Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

IV.2.2                  Makrozoobenthos

Baggergutablagerungsfläche (BAF) Twielenfleth

Aufgrund der Angaben zur Sedimentstruktur fordern die UVU-Autoren 1997 eine "Sandbodenfauna" für den Ist-Zustand mit entsprechenden Ableitungen für die Prog­nose. Die Untersuchung zum Status quo 1998 widerlegte allerdings die Annahme einer Sand­bodenfauna. Kausal beruhte die Fehleinschätzung auf unzureichenden Informationen zum vorherrschenden Sedimenttyp (Dominanz von Mittelsanden). Der Zeitpunkt der "abgeschlossenen" Wiederbesiedlung ist in der Prognose zur BAF nicht genannt worden. Was auch konsequent ist, da hinsichtlich der funktionellen (Lebens-, Nahrungs-, Fortpflanzungsraum u. a.) und strukturellen (Artenspektrum, Besiedlungsdichte, Biomasse u. a.) Merkmale seinerzeit nichts Bekanntes vorlag.

Ein analoger Zustand, der mit einem Status quo ante allerdings nicht identisch sein muss, ist in 2004 hinsichtlich beider Benthosfraktionen (1000 µm und 250 µm) realisiert. In diesem Zusammenhang können gewisse strukturelle Unterschiede im Vergleich zum Status-quo-ante benannt werden: Einige Arten sind geblieben, andere spielen keine Rolle mehr und zusätzliche sind hinzugestoßen. In den außerhalb gelegenen Stationen rangieren die Wohndichten bei der 250 µm-Fraktion vermutlich (noch) unter der anzunehmenden Raumkapazität; auf der BAF ist sie insgesamt (1000 µm und 250 µm-Fraktion) erreicht.

Auch hinsichtlich funktioneller Merkmale ist in 2004 die Ausgangssituation wieder erreicht. Eine Analyse der Altersstruktur, die für die 250 µm-Fraktion möglich war, zeigte, dass vom Embryo bis zum maturen Tier alle Reifestadien registriert wurden, und sich die Gemeinschaft aus eigener Kraft erhalten kann.

 

Fahrrinne der Unterelbe im Bereich von km 647-653

Durch den Eingriff ist für die Baggerstrecke eine Degradation, eine "sehr geringe Wertigkeit" prognostiziert worden. Nach Abschluss der Baumaßnahme und einer etwa 3-jährigen Wiederbesiedlungsperiode sollte sich der ‚Ausgangszustand' (in der UVU abgeleitet aus Untersuchungsergebnissen der Jahre 1993-1995) einer "geringen Wertigkeit" wieder eingestellt haben, der den heute typischen Fahrrinnenbedingungen entspricht. Der Referenzbereich sollte dagegen auf dem "geringen" Wertungsniveau verharren.

Aufgrund der Rahmenbedingungen ist die ursprüngliche Fragestellung nur sehr eingeschränkt zu beantworten, da es einerseits den ‚weniger beeinflussten Ausgangszustand' aufgrund der schon vor der Ausbaumaßnahme sehr intensiven Unterhaltungsbaggerungen so nicht gibt, andererseits erfolgten auch nach der Vertiefung umfangreiche Unterhaltungsbaggerungen, so dass eine Regeneration der Fauna nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten zumindest bis 2004 nicht möglich war.

Auf der Grundlage der Ergebnisse dürfte die Ausbaustrecke 4 Jahre nach der Vertiefungsmaßnahme qualitativ der in der Prognose prognostizierten ‚sehr geringen Wertigkeit' entsprechen. Das Referenzgebiet kann, v. a. aufgrund der Besiedlung der kleineren Organismen (250 µm-Fraktion) bei deutlich geringerer Baggerfrequenz etwas höher eingestuft werden und entspricht damit in etwa der in der Prognose erwarteten ‚geringen' Wertigkeit.

 

Außenelbe

Die untersuchten Bereiche der Außenelbe, die durch Baggerungen oder Verklappungen betroffen waren, wiesen in 2004 wieder eine weitgehend ähnliche Gemeinschaft auf wie sie vor der Maßnahme (1999) festgestellt wurde. Das Untersuchungsgebiet Fahrrinne war in 2004 sogar insgesamt dichter besiedelt als 1999 (s. u.).

Abbildung IV.2.2-1 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die räumliche und zeitliche Variabilität der Makrozoobenthos-Besiedlungsdichte zum Zeitpunkt der Status-quo-Untersuchung in 1999 bis 2004 etwa 4,5 Jahre nach Abschluss der Vertiefungsarbeiten. Hervorzuheben ist dabei, dass nach 1999 für die beiden Eingriffsbereiche (Klappstelle, Baggerstrecke) zwei konträre Entwicklungen dokumentiert wurden. So erfolgte im Verklappungsbereich zunächst (2001) die erwartete Abnahme der Besiedlungskennwerte. Die Neubaustrecke war dagegen ab 2001 durch eine gegenüber der Ausgangssituation in 1999 unerwartete deutliche Zunahme der Besiedlungsdichte eines Teils der Fauna gekennzeichnet (Abbildung IV.2.2-1, Bild 2004).

Anders als im Klappstellenbereich, der nach Abschluss der Vertiefungsmaßnahmen nicht mehr genutzt wurde und die Makrozoobenthosgemeinschaft eine tatsächliche Möglichkeit zur Regeneration hatte, erfolgten im Vertiefungsbereich der Fahrrinne auch nach 1999 überwiegend umfangreiche Unterhaltungsbaggerungen, so dass in diesem Fall eine Regeration nach der Maßnahme ‚Vertiefung' nicht uneingeschränkt erfolgen konnte.

Abb. IV.2.2-1:              Abundanzentwicklung des Makrozoobenthos von 1999 bis 2004 im gesamten Untersuchungsgebiet der Außenelbe (Klappstelle, Fahrrinne – ohne Referenzbereiche, Transekt).

Klappstelle km 733

Die Verklappungen im Rahmen der Neubaumaßnahmen hatten keine faunistische Verödung des Verklappungsbereiches zur Folge. In 2001 wurde aber ein Abundanzrückgang der Benthosorganismen registriert, der weite Teile der Klappstelle aber auch Bereiche im Nahbereich der Klappstelle betraf. An den von der Klappstelle weiter entfernt liegenden Referenzstationen waren dagegen keine so ausgeprägten Rückgange bzw. auch örtlich leichte Zunahmen zu verzeichnen. Nachdem nach 2000 nur noch örtlich Beaufschlagungen auf der ehemaligen Klappstelle erfolgten, wurde nach den in 2001 sehr geringen Besiedlungskennwerten ab 2002 wieder ein Anstieg der Werte festgestellt. Die in 2004 noch festgestellten räumlichen Besiedlungsunterschiede zwischen ehemaliger Klappstelle und Referenz waren aber nicht mehr signifikant und sind daher wohl v. a. auf die natürliche Variabilität zurückzuführen, so dass die Besiedlung insgesamt weitgehend dem Ausgangszustand entspricht.

Vertiefungsstrecke in der Fahrrinne der Außenelbe

In den Bereichen der Neubaustrecke (v. a. linke Fahrrinnenseite), die nach 1999, insbesondere in 2001 aber auch 2004, den intensivsten Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen unterlagen, wurde bei einem Teil der Fauna (Crustacea: Bathyporeia-Arten) sogar eine deutliche Zunahme der Gesamtbesiedlungsdichte festgestellt. Unter anderem auch aus diesem Grund waren die in der UVU prognostizierten Wirkungen der Vertiefung weniger offensichtlich, da hier, anders als im Bereich der Klappstelle, die erwartete generelle Reduzierung der Gesamtbesiedlungsdichte nicht eintrat oder nicht (mehr) erkennbar war. Es erfolgte, scheinbar induziert durch die Baggerarbeiten, die Herstellung eines für einige Arten (s. o.: Bathyporeia) offensichtlich attraktiven Standortes, der schnell in hoher Anzahl besetzt wurde. Die Ergebnisse der übrigen Artengruppen sind aus verschiedenen Gründen indifferent, aber tendenziell eher der Prognose entsprechend. So ist z. B. für die Polychaeten, anders als für die o. g. Crustacea, eine Reduzierung von Arten- und Individuenzahlen durch intensive Baggerungen (allerdings unabhängig von deren Anlass) anzunehmen. Die Beantwortung der Fragestellung: ‚Wann und wie erfolgt die Regeneration der wirbellosen Bodenfauna nach Abschluss der Vertiefungsmaßnahme' war aufgrund der auch in den Folgejahren intensiven Unterhaltungsbaggerungen nicht möglich (s. o.). 4 Jahre nach der Vertiefungsmaßnahme wurde eine Gemeinschaft dokumentiert, die typisch ist für einen stark unterhaltenen Fahrrinnenabschnitt der Außenelbe.

Transekt

Aufgrund der insgesamt sehr ausgeprägten, räumlichen und zeitlichen Veränderlichkeit der Benthosbesiedlung im Bereich des Transektes, die sich auf Basis aller durchgeführten Analysen in ähnlicher Weise zeigten, sind Wirkungen der Ausbaumaßnahmen auf das Zoobenthos auf der Basis des vorliegenden Datensatzes nicht offensichtlich.