Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

3.2 Fischereiwirtschaftliche Nutzung des Untersuchungsgebietes

Entsprechend der oben genannten Zonierung, liegt auch eine unterschiedliche fischereiwirtschaftliche Nutzung des Untersuchungsgebietes vor. Generell ist es unzulässig in folgenden Bereichen zu fischen:

  • im Fahrwasser
  • auf den Reeden
  • im Bereich bis 200 m vor Hafeneinfahrten, Anlegestellen oder Liegestellen
  • im Bereich von 150 m von Pegeln und Meßgeräten
  • im Bereich von Kabeltrassen und Baggerklappstellen.

Darüber hinaus bestehen naturschutzrechtliche Einschränkungen der Fischerei in folgenden Bereichen:

  1. Kleiner Vogelsand (nördl. der Insel Neuwerk) und Inselwatt (westl. der Insel Neuwerk)
  2. Wildschutzgebiet Außendeich Nordkehdingen (gesamtes südliches Elbufer von
  3. Elbe-km 705 bis km 683)
  4. in den Nebenelben (Glückstädter Nebenelbe, Wischhafener Fahrwasser, Haseldorfer Binnenelbe, Pagensander Nebenelbe, Hannöversander Nebenelbe).

In dem Bereich zwischen Scharhörn und der Ostemündung (Elbe-km 750 bis km 707) wird überwiegend mit Grundschleppnetzen (hauptsächlich Baumkurren) auf Speisekrabben gefischt. Darüber hinaus wird im genannten Bereich die Hamenfischerei ausgeübt. Im Gegensatz zur Grundschleppnetz- bzw. Kurrenfischerei, bei der die Netze über den Gewässergrund geschleppt werden, handelt es sich dabei um eine stationäre Fischerei, bei der die Hamenkutter vor Anker liegend ihre Netze seitlich ausbringen. Die modernen Hamennetze haben eine Netzöffnung von ca. 90 m2.

Im Bereich zwischen der Ostemündung und Wedel (Elbe-km 707 bis km 639) hingegen ist die Ausübung der Grundschleppnetzfischerei generell verboten. Seitens der Haupterwerbsfischerei ist dieser Bereich den Hamenfischern vorbehalten, die hier neben dem Fahrwasser (außerhalb des Tonnenstrichs), sowie in der Oste und der Stör, die Fischerei ausüben. Diese Erlaubnis gilt jedoch nicht generell, so ist zum Beispiel die Fischerei in den Nebenelben nicht gestattet. Ausnahmeregelungen, sowie einzelne Fangplätze für die Hamenfischerei, werden jeweils in den Bekanntmachungen der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt -Außenstelle Nord- zur Seeschiffahrtsstraßenordnung (SeeSchStrO., bzw. Küsten-Almanach) aufgeführt.

Neben der Haupterwerbsfischerei wird der genannte Bereich ebenfalls von Nebenerwerbsfischern genutzt, die Reusen und / oder Stellnetze in den Uferbereichen der Stromelbe ausbringen.

Im Bereich zwischen Wedel und Geesthacht (Elbe-km 639 bis km 585) überwiegt die Nebenerwerbsfischerei mit Reusen und Stellnetzen. Zwar befinden sich im Hamburger Bereich noch einzelne Hamenfangplätze, diese werden von den Fischern jedoch kaum noch genutzt. Aufgrund der relativ geringen Gewässerbreite im genannten Elbabschnitt, befinden sich ausgewiesenen Fangplätze sehr dicht am Fahrwasser. Hieraus resultiert eine starke Gefährdung der Hamenkutter durch vorbei fahrende Schiffe, die zum Teil eine enorme Sogwirkung und einen starken Schwell verursachen. Bedingt durch die große Netzöffnung der Hamennetze, sowie durch den ungünstigen Schwerpunkt der Hamenkutter, der in der Befestigung der Spannseile für die Oberbäume nahe der Mastspitze begründet ist, führt die genannte Sogwirkung (bzw. der Schwell) zu starken Seitenneigungen des Kutters. Die resultierenden Pendelbewegungen des Kutters können kurzfristig so stark auftreten, daß ein sicheres Arbeiten nicht möglich ist.

Ferner birgt die geringe Distanz zum Fahrwasser eine erhöhte Gefahr von Kollisionen. Kommt ein vorbei fahrendes Schiff aufgrund menschlichen Versagens oder technischer Probleme vom Kurs ab, so ist ein Überlaufen des vor Anker liegenden Hamenkutters unausweichlich.

Neben der haupt- und nebenerwerblichen Nutzung, wird der gesamte Bereich der Tideelbe von Anglern (Sportfischern) genutzt. Dabei muß zwischen der allgemeinen Nutzung der Küstengewässerregion (Tideelbe bis Wedel, einschließlich der Nebenflüsse bis zur Deichgrenze), und den Binnengewässerbereichen (Elbstrombereich ab Wedel, sowie die Nebenflüsse stromaufwärts der Deichgrenze) unterschieden werden. Im Bereich von Küstengewässern gilt das Recht des freien Fischfangs. Im Gegensatz dazu gilt im Binnengewässerbereich das Pachtrecht. Große Teile der Elbe stromaufwärts von Wedel, sowie Bereiche der angrenzenden Nebenflüsse ab der Deichlinie sind an Angelvereine verpachtet.

 

3.2.1 Fangplätze und Fangzeiten

Generell ist davon auszugehen, daß der Untersuchungsbereich ganzjährig fischereilich genutzt wird. Die Krabbenfischerei wird überwiegend im Zeitraum von März / April bis November betrieben. Die Hamenfischerei hingegen wird das ganze Jahr über betrieben.

Die Hauptfanggebiete der Krabbenfischer (Grundschleppnetzfischerei) sind auf das Gebiet zwischen Scharhörn und der Ostemündung (Elbe-km 750 bis km 707) beschränkt. In die vorliegende Studie wurden auch diejenigen Fanggründe einbezogen, die direkt an das Untersuchungsgebiet angrenzen, da eine strikte Trennung zwischen Fanggebieten am Rand des Untersuchungsraums und fischereilich genutzten Bereichen in angrenzenden Gebieten nicht möglich war. Der Grund hierfür liegt in der fischereilichen Praxis, da sich die Schleppstrecken der Krabbenfischer zum Teil mit den Grenzen des Untersuchungsgebietes überschneiden. Hauptsächlich wird in Flachwasserzonen (stark tidenbeeinflußte Bereiche, die z.T. trockenfallen), sowie in den Bereiche zwischen den stark tidenbeeinflußten, aber permanent überfluteten Zonen, und den an die Fahrrinne angrenzenden tieferen Gewässerabschnitten, die sich außerhalb des ausgetonnten Fahrwassers befinden (Übergangsbereichen zwischen Flachwasser und Tiefwasser), gefischt.

Eine besondere Bedeutung kommt den relativ geschützten Prielsystemen im Untersuchungsgebiet zu, die auch bei ungünstigen Wetterlagen noch genutzt werden können. Die wichtigsten Schlechtwetterfanggebiete sind: Klotzenloch (Nordergründe), Schatzkammer (Hakensand), Zehnerloch (Gelbsand), Medemrinne (Medemsand), Medemgrund und die Neufelder Rinne.

Die Nutzung der jeweiligen Fanggründe unterliegt saisonalen Schwankungen, die sich nach dem Krabbenvorkommen richten. Dabei hat jeder Fischer seine bevorzugten Fanggründe. Eine separate Bewertung einzelner Fangplätze ist nicht sinnvoll, da sowohl die Anzahl der dort arbeitenden Fischer, als auch die jährliche Ertragsmenge starken Schwankungen unterliegen.

Großräumig können Fanggebiete für die schleswig-holsteinischen und die niedersächsischen Krabbenfischer zusammengefaßt werden. Die Fanggebiete der schleswig-holsteinischen Krabbenfischer umfassen den gesamten Bereich nördlich des bestehenden Fahrwassers, sowie kleinere Teile südlich des Fahrwassers im äußeren Ästuarbereich (Abb. 2).

Die Fanggebiete der niedersächsischen Krabbenfischer hingegen erstrecken sich von einem Bereich südlich des Neufelder Watts bis südlich Scharhörn. Ferner wird ein schmaler Bereich nördlich des bestehenden Fahrwassers (Bereich Gelbsand bis Scharhörn) zur Seezungenfischerei genutzt (Abb. 3).

Anders als in der Krabbenfischerei, findet die Hamenfischerei im gesamten Elbabschnitt zwischen Cuxhaven und Hamburg statt. Die einzelnen Fangplätze (Tab. 1) verteilen sich dabei auf räumlich eng begrenzte Bereiche außerhalb des bestehenden Fahrwassers (hinter dem Tonnenstrich). Weitere Fangplätze befinden sich in der Oste und in der Stör. Eine Hamenfischerei in den Nebenelben ist nicht gestattet. Eine Aufstellung der genehmigten Fangplätze für die Hamenfischerei werden jeweils in den Bekanntmachungen der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt -Außenstelle Nord- zur SeeSchStrO (Küsten-Almanach) veröffentlicht.

Tabelle 1: Fangplätze und Fangzeiten der Hamenfischer in der Unterelbe. Stand September 1995

Lage des Fangplatzes Monat genutzte Fischarten
Tonne 28 - 30 (Zehnerloch)
km 734,5 - km 732,1
Dez. - Ende Mär.
Apr. - Ende Mai
Mitte Mai - Anfang Sep.
Mitte Sep. - Ende Nov.
Stint, Kabeljau, Sprott, Hering, Flunder
Aal, Flunder, Seezunge, Steinbutt, Stint
Aal, Seezunge, Flunder
Kabeljau
Tonne 30 - 32b; km 732,1 - km 726,5 Dez. - Ende Mär. Stint, Kabeljau, Sprott, Hering, Flunder
Medem Rinne; km 717,7 - 716,5 Dez. - Ende Mär.
Mitte Mai - Anfang Sep.
Stint, Kabeljau, Sprott, Hering, Flunder
Aal, Seezunge, Flunder
Tonne 43; km 715,6 - km 714,5 Dez. - Ende Mär.
Mitte Mai - Anfang Sep.
Stint, Kabeljau, Sprott, Hering, Flunder
Aal, Seezunge, Flunder
Neufeld Reede
km 708,5 - km 706,4
Dez. - Ende Mär.
Apr. - Ende Mai
Mitte Sep. - Ende Nov.
Stint, Kabeljau, Sprott, Hering, Flunder
Aal, Stint, Flunder
Aal, Zander, Stint, Flunder
Tonne 53 - 55; km 705 - km 702,5 Dez. - Ende Mär. Stint, Hering, Kabeljau, Sprott
Tonne 57 - 63; km 699 - km 689,5 Dez. - Ende Mär. Stint, Kaulbarsch, Zander, Meerforellen
Tonne 62; km 691,4 - km 689,3 Dez. - Ende Mär.
Mitte Sep. - Ende Nov.
Stint, Kaulbarsch, Zander, Meerforellen
Aal, Zander, Stint, Flunder
Tonne 66; km 688 - km 687,5 Mitte Sep. - Ende Nov. Aal, Zander, Stint, Flunder
Tonne 69; km 685,5 - km 683 Mitte Sep. - Ende Nov. Aal, Zander, Stint, Flunder
Tonne 81 - 83 (Krautsand Reede)
km 674,2 - km 672,5
Jan. - Ende Mär. Stint, Kaulbarsch, Zander, Meerforellen
Tonne 91 - 95 (Schwarztonnensand)
km 665,5 - km 662,2
Jan. - Ende Mär.
Mitte Mai - Anfang Sep.
Stint, Kaulbarsch, Zander, Meerforellen
Aal, Zander, Flunder
Tonne 110 - 112; km 651,6 - km 549,4 Mitte Sep. - Ende Nov. Aal, Zander, Stint, Flunder
Tonne 116 - 120, km 648,7 - km 650,4
Tonne 119; km 645,2 - km 644,2
Tonne 122 - 124; km 640,7 - km 637,5
Feb. u. Mär.
Mai - Anfang Sep.
Stint, Kaulbarsch, Zander, Flunder
Aal, Zander
Tonne 115 - 117, km 647,6 - km 645,5
Tonne 125 - 127; km 639 - km 637,7
Feb. u. Mär.
Mai - Anfang Sep.
Stint, Kaulbarsch, Zander, Flunder
Aal, Zander
Tonne 132; km 630 - km 629 Mai - Ende Aug. Aal, Zander
Tonne 133; km 632,5 - km 632 Mai - Ende Aug. Aal, Zander
Köhlbrand (Tonne KS 4) Mitte Mai - Anfang Sep. Aal, Zander
Fangplätze in Nebenflüssen    
Oste Febr. u. Mär.
Apr. - Mai
Stint, Kaulbarsch, Zander, Flunder
Aal, Zander
Stör Apr. - Ende Mai Aal, Zander

Die zusammenfassende Darstellung der Fanggebiete der Krabbenfischer, sowie der Fangplätze der Hamenfischer ist in Karte I in Teil 1.1 dieses Gutachtens (Lage der Fanggebiete im Untersuchungsraum im Maßstab 1 : 100.000) gegeben.

Abbildung 2: Fanggebiete der schleswig-holsteinischen Krabbenfischer im Untersuchungsgebiet. Durchschnittlicher Ertrag (1990 - 07/1994) pro Jahr: 606 t Krabben und 25,5 t Frisch fisch (Angaben von 19 Fischern).

Abbildung 3: Fanggebiete der niedersächsischen Krabbenfischer im Untersuchungsgebiet. Durchschnittlicher Ertrag (1990 -1994) pro Jahr: 242 t Krabben und 25 t Frischfisch.

3.2.2 Anzahlen der Haupt- und Nebenerwerbsfischer

Bevor auf die Anzahlen der registrierten Fischer eingegangen wird, soll an dieser Stelle eine kurze Definition der Begriffe Haupt-, Nebenerwerbs- und Hobbyfischer gegeben werden.

Als Haupterwerbsfischer werden diejenigen Fischer bezeichnet, die über ein registriertes Fischereifahrzeug verfügen (in der Regel sind dieses Kutterfahrzeuge) und hauptsächlich vom Fischfang leben.

Als Nebenerwerbsfischer werden diejenigen Fischer bezeichnet, die ebenfalls über ein registriertes Fischereifahrzeug verfügen (dieses sind in der Regel offene Fischerboote), die jedoch nicht überwiegend vom Fischfang leben.

Als Hobbyfischer werden diejenigen Fischer bezeichnet, die über kein registriertes Fischereifahrzeug verfügen. Sie üben die Fischerei zu Fuß aus (Reusenfischerei in den Uferbereichen).

In allen drei Bundesländern, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein, sind sowohl Haupt- und Nebenerwerbsfischer als auch Hobbyfischer im Untersuchungsgebiet tätig. Problematisch gestaltete sich die Erhebung zur Nebenerwerbs- und Hobbyfischerei, da diese in keinem der genannten Bundesländer zur Meldung ihrer Fänge verpflichtet sind.

Die folgenden Anzahlen der Nebenerwerbsfischer verstehen sich als Mindestanzahlen, da hier nur diejenigen Nebenerwerbsfischer aufgeführt sind, die über ein registriertes Fischereifahrzeug verfügen. Nicht aufgeführt sind die Hobbyfischer, die die Fischerei zu Fuß ausüben, da keine gesicherten Angaben zu den Anzahlen im Untersuchungsraum vorliegen.

Tabelle 2: Anzahlen der im Untersuchungsgebiet tätigen Haupt- und Nebenerwerbsfischer, getrennt nach Bundesländern.

Bundesland Haupterwerbsfischer Nebenerwerbsfischer
Niedersachsen 10 - 14 (Krabben)
1 (Hamen)
min. 22
Hamburg 3 (Hamen) min. 27
Schleswig-Holstein 24 (Krabben) ? - keine genauen Angaben verfügbar

Da in der Hobbyfischerei die Anzahl der Reusen pro Fischer jedoch keinerlei Beschränkungen unterliegt, muß davon ausgegangen werden, daß in einigen Fällen hier auch eine nebenerwerbliche Nutzung vorliegt. Wie groß die Anzahl der genannten Fischer ist, kann nicht eindeutig bestimmt werden. In Schleswig-Holstein beispielsweise wurde diese Art der Fischerei 1982 das letzte Mal statistisch erfaßt. Damals waren im Bereich der Nordseeküste 617 Nebenerwerbsfischer ohne Boot (entspricht den Hobbyfischern nach heutigem Verständnis) registriert. Eigenen Beobachtungen und Angaben der Berufsfischer zu Folge, muß jedoch davon ausgegangen werden, daß eine große Anzahl von Hobbyfischern im Untersuchungsgebiet tätig ist, was sich in der enormen Anzahl von Reusen äußert (zum Teil mehrere hundert Stück), die in Uferbereich der Tideelbe beobachtet werden können.

3.2.3 Genutzte Fischarten und Wirbellose

In zahlreichen ökologischen Studien ist belegt, daß sich die Situation der aquatischen Fauna in der Tideelbe seit Mitte der achtziger Jahre deutlich verbessert hat. Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang auf die Untersuchungen von Möller (1992, 1993), ARGE Elbe (1993), sowie von Kausch & Nellen (1994) verwiesen. Diese positive Entwicklung, die auf eine Verbesserung der Wasserqualität in der Elbe zurückzuführen ist, hat sich auch weitgehend positiv auf die Bestandsentwicklung der Fischbestände ausgewirkt. Während 1981/82 nur 55 Fischarten in der Tideelbe zwischen Cuxhaven und Hamburg nachgewiesen wurden (Möller, 1984), waren es im Zeitraum von 1984 - 1986 bereits 59 Arten (Möller, 1988). In aktuellen Untersuchungen von Thiel et al. (1994) konnten sogar 62 Fischarten im genannten Bereich nachgewiesen werden. Nach Untersuchungen von Dierking & Wehrmann (1991) ist auch der Hamburger Abschnitt der Elbe mit 51 Fischarten als fischartenreiches Gewässer zu bezeichnen. Gleiches gilt für den Elbabschnitt bis Geesthacht.

Von den 62 im Untersuchungsraum nachgewiesenen Fischarten werden derzeit jedoch nur wenige fischereiwirtschaftlich genutzt, wobei es deutliche Unterschiede zwischen der Krabbenfischerei (hier sind die Zielarten neben den Krabben, hauptsächlich Plattfische, insbesondere Seezungen und Flundern) und der Hamenfischerei (Zielarten: Aal, Stint, Flunder und Seezunge und in begrenztem Maß Zander) gibt. In der Nebenerwerbsfischerei (Reusenfischerei) wird hauptsächlich auf Aale gefischt.

Darüber hinaus treten als Beifang in den genannten Fischereiformen mit Kabeljau, Hering, Sprott, Kaulbarsch und Meerforellen weitere Fischarten auf, die ebenfalls vermarktet werden. Im Folgenden soll auf die Bestandsentwicklung der wirtschaftlich bedeutendsten Arten eingegangen werden.

Die Sandgarnele (Krabbe), Crangon crangon, ist die wirtschaftliche bedeutendste Art im Untersuchungsgebiet. Die Bestandsentwicklungen der Krabben ist durch große natürliche Schwankungen im Vorkommen gekennzeichnet. Die Ursachen für diese Schwankungen sind vielschichtig. Dabei kommt den meteorologischen und den hydrographischen Rahmenbedingungen, insbesondere der Wassertemperatur, eine große Bedeutung für den Fortpflanzungserfolg in den jeweiligen Jahren zu. Darüber hinaus spielen Räuber-Beute-Beziehungen eine wichtige Rolle, da die Krabben ein wichtiger Nahrungsbestandteil für eine Vielzahl von Fischen sind. Kommt es zu einem besonders starken Auftreten von "Krabbenräubern", wie z.B. dem massiven Auftreten junger Wittlinge im Jahr 1990, so wirkt sich dieses deutlich auf den befischbaren Krabbenbestand aus. Aufgrund der schnellen Reproduktion der Krabben (die Weibchen legen 2 - 3 mal jährlich 2.000 bis 14.000 Eier), haben solche Ereignisse jedoch keine andauernden Folgen für den Gesamtbestand.

In der Krabbenfischerei treten ferner seit Ende der achtziger Jahre vermehrt marktfähige (> 24 cm) Seezungen, Solea solea, in den Fängen auf, so daß sich in den Monaten Mai/Juni bis August eine eigene Seezungenfischerei entwickelt hat. Ferner treten regelmäßig große Anzahlen von jungen Seezungen (bis 10 cm) in den Fängen auf. Die Bestandsdichten adulter Tiere ist jedoch seit 1991/92 rückläufig, was sich deutlich in den sinkenden Anlandungsmengen äußert (siehe hierzu 3.3.ff).

Wirtschaftlich weniger bedeutsam, jedoch regelmäßig in den Fängen der Krabbenfischerei vertreten, sind Scholle (Pleuronectes platessa), Kabeljau (Gadus morhua) und Steinbutt (Psetta maxima).

Die Bestandsentwicklung der wichtigsten Nutzfischarten in der Hamenfischerei sind in Tabelle 3 dargestellt. Vergleicht man die von Möller (1984, 1988) erhobenen Daten mit den aktuellen Untersuchungsergebnissen von Thiel im Rahmen des hydrobiologischen Gutachtens der vorliegenden UVS (Erhebungszeitraum 1991 bis 1993), so zeigt sich, daß die Bestandsdichten von Flundern und Stinten bis zum Jahr 1992 deutlich zugenommen haben. Im Erhebungsjahr 1993 dagegen, wurde ein leichter Bestandsrückgang der genannten Arten verzeichnet.

Anders stellt sich die Situation beim Aal dar. Während Möller (1984, 1988) einen Anstieg der Individuenzahlen von 12 auf 21 gefangene Tiere pro Stunde verzeichnete, lagen die durchschnittlichen Stundenfänge im Erhebungszeitraum 1991/92 bei lediglich 4 Individuen pro Stunde. Im Jahr 1993 konnte ein leichter Anstieg auf 5 Individuen pro Stunde verzeichnet werden.

Tabelle 3: Bestandsentwicklung von Flundern, Stinten und Aalen auf der Tideelbe. Die Werte geben Mittelwerte von Hamenkutterfängen (gefangene Individuen pro Stunde) über alle Untersuchungsstationen im Zeitraum von Februar bis November des jeweiligen Untersuchungsjahres an. Quelle: 1982 - Möller (1984); 1984-86 - Möller (1988); 1991 bis 1993 - unveröff. Daten Dr. R. Thiel, Universität Hamburg, SFB 327 "Tide Elbe".

  Fang (Ind.) pro Stunde
Jahr Flunder Stint Aal
1982 20 2.825 12
1984-86 37 4.070 21
1991 57 6.324 4
1992 100 14.112 4
1993 26 12.231 5

Die Aalfänge in der Hamenfischerei setzen sich aus ca. 70% Satzaalen (<= 35 cm Körperlänge), und 30% Konsumaalen (> 35 cm Körperlänge) zusammen (Abb. 4). Hinsichtlich der Konsumaale (Aale für den menschlichen Verzehr) muß angemerkt werden, daß diese aufgrund von Schadstoffbelastungen, insbesondere mit Quecksilber und chlorierten Kohlenwasserstoffen, nicht oder nur bedingt für den Verzehr geeignet sind. Derzeit wird in den Bundesländern Hamburg und Niedersachsen empfohlen, keine Elbaale zu verzehren, in Schleswig-Holstein dagegen besteht ein ausgesprochenes Vermarktungsverbot für Elbaale. Generell gilt, daß es nur bei Fischen, die sich über einen längeren Zeitraum in der Elbe aufhalten (Aal und Flunder) zu Schadstoffanreicherungen über die Nahrungskette kommt. Anders ist der Sachverhalt bei denjenigen Fischen, die nur kurze Lebensabschnitte in der Elbe verbringen (z.B. Stint, Meerforelle). Sie weisen deutlich geringere Schadstoffkonzentrationen auf, und können ohne Gefahr verzehrt werden.

Rückfragen bei den zuständigen Stellen (Gewässergütestelle Elbe, staatliche Fischereiämter und Gesundheitsbehörde Hamburg) haben ergeben, daß die Anzahl der Höchstmengenüberschreitungen der genannten Substanzen bei Elbfischen rückläufig ist. Dieses ist offensichtlich auf die verbesserte Wasserqualität in der Elbe zurückzuführen. Allerdings treten nach wie vor sehr hohe Belastungen in den Sedimenten auf (Knauth & Miehlich, 1994), so daß kurzfristig (innerhalb von 1 bis 2 Jahren) nicht mit einer Aufhebung der Vermarktungsbeschränkungen für Elbaale und Flundern zu rechnen ist.

Neben der Aalfischerei wird von den Hamenfischern im Winter und Frühjahr eine Stintfischerei durchgeführt. Im Zeitraum von 1981 - 1992 waren Stinte die mit Abstand häufigste Fischart in der Tideelbe (Möller, 1984, 1988; Thiel et al. 1994). Die Stinte werden direkt von den Fischern vermarktet. Abnehmer sind zumeist Gaststätten und Hotels, die die fangfrischen Stinte direkt verarbeiten.

Ganzjährig treten als Beifang der Hamenfischerei folgende Nutzfischarten auf: Flunder (Platichthys flesus), Kabeljau (Gadus morhua) und Seezunge (Solea solea), sowie vereinzelt Meerforellen (Salmo trutta f. trutta).

Darüber hinaus kommen in den Fängen der Hamenkutter große Anzahlen von Jungfischen (hauptsächlich Stinte und Flundern, zeitweise jedoch auch Seezungen) vor, die nicht genutzt werden können. Aufgrund der langen Verweildauer in den Netzen (die durchschnittliche Fangdauer beträgt 4 Stunden), können diese Jungfische zumeist nur tot zurück in die Elbe gegeben werden (Möller, 1993).

Junge Stinte (<= 10 cm) und Flundern (<= 10 cm) stellten den jeweils größten Teil der gefangenen Individuen (Abb. 5 und 6) der jeweiligen Art. Dieses deutet auf die besondere Bedeutung der Tideelbe als "Kinderstube" (Aufwuchsgebiet) der genannten Arten hin. Nellen et al. (1994) fanden unterhalb Hamburgs (ohne genaue Ortsangabe) an einigen Stellen bis zu 600 Fischlarven / m3. Im Vergleich dazu liegen die durchschnittlichen Larvendichten in der Nordsee bei weniger als 10 Larven / m3 (Nellen et al. 1994). Untersuchungen von Möller & Diekwisch (1991) belegten, daß sich Laichgebiete der Stinte am Südufer der Tideelbe im Bereich von der Einmündung Schwinge (ca. Elbe-km 655) bis unterhalb von Hamburg (ca. Elbe-km 625) befinden. Ferner wurden von Sepúlveda et al. (1993) weitere Laichgebiete stromaufwärts von Hamburg (Elbe-km 600) beschrieben.

Es muß jedoch beachtet werden, daß die eingesetzte Fangmethode (Hamenfischerei) nur bedingt für eine genaue Abschätzung des Gesamtbestandes von Flundern und Stinten herangezogen werden kann. Bedingt durch die Fangmethode (stationäre Fischerei) sind große, bzw. marktfähige Individuen in den Fängen unterrepräsentiert. Der Grund hierfür ist in der Fängigkeit der Hamennetze zu sehen, die mit zunehmender Fischgröße deutlich abnimmt (Kafemann 1992). Für eine quantitative Abschätzung des Gesamtbestandes der genannten Arten wäre es notwendig, in dem von den Hamenfischern genutzten Bereich der Tideelbe, in welchem die kommerzielle Schleppnetzfischerei untersagt ist, eine wissenschaftliche Fischerei mit Grundschleppnetzen durchzuführen.

Abbildung 4: Relative Längen-Häufigkeits-Verteilung der Aale in Hamenfängen in der Unterelbe. Quelle: unveröff. Daten Dr. R. Thiel, Universität Hamburg, SFB 327 "Tide Elbe". Der Pfeil bezeichnet die vorgeschriebene Mindestlänge für Konsumaale.

 

 

Abbildung 5: Relative Längen-Häufigkeits-Verteilung der Stinte in Hamenfängen in der Tideelbe. Quelle: unveröff. Daten Dr. R. Thiel, Universität Hamburg, SFB 327 "Tide Elbe". Der Pfeil bezeichnet die Mindestlänge vermarktungsfähiger Fische.

 

 

Abbildung 6: Relative Längen-Häufigkeits-Verteilung der Flundern in Hamenfängen in der Unterelbe. . Quelle: unveröff. Daten Dr. R. Thiel, Universität Hamburg, SFB 327 "Tide Elbe". Der Pfeil bezeichnet die vorgeschriebene Mindestlänge vermarktungsfähiger Fische.