Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

III.1.6.2.1.2   Transektuntersuchung

In ausgewählten Naturschutzgebieten und an Standorten des Schierlings-Wasserfenchels werden Vermessungen zur Erfassung von Gelände- und Bewuchsänderungen im Detailbereich durchgeführt. Dies geschieht in Form von Transektmessungen (3 Geländequerschnitte mit je 2 m Abstand) in den Gebieten Eschschallen, Heuckenlock, Osterwiesen (Ilmenaumündung) und im Bereich des Priels bei Overhaken (Näheres s. Kapitel A.1.7.2.3 im Anlagenband)

Die Vermessung von Transekten dient der Untersuchung der ökologischen Parameter "Geländehöhen im Bereich gefährdeter Biotope" und "Röhrichte und Uferstaudenfluren". Da diese Parameter im engen Verhältnis zueinander stehen, wurden 1999 und 2002 an vier Standorten Transekte zur detaillierten Erfassung von Gelände- und Bewuchsänderungen gemessen (s. Abbildungen A.1.7.2.3-1 und -2 im Anlagenband). Während die Geländeänderungen der jeweiligen Messzeiten direkt aus den Profildarstellungen zu entnehmen sind, wurde zur Quantifizierung von Änderungen im Bewuchs aus jeder Profildarstellung die Länge jedes Vegetationstyps zu einer Gesamtlänge summiert und verglichen.

Die Auswertungen der Biotopveränderungen werden derzeit vorgenommen. Es können für alle Transekte bereits die Vegetationsabfolgen dargestellt werden. Nachfolgend werden die Untersuchungsbereiche beschrieben und deren Entwicklung skizziert:

 

Eschschallen

"Das Naturschutzgebiet "Eschschallen" erstreckt sich auf ca. 5 km Länge zwischen Krückau- und Pinnaumündung außerhalb des Deiches im Seestermüher Vorland. Es dient vor allem dem Erhalt einer natürlichen Flusslandschaft mit Süßwasserwatten, ausgedehnten Röhrichtbeständen und Hochstaudenrieden. Nachdem fast alle sonstigen Niederungsbereiche an der Elbe eingedeicht worden sind, stellen die Eschschallen den Rest einer Urstromlandschaft mit weitgehend natürlichen Lebensräumen dar. Vor dem Deich finden sich Pappel- und Weidenreihen, Bandweidenkulturen, aufgelassene Obstgärten und kleine Tide-Auwaldkomplexe. Davor wachsen in Röhrichten und Hochstaudenrieden u. a. Wasserschwaden, Rohrkolben, Teichwasserstern, Blutweiderich, Hohe Erzengelwurz, Sumpf-Gänsedistel und Sumpfdotterblume."

(Quelle: Pin-online.com)

Während im nördlichen Bereich ein höher gelegenes Gelände mit einer bis zu 1,80 m hohen Abbruchkante steil in das Watt der Pagensander NE abfällt, flacht das Gelände nach Süden, nahe der Pinnaumündung, ab und bildet eine ausgedehnte Röhrichtzone auf MThw-Niveau. Hier liegt etwa senkrecht zur Deichlinie das ca. 550 m lange Transekt Eschschallen. Es schneidet in 3 Linien vom Deich aus zunächst einen tiefen Graben, dem eine Reihe von Kopfweiden folgt. Danach schließt sich die o. g. Röhrichtzone an, die, von einigen Prielen unterbrochen, in ein sehr flach abfallendes Watt übergeht. Die nachfolgenden Grafiken zeigen eine Übersicht der Verteilung der im Transekt liegenden Vegetationstypen aus den Daten von 1999 und 2002 (Abbildungen III.1.6.2.1.2-1 und -2).

Abb. III.1.6.2.1.2-1:      Vegetationstypen Eschschallen September 1999

Abb. III.1.6.2.1.2-2:      Vegetationstypen Eschschallen Oktober 2002

 

In Abbildung III.1.6.2.1.2-3 wurden die Messungen von 2002 und 1999 gegenübergestellt. Aus der Grafik können die Differenzen der Gesamtlängen der jeweiligen Vegetationstypen im jeweiligen Profil abgelesen werden.

Aus den Höhendaten der Profile lassen sich tendenziell folgende Geländeaufhöhungen ablesen:

- Oberhalb MThw ca.:                        +4   -    8   cm

- Unterhalb MThw bis zur Wattkante ca.:     +8   - 12   cm

- Im Bereich der Wattkante ca.:             +0   -    3   cm

 

Anmerkung zu der Messung 2002: Die Weidenreihe am Profilbeginn ist Anfang 2002 „auf Kopf gesetzt“ und der Graben ausgehoben worden. Daher die Abnahme der Silberweiden und die Zunahme der Prielrandvegetation.

Abb. III.1.6.2.1.2-3:      Eschschallen, Differenzen aus den Gesamtlängen

 

Heuckenlock

"Das Naturschutzgebiet Heuckenlock liegt auf der Elbinsel Wilhelmsburg in Hamburg und erstreckt sich auf gut 3 km Länge am Nordufer der Süderelbe. Das Gebiet wurde 1977 unter Schutz gestellt. Hiermit wurde der Erhalt der in Europa nur im Großraum Hamburg vorkommenden Süßwasserwatten und -tideauen gesichert. Das Heuckenlock wurde und wird noch immer durch einen starken Tideeinfluss in seiner Gestalt geprägt. Dies ist Voraussetzung für die Besonderheit dieses artenreichen Biotops, einer unvergleichlichen Sumpf- und Wasserwildnis. Durch das Heuckenlock winden sich mehrere Priele, die mehrmals am Tag trocken fallen. Das Elbwasser beschert dem NSG durch die großen Massen an feinem Sand und Schlick, die es täglich bei jedem Hochwasser mit sich bringt, einen enormen Nährstoffeintrag.

Diese Lebensbedingungen ermöglichten ca. 400 Pflanzenarten sich hier anzusiedeln und die Jahre unversehrt zu überstehen. Botanisch betrachtet, ist das Heuckenlock somit das artenreichste Schutzgebiet im Hamburger Raum. Es bietet unter anderem der ansonsten in Deutschland nicht mehr vorkommenden Grannensegge ein letztes Refugium und beheimatet außerdem noch die stark gefährdeten und weltweit nur im Unterelberaum vorkommenden Pflanzenarten Schierlings-Wasserfenchel und Wibels-Schmiele. In den tiefer liegenden Bereichen des NSGs, die am häufigsten und stärksten überschwemmt werden, wachsen Röhrichtbestände. Diese bestehen aus dem hier dominierenden, sehr wuchskräftigen, mitunter bis zu fünf Meter hohen Schilf oder Reth, aber auch z. B. aus schmal- und breitblättrigem Rohrkolben, aus Rohrglanzgras, u. a. Die Hochwasserspülsäume sind zumeist von verschiedenen Ampfern, Knöterichen oder Seggen besiedelt."

(Quelle: Gesellschaft für ökologische Planung e.V., GÖP)

Das Transekt Heuckenlock ist ca. 280 m lang und orientiert sich in seiner Richtung an der Brücke, die in etwa senkrecht zum Deich steht und über den breiten Priel führt. Hinter der Brücke schneiden die drei Profile in sehr flachem Winkel den Damm des weidengesäumten Fußpfades und verlaufen anschließend durch ein tiefer liegendes Röhrichtgebiet und ein höher gelegenes Gelände mit altem Baumbestand, bevor sie in der Elbe enden. Die nachfolgenden Grafiken zeigen eine Übersicht der Verteilung der im Transekt liegenden Vegetationstypen aus den Daten von 1999 und 2002 (Abbildungen III.1.6.2.1.2-4 und -5).

Abb. III.1.6.2.1.2-4:      Vegetationstypen Heuckenlock Oktober 1999

Abb. III.1.6.2.1.2-5:      Vegetationstypen Heuckenlock Mai 2002

 

In Abbildung III.1.6.2.1.2-6 wurden die Messungen von 2002 und 1999 gegenübergestellt. Aus der Grafik können die Differenzen der Gesamtlängen der jeweiligen Vegetationstypen im jeweiligen Profil abgelesen werden.

Abb. III.1.6.2.1.2-6:      Heuckenlock, Differenzen aus den Gesamtlängen

Bemerkungen zur Messung 2002: Kurz nach der Erstaufnahme im Herbst 1999 wurde die o. g. Fußgängerbrücke wegen Baufälligkeit gesperrt. Dies hatte zur Folge, dass der Wanderweg im Bereich des Transektes zwischenzeitlich stark von Weiden und Gras überwuchert wurde. Wegen der sehr schwierigen Messbedingungen in diesem Gebiet wurde die Messung 2002 in den Mai gelegt, da das Schilf dann noch nicht über 2 m hoch gewachsen ist. Leider haben bestimmte Vegetationstypen im Mai noch nicht ihre volle Ausprägung erhalten. Dieser Umstand kann eine nachteilige Auswirkung auf die Klassifizierung bezüglich des Vergleiches mit der Messung von 1999 gehabt haben.

 

Aus den Höhendaten der Profile lässt sich ablesen, dass prinzipiell zwischen 1999 und 2002 keine Veränderungen erkennbar sind. Nuancen sind lediglich in zwei kleineren Bereichen festzustellen:

- Schilfröhricht und Weidenbestand in

     Transektmitte (unterhalb MTnw) ca.:             +5 cm

- Im Bereich des Strandes ca.:                         -5 cm

 

NSG Osterwiesen (Ilmenaumündungstrichter)

Das ca. 900 m lange Transekt (s. Abbildung III.1.6.2.1.2-10) verläuft ausgehend vom Ilmenaudeich im Nordosten quer durch den Ilmenau-Fluss, schneidet in 3 Profilen unterhalb von MTnw die gesamte Ilmenauniederung und endet, wieder oberhalb des mittleren Hochwasserstandes, auf einem landwirtschaftlichen Weg im Südwesten. Innerhalb des Transektes konnte eine große Anzahl an Vegetationstypen klassifiziert werden, die häufig aus Mischbeständen einzelner Arten bestehen. Die nachfolgenden Grafiken zeigen eine Übersicht der Verteilung der im Transekt liegenden Vegetationstypen aus den Daten von 1999 und 2002 (Abbildungen III.1.6.2.1.2-7 und -8).

Abb. III.1.6.2.1.2-7:      Vegetationstypen Osterwiesen Oktober 1999

Abb. III.1.6.2.1.2-8:      Vegetationstypen Osterwiesen Mai 2002

 

In Abbildung III.1.6.2.1.2-9 wurden die Messungen von 2002 und 1999 gegenübergestellt. Aus der Grafik können die Differenzen der Gesamtlängen der jeweiligen Vegetationstypen im jeweiligen Profil abgelesen werden.

Aus den Höhendaten der Profile lässt sich eine leichte Zunahme der Geländehöhe zwischen 1999 und 2002 ablesen, die bei 3 - 5 cm liegt und eher unterhalb von MThw im Bereich der großen Röhrichtbestände anzutreffen ist.

Abb. III.1.6.2.1.2-9:      Osterwiesen, Differenzen aus den Gesamtlängen

Bemerkungen zur Messung 2002: Wegen der sehr schwierigen Messbedingungen in diesem Gebiet wurde die Messung 2002 in den Mai gelegt, da das Schilf dann noch nicht über 2 m hoch gewachsen ist. Leider haben bestimmte Vegetationstypen im Mai noch nicht ihre volle Ausprägung erhalten. Dieser Umstand kann eine nachteilige Auswirkung auf die Klassifizierung bezüglich des Vergleiches mit der Messung von 1999 gehabt haben. Eine Beeinflussung der Vegetation durch nicht natürliche Ereignisse konnte nicht beobachtet werden, das Gebiet befand sich in einem Zustand ähnlich dem von 1999.

Abb. III.1.6.2.1.2-10:    Osterwiesen, Blick auf Transekt vom Deich aus

NSG Overhaken

Das Transekt im NSG Overhaken besteht aus einem einzelnen, 240 m langen Geländeprofil, das vom Elbdeich ausgehend über eine höher gelegene Wiese verläuft, den kurzen Arm des im Mai 2000 angelegten künstlichen Priels (s. Abbildung III.1.6.2.1.2-11) schneidet und über ein sehr kurzes, mit Hochstauden und Schilf bewachsenes Vorlandgebiet in der Elbe endet. Der Priel wurde für Ansiedlungsversuche des Schierlings-Wasserfenchels angelegt und wird periodisch von der Tide gefüllt, sodass sich seit der Entstehung der Anlage auch auf natürliche Weise viele Arten angesiedelt haben. Die nachfolgenden Grafiken zeigen eine Übersicht der Verteilung der im Transekt liegenden Vegetationstypen aus den Daten von 2000 und 2002 (Abbildungen III.1.6.2.1.2-12 und ‑13).

Abb. III.1.6.2.1.2-11:    Overhaken, Blick auf den künstlich angelegten Priel

Abb. III.1.6.2.1.2-12:    Vegetationstypen Overhaken August 2000

Abb. III.1.6.2.1.2-13:    Vegetationstypen Overhaken August 2002

 

In Abbildung III.1.6.2.1.2-14 wurden die Messungen von 2002 und 2000 gegenübergestellt. Aus der Grafik können die Differenzen der Gesamtlängen der jeweiligen Vegetationstypen für das Profil abgelesen werden.

Aus den Höhendaten der Profile kann abgelesen werden, dass sich die Geländehöhe im Messzeitraum 2000 - 2002 bis auf kleine Uferschäden durch Strömung oder Wellen nicht sonderlich geändert hat.

Abb. III.1.6.2.1.2-14:    Overhaken, Differenzen aus den Gesamtlängen

Bemerkungen zur Messung 2002: Da der Priel erst 2000 entstanden ist, befindet sich das Gebiet des Transektes in einer Entwicklung. Zu beobachten ist, dass sich im Messzeitraum immer mehr hoch wachsende Pflanzen angesiedelt haben.

 

Ergebnisse des Vergleichs der Transektmessungen

Vergleich der Gesamtlängen der Vegetationstypen

Ein erster Vergleich der Vegetationstypen in den Bereichen, in denen Transektmessungen durchgeführt wurden, erfolgte über eine Differenzbildung der Gesamtlängen eines Vegetationstyps pro Transekt. Diese Vergleiche sind in den Abbildungen III.1.6.1.2-3, ‑6, ‑9 und ‑14 dargestellt.

Es sind kleinere Verschiebungen, z. B. im Bereich weniger Prozente, innerhalb verschiedener Abschnitte der Transekte zu beobachten, wobei diese Verschiebungen auch zwischen einander ähnlichen Vegetationstypen erfolgen. Dazu seien einige Beispiele aufgeführt: Im Gebiet Eschschallen zwischen den Vegetationstypen "Strandsimse/Teichsimse" und "Strandsimse", im Gebiet Ilmenau-Mündung zwischen den Vegetationstypen "Brennnessel/Schilf" und "Landschilf mit Brennnesseln" oder "Rohrglanzgras/Schilf" und "Rohrglanzgras mit wenig Schilf". Diese Zuordnungen zu unterschiedlichen Vegetationstypen können durchaus auf differierende Aufnahmezeitpunkte zurückzuführen sein. Weiterhin spielen sicherlich auch Sukzessionsvorgänge bei diesen Veränderungen eine Rolle.

Ergänzende vegetationskundliche Auswertungen

Ergänzend zu den "Längenvergleichen" wurden im Jahr 2004 weitere vegetationskundliche Auswertungen durchgeführt. Die wesentlichen Ergebnisse werden nachfolgend beschrieben. Sie sind im Einzelnen in Sundermeier (2004) beschrieben (DVD-1, Materialien)

Im untersuchten Transekt im Gebiet Heuckenlock breitete sich im Zuge der natürlichen Sukzession das Weidengebüsch auf Kosten des Schilf-Röhrichts aus. Der Schilfbestand verdichtete sich auf relativ tief liegenden Standorten auf Kosten des vegetationslosen Watts. Das Weidengebüsch breitete sich ebenfalls auf relativ tief liegenden Wuchsorten aus.

Im untersuchten Transekt des Gebietes Eschschallen weiteten sich im geschlossenen Röhrichtgürtel auf relativ tief liegenden Flächen Schilf-Bestände auf Kosten der Rohrkolben-Bestände aus. Die geschlossene Röhrichtgrenze zur Elbe hin blieb lagestabil. Das dem geschlossenen Röhrichtgürtel inselartig vorgelagerte (lückige) Teich- und Strandsimsen-Röhricht ging zugunsten des vegetationslosen Watts zurück. Nur für diese lückigen Röhrichte wurde ein Verlust festgestellt, wie ihn die UVU prognostizierte. Ansonsten verdichteten sich entgegen der Prognose der UVU die untersuchten Bestände des Schilf-Röhrichts auf tief liegenden Standorten. Der Schilfzuwachs wurde durch die Geländeaufhöhung gefördert.

In der Ilmenauniederung (Osterwiesen) breiteten sich Schilf und Rohr-Glanzgras auf Kosten von Wasser-Schwaden und Brennnessel aus. Die Ausbreitung der Schilf- und Rohrglanzgras-Röhrichte wurde vermutlich aufgrund einer verringerten Nährstoffbelastung begünstigt. Dieser Effekt könnte den Einfluss veränderter Tidekennwerte überlagern.

Die Transektuntersuchungen im Gebiet Overhaken lieferten keine für die Beweissicherung relevanten Ergebnisse.

Insgesamt kann aus den Transektuntersuchungen nicht auf Veränderungen der Vegetation geschlossen werden, die über die Prognosen der UVU hinausgehen.

 

 

III.1.6.2.2   Röhrichtentwicklung

In Verbindung mit der Überprüfung der Prognose der Röhrichtveränderungen wurden verschiedene Recherchen durchgeführt.

Seitens der BfG wurde im Jahr 2001 eine kommentierte Literaturrecherche zum Thema Röhricht beauftragt. Die Ergebnisse liegen vor (GIERSCH, K. & M. SCHIRMER, 2002). Die Literaturrecherche ist in den Materialien enthalten.

Eine weitere Recherche beinhaltet die Erfassung von Daten (insbesondere Luftbilder, Kartierungen), die sich für die Ableitung und Darstellung flächenhafter Veränderungen von Röhrichten im Bereich der Unterelbe etwa für den Zeitraum 1950 bis heute eignen. Die Datenrecherche wurde Ende 2001 abgeschlossen und in einer Datenbank niedergelegt. Der Recherchebericht (KURZ, 2002b) ist in den Materialien enthalten.

Die Datenbank wurde in ein GIS implementiert. Anhand dieses Informationssystems wurden Teiluntersuchungsgebiete (TUG) festgelegt und geeignete Grundlagen zur Erfassung historischer Röhrichtbestände ermittelt (s. Recherche Dokumentation "Erfassung der historischen Röhrichtentwicklung - verwendbare Daten und Grundlagen (Luftbilder)". Die Datenbank ist in den Materialien enthalten.

Tab. III.1.6.2.2-1:          Teiluntersuchungsgebiete zur Erfassung historischer Röhrichtbestände

(Grün: Bearbeitet, innerhalb des für die Beweissicherung relevanten Gebietes; Rot: Nicht bearbeitet; Weiß: Bearbeitet, außerhalb des für die Beweissicherung relevanten Gebietes)

Nr. Teiluntersuchungsgebiete
1 Neufelder Watt
2 Belumer Außendeich
3 Nordkehdingen
4 Sankt Margarethen
5 Allwördener Außendeich
6 Wischhafener Nebenelbe
7 Rhinplatte und Bielenberg
8 Schwarztonnensand
9 Pagensand und Eschschallen
10 Haseldorfer Binnenelbe (siehe Nr. 15)
11 Fährmannssander Watt
12 Hahnöfer Nebenelbe und Mühlenberger Loch
13 Heuckenlock
14 Zollenspieker
15 Haseldorfer Binnenelbe 1

 

Abb. III.1.6.2.2-1:         Informationssystem zur Ermittlung geeigneter Unterlagen

Abb. III.1.6.2.2-2:         Lage der einzelnen Teiluntersuchungsgebiete

 

Aus diesem Fundus wurden 114 Luftbildpläne aus 3 Befliegungen der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt -Außenstelle Nord- und 52 Kontaktabzüge von 10 verschiedenen Befliegungen der Landesvermessungsämter ausgewählt, um ein raumzeitliches Modell der quantitativen Röhrichtentwicklung der letzten 50 Jahre an der Unter- und Außenelbe aufzubauen. Die Auswahlkriterien für in Frage kommende Unterlagen waren

- Aufnahmezeitpunkt (Jahreszeit)

- Gleichzeitige Abdeckung möglichst vieler Gebiete mit einer Befliegung

- Verfügbarkeit

- Tide zum Aufnahmezeitpunkt

- Radiometrische Qualität

 

Nicht für alle Gebiete liegen entsprechende Unterlagen für den gesamten Zeitraum vor. Die in die Bearbeitung eingegangenen Daten der einzelnen Luftbilder sind in Anlage A.1.7.2.4 aufgelistet.

Die analogen Unterlagen wurden gescannt und georeferenziert. Anschließend sind die Röhrichte in den einzelnen Gebieten für jeden ausgewählten Bildflug erfasst und digitalisiert worden. Die vorbereitenden Bearbeitungen wurden 2003 abgeschlossen.

Anschließend wurde eine Methode zur Darstellung und Ermittlung der quantitativen Veränderungen der Röhrichte entwickelt. Diese Methode beruht auf der Verschneidung der erstellten digitalen Unterlagen im GIS (inklusive der Ergebnisse der 2000er Biotoptypenerfassung) und der anschließenden Analyse der Verschneidungsergebnisse unter MS-Access. Es wurden einheitliche Attribute zur Röhrichtidentifizierung gebildet und aggregierte Attribute erstellt, welche die räumliche Entwicklung der Röhrichte quantitativ erfassen und kartografisch darstellen lassen.

Es wurden Klassen gebildet, die prinzipielle Veränderungen deutlich machen (Zunahme, Abnahme, Dynamik) sowie eine Abfolge von nachhaltigen Veränderungen, die räumliche Entwicklungstrends darstellen lassen.

Um nur die Veränderungen in den Blickpunkt zu rücken, die nicht durch Nutzungswandel oder durch direkte anthropogene Baumaßnahmen begründet sind, wurden regelbasierte Filter angelegt. Diese Filter "bereinigen" die Ergebnisse von Veränderungen, die z. B. aus Umwandlungen von Röhricht zu Grünland oder und umgekehrt resultieren (s. auch Kapitel III.1.6.2.1.1).

Während die klassifizierte Darstellung Abbildung III.1.6.2.2-3 links sehr gut Zonen prinzipieller Veränderungen erkennen lässt, zeigt die Darstellung der regelbasiert gefilterten (bereinigten) nachhaltigen Entwicklung der Röhrichte (Abbildung III.1.6.2.2-3 rechts) deutlich Trends der Veränderungen an der Wasser-Land-Grenze.

Abb. III.1.6.2.2-3:         Veränderungsklassen (A) und regelbasiert gefilterte nachhaltige Entwicklungen der Röhrichte (B)

 

Dieses Verfahren wurde in allen acht TUG im Bereich des Beweissicherungsgebietes für die Röhrichte angewendet. Des Weiteren wurden verschiedene andere Parameter zur Interpretation der Ergebnisse herangezogen, u. a. die bathymetrischen und terrestrischen Vermessungen im Rahmen der Beweissicherung und die Aufzeichnungen ausgewählter Pegel, wie sie in der Beweissicherungsdatenbank

(http://www.portal-tideelbe.de)

abgelegt sind.

Die detaillierten Ergebnisse und die ausführlichen Beschreibungen der einzelnen TUG sind im Materialienband (BfG 2004) dargelegt. Im Folgenden werden die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt.

Entwicklung der Röhrichte in historischer und aktueller Zeit

Werden die Ergebnisse der acht Teiluntersuchungsgebiete (TUG) im Beweissicherungsgebiet zusammen dargestellt, so ist deutlich zu erkennen, dass die Röhrichte in den letzten 30 Jahren zugenommen haben - s. Abbildung III.1.6.2.2-4 a). Dieser Trend zeigt sich insbesondere in der bereinigten (regelbasiert gefilterten s. o.) Variante. Dieser Gesamttrend ist aber räumlich zu unterscheiden. Die Gebiete stromauf von Hamburg haben sich offensichtlich gänzlich anders entwickelt als die Gebiete, die stromab von Hamburg liegen -  s. Abbildung III.1.6.2.2-4 c) und -d). Zusätzlich müssen solche Bereiche gesondert betrachtet werden, welche durch Baumaßnahmen oder Nutzungswandel stark verändert wurden.

Abb. III.1.6.2.2-4:         Röhrichtentwicklung der letzten 30 Jahre in allen TUG und in ausgewählten Regionen ähnlicher Entwicklungsbedingungen

 

Während stromabwärts von Hamburg - Abbildung III.1.6.2.2-4 d) - die Röhrichtentwicklung in den TUG einen ähnlichen Verlauf zeigt wie die Gesamtröhrichtflächen - Abbildung III.1.6.2.2‑4 a), d. h. die Röhrichte breiten sich aus, nehmen stromaufwärts von Hamburg - Abbildung III.1.6.2.2-4 c) - die Röhrichte ab (unbereinigte Darstellung) bzw. stagnieren (bereinigte Darstellung). Der Rückgang von Röhrichten in der unbereinigten Darstellung resultiert u. a. aus der Ausdehnung von Gehölzen (Weidenauwälder /Weidengebüsche) in den TUG (s. auch Abbildung III.1.6.2.2-5). Da in der bereinigten Darstellung dieser Verlust als natürliche Sukzession nicht berücksichtigt wird, bleibt die Röhrichtausdehnung in der bereinigten Darstellung - Abbildung III.1.6.2.2-4 c) - in etwa gleich.

Abb. III.1.6.2.2-5:         Röhrichtverluste zugunsten von Gehölzausbreitungen

 

Stromab von Hamburg haben sich die Röhrichte gänzlich anders entwickelt. Im Wesent­lichen haben sie sich ausgebreitet - Abbildung III.1.6.2.2-4 d). Jedoch muss zwischen den ein­zelnen TUGs unterschieden werden. Einige unterlagen massiven anthropogen Umge­staltungen, welche die Röhrichtentwicklung maßgeblich mit beeinflusst haben. So ha­ben die großen Aufspülungen auf den Inseln Pagensand und Schwarztonnensand zu­nächst größere Röhrichtkomplexe vernichtet, es wurden so aber auch neue Flächen ge­schaffen, auf denen sich Röhrichte großflächig neu entwickeln konnten und den ur­sprünglichen Verlust wieder wettmachten. Die unbereinigten Kurven der Abbildung III.1.6.2.2‑4 a), b) und c) zeigen einen unterschiedlich ausgeprägten Rückgang der Röhrichte bis 1990 und danach einen stärkeren Anstieg. Viele Röhrichtverluste sind auf Baumaßnahmen (z. B. Deichbau) und Aufspülungen (Pagensand, Schwarztonnensand, Bishorster Sand, Hanskalbsand und Neßsand) zurückzuführen. Der starke Anstieg seit den 1980er Jahren resultiert u. a. aus der Besiedlung neuer Wattflächen (Schwarz­ton­nensand), der Aufgabe ehemals genutzter Flächen (auf dem Drommel: TUG Hasel­dor­fer Binnenelbe) und der Unterschutzstellung vieler dieser Flächen.

Im Vergleich zum Anstieg der Gesamtröhrichtflächen bis zum Jahr 2000 zeigt sich zwischen 2000 und 2002 ein leichter Rückgang der Gesamtröhrichtflächen der TUG. Auch für die Gesamtfläche der Röhrichte und Uferstauden im Beweissicherungsgebiet (s. auch Tabelle III.1.6.2.1.1-1) ist ein geringfügiger Rückgang in dieser Zeit festzustellen. Dieser Rückgang liegt jedoch unter den Prognosewerten der UVU. Auf eine Umkehrung der Entwicklung bis 2000 kann aus diesem Rückgang der Röhrichte jedoch nicht geschlossen werden. Da die Kurven in Abbildung III.1.6.2.2-3 das Ergebnis einer linearen Interpolation verschiedener Einzelmessungen (Kartierungen) sind, kann der tatsächliche Verlauf zwischen den interpolierten Abschnitten durchaus stärker variieren. Es könnte stärkere Anstiege aber auch Rückgänge zwischen den Kartierungen gegeben haben, die sich im Mittel wieder geglättet haben.

Ob sich der zwischen 2000 und 2002 beobachtete Rückgang in einen stärker wechselnden Verlauf der Röhrichtentwicklung einfügt oder eine Umkehr eines langfristigen Trends bedeutet, können nur weitere Untersuchungen zeigen.

Abhängigkeit des Röhrichts vom MThw

In den 1960er und 1970er Jahren erhöhte sich das MThw signifikant u. a. in Folge großer Hochwasserschutzmaßnahmen und des 13,5 m Ausbaus der Fahrrinne (Strotmann, T., 2004). Entgegen dem in der UVU angewandten Modell, das in Folge eines Anstiegs des MThw einen Rückgang der Röhrichte prognostiziert, hat das Röhricht zumindest im Bereich stromab von Hamburg zugenommen, wenn Verluste durch direkte Baumaßnahmen ausgenommen werden (s. Abbildung III.1.6.2.2-6, bereinigte Darstellung). Eine mögliche Korrelation zwischen dem Anstieg des MThw und einer entsprechenden Reaktion des Röhrichts, wie in der UVU angenommen, muss daher diskutiert werden.

Abb. III.1.6.2.2-6:         Entwicklung der Röhrichte in den TUG unterhalb von Hamburg, für die Daten seit ca. 1960 zur Verfügung stehen

 

Die MThw-Linie, die sich aus dem Schnittpunkt der Höhe des MThw und der Höhe des Geländes ableitet, ist unbestritten ein wesentlicher Parameter für die Ausdehnung des Röhrichts. Dies ist sehr gut im TUG 6 (Wischhafen) und im TUG 12 (Hahnöfer Neben­elbe/Mühlenberger Loch, s. Abbildung III.1.6.2.2-7) zu erkennen. Dort orientiert sich die wasserseitige Röhrichtgrenze z. T. exakt an einer bestimmten Höhenlinie und somit parallel zur MThw-Linie. In Abbildung III.1.6.2.2-7 folgt die wasserseitige Röhrichtgrenze der 1 m ü. NN-Linie auf der "geschützten Seite" zur Hahnöfer NE. Auf der Fahrrinne zugeneigten Seite verläuft die Grenze etwas höher. Jedoch folgt einer Erhöhung des MThw nicht zwangsläufig eine horizontale Verlagerung der MThw-Linie. Andere Parameter, wie Sedimentation, können die horizontale Verschiebung der MThw-Linie mindern oder sogar umkehren. Dies ist im TUG 6 (Wischhafen) zu beobachten.

Abb. III.1.6.2.2-7:         Höhenlinien aus den Vermessungen der Beweissicherung und Biotoptypen aus der 2002er Kartierung

 

In Bereichen, in denen Erosion vorherrscht, sind häufig Abbruchkanten vorzufinden. Diese Abbruchkanten reagieren auf eine Erhöhung des MThw ganz anders als flach geneigte Ufer. Der Verlust von Röhrichten in diesen Bereichen ist in erster Linie eine direkte Folge der Erosion (Unterspülung des Rhizoms, Abbrechen ganzer Bodeneinheiten mit Vegetation) und nicht das Ergebnis eines langsamen Anpassungsprozesses an veränderte Wasserstände.

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass eine monokausale Abhängigkeit der Röhrichtausdehnung von der MThw-Linie und entsprechend von Änderungen des MThw nicht ausreicht, um die räumlichen Entwicklungen der Röhrichte und Uferstauden zu erklären. Es wurde an verschiedenen Beispielen aufgezeigt, dass das MThw durchaus Einfluss auf die Bestände der Röhrichte hat, andere Parameter (z. B. Sedimentation, Konkurrenz, Wellenschlag, Strömung, Topografie, Überstauungszeiten etc.) dürfen allerdings nicht vernachlässigt werden. Die Frage, ob die festgestellten Veränderungen der Röhrichte und Uferstauden auf ausbaubedingte Veränderungen der Tidewasserstände zurückzuführen sind, kann hier nicht beantwortet werden.

 

 

III.1.6.2.3   Entwicklung gefährdeter Pflanzenarten

Schierlings-Wasserfenchel

Zur Dokumentation der Standorte des Schierlings-Wasserfenchels wurden im NSG Heuckenlock von 1999 - 2002, an der Este-Mündung und im Overhaken jeweils in den Jahren 2000, 2001 und 2002 über 500 Einzelpflanzen und Gruppen dieser Pflanzen nach Lage und Höhe genau vermessen (s. auch A.1.7.2.3). Ergänzend dazu wurden Ergebnisse aus einem E+E-Vorhaben "Pilotprojekt zur nachhaltigen Sicherung des Lebensraums des Schierlings-Wasserfenchels (Oenanthe conioides) an der Elbe in Hamburg" zur Auswertung heran gezogen werden. Die Zwischenberichte für die Jahre 2000, 2001 und 2002 (KURZ, 2002; BELOW, 2003) sind in den Materialien enthalten.

Die Standortansprüche dieser Pflanze werden im Rahmen des E+E-Vorhabens, das auf 5 Jahre angelegt ist, näher untersucht. Insgesamt zeigen sich starke jährliche Schwankungen der Populationen des Schierlings-Wasserfenchels an den einzelnen Fundorten (s. Below, 2003). Soweit man anhand drei- bis vierjähriger Aufnahmen vermuten kann, scheint die Häufigkeit der Art infolge ihrer zweijährigen Lebensform auch in einem zweijährigen Zyklus zu schwanken. Da über die genauen Lebensraumansprüche dieser Pflanzenart noch relativ wenig bekannt ist, lassen sich auch über die Gründe für diese Schwankungen - seien sie natürlicher oder anthropogener Art - noch keine abschließenden Aussagen treffen.

Aufgrund der in Below (2003) beschriebenen Veränderungen an den einzelnen Fundorten muss davon ausgegangen werden, dass das Vorhandensein des Schierlings-Wasserfenchels jeweils von vielen Einflussfaktoren bestimmt wird (z. B. überdecken der Rosetten mit Laub oder Treibsel, Eisgang, Überdauern der Kälte im Winter, "normale" Dynamik des tidebeeinflussten Lebensraums, Schädlingsbefall, Samenreserven am Wuchsort), die größeren Einfluss haben als mögliche Folgen einer Fahrrinnenvertiefung, z. B. Änderungen der Tidewasserstände.

Dabei kann es auch vorkommen, dass während eines Jahres an einem Wuchsort keine Individuen des Schierlings-Wasserfenchels festgestellt werden können, im nachfolgenden Jahr aber wieder eine Population dieser Art anzutreffen ist.

2002 war auch das Jahr mit der höchsten Gesamtindividuenzahl in den Beobachtungsjahren (1999/2000 - 2002). Aus den aufgeführten Gründen wird deshalb nicht von nachteiligen Auswirkungen der Fahrrinnenvertiefung auf den Schierlings-Wasserfenchel ausgegangen.

 

Sumpfsimse

Der Vergleich der beiden Messungen der Sumpfsimsenbestände im Bereich Kollmar vom Juni 1999 und September 2002 ergibt folgendes Bild (s. Abbildung III.1.6.2.3-1): Alle 1999 gemessenen "Teppiche" sind in 2002 noch vorhanden, jetzt allerdings mit einer vorgerückten Schilf- und Rohrkolbenzone verwachsen, die bei der älteren Messung noch weiter zurück lag (s. auch Abbildung A.1.7.2.3-4). Die "Teppiche" weisen bei der Messung von 2002 durchweg eine leicht vergrößerte Fläche auf.

Bemerkungen zur Messung: Die Pflanzen wiesen bei der Messung im September einen höheren Wuchs auf. Die Löcher in den Teppichen entstehen durch Wasser, das landseitig aus dem Schilfgebiet dringt und im Pflanzenbestand kleine Rinnen und Kolke bildet. Das Messgebiet liegt am Rand eines beliebten Badestrandes. Starke Beeinträchtigungen durch Menschen konnten jedoch nicht beobachtet werden.

Abb. III.1.6.2.3-1:         Vergleich der Sumpfsimsenbestände im Bereich Kollmar