Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

1 EINLEITUNG

Mit einem Gezeiteneinfluß, der über 100 km in das Binnenland hineinreicht, bildet die Elbe in ihrem Unterlauf das längste Flachlandästuar Mitteleuropas. Die noch vorhandenen Süßwasser- und Brackwasserwatten sowie die Flachwassergebiete werden von einer charakteristischen Organismengemeinschaft besiedelt. Die ökologische Bedeutung des Elbe-Ästuars wurde ausführlich im Rahmen der Vorstudie zur "Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe" von KAUSCH et al. (1991) beschrieben.

Aquatische Lebensgemeinschaften können in bezug auf ihre Artenvielfalt und -häufigkeit im wesentlichen beeinträchtigt werden durch die Änderung des Gewässerchemismus wie auch durch wasserbauliche Maßnahmen, die zu einer naturfernen Veränderung des Gewässerbettes führen (ARGE ELBE, 1991). In die Stromlandschaft der Elbe wurde schon frühzeitig eingegriffen (ARGE ELBE, 1984). In ihrer gewässerökologischen Studie der Elbe hat die ARGE ELBE (1984) die bisher eingetretenen gravierenden Veränderungen des aquatischen Lebensraumes aufgrund naturfremden Gewässerausbaus aufgezeigt. In der Arbeit befindet sich eine Aufstellung der bedeutenden wasserbaulichen Maßnahmen in der Tideelbe unterhalb Hamburgs in der Zeit von 1936 bis 1981. Während dieser Zeit wurde die Unterelbe viermal vertieft. Nach der letzten Vertiefung auf 13,5 m im Jahre 1979 erschien "eine weitere Vertiefung der Elbe kaum denkbar" (LAUCHT, 1979). Doch die nächste Vertiefung ist schon in der aktiven Planungsphase.

Nach dem Gesetz ist für die geplante Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben. Die hierfür erforderlichen Unterlagen werden im Rahmen sogenannter Umweltverträglichkeitsuntersuchungen (UVU) erstellt. Das vorliegende Gutachten ist ein Teil der UVU "Anpassung der Fahrrinne der Unter- und Außenelbe an die Containerschiffahrt". Es handelt sich hier um die Beschreibung und Bewertung des derzeitigen Umweltzustandes (Ist-Zustand) der Fauna und Flora des aquatischen Bereiches. Die Prognose der Auswirkungen des Vorhabens wird in einem zweiten Band folgen.

Das Gutachten zu den aquatischen Lebensgemeinschaften umfaßt das Benthos, das Plankton und die Fische. Der Schwerpunkt der Arbeit wurde in die Bearbeitung des Benthos gelegt, da der Eingriff direkt im Lebensraum der Benthosorganismen (Sediment) stattfindet und sie auch durch ihre mehr oder weniger stationäre Lebensweise am besten geeignet sind, Veränderungen anzuzeigen.

In der Elbe sind hydrobiologische Untersuchungen seit mehr als 100 Jahren durchgeführt worden. Beginnend mit den aus heutiger Sicht historischen Arbeiten von KIRCHENPAUER (1862) und DAHL (1893) setzt sich die Elbeforschung bis in unsere Tage fort (u. a. SFB 327, 1994). Unter diesen Voraussetzungen wurde zu Beginn der UVU entschieden, daß das Zooplankton und die Fische anhand von Literaturdaten bearbeitet werden. Für das Phytoplankton wurden Chlorophyllmessungen durchgeführt.

Aufgrund der großen Ausdehnung des Gebietes gibt es keine Untersuchung, die die vorhandene Makro- und Meiofauna von Geesthacht bis zur Mündung geschlossen darstellt (vgl. Kap. 2.6.2). Die bisherige Datengrundlage für das Benthos wurde durch eigene Untersuchungen ergänzt. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß es im Rahmen einer UVU nicht möglich ist, alle vorhandenen Datenlücken zu schließen.