Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

2.7.1.1.5 Pinnau

Bezüglich des Artenreichtums liegt die Pinnau mit 25 Arten(gruppen) an dritter Stelle hinter der Lühe. Wie schon in den oben beschriebenen Nebenflüssen, waren auch hier die Tubificiden die artenreichste Gruppe der Benthosorganismen, hauptsächlich vertreten durch die Limnodrilus-Arten hoffmeisteri und claparedeanus sowie Potamothrix moldaviensis und Tubifex tubifex (Tab. 2.7.1.1). Die Gesamtindividuenzahlen erreichten Werte von rund 5.000 - 40.000 Ind. m-2, die Artenzahlen variierten zwischen sechs und zwölf (Abb. 2.7.1.17). Erwähnenswerte Unterschiede zwischen der Frühlings- und der Herbstbeprobung traten an den Stellen NP I und NP IV auf. Die Biomassedaten spiegeln den Verlauf der Abundanzen wider (Abb. 2.7.1.18). Die Tubificiden waren mit Anteilen von 91 - 100 % stets die dominanten Organismen im Benthos (Abb. 2.7.1.19), vertreten im wesentlichen durch die juvenilen Tubificiden ohne Haarborsten, die hauptsächlich die drei oben erwähnten Arten und Limnodrilus hoffmeisteri beeinhalten (NP IV Herbst). Über den gesamten Untersuchungsbereich vertreten waren die juvenilen Tubificiden mit und ohne Haarborsten, Limnodrilus hoffmeisteri und L. claparedeanus sowie Potamothrix moldaviensis. Das Vorkommen der anderen Benthosorganismen ist aus der Abb. 2.7.1.20 ersichtlich.

Für die nördlichen Nebenflüsse der Elbe, zu denen auch die Pinnau gehört, gibt es keine den Untersuchungen von SCHUHMACHER (1961) vergleichbaren Arbeiten. Im Auftrag des Landesamtes für Wasserhaushalt und Küsten in Kiel wurde das Makrozoobenthos der Pinnau im Jahre 1991/92 beprobt (EGGERS, mündl. Mitteilung). Die Untersuchungen hatten ihren Schwerpunkt jedoch mehr im Oberlauf des Flußes. Für eine Probestelle, die in dem in dieser Arbeit untersuchten Bereich lag, wurden die Ergebnisse in der Abb. 2.7.1.20 mit dargestellt (dreimalige Probenahme). Es sei darauf hingewiesen, daß die Proben am Uferrand genommen wurden. Häufige Organismen waren Oligochaeta und Chironomidae indet. Mit unseren Ergebnissen übereinstimmende Arten der Oligochäten waren Limnodrilus hoffmeisteri, L. claparedeanus und Tubifex tubifex.

Wie schon in der Oste sind die Uferbefestigungen der Pinnau von Schlickablagerungen überzogen, die durch Rückstau des Wassers bei Flut sedimentieren und es dem Zoobenthos erschweren, den Litoralbereich zu besiedeln (ARGE ELBE, 1991). In den Untersuchungen der ARGE ELBE (1991) wurde die für einen Nebenfluß geringe Arten(gruppen)zahl von elf gefunden, mit Balanus improvisus und Corophium curvispinum als Vertretern der Brackwasserfauna.

Abb. 2.7.1.17: Gesamtindividuen- und Artenzahlen an den fünf Probestellen der Pinnau

Abb. 2.7.1.18: Gesamtbiomasse an den fünf Probestellen der Pinnau

Abb. 2.7.1.19: Gerundeter prozentualer Anteil der einzelnen Benthosorganismengruppen an der Gesamtabundanz an den fünf Probestellen der Pinnau (jeweils rechts unten in der Ecke ist Gesamtindividuenzahl m-2 angegeben).

Abb. 2.7.1.20: Zonierung der Benthosarten in der Pinnau

2.7.1.1.6 Krückau

In der Krückau wurden im Untersuchungsjahr 19 Arten(gruppen) nachgewiesen, wobei die Tubificiden mit Limnodrilus hoffmeisteri, L. claparedeanus und L. profundicola als wichtigste Vertreter wieder die meisten Arten stellten (Tab. 2.7.1.1). Bei den Gesamtindividuenzahlen wurden mit 198.000 Ind. m-2 die zweithöchsten Abundanzen von allen Nebenflüssen gefunden. Zwischen den einzelnen Probestellen schwankten die Werte sehr. Auffällig waren die stets viel höheren Individuendichten in den Herbstproben (Abb. 2.7.1.21). Die Biomassedaten unterstreichen diese Verhältnisse (Abb. 2.7.1.22). Das Benthos wurde auch in der Krückau von den Tubificiden geprägt, die stets mit einen Anteil von 96 - 100 % dominant waren (Abb. 2.7.1.23), im wesentlichen durch juvenile Tubificiden ohne und mit Haarborsten und Limnodrilus hoffmeisteri vertreten. Die juvenilen Tubificiden mit und ohne Haarborsten, Limnodrilus hoffmeisteri, L. profundicola und die Nematoda kamen über das gesamte Untersuchungsgebiet der Krückau vor. Die Zonierung der anderen Benthosorganismen ist in der Abb. 2.7.1.24 zu sehen.

Ein Vergleich der Ergebnisse mit Literaturdaten ist für die Krückau nicht möglich, da in der Literatur keine Arbeiten über die Untersuchung des Benthos im tidebeeinflußten Bereich der Krückau gefunden wurden.

Abb. 2.7.1.21: Gesamtindividuen- und Artenzahlen an den fünf Probestellen der Krückau

Abb. 2.7.1.22: Gesamtbiomasse an den fünf Probestellen der Krückau

Abb. 2.7.1.23: Gerundeter prozentualer Anteil der einzelnen Benthosorganismengruppen an der Gesamtabundanz an den fünf Probestellen der Krückau (jeweils rechts unten in der Ecke ist Gesamtindividuenzahl m-2 angegeben).

Abb. 2.7.1.24: Zonierung der Benthosarten in der Krückau

 

 

2.7.1.1.7 Stör

Das Arteninventar der Stör umfaßte 20 Arten(gruppen), von denen allein acht Arten zur Gruppe der Tubificiden gehören, mit Limnodrilus hoffmeisteri, L. profundicola und Potamothrix moldaviensis als wichtigsten Vertretern (Tab. 2.7.1.1). Die Abundanzen bewegten sich ähnlich denen in der Lühe in einem Rahmen von rund 600 - 32.000 Ind. m-2, die Artenzahlen lagen ebenso zwischen drei und elf (Abb. 2.7.1.25). Deutliche Unterschiede zwischen der Frühlings- und der Herbstprobe waren nur an den Stellen NST II und NST IV zu erkennen. Das im Vergleich zur Abundanz gegenläufige Verhalten der Biomasse an der Probestelle NST I (Abb. 2.7.1.26) wurde bedingt durch das Vorkommen des Amphipoden Bathyporeia pilosa im Herbst, der wie schon die Polychäten in der Oste, aufgrund größerer individueller Biomasse den höheren Wert im Herbst verursachte. Die Stör ist bezüglich der Dominanzverhältnisse der einzelnen Organismengruppen von allen Nebenflüssen zusammen mit der Ilmenau am abwechslungsreichsten. Außer den Tubificiden, erreichten auch an einigen Terminen die Enchytraeiden (+ Propappidae) mit Enchytraeus spp. und Propappus volki sowie die Crustacea mit Bathyporeia pilosa Anteile von 48 bis 80 % (Abb. 2.7.1.27). Die juvenilen Tubificiden ohne Haarborsten waren an allen Probestellen vertreten, Limnodrilus hoffmeisteri, Enchytreaus spp. und Nematoda indet. kamen an vier der fünf Stellen vor. Die Abb. 2.7.1.28 zeigt die Verteilung der anderen Arten an.

Abb. 2.7.1.25: Gesamtindividuen- und Artenzahlen an den fünf Probestellen der Stör

Abb. 2.7.1.26: Gesamtbiomasse an den fünf Probestellen der Stör

Abb. 2.7.1.27: Gerundeter prozentualer Anteil der einzelnen Benthosorganismengruppen an der Gesamtabundanz an den fünf Probestellen der Stör (jeweils rechts unten in der Ecke ist Gesamtindividuenzahl m-2 angegeben).

Abb. 2.7.1.28: Zonierung der Benthosarten in der Stör

 

2.7.1.1.8 Ilmenau

Die Ilmenau war mit 29 Arten(gruppen) der artenreichste der untersuchten Nebenflüsse. Im Unterschied zur Lühe und Pinnau beruht die Artenvielfalt aber nicht auf dem Vorhandensein vieler Tubificidenarten, sondern ist weitergefächert (vgl. Tab. 2.7.1.1). Sieht man von dem Einzelfund von Pisidium in der Pinnau ab, so wurden nur in der Ilmenau Mollusken gefunden. Sie traten an vier der fünf Probestellen auf und waren durch die Muschelarten Dreissena polymorpha und Sphaeriidae indet. vertreten. Von den Gastropoden (Schnecken) wurden nur leere Schalen gefunden.

Die Gesamtindividuenzahlen lagen zwischen rund 6000 und 769.000 Ind. m-2, die Artenzahlen der Probestellen schwankten zwischen 7 und 15 (Abb. 2.7.1.29). Damit weist die Ilmenau sowohl mit dem Minimum- als auch mit dem Maximumwert die höchsten Abundanzen aller untersuchten Nebenflüsse auf und übertrifft noch den in der oberen Tideelbe gefundenen Maximalwert der Elbe bei Zollenspieker (Strom-km (A) 598) von 648.333 Ind. m-2 (vgl. Kap. 2.6.2.1.2). Die Biomasseergebnisse spiegeln den Verlauf der Gesamtindividuenzahlen wider (Abb. 2.7.1.30).

Wie auch schon die Stör ist die Ilmenau bezüglich der Dominanzverhältnisse mit am abwechslungsreichsten von den untersuchten Nebenflüssen (Abb. 2.7.1.31).. An den Probestellen NI I und NI V waren sowohl im Frühling als auch im Herbst stets die Proppapiden mit Propappus volki dominant (82 - 98 %). Die Nematoda dominierten an der Probestelle NI III, die Turbellaria im Frühling an Station NI II und die Oligochaeta indet. erreichten im Herbst Anteile von 40 bis 45 Prozent an den Stellen NI II und NI IV.

Aus der Literatur sind keine Arbeiten über die Untersuchung des Benthos im tidebeeinflußten Bereich der Ilmenau bekannt, so daß ein Vergleich der Ergebnisse mit Literaturdaten nicht möglich ist. Die Untersuchungen zum oberflächennahen Zoobenthos der Elbe (ARGE ELBE, 1991) wurden auch an einer Stelle in der Ilmenau durchgeführt. Sie lag nördlich von Winsen und befindet sich damit zwischen NI II und NI III. Wie schon bei der Lühe erwähnt (Kap. 2.7.1.1.2) sind die Daten zwar nicht vergleichbar, da ausschließlich die Steinschüttungen der Uferbefestigungen beprobt wurden, wohl aber geben sie einen Einblick in die Besiedelung der Gewässerufer. Insgesamt wurden 19 Arten(gruppen) gefunden. Betrachtet man die Abundanzen, dominierten die Chironomidenlarven, betrachtet man die Biomasse waren es die Mollusken (Potamopyrgus jenkinsi, Lymnea ovata und Dreissena polymorpha). Im Laufe des Untersuchungsjahres konnte auch in diesem Nebenfluß eine verstärkte Sedimentation der Steinschüttungen beobachtet werden, die eine Neubesiedelung mit Dreissena verhinderten.

Abb. 2.7.1.29: Gesamtindividuen- und Artenzahlen an den fünf Probestellen der Ilmenau

Abb. 2.7.1.30: Gesamtbiomasse an den fünf Probestellen der Ilmenau

Abb. 2.7.1.31: Gerundeter prozentualer Anteil der einzelnen Benthosorganismengruppen an der Gesamtabundanz an den fünf Probestellen der Ilmenau (jeweils rechts unten in der Ecke ist Gesamtindividuenzahl m-2 angegeben).

 

2.7.1.1.9 Vergleich der acht Nebenflüsse

In diesem Kapitel sollen kurz die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Benthosbesiedlung der untersuchten Nebenflüsse dargestellt werden. Ein direkter Vergleich ist sicher nicht möglich, da die Besiedlung von mehreren Faktoren abhängt, die in den Gewässern von vornherein unterschiedlich sind, wie zum Beispiel die abgelagerten Sedimente, unterschiedliche Oberwasserabflüsse und damit Strömungsgeschwindigkeiten sowie ein verschieden starker Einfluß des Tidegeschehens in der Elbe.

In der Tab. 2.7.1.2 sind die wichtigsten Daten der acht Nebenflüsse, die im folgenden verglichen werden, dargestellt.

Tab. 2.7.1.2: Gesamtindividuenzahl [ m-2], Biomasse als AFTG [mg m -2], Artenanzahl und wichtige Arten der acht Nebenflüsse

Fluß Ind. m-2 AFTG [mg m -2] Artenanzahl wichtige Arten (gruppen)
Este 1.000 - 19.000 2 - 67 17 Limnodrilus hoffmeisteri
L. claparedeanus
Potamothrix moldaviensis
Propappus volki
Lühe 600 - 36.000 3 - 170 27 Limnodrilus hoffmeisteri
L. claparedeanus
L. profundicola
Potamothrix moldaviensis
Tubifex tubifex
Schwinge 100 - 52.000 1 - 216 13 Limnodrilus hoffmeisteri
L. claparedeanus
L. profundicola
Potamothrix moldaviensis
Oste 300 - 19.000 21 - 1679 17 Limnodrilus hoffmeisteri
Potamothrix moldaviensis
Marenzelleria viridis
Capitella capitata
Pinnau 5.000 - 40.000 20 - 192 25 Limnodrilus hoffmeisteri
L. claparedeanus
Potamothrix moldaviensis
Tubifex tubifex
Krückau 300 - 198.000 2 - 821 19 Limnodrilus hoffmeisteri
L. claparedeanus
L. profundicola
Potamothrix moldaviensis
Potamothrix hammoniensis
Stör 100 - 32.000 1 - 81 20 Limnodrilus hoffmeisteri
L. profundicola
Potamothrix moldaviensis
Enchytraeus spp
Propappus volki
Bathyporeia pilosa
Nematoda
Ilmenau 6.000 - 769.000 26 - 1783 29 Propappus volki
Oligochaeta indet.
Turbellaria
Nematoda

 

Betrachtet man die Gesamtindividuenzahlen, so lassen sich die Nebenflüsse in drei Gruppen aufteilen:

1. Este und Oste mit den niedrigsten Individuendichten
2. Stör, Lühe, Pinnau und Schwinge mit mittleren Individuendichten
3. Krückau und Ilmenau mit den höchsten Individuendichten

Bei den Biomassen ergibt sich folgende Gruppierung:

1. Este und Stör mit den niedrigsten Biomassen
2. Lühe, Pinnau und Schwinge mit mittleren Biomassen
3. Krückau mit den hohen Biomassen
4. Oste und Ilmenau mit den höchsten Biomassen

Bezüglich der Biomasse ist die Reihenfolge der Flüsse die gleiche wie bei den Gesamtindividuenzahlen, nur die Oste fällt aufgrund der hohen individuellen Biomassen der dort vorkommenden Polychäten (vgl. Kap. 2.7.1.1.4) aus dem Rahmen und erreicht mit der Ilmenau die höchsten Biomassewerte.

Bei der Artenanzahl ergibt sich folgende Reihenfolge:

1. Schwinge mit der niedrigsten Artenanzahl
2. Este, Oste, Krückau und Stör mit mittlerer Artenanzahl
3. Pinnau, Lühe und Ilmenau mit der höchsten Artenanzahl

Die Proben der Schwinge wiesen wahrscheinlich aufgrund der während der Beprobungszeit stattfindenden Unterhaltungsbaggerungen nicht das Arteninventar auf, welches typischer-weise in diesem Gewässer vorhanden ist. In allen acht Nebenflüssen waren die an den einzelnen Probestellen gefunden Artenzahlen meist nur halb so groß wie die Gesamtarten-anzahl des jeweiligen Flusses.

Vergleicht man die wichtigen Arten (gruppen), so ergibt sich folgendes Bild:

- in allen Flüssen außer der Ilmenau sind Limnodrilus hoffmeisteri und Potamothrix moldaviensis wichtig
- Este, Lühe, Schwinge, Pinnau und Krückau haben die drei Arten Limnodrilus hoffmeisteri, L. claparedeanus und Potamothrix moldaviensis gemeinsam
- Limnodrilus profundicola ist in der Stör, Krückau und Schwinge wichtig
- Tubifex tubifex in der Pinnau und Lühe
-
Propappus volki in der Este, Stör und Ilmenau
-
nur in der Oste sind Marenzelleria viridis und Capitella capitata wichtig
- nur in der Stör Enchytraeus und Bathyporeia pilosa
- nur in der Stör und der Ilmenau die Nematoda
- nur in der Ilmenau die Turbellaria
- und nur in der Krückau Potamothrix hammoniensis