Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

5 PROGNOSE DER VERÄNDERUNG DES LANDSCHAFTSBILDES OHNE DURCHFÜHRUNG DES VORHABENS

5.1 Vorhaben und Prozesse

Im folgenden Kapitel wird die zukünftige Entwicklung der Voraussetzungen für das Landschaftserleben ohne Verwirklichung der Fahrrinnenanpassung - diese Annahme wird auch als "Nullvariante" bezeichnet - beschrieben. Der Betrachtungszeitraum umfaßt die nächsten 10 Jahre.

Als potentiell landschaftsbildverändernd müssen alle Maßnahmen und Prozesse gelten, die entweder visuell direkt wirkende Veränderung (z.B. neue Bauwerke, Veränderung der Uferlinie) im Untersuchungsgebiet oder in dessen Nähe hinterlassen oder über allmähliche Veränderungen des Wasserspiegels oder der Strömungsgeschwindigkeit der Elbe indirekt landschaftsbildwirksame Veränderungen verursachen können. Unter den in Kapitel 8.1 der UVS aufgeführten Vorhaben müssen demnach die folgenden auf mögliche Wirkungen auf das Landschaftsbild hin untersucht werden:

  • Zuschüttung von Hafenbecken im Hamburger Hafen: Griesenwerder Hafen (Waltershof), Vulkanhafen (Steinwerder) und Indiahafen (Kleiner Grasbrook)
  • Hafenerweiterung Hamburg-Altenwerder
  • Hafenerweiterung Cuxhaven-Groden
  • Vordeichung im Bereich Glückstadt-Süd

Diese Vorhaben stellen Baumaßnahmen im Untersuchungsgebiet dar und sind auf direkte Auswirkungen auf das Landschaftsbild zu untersuchen.

Ebenfalls zu betrachten ist der erwartete Anstieg des Meeresspiegels und die daraus resultierenden Folgewirkungen. Dabei kann von einem Anstieg um 25 cm in den nächsten 100 Jahren ausgegangen werden (vgl. UVS, Kap. 8.1). Für den in dieser Untersuchung zu betrachtenden Zeitraum von 10 Jahren ergibt sich ein MThw-Anstieg von 2-3 cm.

Bauvorhaben, von denen nach den Kriterien dieser Untersuchung keine landschaftsbildverändernden Auswirkungen im Untersuchungsgebiet erwartet werden, sind der Neubau des Estesperrwerkes (Ersatz für ein bereits bestehendes Bauwerk) sowie die Öffnung der Alten Süderelbe (nur geringe Baumaßnahmen im Untersuchungsgebiet).

5.2 Wirkfaktoren

Aus den oben aufgeführten Vorhaben und Prozessen resultieren folgende Wirkfaktoren:

  • Änderung des Tidehochwassers
  • Verfüllung von Hafenbecken
  • Aufspülung von Landflächen
  • Vordeichung
  • Bau von Umschlaganlagen

Im folgenden werden die potentiell landschaftsbildverändernden Vorhaben und Prozesse nach Wirkfaktoren geordnet behandelt. Die Veränderung der Flächenwertstufen auf den direkt betroffenen Flächen wird hergeleitet und die Erheblichkeit und Nachhaltigkeit des Eingriffs daraus abgeleitet. Darüber hinaus wird die zukünftige Bewertung des jeweils betroffenen Landschaftsbildbereiches berechnet.

5.2.1 Änderung des Tidehochwassers

Für den Untersuchungszeitraum von 10 Jahren ist ein MThw-Anstieg von 2-3 cm im gesamten Untersuchungsgebiet prognostiziert (vgl. UVS, Kap. 8.1). Auswirkungen auf das Landschaftsbild sind indirekt über eine Veränderung der Vegetation in den Uferbereichen möglich.

Im Fachgutachten zu den terrestrischen Lebensgemeinschaften (MATERIALBAND VI) wird ausgeführt, daß die Wirkungen des Meeresspiegelanstiegs im betrachteten Zeitraum denen der Maßnahme entsprechen (vgl. Kap. 6.2.1). Folgende Effekte werden also voraussichtlich auch ohne Durchführung der Maßnahme eintreten: Der MThw-Anstieg von 2-3 cm verringert die den Uferbiotopen (Röhrichte, Auengehölze) zur Verfügung stehende Fläche, da landseitige Begrenzungen in Form von Deichen, Bebauung oder Weideflächen ein Wandern der Biotope mit der steigenden MThw-Linie verhindern. Daraus folgt eine Abnahme der von diesen Biotopen eingenommenen Fläche. Bei einer MThw-Erhöhung von 2 - 3 cm beträgt der Verlust durchschnittlich 3,5% der Flächen. Für das Landschaftsbild ergibt sich daraus für die Betrachtung der drei Kriterien "Raumstruktur und Formenschatz", "Naturnähe" und "Anthropogene Prägung" folgendes:

  • Raumstruktur und Formenschatz:
    Flächengenaue Bewertung: Vegetationsbestände werden hier nicht nach ihrer Grundfläche bewertet, sondern nach der Fläche auf der sich ihre raumstrukturierende Qualität auswirkt (vgl. Bewertungsvorschrift für das Kriterium "Raumstruktur und Formenschatz", Kap. 2.4.1). Folglich würde nur das völlige Verschwinden von Röhrichten oder Auengehölzen die Qualität (Flächenwertstufen 1 ("Feine Kammerung") und Flächenwertstufe 2 ("Grobe Kammerung")) maßgeblich beeinträchtigen. Aufgrund des Durchschnittscharakters der Prognosewerte ist ein Totalverlust bestimmter Bestände jedoch nicht auszuschließen: Der Verlust von Auengehölzen ist aufgrund der oben beschriebenen Wasserstandsveränderung nicht zu erwarten, muß jedoch für Röhrichte angenommen werden, wenn Bestände schmal sind und ein Wandern wegen äußerer Begrenzung nicht möglich ist. Damit müssen sie in den Bereichen mit einer MThw-Erhöhung ab 2 cm (oberhalb der Störmündung, km 678 N) als gefährdet gelten. Die betroffenen Biotopobertypen können der Karte "Zusammenfassende Darstellung der Biotoptypen" (vgl. UVS, Kap. 7.4) entnommen werden. Sie befinden sich überwiegend an den Ufern der Nebenflüsse Krückau (Landschaftsbildbereiche 6.13, 6.14), Pinnau (6.9, 6.10, 6.11), Schwinge (6.7, 6.8), Lühe (6.6) und Este (6.4, 6.5). Entlang der Elbe sind schmale Röhrichtbestände in folgenden Landschaftsbildbereichen für das Kriterium von Bedeutung: Krautsand (4.13), Bützflether Außendeich (4.12), Lühesand (4.19), Mojenhörn (4.11), Eschschallen (4.4), Fährmannsander Watt (4.1), Laßrönne Ost (1.12) und Grünerdeich (1.5) (vgl. Kriteriumkarte "Raumstruktur und Formenschatz").
    Flächenaggregierte Bewertung: Da aufgrund des Durchschnittscharakters der Prognosewerte nur ein Gefährdungsrisiko festgestellt werden kann, ist das Maß der Veränderung der Wertstufen der Landschaftsbildbereiche nicht vorherzusagen. Die Wertstufen der oben aufgeführten Landschaftsbildbereiche sind, soweit sie aufgrund der Flächenwertstufen "Feine Kammerung" und "Grobe Kammerung" entstanden sind, als gefährdet zu betrachten, d.h. hier ist eine Änderung der Wertstufe der Landschaftsbildbereiche nicht auszuschließen.
  • Naturnähe: Flächen, die durch eine Erhöhung der MThw-Linie den Auengehölzen und den Röhrichten verloren gehen, werden zu Wattflächen. Damit ändert sich ihre Bewertung als "Naturraumtypische Biotopobertypen" (Flächenwertstufe 2) nicht.
  • Anthropogene Prägung: Mit der Abnahme der Fläche der Röhricht- und Auengehölzbiotope verringert sich die nicht anthropogen geprägte Fläche. Das Ausmaß der Verringerung ist aber zu gering, um für das Landschaftsbild relevant zu sein.

Die Veränderung der MThw-Linie hat keine direkten Auswirkungen auf das Landschaftsbild. Wenn es jedoch zum vollkommenen Verschwinden von sehr schmalen Röhrichtbeständen kommen würde, hätte dies Auswirkungen auf die Qualitäten "Feine Kammerung" und "Grobe Kammerung" des Kriteriums Raumstruktur- und Formenschatz. Da sich nicht prognostizieren läßt, ob es zu solchen Totalverlusten kommt, muß die Veränderung der MThw-Linie als ein Gefährdungsrisiko für die Raumstruktur und den Formenschatz des Landschaftsbildes der betroffenen Landschaftsbildbereiche gelten.

5.2.2 Verfüllung von Hafenbecken

Im Bereich des Hamburger Hafens ist die Verfüllung von drei nicht mehr genutzten Hafenbecken vorgesehen:

  • Indiahafen (Landschaftsbildbereich 2.4)
  • Vulkanhafen (Landschaftsbildbereich 2.4)
  • Griesenwerder Hafen (Landschaftsbildbereich 2.3)

Dabei wird, zumindest für den Vulkanhafen und den Griesenwerder Hafen, sandiges Baggergut verwendet, das bei der Fahrrinnenvertiefung anfällt. Die Auswirkungen auf das Landschaftsbild sind bei allen drei Hafenbecken ähnlich, so daß sie hier zusammen behandelt werden können:

  • Raumstruktur und Formenschatz
    Flächengenaue Bewertung: Die Kaimauern der schmalen Hafenbecken bewirken zusammen mit den Kaischuppen die Qualität "Grobe Kammerung" (Flächenwertstufe 2). Ihre Verfüllung würde diese Qualität beeinträchtigen. Da über die spätere Bebauung der Flächen keine detaillierten Informationen vorliegen, kann über die Möglichkeiten des Raum- und Formerlebens nach Durchführung der Maßnahme keine Aussage gemacht werden.
    Flächenaggregierte Bewertung: Aufgrund der Größe des Landschaftsbildbereiches haben die Veränderungen keine Auswirkung auf die flächenaggregierte Bewertung.
  • Naturnähe
    Der Ist-Zustand der Hafenflächen ist als "Stark anthropogen geprägt" (Flächenwertstufe 5) eingestuft. Die Durchführung der Maßnahme würde diese Bewertung nicht verändern.
  • Anthropogene Prägung
    Flächengenaue Bewertung: Alle drei Hafenbecken sind als "Kulturlandschaft, unverändert seit 1955" (Flächenwertstufe 2) bewertet. Sie sind Zeugnisse der Hafenentwicklung auf den Elbinseln Wilhelmsburg und Finkenwerder. Ihre Verfüllung verschlechtert die Ablesbarkeit der baulichen Entwicklung des Hamburger Hafens, der vergangenen Arbeitswelt des Stückgutumschlags sowie - indirekt - der früheren Schiffsgrößen. Nach der Durchführung der Maßnahme werden die Hafenbecken als "Kulturlandschaft, stark verändert seit 1955" eingestuft.
    Flächenaggregierte Bewertung: In die flächenaggregierte Bewertung gehen die Flächen außerdem durch den Abwertungsparameter "Aufspülung" ein. Aufgrund der Größe des Landschaftsbildbereiches haben die Veränderungen jedoch keine Auswirkung auf dessen Bewertung.

Die Verfüllung der Hafenbecken bedeutet demnach eine kleinräumig erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung der Qualitäten der Kriterien "Raumstruktur und Formenschatz" und "Anthropogene Prägung". Für die flächenaggregierte Bewertung der Landschaftsbildbereiche ergibt sich aufgrund ihrer Größe jedoch keine Veränderung.

5.2.3 Aufspülung von Landflächen

Zwei Vorhaben, die jeweils mit einem Teil ihrer Fläche im Untersuchungsgebiet liegen, beinhalten die Aufspülung von Landflächen:

  • Hafenerweiterung Cuxhaven-Groden (Landschaftsbildbereich 5.9)
  • Hafenerweiterung Hamburg-Altenwerder (Landschaftsbildbereich 2.3)

In beiden Fällen sollen Uferzonen, die heute durch schmales Vorland und einen Deich gekennzeichnet sind, im Rahmen der Errichtung neuer Kaianlagen um mehrere Meter aufgespült und elbseitig durch eine senkrechte Uferbefestigung begrenzt werden. Im Fall der Hafenerweiterung Altenwerder sind zusätzlich die Aufspülungen im Zusatzbereich (Untersuchungsgebietsgrenze plus 500 m landeinwärts, vgl. Abb. 40) zu berücksichtigen.

Durch die Hafenerweiterung Cuxhaven-Groden sind folgende Wirkungen auf das Landschaftsbild zu erwarten:

  • Raumstruktur und Formenschatz
    Die durch das Vorhaben gefährdeten Deichvorländer weisen keine besonderen Qualitäten für das Raum- und Formerleben auf. Da solche durch die Baumaßnahmen voraussichtlich auch nicht entstehen werden, ist das Vorhaben neutral zu bewerten.
  • Naturnähe
    Flächengenaue Bewertung: Die betroffene Fläche besteht größtenteils aus Wattflächen und Salzwiesen, die als "Naturraumtypische Biotopobertypen" hoch bewertet werden (Flächenwertstufe 2). Der Bau der Hafenanlagen hätte ihre Einstufung als "Biotopobertypen starker anthropogener Prägung" (Flächenwertstufe 5), also eine deutliche Verringerung der Naturnähe, zur Folge.
    Flächenaggregierte Bewertung: Aufgrund der Größe des Landschaftsbildbereiches wirkt sich die Maßnahme nicht auf dessen Bewertung aus.
  • Anthropogene Prägung
    Flächengenaue Bewertung: Die betroffene Fläche ist größtenteils als "Historische Kulturlandschaft, unverändert seit 1880" (Flächenwertstufe 1) eingestuft. Es handelt sich dabei um den auf der historischen Deichlinie verlaufenden Elbdeich, die als Weide genutzten Salzwiesen sowie ein historisches Buhnenfeld. Nach Errichtung der Hafenanlagen würden diese Flächen als "Kulturlandschaft, stark verändert seit 1955" bewertet werden. Die Ablesbarkeit historischer Stadien der Kulturlandschaftsentwicklung ginge verloren.
    Flächenaggregierte Bewertung: In die flächenaggregierte Bewertung würden die veränderten Flächen außerdem durch den Abwertungsparameter "Aufspülung" eingehen. Die Bewertung des Landschaftsbildbereiches würde sich aufgrund seiner Größe jedoch nicht verändern.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß, obwohl sich die flächenaggregierte Bewertung des Landschaftsbildbereiches nicht verändert, kleinräumig eine erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in den Kriterien "Naturnähe" und "Anthropogene Prägung" stattfinden wird.

Die Flächenaufspülungen im Rahmen der Hafenerweiterung in Hamburg-Altenwerder lassen folgende Wirkungen auf das Landschaftsbild erwarten:

  • Raumstruktur und Formenschatz
    Flächengenaue Bewertung: Die durch das Vorhaben gefährdeten sehr schmalen Deichvorländer weisen zu einem geringen Teil die Flächenwertstufe 1 ("Feine Kammerung"), größtenteils aber keine besonderen Qualitäten für das Raum- und Formerleben auf. Der Zusatzbereich hinter der Deichlinie ist jedoch im Bereich Altenwerder mit der Flächenwertstufe 1 ("Feine Kammerung") durchgehend hoch bewertet. Diese Qualität würde bei Durchführung der Maßnahme zerstört werden und eine Fläche ohne Kammerung würde entstehen (Flächenwertstufe 4).
    Flächenaggregierte Bewertung: Da Flächen der Flächenwertstufe 1 ("Feine Kammerung") nach der Durchführung der Maßnahme weniger als 20% der Gesamtfläche ausmachen würden, verringert sich die Bewertung des Landschaftsbildbereiches "Finkenwerder-Harburg" (2.3) um eine Wertstufe von 2 auf 3. Der Landschaftsbildbereich böte dann nur noch durchschnittliche Voraussetzungen für das Erleben von Raumstruktur und Formenschatz.
  • Naturnähe
    Flächengenaue Bewertung: Die extensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen des erweiterten Landschaftsbildbereiches sind als "Landschaftsraumtypische Biotopobertypen" (Flächenwertstufe 3) bewertet worden. Nach der Aufhöhung und Versiegelung der Fläche würden sie als "Biotopobertypen mit starker anthropogener Prägung" (Flächenwertstufe 5) eingestuft.
    Flächenaggregierte Bewertung: Da die "Landschaftsraumtypischen Biotopobertypen" schon heute weniger als 20% der Fläche ausmachen, verändert sich die Bewertung des Landschaftsbildbereiches nicht.
  • Anthropogene Prägung
    Flächengenaue Bewertung: Bei Altenwerder handelt es sich - trotz der bereits durchgeführten Abrisse der meisten Gebäude - aufgrund der erhaltenen Flurformen und landwirtschaftlicher Nutzungen um einen Bereich, der als "Historische Kulturlandschaft, unverändert seit 1880" (Flächenwertstufe 1) bewertet wurde. Die ehemalige Elbinsel ist eines der letzten Zeugnisse der vorindustriellen Siedlungs- und Wirtschaftsweise auf den Elbinseln des Stromspaltungsgebietes. Diese Qualität würde durch die Aufhöhung zerstört. Die neu entstehende Hafenfläche würde als "Kulturlandschaft, stark verändert seit 1955" und aufgespülter Bereich die Flächenwertstufe 4 erhalten.
    Flächenaggregierte Bewertung: Die flächenaggregierte Bewertung des Landschaftsbildbereiches würde von Wertstufe 3 auf Wertstufe 4 absinken, da der Anteil der als "Historische Kulturlandschaft, unverändert seit 1880" eingestuften Fläche an der Gesamtfläche des Landschaftsbildbereiches unter die 20%-Schwelle fiele. Der Landschaftsbildbereich böte dann nur noch schlechte Voraussetzungen für das Erleben der Athropogenen Prägung.

Die Flächenaufspülung im Rahmen der Hafenerweiterung in Hamburg-Altenwerder stellt somit in allen drei Kriterien eine erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar.

5.2.4 Vordeichung

Südlich von Glückstadt (Landschaftsbildbereich 4.6) soll auf einer Länge von ca. 4 km eine Deichvorverlegung durchgeführt werden. Folgende Wirkungen auf das Landschaftsbild werden erwartet:

  • Raumstruktur und Formenschatz
    Die zukünftigen Qualitäten der Fläche sind stark von der Vegetation und Bebauung nach der Eindeichung abhängig. Da es sich bei dem Bereich heute bereits um ein hohes Spülfeld handelt, somit außer bei sehr hohen Hochwässern kein Tideeinfluß besteht, ist nicht von einer Veränderung der heute vorhandenen Vegetation auszugehen. Über eine zukünftige Bebauung der Fläche liegen keine Informationen vor.
  • Naturnähe
    Der größte Teil der Fläche ist mit Röhrichten und Auengehölzen bestanden und dementsprechend in die Kategorie "Naturraumtypische Biotopobertypen" (Wertstufe 2) eingestuft. Von einer Veränderung ist nicht auszugehen.
  • Anthropogene Prägung
    Die Fläche ist im Ist-Zustand größtenteils als aufgespült, aber in der Erscheinung der Oberfläche als "Nicht anthropogen geprägt" (Flächenwertstufe 5) eingestuft. Eine Verringerung der Bewertung kann somit nicht eintreten.

Die Deichvorverlegung bewirkt gegenüber dem heutigen Zustand keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes.

5.2.5 Bau von Umschlaganlagen

Die Hafenerweiterungen in Cuxhaven-Groden (Landschaftsbildbereich 5.9) und Hamburg-Altenwerder (Landschaftsbildbereich 2.3) umfassen neben der Aufspülung der Flächen (vgl. Kap. 5.2.3), auch die Anlage von Gebäuden, Kaimauern, Kränen u. ä.. Obwohl über diesen Teil der Vorhaben keine detaillierten Informationen vorliegen, sollen die möglichen Auswirkungen auf das Landschaftsbild skizziert werden:

  • Raumstruktur und Formenschatz
    Gebäude können zu den Qualitäten "Feine Kammerung" oder "Grobe Kammerung" führen, wenn sie in einer gewissen Dichte und Anordnung stehen. Betrachtet man jedoch die bereits vorhandenen in ähnlicher Weise als Containerumschlaganlage genutzten Flächen (z.B. das Containerterminal Waltershof), so zeigt sich, daß die Freifläche - wenn auch zeitweise mit Containern bestanden - zu groß dimensioniert und die Anzahl der Gebäude zu gering ist, um die Qualität "Grobe Kammerung" (Flächenwertstufe 2) zu erreichen. Das Entstehen neuer Qualitäten für das Raum- und Formerleben ist also nicht zu erwarten. Es besteht jedoch die Gefahr, daß durch die Installation großer Containerbrücken (Großobjekte) die benachbarte Marschenlandschaft visuell beeinträchtigt wird.
  • Naturnähe
    Die Bebauung aufgespülter Flächen bewirkt keine Verringerung der Bewertung. Der durch die Aufspülung verursachte Verlust an Naturnähe wurde bereits unter dem Wirkfaktor "Aufspülung von Landflächen" bewertet.
  • Anthropogene Prägung
    In diesem Kriterium wird nicht die Art, sondern das Alter der Bebauung bewertet. Neubebaute Flächen werden in jedem Fall als "Kulturlandschaft, stark verändert seit 1955" eingestuft. Es ist somit unerheblich, wie die aufgespülten Flächen bebaut werden. Lediglich der Bau neuer Großobjekte würde zu Abwertung führen.

Die Errichtung neuer Großstrukturen würde in den Kriterien "Raumstruktur und Formenschatz" und "Anthropogene Prägung" eine erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes bedeuten. Über die Größe der zu errichtenden Bauwerke liegen jedoch keine detaillierten Informationen vor.

5.3 Zusammenfassung der Auswirkungen ohne Durchführung des Vorhabens

Bei Betrachtung des gesamten Untersuchungsgebietes sind die in den kommenden 10 Jahren zu erwartenden Veränderungen als gering einzustufen. Das Landschaftserleben findet jedoch in kleinräumigen Zusammenhängen statt, so daß eine räumlich differenziertere Betrachtung notwendig ist. Eine solche ist in diesem Kapitel durchgeführt worden; ihre Ergebnisse können folgendermaßen zusammengefaßt werden:

  • Im größten Teil des Untersuchungsgebietes werden sich die Voraussetzungen für das Landschaftserleben voraussichtlich nicht signifikant verändern. Als einziger Wirkfaktor betrifft die Änderung des Tidehochwassers das gesamte Untersuchungsgebiet. Ihre landschaftsbildrelevante Auswirkung besteht in der Gefährdung sehr schmaler Röhrichtbestände als strukturierende Elemente der Landschaft.
  • Auf einzelnen Teilflächen des Untersuchungsgebietes sind sehr stark landschaftsbildverändernde Vorhaben geplant. Hier sind insbesondere die beiden Hafenerweiterungen Cuxhaven-Groden und Hamburg-Altenwerder zu nennen, die eine totale Überformung von mit naturnahen Elementen ausgestatteten historischen Kulturlandschaften bedeuten und eine erhebliche und nachhaltige, nicht ausgleich- oder ersetzbare Beeinträchtigung des Landschafterlebens sind. Den Verlust der Ablesbarkeit früherer Stadien der Kulturlandschaftsentwicklung bewirkt auch die Verfüllung von drei nicht mehr genutzten Hafenbecken im Hamburger Hafen. Der Verlust von naturnahen oder durch historische Nutzungen geprägten Landschaftsbestandteilen wirkt sich auch negativ auf die Strukturierung des Raumes aus.

Der Vergleich der oben beschriebenen Entwicklung mit den kulturlandschaftlichen Prozessen der Vergangenheit zeigt, daß sich der Trend, große Flächen für moderne Nutzungen zu überprägen und damit vorrangig kulturhistorisch bedeutsame Landschaftsteile und naturnahe Bereiche zu zerstören, auch in Zukunft fortsetzen wird.