Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

3 PROGNOSE DER ENTWICKLUNG DER SCHUTZGEBIETE FÜR ARTEN UND BIOTOPE OHNE VERWIRKLICHUNG DES VORHABENS (NULLVARIANTE)

Im Rahmen der Beurteilung der Auswirkungen UVP-pflichtiger Vorhaben auf die Umwelt hat es sich als zweckmäßig erwiesen, auch den zukünftigen Zustand der Umwelt ohne die Verwirklichung des Vorhabens - die sogenannte "Null-Variante" - darzustellen. Damit wird der über die Zulässigkeit des Vorhabens entscheidenden Behörde - neben der Analyse des Ist-Zustandes und der Entwicklungsprognose bei Verwirklichung des Vorhabens - eine weitere Beurteilungsgrundlage zur sachgerechten Einstellung der Umweltbelange in ihre Abwägungsentscheidung an die Hand gegeben.

Als Prognosegrundlagen werden die diesbezüglichen Aussagen der MATERIALBÄNDE VI und VII herangezogen. Im weiteren wird zunächst die zu erwartende Entwicklung der Schutzgebietsausweisungen dargestellt. Anschließend werden

  • bauliche Eingriffe und
  • säkularer Meeresspiegelanstieg

hinsichtlich der zu erwartenden Wirkungen auf die Schutzgebiete des Arten- und Biotopschutzes betrachtet.

Hinsichtlich der Ausweisung von weiteren Schutzgebieten ist davon auszugehen, daß viele der geplanten NSG- und LSG-Ausweisungen umgesetzt werden. Insbesondere ist davon auszugehen, daß die beiden geplanten Naturschutzgebiete "Pagensand" sowie "Rhinplatte und Elbufer südlich von Glückstadt", für die die sicherstellende Wirkung gemäß § 21 (3) LNatSchG eingetreten ist, in absehbarer Zeit ausgewiesen werden.

In bezug auf internationale Schutzgebietskategorien ist davon auszugehen, daß im Untersuchungsgebiet größere Bereiche in das, in der FFH-Richtlinie verankerte, kohärente europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000 einbezogen werden. Für die bestehenden EG-Vogelschutzgebiete erfolgt die Einbeziehung automatisch, so daß sie bereits zum jetzigen Zeitpunkt als Bestandteile von NATURA 2000 betrachtet werden können. Es ist davon auszugehen, daß darüber hinaus nicht nur bereits bestehende Schutzgebiete (insbesondere FIB und NSG) einbezogen werden, sondern auch zusätzliche Flächen neu ausgewiesen werden. Hierfür spricht insbesondere, daß in Anhang I der Richtlinie Ästuarien als zu schützende Habitate aufgeführt werden und das Untersuchungsgebiet eines der bedeutendsten Ästuare Deutschlands umfaßt.

Auswirkungen auf die Schutzgebiete für Arten und Biotope haben insbesondere Änderungen der Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen. Die ohne Verwirklichung des Vorhabens zu erwartenden Änderungen für das Schutzgut Tiere und Pflanzen werden in den MATERIALBÄNDEN VI und VII prognostiziert. Die daraus abzuleitenden Wirkungen auf die Schutzgebiete des Arten- und Biotopschutzes werden im folgenden zusammenfassend dargestellt. Durch bauliche Eingriffe entstehen folgende Beeinträchtigungen von Schutzgebieten:

  • Erhöhung und Verstärkung der Hauptdeiche und des Finkenwerder Vordeichs im Hamburger Bereich führen zu Verlusten von Außendeichsflächen in bestehenden Landschaftsschutzgebieten (z.B. LSG "Mühlenberger Loch").
  • Der Neubau des Este-Sperrwerks wird während der Bauphase zu Beeinträchtigungen im LSG "Mühlenberger Loch" führen. Das Gebiet ist gleichzeitig Feuchtgebiet internationaler Bedeutung nach Ramsar-Konvention und geplantes NSG.
  • Die Öffnung der Alten Süderelbe wird sich auf die Sedimentationsverhältnisse im bestehenden LSG "Mühlenberger Loch" auswirken. Eine Verkleinerung der Schlickwattbereiche ist zu erwarten, wird sich aber vermutlich mit einem Flächengewinn von Wattbereichen an anderer Stelle (Alte Süderelbe selbst) ausgleichen.
  • Die geplante Vordeichung auf dem Spülfeld Glückstadt-Süd wird zu Beeinträchtigungen der abwechslungreich gegliederten Flächen in dem geplanten NSG "Rhinplatte und Elbufer südlich von Glückstadt" führen.
  • Die Verlegung des Fahrwassers in der Ostemündung führt vorübergehend zu negativen Auswirkungen auf die Avifauna im Naturschutzgebiet "Vogelschutzgebiet Hullen".

Durch Extrapolation des bisherigen säkularen Meeresspiegelanstiegs ergibt sich in den nächsten 10 Jahren ein weiterer Anstieg um 1 cm, der in der Elbe zu einem MThw-Anstieg von 2 bis 3 cm und zu einem MTnw-Anstieg von bis zu 7 cm führen wird. Die Zahl mittelhoher Sturmfluten wird geringfügig steigen, während die Häufigkeit hoher Sturmfluten und die mittlere Höhe von Sturmfluten unverändert bleiben wird. Folgende Auswirkungen auf die Schutzgebiete für Arten und Biotope sind zu erwarten:

  • Generell ist aufgrund des MThw-Anstiegs von einer Verkleinerung der Vordeichflächen auszugehen die auch die betrachteten Schutzgebiete des Arten- und Biotopschutzes betrifft. Dies führt zu einer Vorwegnahme der Wirkungen einer Fahrrinnenvertiefung auf die Flora und Fauna, indem höherliegende Flächen häufiger überschwemmt werden und der MThw-Anstieg in zehn Jahren etwa der Wirkung der Maßnahme entspricht.
  • Eine Zunahme der Häufigkeit mittelhoher Sturmfluten führt zu Beeinträchtigungen bodenbrütender Vogelarten, sofern diese Sturmfluten in der Brutzeit von April bis Juni auftreten. Hiervon sind auch die Schutzgebiete für Arten und Biotope betroffen.