Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

3. Beschreibung und Bewertung der derzeitigen Lärmbelastung

Bei der Untersuchung der derzeitigen Lärmbelastung wird im Rahmen des vorliegenden Gutachtens nur der fließende Schiffsverkehr berücksichtigt. Es wird bei der Modellierung der Linienquelle "fließender Schiffsverkehr" zwischen einlaufenden und auslaufenden Schiffen unterschieden, da letztere aufgrund der Breite der Fahrrinne in einem deutlich größeren Abstand zum Nordufer der Elbe fahren. Im Normalfall (kein Überholmanöver, kein gegenseitiges Passieren zweier größerer Schiffe) tendieren größere Schiffe, möglichst in Fahrrinnenmitte zu fahren, um Grundberührungen zu vermeiden. Bei der Modellierung wurde folgender Kompromiß gewählt:

  1. Hamburger Delegationsstrecke: ± 40 m von der Fahrrinnenmitte entfernt bei einer Fahrrinnenbreite von 250 m
  2. Unterelbe: ± 75 m von der Fahrrinnenmitte entfernt bei einer Fahrrinnenbreite von 400 m

Hamburger Delegationsstrecke

Basis für eine Beurteilung der Geräuschemissionen ist die bereits in Teil II dieses Gutachtens verwendete Datengrundlage [Strom & Hafen 1995b] für die Hamburger Delegationsstrecke, allerdings reicht für die Ermittlung der Lärmemissionen eine Zusammenfassung aller Schiffstypen aus (s.a. Tabelle III.5 in Abschnitt 2.1).

Tab. III.7: Verkehrszahlen für den derzeitigen fließenden Schiffsverkehr (1994)

    Schiffe / h
Quelle Schiffe / anno Jahresmittelwert Spitzenwert 95 %-Wert Basiswert
Einlaufen Tag 8437 1,44 2,56 1,94 2.25
Auslaufen Tag 9624 1,65 2,69 2,26 2,25
Einlaufen Nacht 4565 1,56 3,25 2,38 2,25
Auslaufen Nacht 3377 1,16 3,13 1,79 2,25

Spitzenwert: höchster 1994 aufgetretener Tages-/Nachtmittelwert
95 %-Wert: Tages/Nachtmittelwert, der an nur 18 Tagen/Nächten des Jahres (5 %) übertroffen wird
Basiswert: wird der Schallausbreitungsrechnung zugrunde gelegt.
(Quelle: [Strom & Hafen 1995b])

In diesen Werten sind nur die Seeschiffe und seegängigen Binnenschiffe enthalten.

Für die Schallausbreitungsrechnung werden (im wesentlichen) aufgerundete Werte verwendet, die an nur 5 % aller Tage des Jahres übertroffen werden. Höhere Werte erscheinen aufgrund ihres seltenen Auftretens nicht gerechtfertigt (zum Begriff der "Seltenheit" bei der Lärmbeurteilung s.a. Abschnitt 1.2). Eine Berechnung mit dem höchsten 1994 aufgetretenen Spitzenwert von 3.25 Schiffen/h erhöht die auf dem Basiswert von 2.25 Schiffen/h beruhenden Schallimmissionen um weniger als 2 dB.

Die Ergebnisse der Schallausbreitungsrechnungen für die Untersuchungsräume im Bereich der Hamburger Delegationsstrecke sind im Anhang zusammengestellt: Jedem Untersuchungsraum ist ein eigener Abschnitt gewidmet, so daß vergleichbare Karten gleiche Numerierungen aufweisen, z.B. der Konfliktplan für den Ist-Zustand am Tag hat die Abbildungsnummern B.2.6, B.3.6 bzw. B.4.6 für die drei Räume Blankenese, Nienstedten bzw. Kl. Flottbek/Othmarschen. Die Abbildungsnummern der jeweils gesuchten Karten kann der Liste im Anhang B.0.2 entnommen werden.

Die für die Bewertung der Lärmbelastung entscheidenden Ergebnisse finden sich jeweils auf den Konfliktplänen Tag und Nacht für den Ist-Zustand (Anhang S. B.x.6 und B.x.10). Nach der in Tabelle III.3 in Abschnitt 1.2 angegebenen Zuordnung der für die Bewertung maßgeblichen Wertstufen zu den im Konfliktplan verwendeten Farben verursacht der derzeitige fließende Schiffsverkehr am Tag nur in den ufernahen Wohngebieten eine geringe, ansonsten keine bzw. nur sehr geringe Lärmbelästigung. In der Nacht (Anhang S. B.x.10) verändert sich das Bild aufgrund der um 10 dB höheren Empfindlichkeitsschwelle bei unveränderter Lärmbelastung durch den fließenden Schiffsverkehr: Im ufernahen Bereich (bis ca. 200 m im Raum Blankenese und Nienstedten bzw. ca. 120 m im Bereich Othmarschen) wird die Belastung als stark eingestuft; erst bei größerer Entfernung vom Ufer ist die Belästigung nur noch mäßig.

Die Ergebnisse der für die in Tabelle III.4 aufgelisteten Immissionspunkte durchgeführten Einzelpunktberechnungen sind in folgender Tabelle zusammengestellt (s.a. Anhang B.5.1):

Tab. III.8: Beurteilungspegel und Bewertung der Geräuschimmission für den Tag und die Nacht, verursacht durch den derzeitigen fließenden Schiffsverkehr

  Beurteilungspegel Tag [dB(A)]
Quelle IP1 IP2 IP3 IP4 IP5 IP6 IP7 IP8 IP9 IP10 IP11 IP12 IP13 IP14
Schiffsverkehr
Istzustand
46,7 45,2 45,9 46,4 46,6 46,3 47,3 48,9 48,6 48,8 46,5 45,4 47,2 45,6
Differenz D * - 8,3 - 9,8 - 9,1 - 8,6 - 8,4 - 8,7 - 7,7 - 6,1 - 6,4 - 6,2 - 8,5 - 9,6 - 7,8 - 9,4
Wertstufe* 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2
  Beurteilungspegel Nacht [dB(A)]
Quelle IP1 IP2 IP3 IP4 IP5 IP6 IP7 IP8 IP9 IP10 IP11 IP12 IP13 IP14
Schiffsverkehr
Istzustand
46,7 45,2 45,9 46,4 46,6 46,3 47,3 48,9 48,6 48,8 46,5 45,4 47,2 45,6
Differenz D * + 1,7 + 0,2 + 0,9 + 1,4 + 1,6 + 1,3 + 2,3 + 3,9 + 3,6 + 3,8 + 1,5 + 0,4 + 2,2 + 0,6
Wertstufe* 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4

* Zur Definition der Differenz D und der Wertstufe siehe Tabelle III.3 in Abschnitt III.1.2.

Der Beurteilungspegel (ohne Abzug eines Ruhe-Bonus’ (s. Abschnitt 1.2)) liegt an den ufernahen Wohngebäuden je nach Entfernung der Fahrrinne vom Ufer zwischen 45 dB(A) und 50 dB(A). Dies entspricht am Tag der Wertstufe 2, in der Nacht der Wertstufe 4.

Inwieweit dieses Ergebnis mit der tatsächlichen Empfindung der betroffenen Anwohner übereinstimmt, kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht geklärt werden, da derzeit keine wissenschaftlich fundierten Feldstudien über die Geräuschbelastung durch fließenden See-Schiffsverkehr vorhanden sind. Daß es bisher zu keinen öffentlich bekundeten Beschwerden aufgrund der Lärmbelästigung durch Schiffsverkehr gekommen ist (zumindest ist dem Gutachter diesbezüglich nichts bekannt), mag daran liegen, daß die Vorbelastung durch andere Lärmquellen gerade im Uferbereich der Elbe nicht unerheblich ist.

Zur Gesamtbelastung durch Lärm trägt in den bewohnten Gebieten entlang der Elbe maßgeblich auch der Straßenverkehr bei - dies gilt vor allem für die Wohnflächen entlang der stark befahrenen Elbchaussee - sowie Gewerbe- und Industrielärm (z.B. ausgehend von den Containerumschlaganlagen im Hamburger Hafen). Wie den Schallimmissionsplänen für das Kerngebiet Altona (Umweltbehörde Hamburg 1995) entnommen werden kann, beträgt der Beurteilungspegelanteil bedingt durch den Straßenverkehr im Bereich Othmarschen in der Nacht je nach Entfernung zur Elbchaussee noch 45 - 60 dB(A), und liegt damit z.T. erheblich über dem Grenzwert von 49 dB(A) der Verkehrslärmschutzverordnung [16. BImSchV].

Weitere Geräuschquellen auf der Elbe, die hier nicht näher betrachtet werden, sind die Unterhaltungsbaggerung sowie der Fähr- und Sportbootverkehr. Die beiden zuletzt genannten Anteile sind von den Auswirkungen des Vorhabens unberührt, können allerdings an einzelnen Stellen zu einer erhöhten Gesamtbelastung führen.

Der durch die Unterhaltungsbaggerung bedingte Anteil ist gegenüber dem ständig einwirkenden Schiffsverkehr vernachlässigbar, da die vereinzelten Baggereinsätze aufgrund ihrer Seltenheit zu keiner zusätzlichen erheblichen Belästigung führen. Die Begründung ergibt sich aus der Diskussion der Lärmbelastung während der Bauphase (s. Abschnitt 5.1).

Unterelbe- und Außenelbe

Für den Bereich der Unterelbe stellt sich die Lärmbelastung durch den fließenden Schiffsverkehr etwas verändert dar: Nicht alle Schiffe, die elbaufwärts fahren, laufen den Hamburger Hafen an; ein Teil legt im Elbehafen Brunsbüttel, ein weiterer im Hafen Stade/Bützfleth an. Dies führt zwischen der Einmündung zum Nord-Ostsee-Kanal und dem Elbhafen zu einer (aufgerundet) etwa 1,5 dB höheren Geräuschemission. Vor der Einmündung zum Nord-Ostsee-Kanal steigt die Emission noch einmal um etwa 1,5 dB. Hier ist die Fahrrinne jedoch schon so weit vom Ufer bzw. der nächsten Wohnbebauung entfernt, daß mit einer Überschreitung der Richtwerte nicht zu rechnen ist (zumal in den ländlich geprägten Gebieten der um 10 dB höhere Richtwert für Mischgebiete anzusetzen ist).

Für den Elbeabschnitt zwischen Einmündung Nord-Ostsee-Kanal und Elbehafen (s. Abb. III.3) wurde mit folgenden Basiswerten die Abnahme des Beurteilungspegels mit der Entfernung vom Fahrrinnenrand berechnet:

  1. einlaufender Schiffsverkehr: 3 Schiffe/h
  2. auslaufender Schiffsverkehr: 3 Schiffe/h

Da die Quelle [WSD Nord 1995] nur Gesamtzahlen ausweist und keine Angaben für jeden einzelnen Tag des Jahres, wurde das Verhältnis von Mittelwert zu 95 %-Wert zugrundegelegt, wie es für die Delegationsstrecke ermittelt wurde.

Die Ergebnisse sind im Anhang, S. B.5.7, tabellarisch zusammengefaßt. Der grafischen Darstellung auf S. B.5.6 (oberes Diagramm) kann entnommen werden, daß die Wertstufe 3 am Tag (Pegel unterhalb von 55 dB(A)) entlang des gesamten Uferbereichs der Unterelbe, in der Nacht (Pegel unterhalb von 45 dB(A)) ab einer Entfernung von mehr als 300 m vom Fahrrinnenrand (also ebenfalls fast entlang der gesamten Unterelbe) vorliegt, wenn man die Richtwerte für reines Wohngebiet zugrundegelegt. Bei Ansetzen der für Dorf- und Mischgebiete höheren Richtwerte wird auch in der Nacht mindestens die Wertstufe 3 im gesamten Unterelberaum erreicht.