Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

V.11.2                 Strömungsverhältnisse

Da die Strömungsverhältnisse primär für die morphologische Entwicklung der Hahnöfer Nebenelbe verantwortlich sind, erfolgt die Kontrolle der Rinne sowohl durch Peilungen als auch durch Strömungsmessungen. Die Funktionalität der Rinne ist jedoch in erster Linie an der Durchströmung zu messen. Gemäß Planfeststellungsbeschluss (vom 22.02.1999) ist die Aufrechterhaltung einer durchgängigen Wassertiefe von 2,50 m unter KN (NN -1,40 m) (max. Tiefe inkl. Baggertoleranz von 20 cm) nicht erforderlich, solange eine Durchströmung auch bei geringeren Wassertiefen sichergestellt ist.

In der Hahnöfer Nebenelbe und im Mühlenberger Loch werden seit März 2004 an vier Positionen (s. Abbildung V.11.2-1) über mehrere Spring-Nipp-Zyklen (Frühjahr, Sommer, Herbst) jeweils an der Sohle und an der Oberfläche Strömungsmessungen durchgeführt. Im März 2005 wurde eine 14-tägige Messkampagne über einen Spring-Nipp-Zyklus im Mühlenberger Loch initiiert,  bei der zusätzlich zur oben genannten Messung an weiteren vier Messpositionen Dauerströmungsmessgeräte (Aanderaa RCM 9) ausgelegt wurden, um einen genaueren Aufschluss über die im Mühlenberger Loch vorherrschenden Strömungsverhältnisse zu erhalten und weitere Erkenntnisse über die Ursachen der Verlandungen zu gewinnen.

Abb. V.11.2-1:             Lage der Strömungsmesspositionen

 

Hahnöfer Nebenelbe

Die Hahnöfer Nebenelbe weist einen deutlich längeren Tideweg als die Hauptelbe auf. Außerdem besteht eine große Differenz zwischen der hydraulischen Leistungsfähigkeit der Hauptelbe und der Hahnöfer Nebenelbe, sodass die einlaufende Tidewelle schneller in der Hauptelbe als in der Hahnöfer Nebenelbe fortschreitet. Hierdurch entsteht der Effekt, dass die Flut in die Hahnöfer Nebenelbe sowohl von unterhalb als auch zeitweise von oberhalb in die Hahnöfer Nebenelbe einläuft. Die hydraulische Leistungsfähigkeit der Hahnöfer Nebenelbe reicht nicht aus, um einen Zufluss von oberhalb durch die Flut zu verhindern. Somit lässt sich an den Messdaten der Strömungsmessgeräte an den Pos. 1 - 4 (s. Abbildung V.11.2-1) eine Asymmetrie der Flut- und Ebbestromzeiten erkennen, die in der Rinne stromaufwärts zunimmt. Die Dauer der in der Hahnöfer Nebenelbe vorherrschenden Flutstromrichtungen nimmt ab, je weiter man sich dem Mühlenberger Loch nähert. Im unteren Bereich der Strömungsrinne, an der Messposition 3, liegt noch ein relativ ausgeglichenes bzw. typisches zeitliches Verhältnis der stromauf- und -abwärts gerichteten Strömung vor. Etwa drei Kilometer in Richtung Osten ist an der Messposition 2 eine verkürzte stromauf- und verlängerte stromabwärts gerichtete Strömung zu erkennen. Der Flutstrom setzt bei Niedrigwasser in der Ausgleichsrinne mit steigendem Wasserstand ein, dreht jedoch im östlichen Abschnitt der Rinne in der Hahnöfer Nebenelbe nach etwa 4 Stunden bei noch steigendem Wasser auf Ebbestromrichtung, die dann in der gesamten Rinne bis zum Niedrigwasser verläuft. Betrachtet man die mittleren Flut- und Ebbestromgeschwindigkeiten in der Längsachse, weisen sie in der Hahnöfer Nebenelbe einen abnehmenden Trend in östlicher Richtung auf. Die Daten der sohlnahen Messgeräte der Strömungsmessung vom März 2005 zeigen, dass die mittlere Flutstromgeschwindigkeit sowie die mittlere Ebbestromgeschwindigkeit in den unteren drei Kilometern der Hahnöfer Nebenelbe von der Messposition 4 zur Messposition 3 im Gegensatz zur Messung aus dem Jahre 2004 abnimmt. Diese Veränderung der Strömungsgeschwindigkeit im genannten Bereich ist auf die Öffnung der Ausgleichsfläche Hahnöfersand West im September zurückzuführen. Weiter Richtung Osten stellt sich eine gleichmäßige bis leicht zunehmende Strömungsgeschwindigkeit der Flut und eine leicht abnehmende Ebbeströmungsgeschwindigkeit zur Messposition 2 ein (s. Abbildung V.11.2-2). Die Längsbetrachtung der mittleren Strömungsgeschwindigkeiten ist jedoch nur für die Hahnöfer Nebenelbe repräsentativ. Die Messungen im Mühlenberger Loch zeigen, dass die Strömungsrinne zeitweise quer überströmt wird.

Abb. V.11.2-2:             Lage des Längsverlaufs der mittleren Strömungsgeschwindigkeit pro Halbtide

 

Mühlenberger Loch

Die Strömungsverhältnisse der Ausgleichsrinne im Mühlenberger Loch unterscheiden sich erheblich von denen in der Hauptelbe. Das Mühlenberger Loch wird aus drei Richtungen von der Flut beaufschlagt, dafür ist unter anderem die Laufzeitdifferenz der Flut zwischen der Hauptelbe und der Hahnöfer Nebenelbe ein ausschlaggebender Faktor. Aus den Sondermessungen im Mühlenberger Loch vom März 2005 ist erkennbar, dass die Flut zum einen aus der Hahnöfer Nebenelbe, zum anderen durch das Este-Fahrwasser und durch den östlichen Mündungsbereich der Ausgleichsrinne in das Mühlenberger Loch einläuft (s. Abbildung V.11.2-3). Hierbei treten besonders geringe Strömungsgeschwindigkeiten im Mühlenberger Loch auf, wobei diese speziell oberhalb des Kreuzungsbereichs der Rinne mit dem Este-Fahrwasser, im Südosten von "Cherry Island", zu Verlandungsproblemen führen (s. Abbildung V.11.2-4). Dieser Bereich ist der am stärksten von der Verlandung betroffene Teil der Strömungsrinne. Die Rinne in diesem Bereich wird kurzfristig nach Niedrigwasser vom stromaufwärts gerichteten Flutstrom mit etwa 30 cm/s an der Sohle beaufschlagt. Dieser setzt sich bei einsetzender Flut kurzfristig in der gesamten Rinne durch. Die Strömung kentert jedoch im ersten Drittel der Flut um 180° auf etwa 230°, und es tritt die oben genannte Befüllung des Mühlenberger Loches von oberhalb durch die Ausgleichsrinne ein. Die Strömungsrinne wird an der Messposition S2 (s. Abbildung V.11.2-1) zeitweise quer in Richtung der Wattfläche südlich der Airbus-Erweiterung überströmt, dieses ist eine weitere Ursache für Verlandungen in diesem Bereich. Der Ebbestrom bzw. die Ebbestromrichtung setzt wie bereits erwähnt bei steigendem Wasser zuerst im östlichen Bereich der Strömungsrinne ein und verhält sich konstant bis zum Eintreten des Niedrigwassers. Der Ebbestrom verläuft zum einen durch das Este-Fahrwasser Richtung Hauptelbe, zum anderen aus dem Mühlenberger Loch in die Hahnöfer Nebenelbe. Dadurch, dass sich die Strömung in der Rinne nicht mit einer konstanten Richtung pro Halbtide im Mühlenberger Loch durchsetzt, kommt es zu den Verlandungen der Ausgleichsrinne im Mühlenberger Loch.

In der folgenden Darstellung sind die Häufigkeiten der Strömungsrichtung an den fünf Messpositionen im Mühlenberger Loch getrennt für die Ebbe und die Flut abgetragen. Außerdem ist die dazugehörige mittlere Strömungsgeschwindigkeit der jeweiligen Strömungsrichtung mit einer schwarzen Linie dargestellt. Es lässt sich also die Zeit und die mittlere Strömungsgeschwindigkeit für die jeweilige Strömungsrichtung pro Halbtide ablesen. Diese Darstellung ist mit einer Windrose zu vergleichen, wobei hier nicht die Häufigkeiten mit den Strömungsgeschwindigkeiten multipliziert, sondern gesondert aufgetragen worden ist.

Abb. V.11.2-3:             Strömungsrichtungen Flut (Mühlenberger Loch im März 2005)

Abb. V 11.2-4:             Strömungsrichtungen Ebbe (Mühlenberger Loch im März 2005)