Nebenrinnen) ist eindeutig zu entnehmen, daß keine ausbaubedingten Veränderungen eintreten werden: "Für den geplanten weiteren Ausbau ist daher die Feststellung zulässig, daß diese Maßnahme (...) die morphologische Entwicklung der Nebenelben nicht grundlegend verändern wird". Die Konzentrierung der Strömung auf die Fahrrinne sowie die ausbaubedingte Zunahme der Tidedynamik heben sich aufgrund ihrer gegenläufigen Wirkung in den Nebenelben auf. Nach den Ergebnissen der hydrodynamischen Rechensimulation lagen die ausbaubedingten Änderungen für die Strömungsparameter und den Geschiebetransport in den Nebenelben nahezu bei null.

Untersucht wurden in diesem Zusammenhang folgende Nebengewässer:

  • Mühlenberger Loch
  • Hahnöfer Nebenelbe
  • Lühesander Süderelbe
  • Pagensander Nebenelbe
  • Nebenrinne Schwarztonnensand
  • Glückstedter Nebenelbe
  • Brammer Bank
  • altes Wischhafener Fahrwasser
  • Freiburg-Reede
  • Böschrücken

Aus dem Gutachten ist der Schluß zu ziehen, daß die Aussagen (keine erheblichen oder nachhaltigen Auswirkungen) sowohl für die morphologisch stabileren Nebenelben, als auch für diejenigen, in denen derzeit die Sedimentationsprozesse noch andauern (die letzten drei Nebengewässer in obiger Aufstellung und die Hahnöfer Nebenelbe), gültig sind.

Unter Beachtung dieser Ergebnisse dürfte sich in der Artenstruktur der wirbellosen Bodenfauna in den Nebenelben und Gerinnen ausbaubedingt nichts verändern. Die Artenzahlen, Abundanzen sowie Biomassegrößen werden sich nach der Baumaßnahme in derselben hohen räumlichen und zeitlichen Variabilität zeigen, wie schon im Ist-Zustand dokumentiert. Für die Lühesander Süderelbe, die Pagensander Nebenelbe, die Nebenrinne Schwarztonnensand (vgl. Kap. 2.6.2.1.3-4) und die Brammer Bank sowie alte Wischafener Fahrwasser liegt die eigene Bestandsaufnahme vor (vgl. Tab. A.2.6.2.2: K-679-1 bis 5). Um weitere Wiederholungen zu vermeiden, soll an dieser Stelle für die übrigen Nebengewässer der Verweis auf die Untersuchungsergebnisse von LELING (1986), FIEDLER (1991), POSEWANG-KONSTANTIN et al. (1992) und ARGE ELBE (1993) genügen (vgl. dazu Kap. 3.6.2.1.-2).

 

6.5.3 Nullvariante

Ausgangspunkt für diese Betrachtung ist die Beschreibung des Ist-Zustandes Zoobenthos sowie die daraus abgeleitete Bewertung. Der status quo wiederum stellt keinen irgendwie zufällig gearteten Moment in der Entwicklung der Tideelbe dar, sondern ist das Resultat vielfältiger, natürlicher und anthropogener Einflüsse, die das Fließgewässer so geformt haben, wie es sich heute darstellt. Für eine Nullvariante kann demzufolge allein der bisherige Trend fortgeschrieben werden.

Die Prognose der Nullvariante für die Entwicklung der wirbellosen Bodenfauna ohne Vollzug der Fahrrinnenanpassung auf KN - 15,3 m basiert im wesentlichen auf der Intensität und Strategie der zukünftigen Unterhaltungsbaggerungen und Umlagerungen. Als weitere Randbedingungen wären die geplanten Baumaßnahmen im Bereich der Hamburger Delegationsstrecke und die der WSÄ Hamburg und Cuxhaven zu hinterfragen. Darüber hinaus werden mögliche Klimaänderungen und ein Anstieg des Meeresspiegels Auswirkungen auf die Ökologie der Tideelbe haben.

 

6.5.3.1 Unterhaltungsbaggerung und Verklappung

Laut Gutachten (MATERIALBAND II, Unthaltungsbaggerungen u. Umlagerungen) ist mit keiner signifikanten Änderung in Lage und Intensität der bestehenden Unterhaltungsbaggerungen in der Tideelbe sowie des Hamburger Hafens zu rechnen. Unter Vernachlässigung der Folgen möglicher Klimaveränderungen (vgl. Kap. 6.5.3.3) wird die allgemeine, oberwasserabhängige Tendenz bestehen bleiben und damit die regional sehr großen Schwankungsbreiten im Unterhaltungsaufwand. Beispielsweise ist ein hoher Oberwasserabfluß grundsätzlich mit einer Erhöhung der Baggermengen im Amtsbereich des WSA Cuxhaven und einer Verringerung in der Revierstrecke des WSA Hamburg verbunden, wie auch der umgekehrte Fall im Prinzip richtig ist (MATERIALBAND I). Die derzeitige Entwicklung einer Zunahme der Unterhaltungsbaggermengen in den Stromabschnitten Juelssand und Rhinplatte ist auf den die Sedimentation prägenden Sachverhalt Oberwasserabfluß zurückzuführen (MATERIALBAND II).

Da sich im Unterhaltungsaufwand im Grundsatz nichts ändern wird, die lokalen Verschiebungen sich maximal in ein leicht verändertes "Mehr oder Weniger" bewegen werden, ist nicht zu erwarten, daß sich in der Bewertung des Ist-Zustandes der wirbellosen Bodenfauna zukünftig etwas wandeln wird. Der Schwerpunkt der Baggeraktivitäten wird je nach Oberwasserabfluß auch in Zukunft in den Stromabschnitten Lühesand sowie Juelssand und Rhinplatte oder Osteriff und Mittelgrund/-rinne liegen. Mit den Sandentnahmen wird auch die Bodenfauna quantitativ entfernt, so daß die ständige Störung der Rinnenbiozönose weiterhin bestehen bleibt.

Im Bereich der Hamburger Delegationsstrecke, also auch des Hafens, ist die bereits genannte, mehr oder weniger ausgeprägte Oberwasserabhängigkeit der Unterhaltungsbaggerungen und -mengen prinzipiell ebenso gültig (MATERIALBAND II). Inwiefern mehr Hopper- statt Eimerkettenbagger eingesetzt werden, oder der Anteil von Schlickeggungen zunimmt, wird die Zukunft zeigen. Im Gegensatz zu Baggerungen verbleibt bei Eggungen die Bodenfauna allerdings im System. Ihr Überleben ist zumindest wahrscheinlicher als bei der landseitigen Deponierung oder bei der Verfüllung von Hafenbecken. Andererseits darf jedoch nicht außer achtgelassen werden, daß der vermeintliche Vorteil des Überlebens relativ schnell reproduzierbarer Weichbodenarten nicht den offensichtlichen Nachteil der Schad- und Nährstofffreisetzung sowie der erhöhten Sauerstoffzehrung durch das Eggen kompensiert, ganz abgesehen von der Schädigung planktischer Organismen. Grundsätzlich wird sich also im Bereich der Hamburger Delegationsstrecke in der Bewertung des Ist-Zustandes der Bodenfauna nichts ändern. Die möglichen Folgen der geplanten Baumaßnahmen werden in Kap. 6.5.3.2 behandelt.

Mit der geplanten Kurvenanpassung der Fahrrinne im Bereich des Leitdammes Kugelbake (Maßnahme des WSA Cuxhaven) wird eine Verringerung der Unterhaltungsbaggermengen angestrebt. Durch eine Bündelung der Tideströme soll die Selbsträumkraft in der Mittelrinne erhöht werden (NEUMANN & WOLF, 1996). Wenn sich das Vorhaben in seiner Auswirkung bestätigt, würde das nach Vollzug der Maßnahme eine Minimierung der Störungen auf die Gemeinschaft der Rinnensohle durch verminderte Unterhaltungsbaggerungen bedeuten.

Seit 1982 werden die Unterhaltungsbaggermengen im Bereich der WSÄ Hamburg und Cuxhaven im Strom umgelagert. Da in der Revierstrecke des WSA Hamburg die Flächen der Seitenräume weitestgehend gesättigt sind, wird das anfallende Material in die Übertiefen der Rinne verklappt. Im Bereich des WSA Cuxhaven wird das Baggergut allerdings auf die ausgewiesenen Klappstellen außerhalb der Fahrrinne verbracht (WOLF & WITTEN, 1995).

Demzufolge würde auf den Klappstellen im Mündungsbereich der Außen- und Unterelbe anfallendes Baggergut nach wie vor in mehr oder weniger unregelmäßigen Zeitabständen wiederholt während eines Jahres aufgebracht werden. Die Störung der benthischen Lebensgemeinschaft durch die Abdeckung der bodensiedelnden Wirbellosen auf den Klapparealen bleibt damit weiterhin bestehen, so daß sich auch für diesen Fall am status quo nichts ändern wird. Inwieweit durch die Verlegung der Fahrrinne an den Leitdamm Kugelbake und der damit erhofften Reduzierung der Unterhaltungsbaggermengen auf den Umlagerungsstellen bei Strom-km (A) 741, 737 und 733 eine mögliche Besserung eintritt - im Sinne einer Stabilisierung der Bodenfauna - ist unmittelbar abhängig von der Baggermenge und Frequenz der zukünftigen Umlagerungen in diesem Gebiet. Da zu den Veränderungen dieser Größen derzeit nichts vorliegt, ist eine Vorhersage nicht möglich.

In der Revierstrecke des WSA Hamburg wird durch die Methode der Umlagerung des Baggergutes in Übertiefen der Fahrrinne eine offenbar ökologisch schonende Lösung praktiziert (vgl. Kap. 6.5.1.2.2). Über den Transport und Verbleib der verklappten Feststoffe (überwiegend Sande) können keine präzisen Aussagen gemacht werden (MATERIALBAND II, Unterhaltungsbaggerungen u. Umlagerungen). Da es sich aber grundsätzlich um Transportkörperstrecken handelt (MATERIALBAND I, Tidedynamik), ist das sedimentierte Baggermaterial wahrscheinlich nicht sehr lagebeständig, und hohe Schichtdicken können sich - wenn überhaupt - nur langfristig ausbilden. Nun sind von Natur aus die einzelnen Glieder der Biozönose aus der tiefen Fahrrinne den standorttypischen Randbedingungen besser angepaßt als Watt- oder im weitesten Sinne Flachwasserarten. Stabile Schichtungen sind nicht notwendig, Sedimenttransport und Überdeckungen werden toleriert - solange sandiges Material als Substrattyp vorherrscht. Mit Fortführung dieser Strategie wird die typische, in sich dynamische Rinnenbiozönose erhalten bleiben. Darüber hinaus kann sich die wirbellose Bodenfauna der Seitenräume ungestört entwickeln.

 

6.5.3.2 Strombaumaßnahmen

Die geplanten Baumaßnahmen im Großbereich des Hamburger Hafens sind in der HT-Studie Nr. 75 beschrieben (FERK, 1995). Die Anpassung des mittleren Freihafens an die Fahrwassertiefe der Unterelbe ist so gut wie abgeschlossen, letzte "Putzarbeiten" werden 1996 noch ausgeführt (pers. Mitt. FERK). Die Auswirkungen dieser Maßnahme sind vergleichbar mit denjenigen in Kap. 6.5.3.1 beschriebenen Folgen.

Aus der Zuschüttung einzelner Hafenbecken resultiert hingegen die endgültige Vernichtung dieses Lebensraumes. ORTEGA et al. (1994) haben in ihrer Studie den besonderen (bio-) ökologischen Wert der Hafenbecken hervorgehoben. Die Untersuchungsergebnisse aus dem mittleren Freihafen sind ohne Frage auch auf die zur Disposition stehenden östlichen und westlichen Hafenbecken übertragbar. Die Verfüllung von Südwest- (bereits abgeschlossen) und Indiahafen, sowie von Vulkan- und Griesenwerder Hafen bedeutet für die Hafenwirtschaft immerhin einen Zugewinn von mindestens 50 ha Landfläche, allerdings nur unter vollständiger Preisgabe eines strömungsberuhigten und damit wertvollen aquatischen Lebensraumes (zur Bewertung vgl. ORTEGA et al., 1994). Ohne entsprechende Kompensation führt die fortgesetzte Zuschüttung von Hafenbecken zu einer Abwertung des offenen Systems Stromelbe - Hafenbecken. Die Verpflichtung zu Ausgleich oder Ersatz besteht gesetzlich jedoch nicht.

Die Maßnahmen im Zuge der Hafenerweiterung in Altenwerder, der Neubau des Este-Sperrwerkes und die Öffnung der Alten Süderelbe können in ihren Auswirkungen auf die Bodenfauna nur insofern beurteilt werden, als zumindest für die beiden ersten Projekte während der Bauphase und für einen mehrmonatigen Zeitraum danach erhebliche Folgen zu erwarten sind. Für die stufenweise Anpassung der Fahrrinne auf - 15,3 KN in der Süderelbe ist dies sinngemäß Kap. 6.5.3.1 auf jeden Fall plausibel. Letztendlich ist die Vertiefung aber gekoppelt an die Realisierung der "Fahrrinnenanpassung von Außen- und Unterelbe". Die Öffnung der Alten Süderelbe ist wiederum als Ausgleichsmaßnahme für die Hafenerweiterung Altenwerder konzipiert. Für beide Projekte, wie auch den Neubau des Este-Sperrwerkes, sind eigenständige UVUen in Bearbeitung. Auswertbare Ergebnisse, insbesondere für den Fall der Auswirkungen auf die wirbellose Bodenfauna, liegen den Gutachtern nicht vor. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand scheint es plausibel, daß die Folgen der beiden (Strom-) baumaßnahmen (Altenwerder und Este) an der Bewertung des Ist-Zustandes mittelfristig nichts ändern werden. Wie sich die Öffnung der Alten Süderelbe auswirken wird, d. h. auf Austausch und Vernetzung in beide Richtungen (Strom vs. Nebenarm), wird im wahrsten Sinne des Wortes von der Art und Weise der "Öffnung" abhängen.

Eine Übersicht über die geplanten Maßnahmen im Bereich der Bundeswasserstraße Elbe und ihre voraussichtlichen Auswirkungen ist vom WSA Hamburg (NEUMANN & WOLF, 1996) dargestellt. Die Maßnahmen im tidefreien Bereich der Elbe sind für die Bodenfauna der Tideelbe unerheblich.

Von den Vorhaben im Amtsbereich des WSA Hamburg sind einzig von der Vertiefung und Verlängerung des Nordhafens Stade-Bützfleth lokale und zeitlich begrenzte Auswirkungen auf das Zoobenthos wahrscheinlich. Eine direkte Auswirkung entsteht zwangsläufig schon durch die Vertiefung des Hafenbeckens. Mit der Sandentnahme werden auch die bodensiedelnden Tiere quantitativ entnommen. Durch die Verlängerung der Kaianlage werden Flachwasserhabitate zerstört (Buhnenfeld) und gegen Besiedlungshemmende Substrate ausgetauscht. Spätestens nach Beendigung der Ausbaubaggerungen wird sich allerdings eine, wenn auch ausgedünnte, Wiederbesiedlung einstellen.

Von den Großprojekten im Amtsbereich des WSA Cuxhaven ist eine Mehrzweckumschlagsanlage im Amerikahafen (Cuxhaven) seit Anfang 1994 im Bau. Die planfestgestellte und in der Ausführung befindliche Variante soll bis 1997 abgeschlossen sein. Die Aufspülung der Hafenfläche sowie die Einleitung von 106 m³ Schlick in die Elbe wurde bis Mai 1994 vollzogen (NEUMANN & WOLF, 1996).

Im Elbefahrwasser vor der Mehrzweckanlage im Amerikahafen befindet sich eine ausgedehnte Miesmuschelbank (Mytilus edulis). Mögliche Auswirkungen durch das Schlammeggen und die Fahrrinnenvertiefung auf - 15,2 KN (Solltiefe für die Hafenzufahrt) auf die Muschelgemeinschaft werden von MARTENS (1992) verneint. Die Auswirkungen dieser Maßnahme sind in einer Umweltverträglichkeitsstudie (NWP PLANUNGSGESELLSCHAFT, 1992) zusammenfassend dargestellt. Gemäß MARTENS (1992, 1993 und 1995) sind für das Makrozoobenthos keine nachhaltigen Auswirkungen durch die Baumaßnahme zu erwarten.

Ein weiteres Vorhaben, die Sicherung des Osteriff-Stacks durch Verlegung des Oste-Fahrwassers nach Süden, ist in seinen ökologischen Konsequenzen bereits von der BfG (1990) begutachtet worden. Danach sind keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Bodenfauna prognostiziert worden, vielmehr wird die Verlegung der Osterrinne in Gänze als umweltverträglich betrachtet.

Die WSV-Maßnahme der Kurvenabflachung der Fahrrinne im Bereich des Leitdammes Kugelbake ist auch ohne die "Fahrrinnenanpassung von Außen- und Unterelbe" durchzuführen. Vergleichbar Kap. 6.5.3.1 wird während der Bauphase durchaus eine erhebliche Beeinträchtigung der wirbellosen Bodenfauna in diesem Gebiet stattfinden, allein schon durch die quantitative Ausräumung. Die Nachhaltigkeit des Eingriffes ist von der Regenerationsfähigkeit der betroffenen Arten abhängig. Im Bereich der Kugelbake ist eine vereinzelte Bank mit Mytilus edulis bekannt (MARTENS, 1992). Das Vorkommen der Miesmuschel wird durch die Baumaßnahme unmittelbar nicht gefährdet, da der geplante Fahrrinnenverlauf erst ab ca. Strom-km (N) 731 nach Süden schwenkt. Über weitere, ältere Muschelbänke im direkten Planungsgebiet liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Voraussichtlich wird sich nach ein bis drei Jahren eine Rinnenbiozönose einstellen. In gleichem Zeitraum, eventuell auch schneller, wird sich wahrscheinlich der nördliche, ursprüngliche Fahrrinnenbereich wiederbesiedeln. Zur Folgenabschätzung der zukünftingen Unterhaltungsbaggerungen vgl. Kap. 6.5.3.1.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß die benthischen Wirbellosen durch die einzelnen Maßnahmen in den Revierstrecken der WSÄ kurzfristig erheblich betroffen sein werden, allerdings werden die direkten Auswirkungen nicht nachhaltig sein. Ein Risiko stellen hingegen die indirekten Auswirkungen dar, die ebenso wie die Summe der Maßnahmen die Erheblichkeitsschwelle überschreiten können. Unter Ausschluß dieser Kenntnislücke wird sich durch die geplanten und im Bau befindlichen Projekte an der Bewertung des Ist-Zustandes grundsätzlich nichts ändern.

 

6.5.3.3 Anstieg des Meeresspiegels

In der HT-Studie Nr. 81 (SIEFERT, 1995) werden die hydrologischen Folgen möglicher Klima- und Meeresspiegeländerungen für die Tideelbe beschrieben. KAUSCH (1996b) beschäftigt sich in einem Artikel mit den vorhersehbaren Auswirkungen durch Klimaänderungen auf die Ökologie des Elbe-Ästuars.

Bedeutsam für die Verbreitung der benthischen Wirbellosen sind unmittelbare Veränderungen in der Oberwasserführung, die direkt den Salzgradienten beeinflussen. Darüber hinaus stellen der Anstieg des Meeresspiegels (mean sea level = MSL) und eine Temperaturerhöhung die mitbestimmenden Größen dar. Für das Zoobenthos vernachlässigbar sind Veränderungen des Sturmflutklimas.

Einig sind sich beide Autoren, daß eine Zunahme des Oberwasserzuflusses eine Verschiebung der Brackwasserzone bedingt. KAUSCH differenziert allerdings zwischen zukünftig, höheren winterlichen und geringeren sommerlichen Niederschlägen, mit der Folge, daß die Brackwasserzone über weitere Strecken in der Tideelbe hin und her wandern wird als heute. Entsprechend dem bereits erkennbaren Trend werden größere Abflüsse im Winter die Brackwasserzone weiter in das äußere Ästuar abdrängen, und kleinere Abflüsse im Sommer werden ein stärkeres Vordringen stromaufwärts ermöglichen (KAUSCH, 1996b). Mit der landseitigen Verschiebung der oberen Brackwassergrenze werden auch die echten Brackwasser- und euryhalinen Arten weiter elbeaufwärts vorstoßen. Durch die Begrenzung der Tideelbe am Stauwehr Geesthacht wird der Lebensraum der limnischen Organismen im Elbe-Ästuar infolgedessen zwangsläufig kleiner.

Der Prozeß der Immigration euryhalin-mariner Arten stromaufwärts wird noch indirekt durch den Meeresspiegelanstieg (realistische Größe + 25 cm MSL in den nächsten hundert Jahren, vgl. SIEFERT, 1995) unterstützt. Bei einem signifikanten Anstieg des MSL ist mit einer Zunahme des Salzgehaltes im trichterförmigen Mündungsbereich zu rechnen, darüber hinaus wirkt der MSL-Anstieg der möglichen höheren Zunahme des Oberwassers entgegen, mit einer gleichzeitigen Verschiebung der Brackwasserzone aufwärts (SIEFERT, 1995). Das begünstigt natürlicherweise das elbeaufwärtige Vordringen euryhalin-mariner und genuiner Brackwasserarten, andererseits aber auch die Vergrößerung des Lebensraumes euryhalin-limnischer Populationen.

Durch den MSL-Anstieg wird das Sublitoral, u. a. die Flachwassergebiete im Ästuar, auf Kosten der Wattgebiete zunehmen. Landeinwärts werden die Watten durch die flußnahe Führung der Deichlinie in ihrer möglichen Ausdehnung begrenzt. Wenn überhaupt, so ist eine landwärtige Verschiebung der Wattzone nur bei gleichzeitigem Rückgang der ohnehin schon minimalen Vordeichflächen denkbar. Das Zoobenthos der Watt- und Flachwassergebiete wird allerdings weniger tangiert, denn auch zukünftig sind in erster Linie die Substratbedingungen für das Vorkommen entscheidend. Die ursprüngliche Litoralfauna in den Röhrichten wird der eigentliche Verlierer sein, wie auch das Röhricht selbst. Eingeklemmt zwischen Watt und vorgeschobener Deichlinie wird es kaum eine Rückzugsmöglichkeit geben. Eine Ausdehnung in das Watt hinein wird unterbleiben, da Tideröhrichte nicht beliebig hoch überflutet werden können.

Zu den biologischen Folgen eines Anstieges der Wassertemperaturen ein Resümee aus der Arbeit von KAUSCH (1996b): Höhere Wassertemperaturen werden in einer spezifischen Steigerung der Umsatzgeschwindigkeit aller biologischen Prozesse resultieren. Da mit steigenden Temperaturen die Respiration ansteigt, ist damit zu rechnen, daß das Verhältnis von Produktion zu Respiration sinkt, also die heterotrophen Prozesse bevorteilt sind. Anders ausgedrückt: Die Trophie wird ab- und die Saprobie zunehmen.

Durch die höheren Temperaturen wird die auf das Jahr bezogene Produktionsdauer verlängert. Dies gilt vorwiegend für die Fauna. Infolge der Erwärmung werden sich in den Biotopen neue Biozönosen mit gegenüber heute veränderten Artenstrukturen einstellen. Die Verschiebung der Artenzusammensetzung wird kälteliebende Organismen nach Norden abdrängen. Eventuell würde sich der neu eingewanderte Polychät (Spionidae) Marenzelleria viridis wieder aus dem Elbe-Ästuar zurückziehen (ursprüngliches Verbreitungsgebiet: Arktis, NW-Alaska). Wärmeadaptierte Arten werden von Süden her die freiwerdenden Lücken ausfüllen. Die Anzahl der Neozoen (Neueinwanderer) wird dadurch zunehmen. Welche Arten es aber sein werden, ist im Detail nicht vorhersagbar. Beispielsweise hat DE VOOIJS (1990) für das westliche niederländische Wattenmeer zwei Varianten überprüft: einen rezent-regionalen und einen paläontologischen Vergleich. Der regionale Ansatz ergibt, daß sich bei einem Anstieg um + 2°C eine Fauna einstellen würde, wie sie heute im Seine-Ästuar lebt, und bei + 4°C Erwärmung würde sich eine analoge Besiedlung einstellen wie in Südfrankreich (etwa Bucht von Arcachon). Wie sich im paläontologischen Vergleich gezeigt hat, bestand diese Situation im niederländischen Wattenmeer schon vor 70.000 bis 100.000 Jahren während des Eem-Interglazials, einer Warmzeit mit rd. + 4°C höheren Temperaturen als heute. Aus beiden Ansätzen läßt sich schließen, daß mit einer Erwärmung artenreiche südliche Tiergesellschaften auch in das Elbe-Ästuar einwandern würden.

Zu dauerhaften Ausfällen im Artenbestand führen in der Regel erst drastische Temperaturveränderungen, wie das Beispiel der Eiszeiten zeigt. Viele wechselwarme Wasserorganismen haben eine sehr weite Temperaturtoleranz und können diesen Effekten populationsgenetisch gegensteuern. Viel subtiler als die Auswirkungen der direkten Erwärmung sind hingegen mittelbare Temperatureffekte. Sie können sich darin äußern, daß das "Timing" zwischen Nahrungsangebot und Beute für das erfolgreiche Weiterbestehen einer Art nicht mehr stimmt. Mit der folgenreichen Wirkung, das bei fehlender, zeitlicher Koinzidenz große Teile des u. a. benthischen Nahrungsnetzes betroffen sein können. Allerdings ist dieses noch ein weitgehend unerforschtes Gebiet der Populationsökologie.

Das dargestellte Szenarium ist eine mögliche Perspektive der nächsten hundert Jahre. Die Auswirkungen der möglichen Klimaänderung werden voraussichtlich in meteorologischen und hydrologischen Datensätzen gesichert werden können. Derzeit sind jedoch noch keine signifikanten Änderungen meßbar (SIEFERT, 1995). Bei der großen Variabilität der biologischen Prozeßgrößen dürften statistisch abgesicherte Veränderungen erst sehr viel später sichtbar werden, wenn die globale Erwärmung bereits weit vorangeschritten ist (KAUSCH, 1996b).

Fußnoten:

1.) Die Brammer Bank liegt auf der Grenze zwischen den Untersuchungsabschnitten IV und V und wird im folgenden UA IV zugeordnet.
2.) Die Daten zur Unterhaltungsverklappung stellte das WSA Cuxhaven zur Verfügung: Unterhaltungsbaggerung und -verklappung der Jahre 1990 bis 1995.
3.) Laut Definition ist eine Wattfläche begrenzt durch die MThw- und MTnw-Linie.
4.) Für Flachwassergebiete gilt die im Rahmen der UVU getroffene Konvention: MTnw - 2 m.