Kapitel 4 - Inhalt
4 BESCHREIBUNG DER AUSWIRKUNGEN DES VORHABENS AUF DIE SACHGÜTER
Die im Untersuchungsgebiet vorhandenen sonstigen Sachgüter können durch folgende Prozesse von der Fahrrinnenanpassung betroffen sein:
- Die Veränderung der Profilquerschnitte durch die Ausbaubaggerungen und den morphologischen Nachlauf,
- die Veränderung der Hydrodynamik (Veränderungen der Wasserstände, der Strömungsverhältnisse und des Wellenschlags),
- die Veränderungen der schiffserzeugten Belastungen aufgrund der Zunahme der Schiffsgrößen und des Schiffsverkehrs sowie
- die Veränderung der Grundwasserstände.
Die Prognose der Auswirkungen der Fahrrinnenanpassung auf die Sachgüter basiert auf den Ergebnissen der Fachgutachten der Ingenieurbüros ENDERS UND DÜHRKOP und WKP KÖNIG UND PARTNER. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen, in denen jeweils eine Beurteilung der Gefährdung bestimmter Sachgüter erfolgt, werden an dieser Stelle zusammengefaßt.
4.1 Auswirkungen auf die Standsicherheit der Unter- und Überwasserböschungen sowie der Uferdeckwerke
Im Rahmen der von dem Ingenieurbüro ENDERS UND DÜHRKOP durchgeführten Untersuchungen wurde überprüft, ob und inwieweit die geplante Fahrrinnenanpassung die Standsicherheit der Unter- und Überwasserböschungen sowie der Uferdeckwerke beeinträchtigt. Die bereits einleitend genannten Wirkfaktoren können sich grundsätzlich folgendermaßen auf die Unter- und Überwasserböschungen bzw. die Deckwerke auswirken:
- Veränderung der Profilquerschnitte
-Rutschungen der Unter- und/oder Überwasserböschungen (Böschungs- bzw. Geländebruch)
- Geländebrüche oder Abnahme der Standsicherheit bei senkrechten Uferbefestigungen - Veränderung der Hydrodynamik (Veränderungen der Wasserstände, der Strömungsverhältnisse, der Seegangsbelastung und des Wellenschlags)
- Hydraulischer Grundbruch3)
- Böschungs- oder Geländebruch aufgrund von Grundwasserdurchströmung
- Abheben bzw. Abgleiten oder Aufbrechen des Deckwerks durch Herauslösen von Einzelsteinen aus einer losen Steinschüttung oder von mehreren verklammerten Steinen aus einem gebundenen Deckwerk
- Belastung der Deckwerke durch Druckschlag - Veränderung der schiffserzeugten Belastungen
- Abheben bzw. Abgleiten des Deckwerks durch Herauslösen von Einzelsteinen aus einer losen Steinschüttung oder von mehreren verklammerten Steinen aus einem gebundenen Deckwerk
- Belastung der Deckwerke durch Druckschlag4)
Zur Überprüfung der Gefährdung führte das Ingenieurbüro ENDERS UND DÜHRKOP Berechnungen der Sicherheit gegen Geländebruch, Durchströmung, hydraulischen Grundbruch sowie gegen Abgleiten bzw. Abheben von Deckwerken durch. In einem ersten Bearbeitungsschritt wurden jene Bereiche identifiziert, in denen die Unter- und Überwasserböschungen bzw. die Deckwerke eine hohe Empfindlichkeit gegenüber der geplanten Fahrrinnenanpassung aufweisen. Als potentiell gefährdet gelten:
- Bereiche mit verhältnismäßig großer Vertiefung der Fahrrinne,
- Bereiche, in denen die Fahrrinne nahe am Ufer verläuft, und
- Bereiche mit geringer Vorlandbreite.
Dieser erste Bearbeitungsschritt führte zur Auswahl von 31 Querschnitten (vgl. Tab. 1 und Abb. 1). Nach einer qualitativ vergleichenden Untersuchung wurden von diesen 31 Querschnitten wiederum fünf Querschnitte ausgewählt, an denen die Standsicherheit rechnerisch überprüft wurde. Von allen untersuchten Querschnitten weisen diese fünf die höchste potentielle Gefährdung der Standsicherheit auf. Die Überprüfung der Standsicherheit an diesen fünf Querschnitten stellt somit die Betrachtung des ungünstigsten Falls dar. Aus dem Nachweis der Standsicherheit der Böschungen und Uferdeckwerke in diesen Bereichen läßt sich somit die Schlußfolgerung ziehen, daß Standsicherheit der übrigen Querschnitte ebenfalls gewährleistet ist.
Abb. 1: Lage der Querschnitte der geotechnischen Voruntersuchung
Tab.1: Querschnitte der geotechnischen Voruntersuchung
Lfd.Nr. | Fahrrinnen-km | Lage des Querschnitts | Sachgut |
1 | 639,00 N | Neßsand - Hochufer Wedel | Steinschüttung |
2 | 640,50 N | Hanskalbsand - Hochufer Wedel | Steinschüttung |
3 | 641,29 N | Hanskalbsand - Wedel | senkrechte Uferbefestigung |
4 | 641,97 N | Hanskalbsand - Wedel (Hafen) | Steinschüttung |
5 | 643,67 N | Tinsdal - Neuenschleuse | Deich |
6 | 645,42 N | Lühemündung Ost | Deich |
7 | 646,00 N | Lühemündung West | Deich |
8 | 648,75 N | Lühesand Deich | Steinschüttung |
9 | 652,80 N | Twielenfleth - Juelssand Buhne | Steinschüttung |
10 | 653,07 N | Drommel Ost | Steinschüttung |
11 | 654,90 N | Drommel West | senkrechte Uferbefestigung |
12 | 656,13 N | Bützfleth - Auberg | Deich |
13 | 657,38 N | Bützfleth - Auberg | senkrechte Uferbefestigung |
14 | 667,10 N | Schwarztonnensand - Kollmar I | Deich |
15 | 667,34 N | Schwarztonnensand - Kollmar II | Deich |
16 | 672,30 N | Krautsand - Rhinplatte | Deich |
17 | 676,85 N | Rhinplatte - Westspitze | Deich |
18 | 681,30 N | Hollerwettern | Deich |
19 | 681,50 N | Wewelsfleth | Deich |
20 | 681,88 N | Osterende | Deich |
21 | 688,46 N | Scheelenkuhlen | Deich |
22 | 700,82 N | Nord-Ostsee-Kanal | Deich |
23 | 702,50 N | Neufelder Watt | Deich |
24 | 707,22 N | Osteriff | Deich/Buhne |
25 | 717,50 N | Glameyer Stack - Medemgrund | Deich/Buhne |
26 | 718,00 N | Glameyer Stack | Deich |
27 | 721,11 N | Medemsand - Altenbruch | Deich |
28 | 723,95 N | Medem-Reede - Groden | Deich |
29 | 727,11 N | Cuxhaven/Yachthafen | senkrechte Uferbefestigung |
30 | 729,35 N | Kugelbake | Deich |
31 | 734,00 N | Steilsand | Watt |
Erläuterungen: Die grau unterlegten Felder markieren die fünf Querschnitte, für die detaillierte Standsicherheitsüberprüfungen durchgeführt wurden. |
Die Standsicherheit des Elbhanges im Bereich der Hamburger Delegationsstrecke wurde bereits im Jahre 1972 für Querschnitte berechnet, die ungünstiger waren als die bei der Fahrrinnenanpassung geplanten Querschnitte (ERDBAULABORATORIUM PROF. DR. KARL STEINFELD 1972). Die damaligen Untersuchungen ergaben bereits für eine im Vergleich zu den aktuellen Planungen tiefere und näher an der Uferlinie gelegene Fahrrinne keine Gefährdung der Standsicherheit des Elbhanges. Somit kann auch eine Gefährdung durch die geplante Fahrrinnenanpassung ausgeschlossen werden.
Für den Bereich der Baggergutablagerungsflächen konnte am Beispiel der Klappstelle "Hetlinger Schanze" exemplarisch nachgewiesen werden, daß die Verklappungen die Standsicherheiten nicht beeinflussen.
Im folgenden werden die verschiedenen Wirkfaktoren und die vom Ingenieurbüro ENDERS UND DÜHRKOP prognostizierten Auswirkungen auf die Standsicherheit der Unter- und Überwasserböschungen dargestellt.
Wirkfaktor: Veränderung des Profilquerschnitts
Nach den Berechnungen des Fachgutachters sind durch die Veränderung der Profilquerschnitte und den morphologischen Nachlauf insbesondere unterhalb der Hamburger Delegationsstrecke praktisch keine negativen Auswirkungen auf die Uferbauwerke zu erwarten. Lediglich im Bereich des Köhlbrands, des Fischereihafens und des Anlegers der Englandfähre lassen sich Auswirkungen nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht vollständig ausschließen.
Wirkfaktor: Veränderung der Tidewasserstände
Durch die Veränderung des Tidehoch- und des Tideniedrigwassers kann sich die Gefahr des hydraulischen Grundbruchs erhöhen. In den Amtsbereichen der Wasser- und Schiffahrtsämter sind praktisch keine maßnahmebedingten Auswirkungen auf die Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch zu erwarten. Bei möglicherweise vorhandenen Uferbauwerken, die bereits aktuell keine ausreichende Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch aufweisen (z.B. durch "Quellbildungen"), ist in Zukunft mit einer Zunahme der Belastungen zu rechnen. Im Bereich der Hamburger Delegationsstrecke kann dagegen das Risiko von lokalen hydraulischen Grundbrüchen insbesondere bei einem Abstand der Fahrrinne von weniger als 100 m zum Ufer zunehmen.
Wirkfaktor: Veränderung der Strömungsverhältnisse
Eine Zunahme der Strömungsgeschwindigkeiten in der von der BAW prognostizierten Größenordnung hat keine Auswirkungen auf senkrechte Uferbefestigungen und verursacht eine vernachlässigbar geringe Zunahme der Beanspruchung von geneigten Uferbauwerken (Deiche und Deckwerke).
Wirkfaktor: Schiffserzeugte Belastungen
Die größte Beanspruchung von Ufern resultiert aus den schiffserzeugten Belastungen. Nach den von der BAW-AK durchgeführten Berechnungen werden für Containerschiffe der PANMAX- und der POST-PANMAX-Klasse folgende Schiffsgeschwindigkeiten gegen Wasser (vS) als unkritisch gesehen (MATERIALBAND I):
o Bereich Seemannshöft bis etwa Schulau vS < 10 kn
o Bereich Schulau bis etwa Glückstadt vS < 12 kn
o Bereich Glückstadt bis etwa Brunsbüttel vS < 14 kn
o Bereich Brunsbüttel bis See vS < 17 kn
Bei Schiffsgeschwindigkeiten über 10 kn (Bereich der Delegationsstrecke bis Altona) bzw. über 12 kn (in der Unterelbe) können, wie schon im Ist-Zustand, überproportional erhöhte Schiffswellen und Rückströmungen auftreten, die insbesondere die Standsicherheit von geneigten Uferbauwerken (Deiche, Deckwerke) gefährden.
Wirkfaktor: Seegangsbelastung und Sturmflutwasserstände
Die von der BAW prognostizierten geringfügigen Veränderungen des Seegangsklimas und der Sturmflutwasserstände haben nach Einschätzung von ENDERS UND DÜHRKOP keine nennenswerte Mehrbelastung der Deiche und Deckwerke im Untersuchungsgebiet zur Folge.
Nebenflüsse
Die von der BAW prognostizierten ausbaubedingten Änderungen der Tidedynamik (Tidewasserstände und Strömungsregime) in den Nebenflüssen haben einen vernachlässigbar geringen Einfluß auf die Standsicherheit der Böschungen und Deckwerke. Eine Erhöhung der schiffserzeugten Belastungen ist nur in den Mündungsbereichen der Nebenflüsse bei Schiffsgeschwindigkeiten über 12 kn zu erwarten.
4.2 Auswirkungen auf die erdverlegten Kreuzungsbauwerke
Die durch die geplanten Ausbaubaggerungen hervorgerufene Veränderung der Sohltopographie gefährdet die unter der Elbsohle vorhandenen Kreuzungsbauwerke, wie Düker5) und Tunnel. Die Düker verlaufen an zahlreichen Stellen in unterschiedlicher Tiefe unterhalb der Elbsohle, wobei zu ihrer Sicherung je nach Bauart eine bestimmte Mindestüberdeckung mit Sediment erforderlich ist. Eine Unterschreitung dieser Mindestüberdeckungen durch die geplante Fahrrinnenanpassung erhöht die Gefahr, daß die Bauwerke durch Schiffshavarien oder Ankerwurf beschädigt werden.
Ziel des vom Ingenieurbüro WKP KÖNIG UND PARTNER erstellten Gutachtens war es, eine erste Gefährdungsabschätzung der im Untersuchungsgebiet vorhandenen Düker im Hinblick auf ihre Beeinträchtigung oder Gefährdung durch die geplante Fahrrinnenanpassung vorzunehmen, wobei sowohl außer Dienst gestellte als auch (soweit bekannt) in Planung befindliche Düker einbezogen wurden.
Auf der Grundlage der von den TdVs erstellten Materialien zur Maßnahmenbeschreibung wurde zunächst die Lage der Kreuzungsbauwerke in Bezug zur zukünftigen Fahrrinne ermittelt. Die mögliche Gefährdung eines Bauwerks wurde anschließend durch die Berechnung der nach Realisierung der Maßnahme verbleibenden Überdeckungshöhe ermittelt. Die theoretische Überdeckung der Bauwerke ergibt sich aus dem Abstand der Sollsohle zur Oberkante der Konstruktion. Tabelle 2 faßt die Ergebnisse der auf diesen Berechnungen basierenden Gefährdungsabschätzung zuammen.
Die in dem Gutachten getroffenen Aussagen stellen eine erste Beurteilung der Betroffenheit der Kreuzungsbauwerke dar, die unter Zugrundelegung bestimmter Toleranzmaße und Lastansätze erfolgte. Detaillierte Angaben über die Sicherheit der einzelnen Bauwerke sind nach dem derzeitigen Stand des Wissens nicht möglich, da sich einerseits die morphologische Entwicklung der Sohle nach Ausführung der geplanten Fahrrinnenanpassung nicht endgültig prognostizieren läßt. Andererseits war das im einzelnen erforderliche Maß der Mindestüberdeckung im Rahmen des Gutachtens des Ingenieurbüros WKP KÖNIG UND PARTNER nicht zu überprüfen.
Tab. 2: Gefährdung der im Untersuchungsgebiet vorhandenen Kreuzungsbauwerke
Amtsbereich | Lfd. Nr. | Strom-km (A) | Art des Bauwerkes | Bemerkungen | Auswirkungen |
Amt Strom- und Hafenbau Hamburg | 1 | 622,340 | Kabeldüker | außer Betrieb, teilweise zurückgebaut | keine |
2 | 622,400 | Kabeldüker | außer Betrieb, teilweise zurückgebaut | keine | |
3 | 622,700 | Rohr-Verbunddüker | vermutlich ausreichende Überdeckung | gering | |
4 | 622,824 | Rohrdüker I | außer Betrieb, vermutlich ausgebaut | keine | |
5 | 622,850 | Rohrdüker II | außer Betrieb, teilweise zurückgebaut | keine | |
6 | 623,224 | Rohrdüker III | außer Betrieb, teilweise zurückgebaut | keine | |
7 | 623,445 | Rohrdüker, Siel | ausreichende Überdeckung | keine | |
8 | 624,697 | Kabeldüker | außer Betrieb, ausgebaut | keine | |
9 | 624,735 | Kabeldüker | außer Betrieb, ausgebaut | keine | |
10 | 624,758 | Sieldüker | vermutlich ausreichende Überdeckung | gering | |
11 | 624,760 | Kabeldüker | außer Betrieb, ausgebaut | keine | |
12 | 626,370 | Verkehrstunnel (BAB) | sehr geringe Überdeckung in den Seitenbereichen | vorhanden | |
13 | 626,510 | BAB-Verkehrstunnel (4. Röhre) | vermutlich ausreichende Überdeckung | keine | |
14 | 628,627 | Rohrdüker | außer Betrieb, Ausbau erforderlich | vorhanden | |
15 | 628,739 | Verbunddüker | ausreichende Überdeckung | gering | |
Amt Strom- und Hafenbau Hamburg | 16 | 629,020 | Kabeldüker | vermutlich ausreichende Überdeckung | vorhanden, wenn Solltiefe nicht eingehalten wird |
17 | 629,330 | Kabeldüker | nicht gebaut | - | |
18 | 629,485 | Kabeldüker I | außer Betrieb, teilweise zurückgebaut | gering | |
19 | 629,515 | Kabeldüker II | vgl. Nr.18 | gering | |
20 | 629,590 | Kabeldüker III | vgl. Nr.18 | gering | |
21 | 635,110 | Rohrdüker | ausreichende Überdeckung | keine | |
22 | 636,810 | Verbunddüker | vermutlich ausreichende Überdeckung | vorhanden | |
23 | 636,865 | Kabel/Rohrdüker | sehr geringe Überdeckung | vorhanden | |
WSA
Hamburg | 24 | 648,900 | Verbunddüker | ausreichende Überdeckung | keine |
25 | 649,550 | Kabeldüker | ausreichende Überdeckung | keine | |
26 | 683,800 | Kabeldüker | ausreichende Überdeckung | keine | |
27 | 684,300 | Kabeldüker | zu geringe Überdeckung des nördlichen Bereichs | vorhanden | |
WSA
Cuxhaven | 28 | 698,49 | Kabeldüker | ausgebaut | keine |
29 | 698,79 | Kabeldüker | ausgebaut | keine |
Hamburg, im Juni 1997
Planungsgruppe Ökologie + Umwelt Nord
Im Auftrag
Dipl.-Ing. Baumann
Bearbeiter
Dipl.-Geogr. Stroebel
Fußnoten:
3.) Hydraulischer Grundbruch: Anheben eines Bodenkörpers vor einem Bauwerksfuß durch den nach oben wirkenden Strömungsdruck des Grundwassers.
4.) Druckschlag: Auftreffen von Wasser aus einer brechenden Welle auf eine Fuge.
5.) Bei Dükern handelt es sich um Bauwerke, die ein Gewässer unterirdisch kreuzen.